Allee der Sonne

Von Hubschraubern und Waschanlagen

Eine Tankstelle, ein Fußballplatz, ein Polizeirevier, eine Bushaltestelle und in Sichtweite, aber in so großer Entfernung, dass das Kindergeschrei nicht mehr hörbar ist, ein kleiner Spielplatz – die Aussicht vom Balkon an der Sonnenallee. Hinzu kommen diese kleinen aber feinen Geschichten.


Unser Neukölln erwacht so ungefähr um 11 Uhr – der Wochentag bleibt dabei unbeachtet, ausgenommen davon sind der Berufsverkehr und die Schulkinder. Allee der Sonne weiterlesen

Ein Schuss mit Nachhall

»Neuköllner Oper« bringt Bildgewaltiges auf die Bühne

Der Schuss, der durch tausend Köpfe ging, fiel am 2. Juni 1967 vor der Deutschen Oper und nahm einem frisch gebackenen Ehemann und werdenden Vater das Leben — es war der Student Benno Ohnesorg, der bei den Protesten gegen den persischen Schah von einem Berliner Polizisten erschossen wurde.

Szene aus »Der Schuss«.                                                                                                                          Foto: Matthias Heyde

Es ist die Figur seiner Frau Christa, die 50 Jahre später in einer anderen Berliner Spielstätte, der Neuköllner Oper, die Zuschauer an die Hand nimmt und durch die tosenden Szenen von damals führt. Es ist eine Geschichte von Kapitalismuskritik, politischen Utopien, radikalem Protest und dem inneren Seelenleben einer jungen Frau, die hofft, dass ihr Mann bald nach Hause kommt. Diesen Stoff in einer klassischen Oper zu bearbeiten, wäre so widersprüchlich wie unmöglich gewesen. So ist »Der Schuss« Musiktheater sondergleichen. Die szenischen Wechsel von Gesang, Video und Sprache schaffen gewaltige, schöne und verstörende Bilder, die sich in die Netzhaut einbrennen. Ihre volle Wirkung erlangen sie im Zusammenspiel mit der Musik des Ensembles »Adapter« unter der Leitung von Matthias Engler. Ein Schuss mit Nachhall weiterlesen

Liga wechsle dich

Auf und Ab im Neuköllner Fußball

Die Fußballsaison 2016/17 ist beendet. Zeit also, kurz Bilanz zu ziehen – aus rein Neuköllner Sicht, natürlich. Von den 16 Vereinen zwischen Maybachufer und Rudow/Stadtgrenze sind drei auf- und zwei abgestiegen.

Gegentor für Hürtürkel auf dem Hertzbergplatz.                                                                       Foto: Hagen Nicklé

Okay, die Erfolge spielten sich eher in den unteren Spielklassen ab: der Rixdorfer SV schaffte den Aufstieg in die Bezirksliga (8. Liga), Cimbria Trabzonspor und NSF Gropiusstadt rücken in die A-Klasse (9. Liga) auf.
In punkto Abstieg schlug es dagegen zweimal höherklassig ein: Concordia Britz verabschiedet sich aus der Landesliga (7.), der BSV Hürtürkel aus der Berlin-Liga (6.). Liga wechsle dich weiterlesen

Chaim Jellinek

Nachruf für einen Menschenfreund

Als Chaim Jellinek in den 70er Jahren mit 21 Jahren von seinem Geburtsort Wiesbaden nach Westberlin umzog, ließ er nichts aus, was das Leben zu bieten hatte. Als Hausbesetzer studierte er meist im Drogenrausch Medizin, erlangte in dem Fach seinen Abschluss und schwor den Drogen ab.
Sicherlich ist es der Tatsache, dass er Drogenkonsument war geschuldet, dass er zu den Pionieren des Ersatzstoffes Methadon wurde. Als einer der ersten Berliner Ärzte verabreichte Jellinek Suchtkranken den Ersatzstoff, der ihnen eine bürgerliche Existenz ermög­licht. Er bot aber darüber hinaus seinen Patienten auch soziale Dienste an. Angefangen bei der Wohnungssuche über Hilfe bei der Suche nach einem Arbeitsplatz bis hin zu Beistand bei ganz persönlichen Problemen hatte er einen Stamm von Sozialarbeitern, die unterstützend mitwirkten.
Seit diesem Jahr hatte er seine Praxis in der Morusstraße. Der Umzug von der Richardstraße wurde von heftigen Protesten aus der Bevölkerung begleitet. Zum Schluss beruhigten Jellinek und der Stadtrat für Jugend und Gesundheit, Falko Liecke, die Anwohner. Die Praxis wurde im Rollbergkiez angenommen.
Bei all dem Arbeitspensum, das der Methadon­arzt täglich zu bewältigen hatte, schien er in sich zu ruhen. Gerne rauchte er eine Selbstgedrehte vor seiner Praxis und entspannte sich bei einem in aller Regel humorvollen Gespräch. So einen Schalk hatte er in den Augen, wenn er erzählte. Er hatte für alles Menschliche Verständnis und ist den Patienten auf Augenhöhe begegnet.
Chaim Jellinek ist im Alter von 60 Jahren plötzlich gestorben. Viel zu früh für so einen großartigen Menschen. Wir werden ihn nicht vergessen.

ro

Potentilla anserina

Bei Krämpfen und Enzündungen

Eigentlich wollte ich Euch warnen, weil im Körnerpark wieder tödlich giftiger Rhizinus angepflanzt wurde (die Früchte sind das Giftigste und haben leider Ähnlichkeit mit Litschis), aber mir ist wichtiger, Euch das Gänsefingerkraut vorzustellen.

Maukenkraut.                              historische Zeichung

Es ist in Mitteleuropa zu Hause und in anderen Teilen auf der Nordhalbkugel ansässig. Es wird zum ersten Mal von Carl von Linné beschrieben, war aber wahrscheinlich den Germanen schon als Heilpflanze bekannt. Es ist verwandt mit dem Blutwurz. Da dieser auch in mediterranen Breiten wächst, war er auch schon bei Dioskurides als Heilpflanze aufgeführt.
Das Gänsefingerkraut wächst auf feuchten Wiesen, aber auch an Straßen- und Feldrändern, wo es sich flach ausbreitet. Im Volksmund heißt es auch: Dreckkraut, Echtes Gänsekraut, Fingerkraut, Gänserich, Ganspratzen, Krampfkraut, Maukenkraut, Sauringel, Silberkraut. Potentilla anserina weiterlesen

Basteln mit Rolf

Der Ketchupflaschendeckelkrebs

Das Tierkreiszeichen Krebs (22. Juni – 22. Juli) beherrscht deutlich den Monat Juli. Mein Krebs entstand aus dem Deckel einer Ketschupflasche, zwei Kronkorken für die Scheren, zwei kleinen Perlen und etwas Draht. Benötigt werden eine Biegezange, eine Ahle, ein Seitenschneider, eine Heißklebepistole und wie stets, die Lust zum Pfriemeln.
Aus dem Draht werden seine sechs Beine, zwei Stielaugen und die Zangen tragenden Arme geformt. Alle werden mit Heißkleber unter dem Deckel befestigt, wobei nur die beiden Stielaugendrähte durch zwei Löcher, von der Ahle gestochen, ins Innere gesteckt werden. Anschließend werden zwei Kronkorken zusammengedrückt und mit den Armen verbunden. Alles!

Petras Tagebuch

Es regnet, es regnet…

Jeder Berliner kann seine Geschichte zu den Regenfällen am Donnerstag, den 29. Juni erzählen. Ich auch.
Abgesehen davon, dass an diesem Tag das Fahrradfahren nur möglich war in dem festen Glauben daran, dass die Autofahrer berücksichtigen, dass ich Brillenträgerin und blind bei Regen bin. Das haben alle erkannt, ich kam lebendig in der Redaktion an.
Als ich mich auf den Weg in die Genezarethkirche machte, in der Pfarrerin Elisabeth Kruse im Rahmen eines Gottesdienstes ihren Abschied feierte, wurde ich mit der nassen Realität konfrontiert. Beim Verlassen der Redaktion watete ich im Hof bis zu den Waden im Wasser. Glücklicherweise hatte ich keine Pumps an, und die Schuhe, die ich an diesem Tag trug, waren zwar durchnässt, haben aber die Nässe vertragen. Petras Tagebuch weiterlesen

Sankt Martin besucht die fromme Helene

Hoher Besuch.                                                                                                                                                                                  Foto: pr

Kanzlerkandidat in der Helene-Nathan-Bibliothek

Einen solchen Menschenauflauf hat die Helene-Nathan-Bibliothek sicherlich noch nie gesehen, wie an dem Tag, als der Bundeskanzlerkandidat Martin Schulz, gefolgt von Bodyguards und Kamerateams, ein­lief, um sein Bildungsprogramm vorzustellen.
Der gelernte Buchhändler fühlte sich zwischen den Buchstaben sichtlich wohl. Begleitet wurde er von Bezirksbürgermeisterin Franziska Giffey, dem Bundestagsabgeordneten Fritz Felgentreu, Bildungsstadtrat Jan-Christopher Rämer und dem stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Hubertus Heil (alle SPD).
In ihrer Begrüßungsrede wies Giffey auf die Bildungsmissstände in Neukölln hin und appellierte an die gemeinsame Verantwortung »für unsere Berliner Kinder«. Sankt Martin besucht die fromme Helene weiterlesen

»Tasmania« für die Jugendarbeit

Das Bundesliga-Gastspiel von »Tasmania Berlin« ist bereits über 50 Jahre her, dennoch wird der Name »Tasmania« immer noch mit diesem Negativrekord verbunden. Der nach dem Konkurs, der dem Abstieg folgte, neu gegründete Verein heißt nun »SV Tasmania« und spielt, weit entfernt von Bundesliga-Ambitionen, in der Berlin-Liga.
Mit welch einem finanziellen Risiko der Profi-Fußball heutzutage verbunden ist, zeigt das Beispiel der Paderborner, die vor drei Jahren noch in der Bundesliga spielten und nun in die 4. Liga absteigen mussten.
Der Profi-Fußball wird inzwischen von Wirtschaftsunternehmen, nicht mehr von Sportvereinen bestimmt – siehe »RB Leipzig«. Daher ist »Tasmania« nun einer von vielen Neuköllner Sportvereinen, die mit ihrer Jugendarbeit einen wichtigen gesellschaftlichen Beitrag in unserem Bezirk leisten. Damit sollte der Name »Tasmania« verbunden werden, und mit nichts anderem.

Roland Bronold

Party in der Politik

Zwei Büroeröffnungen mit guter Laune

Partystimmung war angesagt, als die beiden Abgeordneten der Neuköllner LINKEN Anne Helm (ehemals PIRATEN) und Niklas Schrader ihr neues Bürgerbüro in der Schierker Straße 26 einweihten.
Das Wetter spielte mit und für Musik, gutes Essen und anregende Unterhaltungen war gesorgt an diesem 6. Mai. Die Politikerkollegen von den Grünen und der SPD ließen sich auch blicken, denn die jungen Neuköllner Politiker setzen den Koalitionsvertrag auch bei Festen um. Spannend wurde es am Abend, als die Gäste über den Namen des Büros entscheiden sollten. Die Räume wurden auf den Namen »RigoRosa« getauft. Party in der Politik weiterlesen

Zwischen Kavallerie und Coffeeshop

Politik diskutiert neue Wege zur Drogenbekämpfung

Die Gegend um den S-Bahnhof Neukölln hat sich seit geraumer Zeit zu einem Schwerpunkt des Drogenkonsums und -handels entwickelt. Anwohner und Ladenbesitzer beschweren sich über steigende Kriminalität, Konsumenten, die sich in aller Öffentlichkeit ihre Drogen spritzen und zunehmende Vermüllung.

Drogentor Neukölln.                                                                                                                                            Foto: mr

Wie mit diesem Problem umgegangen werden soll, war der Inhalt zweier großer Anfragen der Grünen und der AfD in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) am 10. Mai.
Bei den Drogenkonsumenten handle es sich überwiegend um Menschen aus dem osteuropäischen Raum, erklärte Gesundheitsstadtrat Falko Liecke (CDU). »Neben der Suchtproblematik sind die Menschen von Existenznot und Wohnungslosigkeit betroffen, die mit psychosozialen und gesundheitlichen Verelendungstendenzen einhergehen.« So seien viele von ihnen Opfer von Ausbeutung im Baugewerbe, wo sie kurze Zeit illegal beschäftigt wurden und keinen oder nur einen geringen Lohn erhielten. Zwischen Kavallerie und Coffeeshop weiterlesen

Frühlingsempfang

Die LINKE eröffnet den Wahlkampf

Den Tag der Pflege am 12. Mai hatten sich die Neuköllner LINKEN für ihren Frühlingsempfang im Rathaus Neukölln ausgesucht. Und so waren auch der Pflegenotstand und die Solidarität mit den Beschäftigten in den Pflegeberufen zentrale Themen des Empfangs und einer Aktion auf dem Rathausvorplatz. Die LINKE fordert mehr politische Unterstützung, bessere Entlohnung und gesellschaftliche Anerkennung des Pflegepersonals.

Gysi, wie immer in Hochform.Foto: mr

Was die LINKEN außerdem auf der Agenda haben, fasste Gastredner Gregor Gysi zusammen, der enthusiastisch begrüßt wurde, als er den Saal der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) im Neuköllner Rathaus betrat. Frühlingsempfang weiterlesen

Besser späth als nie

Politiker fordern die Wiedereröffnung der alten »Späthbrücke«

Unschuldige Brücke hinter Gittern.                                                                                                                                  Foto: fh

Seit 111 Jahren überspannt die 1906 gebaute alte »Späthbrücke« den Teltowkanal und verbindet so die Ortsteile Britz und Baumschulenweg. Seit der Eröffnung der A113 und dem Bau der »Neuen Späthbrücke« ist die 1992 instandgesetzte alte Fachwerkbrücke allerdings mit Gittern versperrt. Die Autos brettern 300 Meter weiter über den Kanal hinweg. Für Fußgänger und Radfahrer wäre die vollkommen funktionstüchtige alte »Späthbrücke« eigentlich eine willkommene Alternative, da sie direkt von Neukölln zum Mauerweg führt und den Fuß- und Radweg entlang des Kanals verlängern würde. Besser späth als nie weiterlesen

Neuköllner Bundestagskandidaten im »Bürgerverein Britz«

Die LINKE, SPD, die Grünen und die CDU stellen sich den Bürgern

Spitzendeckchen für Spitzenkandidaten.                                                                                                                    Foto: fh

Noch sind die Parteiprogramme nicht fertig. Beim Gespräch mit interessierten Bürgern, zu dem der »Bürgerverein Berlin-Britz e.V.« am 17. Mai eingeladen hatte, konnten die Neuköllner Kandidaten für die Bundestagswahl zumindest ihre eigenen Positionen darstellen.
Judith Benda, die derzeit das Verbindungsbüro Brüssel der Bundestagsfraktion der Linken leitet, sieht im Kampf für soziale Gerechtigkeit und Antirassismus die Eckpunkte ihrer Politik. Ihre Forderungen sind daher ein Mindestlohn von 12 Euro pro Stunde und statt Hartz4 eine »armutsfeste Sicherung« von 1040 Euro. Altersarmut will sie mit einer Mindestrente von 1050 Euro begegnen. Zur Finanzierung sollten Vermögende stärker zur Kasse gebeten werden. Auch eine bessere Bezahlung des Pflegepersonals steht auf ihrer Agenda. Neuköllner Bundestagskandidaten im »Bürgerverein Britz« weiterlesen

Abgesagte Veranstaltung

Was war geplant

Die Kiez und Kneipe Neukölln musste die Veranstaltung mit Andreas Wild, Bundestagskandidat der AfD Neukölln, absagen.
Für diesen Abend war das Thema Senioren, Renten, Mieten und Wohnungsbau geplant. Als Gesprächspartnerin des AfD-Kandidaten hatte sich Sylvia-Fee Wadehn bereit erklärt. Sie ist Geschäftsführerin des »MoRo Seniorenwohnanlagen e.V.« und politisch sehr aktiv.
Ganz bewusst hat die Kiez und Kneipe das »Schillers« als Veranstaltungsort gewählt. Dem Publikum sollte auf diese Art die Möglichkeit gegeben werden, das Programm der AfD kritisch zu hinterfragen, denn hier vermuteten wir die kritischen Geister. Diese Chance wurde vertan.

ro Abgesagte Veranstaltung weiterlesen

G20 in Neukölln

Vandalismus als politische Botschaft

Der Körnerpark, einer der schönsten Parks in Berlin, wurde einmal mehr Opfer von Vandalismus. In großen, unübersehbaren Lettern prangt auf dem Rasen der Schriftzug »G20 TO HELL«, mit Säure in das Gras geätzt.

Perle mit Makel.                                                                                                                                                                            Foto: mr

Offenbar soll die Botschaft als Protest gegen den G-20-Gipfel in Hamburg verstanden werden, bei dem am 7. und 8. Juli Bundeskanzlerin Angela Merkel mit 18 Staats- und Regierungschefs zusammentrifft. Das legt zumindest ein Selbstbezichtigungsschreiben nahe, das auf der Internetseite »indymedia« veröffentlicht wurde. Darin heißt es: »Mit dem Slogan wollen wir unsere Kritik an dem bevorstehenden G20-Treffen in Hamburg zum Ausdruck bringen. Wir sagen: zur Hölle mit der Welt der G20 und ihren politischen Absichten!« G20 in Neukölln weiterlesen

Kampf gegen Müll

Müllköllns Wandel zu Schönkölln

Es ist Nacht in Neukölln. Im Mittelbuschweg fährt ein Kleinlaster vor. Fünf Männer leeren das mit Baumüll gefüllte Auto, wollen sich schnell wieder aus dem Staub machen. Womit sie nicht rechneten, war Andreas Rechholz, Einsatzleiter der »Müll-Sheriffs« von der Firma Kuhr Security.Er hielt die drei Osteuropäer und die beiden Iren auf, alarmierte die Polizei, die Täter wurden dingfest gemacht und das Auto beschlagnahmt. Ein Bußgeld von 3.000 Euro wurde erhoben, und nachdem die Geldsumme bezahlt war, bekamen die Täter das Auto zurück.

Vier für Sauberkeit.                                                                                                                                                                      Foto: fh

Neukölln hat ein Müllproblem. Mit diesem Thema beschäftigt sich die Bezirksbürgermeisterin Franziska Giffey seit ihrem Amtsantritt. Zunächst ging sie mit gutem Beispiel voran und schwang unter dem Motto »Schön wie wir« den Besen, nun geht es an den illegal entsorgten Sperrmüll. Am 24. Mai gab sie im Rathaus eine Pressekonferenz zu diesem Thema.
2016 wurden 4.200 Kubikmeter illegaler Müll von der BSR entsorgt. Mit dieser Müllmenge ist Neukölln Berlins Spitzenreiter. Kampf gegen Müll weiterlesen

Neuköllner Alltägliches

Nachrichten aus dem »Neuköllner Tageblatt« vor 100 Jahren, bearbeitet von M. Rempe

Nr. 130 – Donnerstag, 7. Juni 1917
Alle Spargelschalen sollten als Wintersuppengewürze sorgsam gesammelt werden. Nach dem Schälen flüchtig gewaschen, breitet man sie auf einem Tuche aus, das man am besten wie eine Hängematte auf die Beine eines umgedrehten Stuhles spannt. Völlig getrocknet, zerschneidet man sie mit der Schere in recht kleine Stückchen, damit sie unter das getrocknete Suppengemüse gemischt werden können. Sie verleihen jeder Suppe einen feinen diskreten Spargelgeschmack. Neuköllner Alltägliches weiterlesen

Neuer Flohmarkt

Markt in Britz-Süd wird erweitert

Ab dem 17. Juni 2017 bereichert ein neuer Flohmarkt-Teil den Neuköllner Wochenmarkt Britz-Süd. Immer samstags von 8.00 bis 14.00 Uhr werden dann neben den üblichen Lebensmittelhändlern auch Anbieter von »Second Hand« an der Gutschmidtstraße, Ecke Fritz-Reuter-Allee zu finden sein. »Der Flohmarkt soll den Wochenmarkt weiter beleben«, hofft Nikolaus Fink, Betreiber und Geschäftsführer von »diemarktplaner«. »Schon jetzt ist der Markt für die Anwohner ein beliebter Treffpunkt. Die Erweiterung soll das Miteinander im Kiez stärken. Die Nachbarschaft ist dann nicht nur Kunde, sondern kann auch teilnehmender Händler auf Britz-Süd werden.« Neuer Flohmarkt weiterlesen

Mousse au Blabla

Deutsch-französisches Sprachcafé »Plume« in der Warthestraße

Charlotte bezeichnet sich selbst als Neuberlinerin, obwohl sie schon seit 2007 in der Stadt wohnt. Eigentlich ist sie, genau wie »Café Plume«, deutsch-französisch durch und durch, denn nach ihrem Abitur ging sie für 26 Jahre nach Südfrankreich und Paris. Dort studierte sie Kulturmanagement und wurde später Lehrerin für Deutsch als Fremdsprache in Schulen und in der Erwachsenenbildung.

Boulevard de la Warthé mit Spraché und Café.                                                                                                       Foto: pr

Diese Fähigkeiten machen das »Plume« (deutsch: »Feder«) zu dem was es ist: Ein Sprachcafé, in dem professionelle Deutsch- und Französischkurse stattfinden und reger Austausch zwischen den Kulturen der beiden Länder herrscht. Bei den Kursen legt Charlotte wert darauf, dass die Teilnehmer, egal ob nun zehn oder 66 Jahre alt, wirklich sprechen lernen. »Ver­glichen mit der Menschheitsgeschichte schreiben wir noch nicht lange und auch bei Kindern kommt das Sprechen vor dem Schreiben«, erklärt die Sprachlehrerin ihr Konzept. Mousse au Blabla weiterlesen

Konsumfreier Ort für Vernetzung neuer Ideen

Der Verein »reSource« schafft Raum der Begegnung im Kiez

Es ist immer wieder erstaunlich, wie besonders in Neukölln kleine Ini­tiativen entstehen, die das Leben im Kiez angenehmer machen und Verbindungen zwischen Menschen schaffen wollen, die sonst vielleicht anonym aneinander vorbei gelebt hätten.

Freiraum für alle.                                                                                                                                                                            Foto: pr

Der neu gegründete gemeinnützige Verein »reSource« folgt einer ähnlichen Idee und hat mit dem »reSpace« in der Wissmannstraße 20 nun einen Ort gefunden. Gründerin Samira will einen Raum bieten, in dem Menschen ihre Ideen und Projekte wachsen lassen und ihre Ressourcen mit anderen bündeln können.
Samira hat bereits Erfahrung in diesem Bereich. Sie gründete schon den Verein »Cosima e. V.« und stellte ein Crossover-Jugendprojekt auf die Beine. »Diesem Empowerment-Gedanken, also der Idee, Menschen vor Ort zu stärken, folgt auch unser neuer Verein«, sagt die Neuköllnerin. Konsumfreier Ort für Vernetzung neuer Ideen weiterlesen

Von den Alpengipfeln ins Sonnental

Verfeinerte Bergküche vom Oberbacher Alois seim Enkel

Erst in der Elisabeth­kirch-, dann in der Torstraße in Mitte ansässig, ist der dritte Anlauf des alpenländischen Restaurants »Alois Oberbacher« im März nun in den renovierten Räumen von »Pape’s Gasthaus« gestartet. Ein mutiger Schritt, ist das »O³« für die Gegend doch eher gediegen modern bis anspruchsvoll und weder hip noch ganz günstig.

Von der Alm auf den Teller.                                                                                                                                                Foto: hlb

Alois Oberbacher gab es tatsächlich: Vor rund 100 Jahren war er Senner in den Alpen. Sein Enkel Erwin Leitner ist der leidenschaftliche Koch, der Opas schlichte Rezepte ins Heute weiterentwickelt und verfeinert. Er freut sich schon, das wurmstichige, Jahrhunderte alte Holz aus Opas Almhütte in das hintere Gastzimmer des Lokals einzubauen und so eine weitere Verbindung zum inspirierenden Ahn zu schaffen.
Leitner liebt – neben seinem privaten Refugium in der ostitalienischen Adriaregion Marche – seine Produkte und Zutaten, die er direkt von seit Jahren bewährten Produzenten bezieht, ob aus Berlin, vom Bodensee oder natürlich aus Bayern. »Vom Berg ins Tal« (beziehungsweise in die Sonnenallee), so verstehen Leitner und sein Geschäftsführer Roy Müller ihr Konzept. Ein von Leitner an der Isar ge- und für besonders schön befundenes Schwemmholzstück, in dessen uriger Form er einen ganz besonderen Baumkuchen herstellen möchte, versinnbildlicht sein Credo »Alles Gute kommt von oben«. Von den Alpengipfeln ins Sonnental weiterlesen

Tabak mit Herz

Stammkundengespräche im Zeitungsladen

Ul Gerock vor ihrem Laden.                                                                                                                                 Foto: jr

Einige werden ihn kennen, den kleinen Tabak- und Zeitungsladen am Anfang der Anzengruberstraße – es gibt ihn nun schon mehr als 30 Jahre. Ul Gerock kaufte ihn 2005 von einem pensionierten Polizisten und einer Hobbyladenbesitzerin. Sie arbeitete in einem Kopierladen in Steglitz – auf der anderen Straßenseite war so ein Tabakladen, den sie immer ganz gemütlich fand. Nun fand sie die Anzeige im Bezirksblatt, die beiden damaligen Besitzer wollten verkaufen. Und sicher war: »Wenn, dann auf jeden Fall Neukölln.« Am Anfang wusste Ul gar nicht, wie lange sie das machen möchte, nun sind es bereits zwölf Jahre, »ganz schön viel Leben ist das, was man mitbekommt, Kinder werden erwachsen und andere altern…« Tabak mit Herz weiterlesen

Heißer Salsa als Auftakt

Sommer im Park startet in die neue Saison

Ein Kleinod in Nordneukölln, versteckt gelegen zwischen der Karl-Marx-Straße und der Hermannstraße, ist der Körnerpark. Die »Galerie im Körnerpark« mit Café und einer wunderschönen, weitläufigen Terrasse erinnern an eine französische Orangerie, die niemand in dieser Gegend von Neukölln vermuten würde. Als besondere Attraktion finden auf der Terrasse vor der Galerie seit über 30 Jahren im Zeitraum von Mitte Juni bis Ende August die Konzerte der Reihe »Sommer im Park« statt.

Mi Solar.Foto: Milena Schlösser

Das Spektrum der Konzerte bietet für jeden Geschmack etwas: Salsa, AfroSoul, Big Band und Modern Jazz, französischer Pop, Bluesrock, Rocksongs von den Sechzigern bis in die Neunziger, Tango Argentino, Jazzrock, indische Musik mit modernen elektronischen Klängen, Neukölln-Pop und alte Soulklassiker.
Die Konzerte beginnen pünktlich um 18 Uhr, dauern circa eineinhalb Stunden, und der Eintritt ist frei. Heißer Salsa als Auftakt weiterlesen

Scheitern erlaubt

Versuch und Irrtum im »Kulturlabor« in der Braunschweiger Straße

Weil die muntere Truppe in der Braunschweiger Straße 80 in Neukölln aus vielen unterschiedlichen Sprach- und Kulturräumen kommt, gaben sie ihrem »Kulturlabor« den Namen »Trial&Error«. Übersetzt bedeutet das »Versuch und Irrtum« und kann gut mit Probieren geht über Studieren übersetzt werden. »T&E« setzen dabei bewusst das Ausprobieren an den Anfang, ohne dabei ein mögliches Scheitern zu stigmatisieren, was dem Ganzen den Druck nehmen und die Freude am Experimentieren erhöhen soll.

Auf ins Experiment.                                                                                                                                                                       Foto: rr

Hinter dem Kulturlabor »Trial&Error e.V.« stehen aktive Do-it-Yourself Freaks, Kunsthandwerker, Grafiker, Upcycler, Aktivisten, Journalisten, Denker, Macher, Philosophen, Künstler und Straßenkünstler, die in einem Netzwerk soziale und kulturelle Projekte auch überregional realisieren. Im Mai 2010 wurde der Verein gegründet und feierte gerade seinen siebten Geburtstag. Scheitern erlaubt weiterlesen

Auseinandersetzung mit der Religion

Schulklassen gestalten spannende Ausstellung

500 Jahre ist es her als Martin Luther seine Thesen in Wittenberg veröffentlichte und damit einen Prozess auslöste, der das Glaubensleben in ganz Europa umgekrempelte.
Das Museum Neukölln hat dieses Jubiläum zum Anlass genommen, gemeinsam mit acht Neuköllner Schulklassen den religiösen Alltag im Bezirk zu erforschen. Herausgekommen ist eine sehenswerte Ausstellung, die interessante Einblicke in die großen Weltreligionen gibt.
Jede Schule gestaltete eine Vitrine, in der Symbole oder auch selbst gestaltete Objekte ausgestellt werden, die Bezug nehmen auf die Religion, mit der sich die Schüler beschäftigten.

religion auf schnellem Fuße.                                                                                                                                                Foto: mr

Im Unterricht entwickelten sie dazu Fragen, die sie Repräsentanten der jeweiligen Religion, Kulturwissenschaftlern und praktizierenden Laien stellten. Die dabei entstandenen Videos werden ebenfalls in der Ausstellung präsentiert. Auseinandersetzung mit der Religion weiterlesen

»Chess-For-Fun-Berlin«

Schach total im Kulturcafé »Saarbach«

Schwarzweiße Grübelei.                                                                                                                                                        Foto: mr

In den Roaring Twenties galt Berlin als das deutsche Schach-Mekka schlechthin. Das Café »Kerkau«, das »Mokka« und vor allem das »Romanische Café« waren die bekanntesten Adressen. Im Letzteren wurde auf der »Galerie« Schach gespielt. Die Schachspieler wurden vom hochgeistigen Parterre gerne als »Mondbewohner« tituliert. Hier verkehrte der damalige Schachweltmeister Emanuel Lasker ebenso regelmäßig, wie der Theaterregisseur Max Reinhardt und auch die Wissenschaftler Max Planck und Albert Einstein. Einstein hat Planck gar während einer Partie dessen Schnürsenkel um den Stuhl gebunden. Nach dem Zweiten Weltkrieg waren diese Cafés allesamt Geschichte. »Chess-For-Fun-Berlin« weiterlesen

Im selben Boot, aber im anderen Verein

Neuköllner Frauenruderclub

Obwohl Rudern eigentlich kein reiner Männersport mehr ist, bleibt der Ruderclub »Wiking« am Teltowkanal in Britz seiner Tradition treu und akzeptiert weiterhin, wie schon in den 121 Jahren zuvor, keine weiblichen Mitglieder. Selbst für anerkannte Leistungssportlerinnen wurde davon nicht abgewichen. Dennoch ist seit 2015 allen Frauen Rudern im Verein auch in Neukölln möglich, seit sich der »Neuköllner Ruderclub Berlin e.V.« als reiner Frauenruderclub gegründet hat. Der ist der jüngste unter den inzwischen fünf reinen Frauenruderclubs in Deutschland, aber erst der zweite in Berlin.

Warten auf den nächsten Ausflug.                                                                                                                                     Foto: rr

Mal eben einen Ruderclub zu gründen, ist nicht so einfach. Neben einer geeigneten Immobilie am Wasser wird auch geeignetes Bootsmaterial, Unterstellmöglichkeiten und vieles mehr benötigt, was ohne Sponsoren finanziell schwer zu stemmen ist. Das Besondere an dieser Vereinsgründung ist, dass eben gerade die Männer von »Wiking« sich nicht nur aufgeschlossen dem Ruderanliegen der Frauen gegenüber zeigten, sondern deren eigene Vereinsgründung maßgeblich mit unterstützten. Im selben Boot, aber im anderen Verein weiterlesen

Immer knapp vorbei

Fußball-Legende »SV Tasmania« in der 6. Liga

Ein Sonntag Ende Mai: während auf dem Tempelhofer Feld wieder mal Tausende den verschiedensten Freizeitbeschäftigungen nachgehen, findet am Neuköllner Rand des Geländes beinahe unbemerkt das Spitzenspiel der Berlin-Liga zwischen dem »SV Tasmania« und Tabellenführer »SC Staaken« statt. Die Partie hätte jedenfalls sicher mehr als die erschienenen 160 Besucher verdient.

Unverwüstliche Fans.                                                                                                                                                                 Foto: pr

Der »Werner-Seelenbinder-Sportpark« liegt ein Stück von der Oderstraße zurückversetzt, kein Schild weist an der Einfahrt auf die sportliche Heimat des Neuköllner Traditionsvereins hin. Ein Grund von sicher vielen, warum der Klub seit Längerem in der Sechstklassigkeit im Dornröschenschlaf liegt. Immer knapp vorbei weiterlesen

Qualifizierung gegen Quote

Vorstand Seniorenvertretung

Die Neuköllner Seniorenvertretung besteht aus 13 Mitgliedern, die am 10. April in ihrem Ehrenamt entsprechend dem Seniorenmitwirkungsgesetz berufen wurde.
Ihre Aufgaben bestehen darin, die Interessen und Rechte älterer Menschen im Bezirk gegenüber allen öffentlichen Einrichtungen bis hin zum öffentlichen Nahverkehr zu vertreten.
Als das Gremium, das aus zehn Männern und drei Frauen besteht, einen Vorstand wählen sollte, brachen alte Seilschaften durch. Die Frauen hätten sich eine Quotierung gewünscht, daraus wurde aber nichts.
Der Vorsitzende Erwin Bender wollte von einer Quotierung nichts wissen. Er zog die Wahl nach Qualifizierung vor. Der Vorstand besteht nun aus drei Männern, übrigens allesamt Gewerkschafter und Genossen. 

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Seniorenservice im Rathaus Neukölln: Karl-Marx-Straße 83, Telefon: 90239-2298 und 1206,

Wohl unter Linden

Die Geschichtsträchtigkeit eines Baumes

Ob »Kein schöner Land in dieser Zeit…wohl unter Linden, wo wir uns finden…« oder »Am Brunnen vor dem Tore«, fast jeder hat schon über die Linde mitgesungen.

Die Winterlinde.                                                                                                                                          historische Zeichung

Der Lindenbaum war den Germanen heilig. Er war der Göttin Freya gewidmet. Sie ist die Göttin der Liebe, Fruchtbarkeit und Schönheit. Eine Linde bildete häufig den Dorfmittelpunkt. Unter ihr wurde nicht nur die Ehe versprochen, sondern auch Gericht gehalten. Wohl unter Linden weiterlesen

Basteln mit Rolf

Der Mistkäfer

Aus gegebenen Anlass bastelt Rolf einen Mistkäfer. Den gibt es hierzulande leider viel zu selten. Im antiken Ägypten war dieser Käfer heilig. Was das Tier auszeichnet ist, es beseitigt den Mist anderer, indem es ihn klaglos frisst. Für den Abtransport formt er aus dem Mist eine Kugel, die er mit den Hinterbeinen fortrollt.
Weil der Käfer meist eine violette oder schwarze Farbe mit häufig metallischem Schimmer hat, stammt mein Kronkorken von einem obergärigen Bier aus Bayern. Benötigt wird Blumenbindedraht, ein Seitenschneider, eine Heißklebepistole, eine Zange zum Biegen und für ein paar Löcher eine Ahle. Nicht zwingend sind ein Hammer und Werkzeuge zum Blechformen, aber stets wichtig, die Freude am Pfriemeln.
Wer das entsprechende Werkzeug hat, formt aus dem Kronkorken einen kugligen Käferpanzer. Aus dem Draht entstehen die sechs Käferbeine und ein Paar Fühler. Die werden mit Heißkleber unter dem Kronkorken befestigt. Was als Kugel genommen wird, steht jedem frei.

Petras Tagebuch

Wider die Betonköpfe

Das Elternhaus, in dem ich aufwuchs, war ein ziemlich bunter Haufen. Meine Mutter war eine glühende Vertreterin der SPD, mein Vater Verteidiger der FDP, mein Bruder war überzeugt von der CDU, und meine Schwester bewegte sich links von der SPD.
Alle Familienmitglieder waren politisch und die Diskussionen laut und manchmal recht hitzig, aber wir waren am Abend in der Lage, friedlich gemeinsam am Tisch zu essen.
Das Haus war aber auch für andere Meinungen offen. Es gab Bekannte, die der KPD angehörten und dann vom Berufsverbot betroffen waren, sogar Altnazis wurden im Hause zugelassen. Auch mit denen wurde diskutiert, gestritten und hinterher aß man gemeinsam. Petras Tagebuch weiterlesen

In eigener Sache

Absage des »Kneipengesprächs« mit AfD-Kandidat Andreas Wild am 16. Mai 2017

Die KIEZ UND KNEIPE Neukölln hat bereits zur Bundestagswahl 2013 ein eigenes Format entworfen, um mit den Neuköllner Bundestagskandidaten in einen kritischen Dialog zu treten – die »Kneipengespräche«. Jeder Kandidat war in eine Kneipe zum Gespräch mit einem Neuköllner Bürger eingeladen, die anwesenden Gäste konnten mit in die Diskussion eingreifen. Ausgewählt wurden die Parteien, die einen Sitz in der Bezirksverordnetenversammlung hatten. Auch für die anstehende Bundestagswahl war dieses Format wieder geplant.
Es fiel uns nicht leicht, auch die AfD zu einem solchen Gespräch einzuladen, aber unser demokratisches Verständnis und unsere journalistische Überzeugung, dass die Bundestagskandidaten der in die Bezirksverordnetenversammlung gewählten Parteien – CDU, SPD, Bündnis90/Die Grünen, Die Linke, FDP und AfD – zu Wort kommen und sich den Bürgern des Bezirks stellen sollten, bewegte uns zu diesem Schritt. Der AfD-Bundestagskandidat für Neukölln ist Andreas Wild, der in der Vergangenheit durch völkische und rassistische Parolen auffiel, von denen auch wir uns bekanntermaßen distanzieren.
Viele Neuköllner zeigten Interesse an der für den 16. Mai im »Schiller’s« geplanten Veranstaltung, einige hatten nachvollziehbare Bedenken, sie könne zu einer Propagandaveranstaltung missbraucht werden, wieder andere versuchten, sie ganz zu verhindern. Nachdem wir diverse Drohungen erhielten, die KIEZ UND KNEIPE Neukölln in ihrer wirtschaftlichen Existenz zu vernichten, einzelne Redaktionsmitglieder Androhungen bis hin zu körperlicher Gewalt ausgesetzt waren, und auch unsere Anzeigenkunden angehalten wurden, uns etwa durch Anzeigenboykott zur Absage der Veranstaltung zu bewegen, sehen wir uns gezwungen, die Veranstaltung abzusagen.
Leider, aber konsequenterweise hat dies zur Folge, dass auch alle weiteren mit den Bundestagskandidaten geplanten Gespräche sowie die geplante KIEZ UND KNEIPE-Sonderausgabe zur Wahl abgesagt werden müssen. Wir bedauern, dass demokratisches journalistisches Verhalten von einigen Menschen in Neukölln mit dem Argument des Schutzes der Demokratie, aber eben auch mit Mitteln der Einschüchterung und Gewaltandrohung verhindert werden.
Berlin Neukölln, 10. Mai 2017
Die Redaktion der KIEZ UND KNEIPE Neukölln

Sündenbock der Gentrifizierung?

Gegrilltes Metall.                                                                                                                                                                            Foto: jt

Brandanschlag auf die »Schillerburger«- Autos mit Kollateralschaden

»Die Message ist glaube ich klar«, sagt Philipp Entekhabi und blickt durch das Fenster auf die ausgekohlten Karosserien vor der »Schillerburger«-Filiale in der Herrfurthstraße.
Der Chef und Mitgründer der boomenden Burgerkette erinnert sich noch an die Angriffe vor fünf Jahren und das damalige Bekennerschreiben, das deutlich machte, dass es den Tätern um die Gentrifizierung im Kiez ging. Seitdem war der Burgerladen samt der dazugehörigen Backstube und dem danebenliegenden Restaurant immer wieder Zielscheibe von Schmierereien und Anfeindungen. Sündenbock der Gentrifizierung? weiterlesen

Falsche Methoden des Widerstandes

Bundesweit hat die Zahl politisch motivierter Straftaten zugenommen, während die Zahl linker Gewalt zurückgegangen ist. Im Fall »Schillerburger« ermittelt nun der Staatsschutz, da angenommen wird, dass sogenannte Linksextreme dahinterstecken.
Diese Brandstifter, die offenbar pauschal gegen jede Art von Veränderung sind, haben jedoch durch ihre Aktion jedes Recht verloren, sich linke Argumente zur Rechtfertigung ihrer Tat anzueignen. Ihr Verhalten ist zutiefst unvereinbar mit urlinken Prinzipien des Zusammenlebens. Brennende Autos und beleidigende Sätze an Wänden werden die Verdrängung im Kiez und die ungerechte Verteilung des Fortschritts weder aufhalten, noch wird es denen, die wirklich profitieren, schaden. Und diese Profiteure sind noch nicht einmal die Burgerunternehmer, auf die sich der Hass richtet. Die Anwohner, die dabei zu Schaden kommen, sind es noch weniger.

Jana Treffler

Coffee goes Mehrweg

Alternativen zum Bechermüll

Morgens auf dem Weg zur Arbeit beim Bäcker schnell den Kaffee für unterwegs mitnehmen, das gehört heute einfach dazu. Aber dieser Genuss hinterlässt enorme Spuren, denn der Becher landet nach Gebrauch bestenfalls im Müll, oft genug aber leider auch einfach auf der Straße. 2,8 Milliarden Coffee to go Pappbecher werden in Deutschland pro Jahr weggeworfen, das sind rund 40.000 Tonnen Müll pro Jahr, sagt die Deutsche Umwelthilfe. Allein in Berlin sind es 2.400 Tonnen.

Georg KössleR untersucht wiederverwendbare Becher.                                                                                 Foto: fh

Viele Menschen sind sich des Problems zwar bewusst, holen sich mangels Alternativen aber trotzdem ihren täglichen »Coffee to go«. Anfang des Jahres haben die Grünen im Abgeordnetenhaus deshalb einen Antrag gestellt, der den Senat auffordert, gemeinsam mit Handels- und Umweltverbänden nach Lösungen zu suchen, um der steigenden Becherflut Herr zu werden. Coffee goes Mehrweg weiterlesen

Armut ohne Auftrag

Mittellose brauchen Fürsprecher und Vermittler

Was man nicht benennt, das gibt es nicht. So kommt es zumindest Thomas de Vachroi vor, wenn er von dem seiner Meinung nach bestehenden Unwillen der Politik spricht, die Stelle eines Armutsbeauftragten einzurichten. Das Problem der wachsenden Armut sei gravierend, doch keiner wolle zugeben, dass es existiert. Der Leiter des Diakoniewerks »Simeon« ist mit allen Wassern gewaschen, was Sozial- und Flüchtlingshilfe betrifft. Er könnte stundenlang von den schweren Schicksalen der Menschen berichten, mit denen er tagtäglich zu tun hat, und jedes einzelne wäre für sich genommen schlimm genug.


Egal wie unterschiedlich die Ursprünge für all die Fälle von drohender Armut, Wohnungslosigkeit und sozialer Ausgrenzung sind, ihnen allen könnte geholfen werden, meint de Vachroi. Er wünscht sich, dass das Land Berlin die Stelle eines Armutsbeauftragten schafft, der die bestehenden Hilfsangebote und die Arbeit der Bezirksämter kennt, im Blick hat und koordiniert. Denn die Zusammenarbeit zwischen den Bezirken lasse noch zu wünschen übrig, sagt de Vachroi. Armut ohne Auftrag weiterlesen

von Neuköllnern für Neuköllner