Archiv der Kategorie: Politik

Milieuschutz für ganz Nord-Neukölln

BVV diskutiert über Eigentumsschutz und soziale Aspekte

Milieuschutz ist nicht unbedingt ein Lieblingsthema der Neuköllner Bezirkspolitik. Zwar untersucht das Bezirksamt inzwischen, ob der Reuter- und der Schillerkiez als Milieuschutzgebiete ausgewiesen werden können, aber das sieht das »Bündnis für bezahlbare Mieten Neukölln« als nicht ausreichend an und fordert, den gesamten Norden Neuköllns unter Schutz zu stellen.

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Miljöh Hermannstraße.                                                                                                                                                             Foto: fh

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Jetzt kommt Falko

Falko Liecke Chef der Neuköllner CDU

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Noch lacht er.                                                                    Foto: fh

Auf dem Kreisparteitag der CDU Neukölln wurde am 21. März der stellvertretende Bezirksbürgermeister Falko Liecke zum neuen Kreisvorsitzenden der CDU Neukölln gewählt.
Der bisherige Kreisvor-sitzende Michael Büge übergab nach sechs Jahren Vorsitz den Staffelstab an Falko Liecke. »Es ist an der Zeit, einen Generations-wechsel in die Wege zu leiten. Mit Falko Liecke an der Spitze ist die CDU Neukölln in den kommenden Jahren gut aufgestellt«, so Michael Büge. Jetzt kommt Falko weiterlesen

Ein Neuköllner für Bildung und Sport

Der neue Stadtrat Jan-Christopher Rämer

Der neue Neuköllner SPD-Stadtrat für Bildung, Schule, Kultur und Sport wird ab Mitte April Jan-Christopher Rämer (34) heißen.
Als in Britz und Bu-ckow aufgewachsener Neuköllner, der bis vor Kurzem in der Herrmannstraße wohnte, ist er mit dem Neuköllner Facettenreichtum und Multi-Kulti-Flair vertraut. Und er mag das Neuköllner Getümmel.
Bislang arbeitete er auf Bundesebene im städtebaulichen Bereich, wodurch ihm die Probleme der 62 Neuköllner Schulen auch aus einem anderen Blickwinkel vertraut sein sollten. Die­se nun auf bezirklicher Ebene anzugehen, empfindet er als spannende Aufgabe. Als Herausforderung sieht er vor allem, die gute, soziale Durchmischung der Schulklassen zu verstärken. Er selbst würde seine Kinder auf jeden Fall in Neuköllner Schulen schicken.
Als langjähriger Eishockeyspieler wird er wohl auch ein besonderes Augenmerk auf den Sport im Bezirk haben. Das Eisstadion Neukölln könnte beispielsweise eine neue Eismaschine gebrauchen.
Auch der nichtschulische Bildungsbereich ebenso wie der Kulturbereich haben vermutlich einige Wunschzettel in der Schublade liegen.
Rämer übernimmt ein gut bestelltes Amt. Er tritt in große Fußstapfen, die die ehemalige Amtsinhaberin und zukünftige Neuköllner Bezirksbürgermeisterin Franziska Giffey hinterlässt.

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Bildung hat Vorrang für die neue Bürgermeisterin

Kiez und Kneipe sprach mit Franziska Giffey

GiffeyDie Kiez und Kneipe führte in den Räumen der designierten Bürgermeisterin Franziska Giffey ein Gespräch über die Schwerpunkte ihrer zukünftigen Tätigkeit.
Beim Thema Kunstförderung verweist Giffey auf die begrenzten Mittel, die dem Bezirk zur Verfügung stehen. Junge Künstler will sie trotzdem auf dem heiß umkämpften Kunstmarkt unterstützen. Ihr Anliegen ist es, die Neuköllner zu bewegen, Kultur zu erleben. Wenn Menschen, die normalerweise nicht in Kunst- oder Kultureinrichtungen gehen, in Gruppen angesprochen werden, funktioniere das gut, beispielsweise beim Besuch im »Museum Neukölln«. Das wurde auch schon mit den Stadtteilmüttern gemacht und dadurch Schwellenangst abgebaut. Bildung hat Vorrang für die neue Bürgermeisterin weiterlesen

Widerstand gegen Luxussanierung

Nur gemeinsam sind wir stark

Bei der letzten Stadtteil­versammlung im Schillerkiez wurde beschlossen, sich monatlich im »Nachbarschaftstreff« in der Mahlower Straße 27 zu treffen.
Das Treffen soll den Austausch fördern, und gegenseitige Hilfe bei Auseinandersetzungen mit Vermietern und Hausverwaltungen anbieten. Wie wichtig es ist, sich zu organisieren, zeigte das letzte Treffen eindrucksvoll. Ein Bewohner der »Hausgemeinschaft Friedelstraße 54« berichtete über den Widerstand gegen ungewollte Modernisierung, immense Mieterhöhungen, Verdrängung und »Wohnraum als Ware.« Widerstand gegen Luxussanierung weiterlesen

Buschkowsky geht, Giffey kommt

Cartoon Buschi 36jährige Bildungsstadträtin ist designierte Bürgermeisterin

Eine Ära geht zu Ende. 13 Jahre war Heinz Buschkowsky Bürgermeister und Finanzstadtrat in Neukölln. Gesundheitliche Gründe veranlassten den 66-jährigen, am 27. Januar die Ämter niederzulegen.
Bekannt wurde Buschkowsky mit dem Ausspruch »Multikulti ist gescheitert!« weit über Neuköllns Grenzen hinaus und machte damit auch den Bezirk berühmt. Er hat sich Freunde wie Feinde geschaffen. Mit Überzeugung und kernigen Sprüchen vertrat er immer engagiert seine Linie. »Wo Neukölln ist, ist vorne« war sein Motto, und so ist es auch gekommen, denn er hat viel bewegt.
Mit großer Wahrscheinlichkeit wird die Bildungsstadträtin Neuköllns, Franziska Giffey, die Nachfolge antreten. Den Segen der SPD hat sie wahrscheinlich, die Bezirksverordnetenversammlung muss noch in der Sitzung am 15. April zustimmen. Buschkowsky geht, Giffey kommt weiterlesen

Letzter Vorhang für den König von Neukölln

Unspektakulärer Abgang in der Bezirksverordnetenversammlung

Wer eine pathetische Abschiedsvorstellung erwartet hatte, wurde enttäuscht. In wenigen knappen Sätzen erklärte Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowsky in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) am 28. Januar, dass er den Regierenden Bürgermeister Michael Müller gebeten habe, ihn zum 1. April in den Ruhestand zu versetzen. Aus gesundheitlichen Gründen.
Die BVV-Mitglieder erinnerte er noch einmal daran, »Wo Neukölln ist, ist vorn!« Das wurde von allen Fraktionen mit stehenden Ovationen quittiert.

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Wo Buschy war, war vorne.Foto: mr

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Leben um jeden Preis?

Diskussion über Würde, Tod und Selbstbestimmung in der »Dorfschule Rudow«

Cartoon_Tod KopieDer Saal in der alten Dorfschule Rudow war rappelvoll. Kein Wunder, ging es um ein Thema, das jeden früher oder später betrifft: wie kann ein würdevolles Sterben gelingen. Führt Sterbehilfe zu mehr Selbstbestimmung auch am Ende unseres Lebens oder geht es für diejenigen, die Sorge haben, im Alter oder bei schwerer Krankheit anderen zur Last zu fallen nicht vielmehr um großen Druck und Fremdbestimmung? Leben um jeden Preis? weiterlesen

Prügelei in der U-Bahn

»Importierter Antisemitismus« als Scheinargument

Das Jahr 2015 beginnt äußerst unschön für Shahak Shapiro, einen jungen Israeli, der seit Jahren in Deutschland lebt. Mit ein paar Freunden ist er in der Silvesternacht unterwegs zu einer Bar, die U-Bahn ist proppenvoll. Als eine Gruppe mutmaßlich arabisch-stämmiger Jugendlicher beginnt, antisemitische Parolen zu grölen, scheinen alle im Zug plötzlich Unmengen an SMS zu bekommen, keiner versucht auch nur empört auszusehen. Nur zwei Männer fordern die Gruppe auf, das Gerufe zu beenden und werden daraufhin bedrängt und eingeschüchtert. Shahak filmt das Ganze, was letztlich den Zorn der Jugendlichen auf ihn lenkt, und es kommt zur Schlägerei. Ohne sein Zutun gelangt alles an die Presse, und was danach passiert, ist erstaunlich: verschiedene Stellen nutzen das Ereignis für ihre Zwecke, und hauptsächlich wird die Gelegenheit ergriffen, um wieder einmal vom »importierten Antisemitismus« durch muslimische Migranten zu erzählen. Prügelei in der U-Bahn weiterlesen

Bürgerbeteiligung im Digitalzeitalter

Die Online-Plattform zum Tempelhofer Feld – eine vertane Chance?

Ein gelungener Volksentscheid, eine Party auf dem Feld, die Schlacht um das «Wiesenmeer» scheint gewonnen. Doch was jetzt? Eine Bebauung schließt das neue Gesetz auf dem Tempelhofer Feld aus, doch sonst lässt es Raum für Neugestaltung und Änderungen, bei denen die Bürger die Möglichkeit haben sollten mitzubestimmen.

adhocracy
https://tempelhofer-feld.berlin.de

Unter dem schnittigen Namen «Adhocracy» hat der in Neukölln ansässige gemeinnützige Verein «Liquid Democracy e.V.» eine freie Software geschaffen, die als Betriebssystem für demokratische Beteiligung fungiert. Diese wurde im Dezember 2014 vom Senat für Stadtentwicklung als Diskussionsforum rund um das Tempelhofer Feld freigeschaltet, alles im Rahmen der Erstellung des »Entwicklungs- und Pflegeplans« (EPP). Mit der Koordination des Projekts betreute Ex-Bausenator Michael Müller den Geschäftsführer des »BUND«, Tilmann Häuser, damals ein vehementer Kritiker des Gesetzesentwurfs der Regierung. Bürgerbeteiligung im Digitalzeitalter weiterlesen

Eine Bürgerinitiative wird kaltgestellt

Senat zieht die Zuständigkeit für die Buckower Felder an sich

Buckower Feld
Erste Bautätigkeiten auf den Buckower Feldern.                                                                                                   Foto:cr

Nach dem Erfolg des Volksentscheids über das Tempelhofer Feld hatte Berlins neuer Regierender Bürgermeister Michael Müller einen anderen Umgang mit der Stadtgesellschaft versprochen. Wie der aussehen könnte, hat er in einer seiner letzten Amtshandlungen als Senator für Stadtentwicklung demonstriert.
Es geht um die Buckower Felder, der letzten landwirtschaftlich genutzten Fläche zwischen Buckower Damm, Gerlinger Straße und der Grenze zu Brandenburg. Dort sollen vier- bis fünfgeschossige »Wohnschlangen« entlang der Straßen, zwei- bis dreigeschossige Ein- und Mehrfamilienhäuser sowie Stadtvillen im Zentrum, dazu viergeschossige »Torhäuser« entstehen; außerdem zwei neue Kitas und Grünflächen.
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Ideenspielwiese Tempelhofer Feld

Bürgerbeteiligung am Entwicklungs- und Pflegeplan erwünscht

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Platz für fliegendes Handwerk.                                                                                                                                         Foto: mr

Der gewonnene Volksentscheid zum Tempelhofer Feld stellt die Berliner Bevölkerung und den Senat gleichermaßen vor neue Aufgaben.
In der Anlage 3.1 zum »Gesetz für den Erhalt des Tempelhofer Feldes«, »thfgesetz.de«, das seit 15. Juni 2014 in Kraft ist, heißt es: »Für das Gebiet ist ein Entwicklungs- und Pflegeplan unter Partizipation der Bevölkerung aufzustellen, der die Belange der im Gesetz definierten Schutz-, Erhaltungs-, Bewahrungs- und Pflegezwecke und Entwicklungsziele beinhaltet, die naturschutzfachlichen Belange regelt und organisiert und als Basis für die Umsetzung der Freizeitaktivitäten und Nutzungsansprüche der Bevölkerung dienen kann.«
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Verpasste Chancen

Flüchtlingsheim bleibt in privater Trägerschaft

Eigentlich war die erst Anfang des letzten Jahres fertiggestellte Flüchtlingsunterkunft in der Späthstraße nur als Provisorium gedacht und sollte bereits Ende dieses Jahres wieder abgerissen werden. Der Pachtvertrag für das Privatgrundstück läuft am 31. Dezember 2015 aus.

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LeichtbauWohnen.                                                                                                                                                                      Foto: mr

Inzwischen hatte der Eigentümer, Möbelunternehmer Kurt Krieger, dem Land den Rückkauf des Grundstücks angeboten, sogar weit unter dem Preis, den er selbst beim Erwerb an den Liegenschaftsfonds des Landes Berlin gezahlt hatte. Eigentlich ein gutes Geschäft für das Land. Es verkauft ein Grundstück teuer, erwirbt es für weit weniger zurück, spart die Abrisskosten der Gebäude in Millionenhöhe und erhält die 400 Heimplätze, deren Bau ebenfalls mehr als acht Millionen Euro gekostet hat. Verpasste Chancen weiterlesen

Elterngeld – Teilen für den Nachwuchs

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Mehr Zeit für die Kinder.                                                                                                                                                         Foto:mr

Gesetzesänderung sorgt für mehr Flexibilität bei der Erziehungszeit

Was vor wenigen Jahren noch als »Wickelvolontariat« verspottet wurde, wird langsam zu einem gesellschaftlichen Trend: die sogenannten Vätermonate bei der Erziehungszeit.
Das neue Gesetz zum »Elterngeld Plus«, das zum 1. Januar 2015 in Kraft tritt und für Geburten ab dem 1. Juli 2015 gilt, soll durch die flexible Kombination von Elterngeldbezug und Teilzeitarbeit den Weg in die Familienarbeitszeit weiter ebnen. Elterngeld – Teilen für den Nachwuchs weiterlesen

Appelle zur Begrüßung

Alle 14 Tage wird die Einbürgerung neuer Staatsbürger gefeiert

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»Ich will Deutscher sein«.                                                                    Foto: jt

Viele hohe Stufen führen zum BVV Saal in der zweiten Etage des Neuköllner Rathauses, in dem alle zwei Wochen dienstags eine Einbürgerungsfeier stattfindet. Ähnlich viele Stufen auf dem Weg zur deutschen Staatsbürgerschaft mögen die neu »Eingebürgerten« auch erklommen haben, bevor sie nun eine Urkunde überreicht bekommen, die sagt, dass sie jetzt ihren deutschen Pass beantragen dürfen. Appelle zur Begrüßung weiterlesen

Willkommenskultur statt Ghettoisierung

Bürger engagieren sich in der Britzer Flüchtlingshilfe

Späthstraße
Handeln, nicht nur demonstrieren                                                                                                                                   .Foto: ro

Geht es um Flüchtlinge, wird meist »über« sie gesprochen: Flüchtlingsfluten und überfüllte Lager dominieren Zeitungen und Fernsehsendungen. Doch wer spricht schon einmal »mit« Flüchtlingen? Willkommenskultur statt Ghettoisierung weiterlesen

Vorkaufsrecht für Mietergemeinschaften

 

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Umwälzungen in der Emser Straße.                                                                                                                                 Foto:fh

Kiez und Kneipe befragte Abgeordnete zu diesem Thema

In Berlin gibt es bereits etliche Häuser, die von den Mietergemeinschaften gekauft wurden.
Die Kiez und Kneipe befragte Abgeordnete aus Neukölln und Kreuzberg zu folgendem Thema: »Hat der Bundestag darüber nachgedacht, dass Mieter, die sich zusammenschließen, ein Vorkaufsrecht erhalten, so wie es bei der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen bereits der Fall ist?« Vorkaufsrecht für Mietergemeinschaften weiterlesen

Die Symbolik des Kopftuchs

Die visuelle Darstellung von Migranten in den deutschen Medien

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Religiöse Tradition                                                                               Foto:m r

Verschleierte Frauen gehen mit Einkaufstüten und Kinderwagen eine Straße hinunter, der Betrachter sieht ihnen aus einiger Entfernung hinterher, das umliegende Geschehen ist verschwommen.
Sobald Migration und Integration in den Medien zum Thema werden, sind Zeitungen und Internetseiten voll von Bildern wie diesen. Ganz gleich, ob die dazugehörigen Artikel von »Integrationsverweigerern«, Statistiken zu Schulabschlüssen von Ausländern oder »Hartz IV« für alle EU-Bürger handeln, es wird eine Frau mit Kopftuch abgebildet. Die Symbolik des Kopftuchs weiterlesen

Frühstück mit Christina Schwarzer

CDU Bundestagsabgeordnete stellte Ihre politische Arbeit vor

Seit einChristina Schwarzerem Jahr ist Christina Schwarzer von der CDU als Abgeordnete im Bundestag tätig. Am 29. September berichtete sie bei einem Pressefrühstück in ihrem Wahlkreisbüro den kommunalen Printmedien über ihre Arbeit.

Als Neuköllner Kind hat sie ein besonderes Augenmerk auf den Bezirk, in dem sie verschiedene Einrichtungen, beispielsweise Tagsbetreuung von Rentnern besucht. In Kürze ist ein Besuch in einer Spielhalle am Kottbusser Damm geplant, wo sie mit den Mitarbeitern und der Frühstück mit Christina Schwarzer weiterlesen

Kunstvolle Kicker

Grün*innen feiern viel und gern

Gerade fünf Monate haben die Grünen ihr neues Bürger*innen-Büro in der Wipperstraße und schon wieder wurde nach dem Einweihungsfest erneut gefeiert. Es war nicht nur der Sommer, der am 12. September dazu Anlass gab. Der zweite Grund zum Fest war eine Ausstellungseröffnung.

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Die sind sich grün. Foto: mr

Kunstvolle Kicker weiterlesen

Nein zu Luxussanierung

Mieter fordern Milieuschutz

Immer mehr Häuser werden teuer modernisiert und die Wohnungen einzeln verkauft. Viele Mieter können sich die Wohnung dann oftmals nicht mehr leisten und sind gezwungen umzuziehen.
Das Neuköllner »Bündnis für bezahlbare Mieten« ruft daher das Bezirks-amt zur Einrichtung von Milieuschutzgebieten auf mit dem Ziel einer Mietenbremse. So lassen sich Luxusmodernisierung und das Zusammenlegen von kleinen Wohnungen unterbinden. Um Häuser der Spekulation zu entziehen, hätte der Bezirk ein Vorkaufsrecht. Tritt zusätzlich die Umwandlungsverordnung in Kraft, könnten damit weitere Umwandlungen verhindert werden. Mindestens die nördlichen sechs Quartiersmanage­mentgebiete innerhalb des S-Bahn-Ringes sollten diesen Schutzstatus bekommen, um die soziale Mischung im Kiez zu erhalten.
Um dem Nachdruck zu verleihen, ruft das Bündnis Mieter auf, Einwohneranträge im Rathaus zu stellen. Ein Einwohnerantrag muss von mindestens 1.000 Leuten unterstützt werden. Unterschreiben kann jede Person, die in Neukölln gemeldet und mindestens 16 Jahre alt ist. Unabhängig von der Staatsbürgerschaft! Unterschriftenbögen gibt es unter www.mietenbuendnis.de.
Ein weiteres Problem sieht das Bündnis beim Wohnungsneubau. Nachdem die Gebäude der Frauenklinik am Mariendorfer Weg jahrelang vor sich hin rotteten, sollen demnächst hier und auf dem benachbarten Friedhof rund 1.000 hochpreisige Eigentumswohnungen entstehen.
Das Bündnis fordert eine öffentliche Diskussion um eine soziale Nutzung des Gebäudekomplexes. Denkbar wäre zum Beispiel ein städtebaulicher Vertrag, der einen Anteil Sozialwohnungen garantiert.

Marlis Fuhrmann/mr

»Wenn ich in Deutschland etwas zu sagen hätte …«

kinder_an _die_MachtSchüler tragen Politikern ihre Anliegen vor.                                          Foto: rb

Neuköllner Schüler diskutieren mit der Bildungsstadträtin

Ein ungewohntes Bild bot sich beim »Kindergipfel« am 26. Juni im BVV-Saal des Neuköllner Rathauses. Wo sonst die Bezirksver­ordneten der Parteien schön nach Fraktionen getrennt sitzen, tummelten sich Kinder aus neun Neuköllner Schulen des »Bildungsverbundes Gropiusstadt«.
Unter dem Motto: »Wenn ich in Deutschland etwas zu sagen hätte, dann würde ich…« trugen die Schüler im Alter von zehn bis 14 Jahren ihre Vorschläge als Rede an die Bundeskanzlerin vor, was sich aus ihrer Sicht in unserem Lande ändern müsste. Stellvertretend für die Kanzlerin saß die Neuköllner Bildungsstadträtin Franziska Giffey neben dem Rednerpult und hörte den Texten der Schüler aufmerksam zu.
Die kurzen Reden verfügten über ein großes Themenspektrum. Nationale Fragen wie gerechtere Steuern oder Mindestlohn kamen ebenso zur Sprache wie der Hunger in Afrika, die NSA oder der Krieg in Syrien.
Das Bemerkenswerte an den Vorträgen war, dass die Schüler bereits ein feines Gespür für die drängenden Probleme in ihrem unmittelbaren Lebensumfeld bewiesen. So ist Nina aus der sechsten Klasse bereit, »…persönlich auf die Straße zu gehen, um die Umwelt zu schützen« und Can aus der sechsten Klasse würde »…niemals zulassen, dass das Tempelhofer Feld bewohnt wird.« Danielle aus der fünften Klasse würde gerne »…die Schulen bunter anstreichen, damit die Kinder mehr Lust auf Schule bekommen.«
Franziska Giffey, sowie der ebenfalls anwesende Schirmherr der Veranstaltung Frank Bielka, Vorstandsmitglied der Berliner Wohnungsbaugesellschaft »degewo«, dürften diesen Beiträgen mit gemischten Gefühlen zugehört haben. Bei der regen Diskussion mit den Schülern gingen sie auf die speziellen Sorgen der Schüler konkret ein und versuchten, ihre Sichtweisen für die Kinder verständlich darzulegen.
Zum krönenden Abschluss der gelungenen Veranstaltung lud Franziska Giffey die Schüler noch auf die Aussichtsplattform des Neuköllner Rathausturms ein, »die sonst nur besonderen Gästen vorbehalten ist«, von wo aus sie den wunderbaren Ausblick über ihren Bezirk genießen konnten.

rb

Neues Abgeordnetenbüro der Grünen in Nordneukölln

Queere Ausstellung in den neuen Räumen der Wipperstraße

Seit dem 1. Januar 2014 stehen den Berliner Abgeordneten ein erhöhtes Budget für Mitarbeiter und Büroausstattung zu. Dem Ziel einer qualifizierten Arbeit kommt das Abgeordnetenhaus damit ein Stück näher. Die Abgeordneten befinden sich seitdem auf der Suche nach passenden Büroräumen, um den Bürgern ihres Wahlkreises näher zu sein, die hier ihre Fragen stellen oder Beschwerden formulieren können.

kiezbuero1Susanna Kahlefeld und Anja Kofbinger vor ihrem neuen Büro.                        Foto: Christian Kölling

Die Abgeordneten Anja Kofbinger und Susanna Kahlefeld sind nun in der Wipperstraße 25 im Richardkiez fündig geworden. Politisch und neusprachlich korrekt heißt das im April eröffnete Büro »Grünes Bürger*innen Büro« und ist Montag, Dienstag und Donnerstag von 10:00 bis 16:00 Uhr von den Mitarbeitern besetzt. Die Bezirksverordnete Mahi Christians-Roshanai bietet jeden Dienstag von 11:00 Uhr bis 13:00 Uhr Beratung zum Thema »Klärung von Fragen rund um die Schule«. Ob es nun um den Schulwechsel geht, Probleme mit den Lehrern auftauchen oder es Schwierigkeiten mit dem Lernen gibt, darauf versteht sie sich besonders gut.
Im Rahmen von »48 Stunden Neukölln« stellte der Neuköllner Künstler Egon Rathke seine Werke im neuen Bürgerbüro aus. Mit der Ausstellung »My Name Is Not Baby« zeigt er seine queeren Bilder aus Öl in faszinierender Ästhetik. Männer in Posen und Köpfe bunt geschminkter Transen zeigen sich hier von ihren Schokoladenseiten. Der Betrachter beginnt zu schmachten.

transen»Tatjana« und »Frank« von Egon Rathke.   Foto: fh

Rathke beschreibt Nordneukölln als Wimmelbild, in dem er Ruhe und Freude, Empörung und Faszination entdecken kann. Er empfindet den Bezirk queer, straight, laut, dreckig, spannend, überraschend herrlich und manchmal auch unheimlich anstrengend, aber »There´s no place like home«. Es gibt eben keinen vergleichbaren Ort wie Neukölln.

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Das Volk hat sich entschieden

suedblockJubel für das Tempelhofer Feld.                                                            Foto: fh

Das Tempelhofer Feld bleibt frei von Bebauung

Die Spannung war mit Händen zu greifen. Eine große Menschenmenge hatte sich am Abend des 25. Mai auf dem Tempelhofer Feld eingefunden, um gemeinsam auf das Ergebnis des Volksentscheids über die Zukunft des Tempelhofer Feldes zu warten.
Zwei Gesetzesvorschläge standen zur Wahl. Die Bürgerinitiative »100% Tempelhofer Feld« forderte, dass der Senat den jetzigen Zustand des Geländes erhalten muss und die Fläche weder verkaufen noch bebauen darf.
Der zweite Vorschlag von den Regierungsparteien SPD und CDU sah vor, die Ränder mit Wohnungen, Schulen und Gewerbe zu bebauen. Viele erwarteten eine knappe Entscheidung zwischen den beiden Gesetzen, zumal sich mit dem »Aktionsbündnis Tempelhof für alle« ein breites Bündnis aus Wohnungsbaugesellschaften, Sport- und Sozialverbänden, Kammern, Wirtschaftsverbänden und Gewerkschaften mit großem personellen und finanziellen Aufwand für die Bebauung des Feldes engagierte.
Umso größer war der Jubel, als Felix Herzog gegen 21 Uhr die ersten belastbaren Zahlen verkündete. Das Votum der Bürger war eindeutig. Das Feld bleibt unbebaut.
Es wurde gefeiert bis tief in die Nacht. Selbst die Sicherheitskräfte, die nach Einbruch der Dunkelheit die Tore zum Feld geschlossen hatten, zeigten ein Einsehen. Sie ließen die Feiernden weitgehend in Ruhe. Als sich im Laufe des Abends immer mehr Menschen vor dem Tor an der Herrfurthstraße versammelten und aufs Feld wollten, öffneten sie das Tor sogar noch einmal.
Gefeiert wurde auch im »Südblock« in Kreuzberg. Die Bürgerinitiative und befreundete Parteien fielen sich in die Arme, es blieb kein Auge trocken.

Das Gesetz wurde angenommen

Misstrauensvotum gegen die Senatspolitik

Die Entscheidung der Berliner Wähler war eine eindeutige Absage an die Bebauungspläne des Senats. Mit 46,1 Prozent lag die Wahlbeteiligung deutlich höher als beim Volksentscheid über die Rekommunalisierung der Berliner Energieversorgung, der nur 29,1 Prozent der Wahlberechtigten mobilisieren konnte.

thf_für alleTempelhof für alle.                                                                    Foto: mr

Knapp 30 Prozent aller wahlberechtigten Berliner stimmten für den Erhalt des Tempelhofer Feldes und erreichten damit locker das nötige Quorum. Ein Volksgesetz tritt in Kraft, wenn 25 Prozent der Wahlberechtigten dafür stimmen. 64,3 Prozent der abgegebenen Stimmen – das entspricht in absoluten Zahlen 738.124 Wählern – entfielen auf das Gesetz der Bürger-initiative. Der Vorschlag des Abgeordnetenhauses konnte nur etwa 468.431 Stimmen gewinnen; das entspricht 40,8 Prozent.
In Friedrichshain-Kreuz­berg war mit 77 Prozent die Zustimmung zum Gesetz der Initiative am größten, gefolgt von Neukölln. Dort wollen 74,4 Prozent der Wähler ein freies Tempelhofer Feld.

thf2Für viele ein Ort zur Erholung.                                        Foto: mr

In den Diskussionen in den sozialen Netzwerken ebenso wie im Straßenwahlkampf wurde deutlich, dass viele Wähler, die eine Bebauung nicht grundsätzlich ablehnen, trotzdem den Entwurf der Bürgerinitiative unterstützten, weil sie die Planungen des Senats dilettantisch und unausgegoren fanden, die Bürgerbeteiligung für eine Farce hielten und sie den Versprechungen, günstigen Wohnraum zu errichten, keinen Glauben schenkten.
Dieses Misstrauen wurde noch verstärkt durch den eilig zusammengezimmerten Gesetzesentwurf, der keine klaren Aussagen traf und eigentlich nichts weiter war als ein Blankoscheck fürs Bauen nach Belieben.

mr

Stadtteiltag in Gropiusstadt

Bürger fragen – Politiker antworten

Es gibt viele Versprechen, die selten eingehalten werden. Umso schöner ist es, wenn ein Flyer die Runde macht, der zum Stadtteiltag mit Erol Özkaraca einlädt. Und zwar nicht irgendwo in Nordneukölln, sondern tatsächlich in der Gropiusstadt.
Der gebürtige Hamburger, der selbst einige Zeit in Rudow verbracht hat, wollte sein Versprechen einlösen, sich auch um den Süden Neuköllns zu kümmern.
So saß er also im Frauencafé, zu dem normalerweise keine Männer Zutritt haben und eher einen Tritt anderer Art bekommen. Begleitet wurde er von Sylvia-Yvonne Kaufmann von der SPD, die für Europa-Fragen zur Verfügung stand. Leider wurde dadurch der Veranstaltungshintergrund von einigen missverstanden, sodass viele der Ansicht waren: »Neukölln ist ja jetzt nicht wichtig, wir sind ja hier, um über Europa zu sprechen.«

StadtteiltagNeuköllner SPD-Politiker stellen sich in der Gropiusstadt.     Foto: cr

Thema war unter anderem die Schließung der Postbank vor knapp zwei Jahren. Dabei wurde klar, dass die vorwiegend älteren Gropiusstädter sich bereits verstärkt dafür eingesetzt haben, dass diese wiedereröffnet wird. Erol Özkaraca versprach, einen Extratermin zu vereinbaren, um noch mal auf die angesprochenen Probleme einzugehen.
Der zweite Anlaufpunkt war das »ImPuls«, ein Interkulturelles Zentrum im Gemeinschaftshaus. Julia Pankratyeva, Leiterin des Vereins, organisiert regelmäßig Veranstaltungen, bei denen verschiedene Kulturen aufeinandertreffen und mit Vorurteilen aufgeräumt werden kann. Leider sind diese aufgrund mangelnder Finanzierungsmöglichkeiten gefährdet.
Der anschließende Rundgang, zu dem alle eingeladen waren, bot einen Einblick in die derzeitige Situation der Gropiusstadt. Es gibt viele Angebote für Kinder, allen voran das »MANNA«. Die Bedürfnisse der Älteren bleiben oft auf der Strecke.
Die Tour endete am Campus Efeuweg, der den Ort für die letzte Infoveranstaltung an diesem Tag bot. Sylvia-Yvonne Kaufmann wurde von Franziska Giffey abgelöst, die zur Diskussion mit dem Schulleiter der Liebig-Schule einlud.

cr

Positionen zum Tempelhofer Feld. Kiez und Kneipe Neukölln hat hier den Parteien die Möglichkeit eingeräumt, ihre Positionen zu dem bevor stehenden Volksentscheid darzustellen. Es handelt sich hier nicht um die Meinung der Redaktion

Bürgerinitiative 100 % Tempelhofer Feld

Unser Feld, unsere Stadt

Als das Tempelhofer Feld vor vier Jahren der Öffentlichkeit zugänglich wurde, hatte keiner erwartet, dass es sich zur beliebtesten Freifläche und Spielwiese Berlins mit über zwei Millionen. Besuchern im Jahr 2013 entwickeln würde. Hier tobt das Leben. Kinder radeln über die alten Rollbahnen, Jungs lassen ihre Drachen steigen oder flitzen auf ihren Surfbrettern über den Asphalt. Es ist Platz fürs »Urban Gardening«, ebenso wie fürs gemütliche Picknick mit Freunden oder der Großfamilie. Doch wenn es nach den Plänen von SPD und CDU geht, soll . fast die Hälfte des Feldes massiv bebaut oder umgemodelt werden. Die geplanten Baufelder an der Oderstraße würden weit in die zentralen Wiesenflächen hineinreichen. Die jetzigen Nutzungsflächen, wie die Neuköllner Terrassen, die Grillwiesen, die Hundeausläufe und auch die umlaufende Rollbahn (Taxiway) würden bebaut.

Rollbahn (8)_swDieser Ausblick wird verbaut                                      Foto:mr

Bei ihrer Werbekampagne für die Bebauung verschweigen der Senat und seine Bündnispartner aus der Immobilienlobby, dass die Hälfte der Baufläche für Gewerbe vorgesehen ist. Nur neun Prozent der Baufläche ist für »bezahlbare« Wohnungen reserviert.
Der Senat und die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften versprechen »bezahlbare« Neubau-Mieten zwischen sechs und acht Euro kalt. In Berlin, wo das mittlere Nettomonatseinkommen bei 1450 Euro liegt, sind die­se Mieten für die Mehrheit der Haushalte nicht erschwinglich.
Auch kein Thema für die Öffentlichkeit sind die prognostizierten Erschließungskosten von 600 Millionen Euro. Davon könnte das Land Berlin viele Hundert Kitas und Schulen in der ganzen Stadt bauen oder sanieren, könnte 1000 Lehrerinnen zehn Jahre lang einstellen, oder  die gerade begonnene fünfjährige Wohnungsbauförderung für ganz Berlin verdreifachen.
Der Volksentscheid gibt uns die Möglichkeit, das Feld vor der Bebauung und vor Teilprivatisierung zu schützen. Der Gesetzestext der Bürgerinitiative »100% Tempelhofer Feld« (THF-Gesetz) setzt sich dafür ein, das Tempelhofer Feld in seinem jetzigen Umfang als öffentlichen Raum vollständig zu erhalten. Freizeitinteressen und Naturschutz sind gleichzeitig zu wahren. Das THF-Gesetz schätzt und schützt, wie die Berliner und Berlinerinnen das Feld entwickelt haben. Die Aufenthaltsqualität auf dem Feld soll sich weiter verbessern wie zum Beispiel durch die öffentliche Nutzung der auf dem Feld verstreut liegenden Gebäude als Cafés, für Kinderbetreuung oder Bürgertreffs. Schattenspendende Bäume, Sportplätze, Parkbänke, Liegestühle, Sonnenschirme, selbstorganisierte und kreative Projekte wie urbanes Gärtnern oder grüne Klassenzimmer – all das soll auch weiterhin in Selbstverwaltung möglich sein und möglich werden und vieles mehr.
Stimmen Sie mit „Ja“ für das ThF-Gesetz und mit „Nein“ für den Gesetzentwurf des Abgeordnetenhauses. Enthalten geht nicht. Wenn beide Gesetze nicht genug Stimmen erhalten, wird das Tempelhofer Feld nach den Plänen des Senats bebaut.

100% Tempelhofer Feld

Bürokratiemonster ermöglicht Freiheit

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In 28 europäischen Mitgliedsstaaten wird gewählt

Die Bildung der europäischen Staatengemeinschaft bürgt seit 60 Jahren für Frieden, nachdem sich die Länder über Jahrhunderte in blutigen Kriegen zerfleischt haben. Rechtsstaatlichkeit, freie Meinungsäußerung, die Gleichberechtigung der Geschlechter, eine freiheitlich demokratische Grundordnung – in Europa sind das inzwischen Selbstverständlichkeiten. Das allein rechtfertigt, die europäische Idee zu verteidigen. Und die Herausforderungen der globalisierten Welt können nur gemeinsam mit allen Mitgliedsstaaten angegangen werden.
Trotzdem wird »Europa« von vielen Menschen als wild gewordenes Bürokratiemonster wahrgenommen, das sich als Super Nanny aufspielt und jeden Lebensbereich regulieren möchte, eine anonyme Parallelwelt namens »Brüssel«, die ihre Identität, Sprache und Kultur bedroht. Es ist ein Europa der Eliten ohne ein Europa der Bürger entstanden. Außerdem hat das Vertrauen in die Europäische Union nicht zuletzt durch die Wirtschafts- und Währungskrisen der letzten Jahre deutlich gelitten.
Euroskeptiker bemängeln die fehlende demokratische Legitimation, wird doch die Kommission, also die Regierung, von den Mitgliedsländern ernannt und nicht gewählt.
Die diesjährige Wahl zum Europaparlament am 25. Mai ist deshalb eine besondere. Erstmals wird das Parlament auf Grundlage der Ergebnisse der EU-Wahl den Präsidenten der Europäischen Kommission wählen. Damit kann jeder Wähler Einfluss nehmen, sowohl auf die politische Richtung Europas, als auch auf die täglichen Entscheidungen, die uns alle betreffen.

Mehr Rechte für das Europaparlament

Die Parteien treten mit starken Spitzenkandidaten an

Durch die Verträge von Maastricht, Amsterdam, Nizza und Lissabon wurden die Mitwirkungsrechte des Parlaments Zug um Zug erweitert. Auch wenn das Demokratiedefizit in der EU damit nicht völlig beseitigt ist, entwickelte sich das Parlament zu einem verantwortlichen Mitgestalter der europäischen Politik. Zwar kann es selbst keine Gesetze initiieren – dieses Recht hat allein die Kommission – es kann aber die Kommission auffordern, Vorschläge zu erarbeiten. Bürger der Europäischen Union können darüber hinaus mittels Petitionen an das Parlament die Kommission auf einen Gesetzgebungsbedarf hinweisen.
Spitzenkandidat der Sozialdemokratischen Partei Europas ist der amtierende Präsident des Europäischen Parlaments, der Deutsche Martin Schulz (SPD).
Die Europäische Volkspartei, der die CDU und die CSU angehören, schickt den ehemaligen luxemburgischen Ministerpräsidenten Jean-Claude Juncker ins Rennen.
Die Grünen werden von den Europaabgeordneten Ska Keller aus Deutschland und José Bové aus Frankreich angeführt, und die Europäische Linke wählte den Vorsitzenden der griechischen Partei Syriza, Alexis Tsipras zu ihrem gemeinsamen Spitzenkandidaten. Für die Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa tritt der Fraktionsvorsitzende der Liberalen im Europa Parlament, Guy Verhofstadt, an.

EU_WahlWählen gehen.        Foto: pm

Große Unterschiede in den Wahlprogrammen gibt es beim Umgang mit der Schuldenkrise. So lehnt die FDP die Finanztransaktionssteuer ab. Grüne und Linke wenden sich gegen die Politik des einseitigen Sparens zur Konsolidierung der Staatsfinanzen, und auch die SPD fordert eine Wachstumspolitik mit Zukunftsinvestitionen. Die Grünen wollen einen Europäischen Schuldentilgungspakt, die Linke einen Schuldenschnitt und gemeinsame Staatsanleihen, die anderen Parteien wenden sich vehement gegen jegliche Form der Schuldenvergemeinschaftung.
Deutliche Differenzen gibt es auch bei der Frage der Arbeitnehmerfreizügigkeit sowie bei der Flüchtlings- und Asylpolitik. Die CDU fordert in diesen Bereichen stärkere Restriktionen als die übrigen Parteien.
In der Außenpolitik fordert die Linke einen Austritt aus der NATO, während die FDP für einen Ausbau wirbt und die SPD eine europäische Armee ins Spiel bringt.

mr

Verwechslungsgefahr beim Volksentscheid

Zwei Gesetze mit ähnlichem Wortlaut, aber unterschiedlichem Inhalt

Die Berliner haben die Wahl. Am 25. Mai, dem Tag der Europawahl, können sie über die künftige Entwicklung des Tempelhofer Feldes abstimmen. Es stehen zwei Gesetzentwürfe zur Auswahl, denn zusätzlich zum Gesetz der Bürgerinitiative »100% Tempelhofer Feld« hat das Abgeordnetenhaus mit den Stimmen der SPD und der CDU einen eigenen Entwurf vorgelegt. Über beide kann jeweils getrennt voneinander mit Ja oder Nein abgestimmt werden.
Bei der Wahl ist aber größte Aufmerksamkeit geboten. Es besteht akute Verwechslungsgefahr, denn das Gesetz des Abgeordnetenhauses unterscheidet sich im Wortlaut kaum vom Text der Bürgerinitiative. Die Unterschiede liegen im Detail.
Mit dem »Gesetz zum Erhalt des Tempelhofer Feldes« will die Bürgerinitiative sicherstellen, dass das Feld der »Bevölkerung Berlins und den Besucherinnen und Besuchern Berlins grundsätzlich vollumfänglich, dauerhaft, uneingeschränkt und unentgeltlich zur Freizeitgestaltung und Erholung zur Verfügung« steht. Eine Bebauung der Ränder ist damit ausgeschlossen. Das heißt aber nicht, dass sich hier nichts mehr  verändern darf. Sowohl die Einrichtung von Gastronomie als auch der Bau von Sportplätzen ist in den Randbereichen erlaubt, ebenso der Bau von Sanitäranlagen. Mobile Möblierung wie Tische, Bänke oder Sonnenschirme sind auf dem ganzen Feld erlaubt.
Vom Abgeordnetenhaus kommt das »Gesetz zum Erhalt der Freifläche des Tempelhofer Feldes« Es werde »als barrierefrei zugänglicher Erholungsraum für alle Bevölkerungsgruppen gesichert und dient dem Natur- und Artenschutz sowie der Stadtklimatisierung«.heißt es dort. Und weiter: »Die Möglichkeit einer Randentwicklung des Tempelhofer Feldes für Wohnen, Wirtschaft, Erholung, Freizeit und Sport außerhalb der Freifläche bleibt erhalten«; eine Formulierung, die  viel Raum für Interpretationen zulässt, denn über die Art der Entwicklung schweigt sich das Gesetz aus. Auch von sozialverträglichem Wohnungsbau ist hier keine Rede, ebenso wenig wie von der Anzahl der geplanten Wohnungen.

thf_weitWeites Wiesenmeer.                                                                               Foto: fh

Wie wählen?

Ja und Nein oder Jein

Am 25. Mai haben die Berliner Wähler – neben ihrer Stimme für die Europawahl – nun die Möglichkeit, bis zu zwei Stimmen in Sachen Tempelhof abzugeben.
Oben auf dem Stimmzettel kann mit Ja oder Nein über den Vorschlag der Initiative abgestimmt werden. Für den zweiten Vorschlag unten auf dem Stimmzettel – den von CDU und SPD – kann ebenfalls mit Ja oder Nein gestimmt werden. Der Wähler kann sich aber auch für ein klares Jein entscheiden und beiden Gesetzentwürfen zustimmen oder sie ablehnen.
Damit ein Gesetzentwurf in Kraft tritt, muss ihm die Mehrheit der Wähler und zugleich mindestens ein Viertel der zum Abgeordnetenhaus Wahlberechtigten zustimmen. Trifft dies auf beide zu, so ist der angenommen, der die meisten Ja-Stimmen erhalten hat. Wenn beide Vorschläge das erforderliche Quorum nicht erreichen, wären sie gescheitert. Dann hätte der Senat grünes Licht, den Masterplan weiter zu verfolgen, der ebenso wie das Gesetz des Abgeordnetenhauses die Mitte freilassen und die Ränder bebauen will.
Wahlberechtigte, die nicht bis zum Wahltag warten wollen, können schon vorab in einer Briefwahlstelle oder per Brief wählen. Der Antrag dazu befindet sich auf der Rückseite der Wahlbenachrichtigung, die jedem Wahlberechtigten zugestellt wird.

mr

Hintergründe einer Flucht

7000 Kilometer – von Afghanistan bis Britz

»Ich möchte doch nur leben wie ein Mensch«, sagt Amir, der mit hängenden Schultern auf der Bühne der Alten Dorfschule Rudow sitzt. Der 24jährige Afghane hat Dinge erlebt, die für uns schwer vorstellbar sind. Der Vater wurde 2001 von den Taliban ermordet, die Mutter starb mangels medizinischer Versorgung an einer Herzkrankheit. Da hat er sich von Afghanistan nach Europa durchgeschlagen, mit dem Traum, eines Tages doch noch eine Schule besuchen zu können.
Aber Europa empfing ihn weder mit Freude noch mit Götterfunken. Nachdem Amir, der nie Schwimmen gelernt hat, in einem Schlauchboot von der Türkei aus nach Griechenland übergesetzt war, wurde er dort von Polizisten verprügelt und gedemütigt. Anschließend begann eine Odyssee durch ganz Europa, von einem Land ins andere abgeschoben, bis er nun, wie viele andere Afghanen und Syrer, im Flüchtlingsheim Britz gelandet ist. Auf die Frage, wie es ihm dort gehe, antwortet er ausweichend, er wolle sich nicht über die Deutschen beschweren, er habe kein Recht dazu.
Ein Schicksal wie Amirs weckt wohl auch in der verdrossensten Seele Mitgefühl. Wird jedoch ein neues Flüchtlingsheim eröffnet, sind Proteste – von NPD Aufmärschen ganz abgesehen – vorprogrammiert. Ein Bilderbuch-Beispiel des bekannten »nimby«-Prinzips – not in my backyard. Es entspricht dem »Sankt-Florian Prinzip«:

»Heiliger Sankt Florian,
Verschon‘ mein Haus
Zünd‘ and‘re an!«

Um diese Haltung gegenüber Asylanten zu ändern, ist eine Ausein­andersetzung mit der Situation in den Heimatländern unabdingbar. Volker Lankow, seit 14 Jahren bei den »Ärzten ohne Grenzen« tätig, hatte bereits sechs Einsätze in Afghanistan und lebte ein Jahr lang in der konfliktreichen Provinz Helmand. Er berichtet von einem Land, in dem es aufgrund der bereits 30 Jahre dauernden Auseinandersetzungen allein 630.000 Binnenflüchtlinge gibt und die Gewalt gegen Zivilisten immer mehr zunimmt. Ein Land, in dem sich drei Interessengruppen bekämpfen und man nur einmal zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein braucht.
Es erscheint nur allzu gerecht, einem Menschen, der diesem Grauen entkommen ist, ein Mindestmaß an Sicherheit zu bieten, ihm die Möglichkeit zu geben,  unsere Sprache zu lernen und sich eine Existenz aufzubauen. Doch für Amir ist der Leidensweg auch in Neukölln nicht zu Ende. Am Tag zuvor hat er einen Brief erhalten, er soll auch aus Deutschland abgeschoben werden. »Warum lebe ich überhaupt?« fragt er und die Verzweiflung steht ihm ins Gesicht geschrieben.

jt

Wer baut, gewinnt?

Bauen für die europäische Mittelschicht

Die Innenstädte selbst und ihre ehemaligen Verkehrsflächen sind für Investoren und Planer besonders interessant. Große Flächen ermöglichen theoretisch den Neubau ganzer Stadtviertel. Aber durch die Wirtschaftskrise fällt es vielen Bewohnern bereits schwer, die aktuellen Mieten im Altbestand zu bezahlen. Neubaumieten wären unerschwinglich. Es sei denn, es gäbe einen neuen Sozialen Wohnungsbau.
Auf dem alten Athener Flughafen Ellinikon will die griechische »Lamda Development« das größte private Bauprojekt des Landes durchsetzen. Vorgesehen sind Luxusimmobilien und eine Privatisierung des Strandes. Da die weniger wohlhabenden Anwohner das Investitionsklima stören, wird nicht vor der Kriminalisierung einer nahegelegenen Sozialklinik zurückgescheut. Doch die lokale Bürgerinitiative ist gut vernetzt und erhält Unterstützung von der BI »100% Tempelhofer Feld«.
Auch in Wien-Aspern sollen etwa 10.500 Wohnungen samt Gewerbe auf einem ehemaligen Flugfeld entstehen. Das Projekt gilt als schwierig, denn die gewünschten hochkarätigen Nutzer wollen sich nicht einstellen. Der derzeit hohe Anteil geförderter Genossenschaftwohnungen schreckt bereits Investoren ab. Während ihre Macher sich in Hamburg und Skandinavien neue Anregungen erhoffen, wurden sie von der Wohnungsbaugesellschaft DEGEWO nach Berlin eingeladen.
Die DEGEWO interessiert an Aspern die großzügige Subventionierung. Mit ihr könnte man auch auf dem Tempelhofer Feld Wohnungen für die vom Abstieg bedrohte Mittelschicht bauen. Sozialwohnungen würden nicht darunter sein. Intern rechnet das Bebauungsbündnis damit, daß keiner der beiden THF-Anträge die nötigen Mehrheiten erhält. Dann könnte das Feld »wie ein weißes Blatt« ganz neu (und ganz dicht) beplant werden.

Marlis Fuhrmann (Stellvertr. Vorsitzende Neuköllner BVV-Fraktion DIE LINKE)

Das Ende einer kurzen Verbindung

kiehlstegDas war mal der Kiehlsteg.                                                           Foto:fh

Senat ignoriert Bürgerprotest gegen Kiehlstegabriss

Proteste, Demonstrationen und Unterschriftensammlungen haben nichts genützt, der Kiehlsteg ist Geschichte. In der letzten Märzwoche wurde die kleine Brücke über den Neuköllner Schifffahrtskanal, die den Weichselplatz mit dem Kiehlufer verband, abgerissen.
Die Brücke wurde 1962 gebaut, weil die Lohmühlenbrücke mit dem Bau der Mauer  unpassierbar geworden war. Sie sollte den nördlich des Ufers gelegenen Teil Westberlins anbinden und zumindest den Fußgängern den Umweg über die Wildenbruchbrücke ersparen. Der Steg hatte damit eine eng mit der Teilung Berlins verbundene historische Bedeutung.
Besonders für Kinder auf dem Weg zum Spielplatz bot er außerdem eine sichere Alternative zur vielbefahrenen Lohmühlenbrücke.
Inzwischen war der Kiehl­steg aber sanierungsbedürftig, die Kosten einer Instandsetzung sollten sich auf 260.000 Euro belaufen. Das war der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt zu teuer, daher entschied sie sich für den Abriss.
Doch damit waren die Anwohner nicht einverstanden. Was sie besonders erbost, ist die Tatsache, dass sie nicht informiert wurden. Erst als die beauftragte Firma mit Vermessungsarbeiten begann, wurden die Abrisspläne publik.
Umgehend gründete sich eine Bürgerinitiative, die zu Demonstrationen aufrief, Unterschriften sammelte und ein alternatives Sanierungskonzept vorlegte. Ein Gutachten wurde in Auftrag gegeben, weil die BI die Kostenkalkulation des Senats anzweifelt. Das kommt zu dem Ergebnis, dass 25.000 bis 30.000 Euro ausreichend seien, denn die Konstruktion sei längst nicht so marode wie vom Senat behauptet. Der Abriss soll 42.000 Euro kosten.
Doch bei der Senatsverwaltung stießen die Anwohner mit ihren Vorschlägen auf taube Ohren. Auf die Frage der »Berliner Zeitung«, ob versucht worden sei, mit den Anwohnern ins Gespräch zu kommen, lautete die Antwort der Senatssprecherin Petra Rohland: »Wir können den Kollegen nicht zumuten, sich mit den Bürgern auseinanderzusetzen«. 

mr

Parteien positionieren sich zum Tempelhofer. Feld Kiez und Kneipe Neukölln hat hier den Parteien die Möglichkeit eingeräumt, ihre Positionen zu dem bevorstehenden Volksentscheid darzustellen. Es handelt sich hier nicht um die Meinung der Redaktion.

Die Linke

JA zum Tempelhofer Feld für alle. NEIN zur Privatisierung

Am 25. Mai findet der Volksentscheid zum Tempelhofer Feld parallel zu den Europawahlen statt. In den Wahlbüros können alle Wahlberechtigten über zwei Gesetzentwürfe entscheiden. Einen hat die  Bürgerinitiative »100% Tempelhofer Feld« verfasst, den anderen der Berliner Senat. Bei beiden kann jeweils mit Ja und mit Nein abgestimmt werden. Damit ein Gesetz gewinnt, braucht es mehr als 625.000 JA-Stimmen und mehr JA als NEIN-Stimmen.
Die Bürgerinitiative will das Tempelhofer Feld als öffentliches Naherholungsgebiet erhalten. Das Feld ist als kostenloses Freizeitgebiet wichtig für die vielen Tausend Anwohner, die wenig Geld haben. Es soll weiter als grüne Lunge für das Stadtklima dienen, und es wird ein Gedenkort nationalsozialistischer Verbrechen entstehen. Entgegen der Behauptung des Senats soll im äußeren Wiesenbereich Raum sein für weitere Bäume, Bänke, Toiletten, Gartenprojekte und Sport- und Spielflächen.
Das Gesetz des Senats erlaubt es, mindestens ein Drittel des Feldes zu verkaufen und bebauen zu lassen. Geplant sind Gewerbe, eine überaus teure Zentralbibliothek und Luxuswohnungen. Dabei gibt es ausreichend erschlossene Bauflächen, die zusammen zehnmal so groß sind wie das Feld. Behutsame Bebauung wird versprochen, obwohl Zehngeschosser im Gespräch sind.
Der Senat verspricht auch preiswerte Wohnungen, aber macht den Investoren gesetzlich keinerlei Vorgaben, sie haben freie Hand für noch mehr Stadtvillen, Lofts und Luxuswohnungen. Nur ein Fünftel der Wohnungen sollen für 6 bis 8 Euro pro Quadratmeter kalt vermietet werden. Das sind keine Sozialwohnungen.
Von der Bebauung profitieren vor allem Immobilienspekulanten. Dem nicht genug: Die hohen Erschließungskosten sollen alle Berlinerinnen und Berliner zahlen. Nach Medienberichten belaufen sich diese Kosten und die vorgesehene Bebauung auf mehr als 600 Millionen Euro. Allein die mit 270 Millionen Euro geplante Landesbibliothek soll um 100 Millionen teurer werden.
Die Senatspläne werden die Mieten weiter hochtreiben statt senken. Die Mieter in Berlin brauchen eine gesetzliche Mietenbremse und bezahlbaren Wohnraum statt weitere Privatisierung öffentlicher Flächen und Wohnungen. DIE LINKE ruft auf, mit JA für die Bürgerinitiative zu stimmen und das Gesetz des Senats mit NEIN abzulehnen.

Lucia Schnell, Sprecherin DIE LINKE.Neukölln

thf

SPD

Wer bezahlbare Mieten will, kann nicht gegen Wohnungsbau sein

KuK ist bisher ausschließlich Sprachrohr der 100%-Tempelhof-Kampagne gewesen. Schön, dass die aktuelle Ausgabe nun auch eine Möglichkeit bietet, Argumente für die Randbebauung des Tempelhofer Feldes zur Diskussion zu stellen.
Das wichtigste: Es geht um Wohnungsbau. Bezahlbare Mieten wird es in Neukölln ohne Wohnungsbau auf Dauer nicht geben. Wir erwarten – konservativ geschätzt – 250.000 mehr Menschen in Berlin bis 2030, davon 20.000 in Neukölln. Mir ist wichtig, dass die Zuziehenden und alle, die schon da sind, menschenwürdig unterkommen und dass die Mieten dabei nicht durch die Decke gehen. Das geht nur mit Wohnungsbau. Mietbremse und Milieuschutz bekämpfen Symptome knappen Wohnraums. Wohnungsbau setzt an der Wurzel an.
In Neukölln brauchen wir bis 2030 ca. 8.000 Wohnungen durch Neubau. Für knapp ein Viertel davon ist der Platz am Rand des Tempelhofer Feldes vorgesehen. Die Hälfte der Wohnungen dort soll von öffentlichen Wohnungsbaugesellschaften und Genossenschaften zu Quadratmeterpreisen zwischen 6 und 8,50 Euro vermietet werden. Das schafft ein zusätzliches Angebot auch für Haushalte mit niedrigem Einkommen.
Wer auch in Zukunft in Nord-Neukölln bezahlbaren Wohnraum finden will, darf diesen Wohnungsbau nicht verhindern. Die viel beschworenen Alternativen (Dachgeschoss-Ausbau, Nutzung anderer Freiflächen) reichen bei weitem nicht aus. Außerdem dürfen wir uns nichts vormachen: Wenn das Nimby-Prinzip (»Nicht vor meiner Haustür!«) sich auf dem Tempelhofer Feld durchsetzt, wird es auch andernorts siegen. Wohnungsbau ist eine gesamtgesellschaftliche Notwendigkeit, die nicht am Egoismus der Kieze scheitern darf.
Die Tempelhof-Initiative argumentiert inzwischen (ziemlich defensiv), auch ihr Gesetz könne später noch vom Abgeordnetenhaus geändert werden. Das stimmt aber nur formal. Ein durch Volksentscheid beschlossenes Gesetz wird die Politik jahrelang nicht anfassen. 100 % Tempelhofer Feld bedeutet deshalb für Berlin 100 % Stillstand. Dazu sollten wir es nicht kommen lassen.

Fritz Felgentreu MdB
fritz.felgentreu@bundestag.de

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Die Grünen

Abstimmen für »100% Tempelhof« gegen die Arroganz des Senats

Sozialer Wohnungsbau sollte im Masterplan nicht verbindlich festgeschrieben werden, eine Quote für erschwingliche Wohnungen sollte es nicht geben, Bürgerbeteiligung nur so weit, dass am Masterplan nichts zu ändern wäre – also nur ein bisschen für die Gestaltung des Parkes. So sahen die Vorgaben der Koalition aus, mit denen sie in die Gespräche über den von den Grünen vorgeschlagenen »Dritten Weg« ging. Wir wollten eine Festlegung auf zwei Drittel Wohnungen für Transferleistungsbeziehende und Geringverdienende, wir wollten außerdem eine Beteiligung, die an den Plänen wirklich etwas ändern könnte, sowie mindestens 250 Hektar öffentliche Freifläche und eine teilweise Unterschutzstellung des Feldes nach dem Naturschutzgesetz. Nach fünf Sitzungen war dann leider klar, dass sich die Koalition aus SPD und CDU in keinem Punkt auch nur minimal bewegen würde.
Und so sieht jetzt der Gesetzestext der Koalition aus, der am 25. Mai gegen das Gesetz der Bürgerinitiative steht: »Das Volksbegehren 100% Tempelhofer Feld geht den falschen Weg« heißt es dort. Und: »Die konkrete Ausgestaltung der geplanten Quartiere an den Außenrändern des Feldes bleibt den gesetzlichen Planungsverfahren vorbehalten«. Damit wird eine echte Bürgerbeteiligung, abgelehnt, in der auch über Alternativen diskutiert würde. Auf die vorgelegten Pläne kann damit kein Einfluss genommen werden. Für das Flughafengebäude gibt es kein Nachnutzungskonzept. Ob und wie viel sozialer Wohnungsbau tatsächlich kommt, ist offen.
Wer sich damit nicht zufrieden geben möchte, sollte das Volksbegehren unterstützen. Die überdimensionierte Wowereit-Gedenk-Bibliothek und die sieben Geschosse hohen Wohnburgen am Tempelhofer Damm können nur mit einem Ja zu »100% Tempelhof« verhindert werden. Die Koalition hat keine Idee, wie sie den Verkehrsinfarkt am Tempelhofer Damm abwenden kann, wenn dort so viele Menschen wohnen werden. Und für uns hier von zentraler Bedeutung: Die drei Reihen Häuser an der Oderstraße müssen verhindert werden.
Der dritte Weg für eine sozialverträgliche und ökologische Entwicklungsperspektive mit offener Bürgerbeteiligung ist an der Koalition gescheitert. Jetzt müssen wir verhindern, dass dieser Senat das nächste Großprojekt startet, bei dem die Kostenexplosion schon abzusehen ist und das den Schillerkiez durch drei Reihen Blocks vom Tempelhofer Feld abriegeln wird.

Susanna Kahlefeld, MdA

Neue Flüchtlingsunterkunft in Neukölln

Anwohner und Schulen sind gut auf die neuen Mitbürger vorbereitet

spaethstrBürger  schützen das Asylantenheim vor Neonazi-Demonstranten.Foto: ro

Es geht doch! Was lange versprochen war, wird nun endlich wahr. Auf dem Gelände vom »Möbelhaus Krieger« ist eine Flüchtlingsunterkunft entstanden, die im März eröffnet wird. Das Gelände, das früher bezirkseigen war, wurde vom Möbelhaus vorerst bis Ende nächsten Jahres zur Verfügung gestellt.
Seit Wochen werden die Arbeiten von Nazis beäugt, die diese Einrichtung verhindern wollen. Dank der Anwohner sowie konfessioneller und öffentlicher Einrichtungen ist für die neuen Gäste gesammelt worden. Die Stimmung gegenüber den Neuankömmlingen ist gut, denn alle wissen, dass diese Menschen Schreckliches erlebt haben und zukünftig vor möglichen Übergriffen der Nazis geschützt werden müssen.
Damit kommen zu den bestehenden 29 Plätzen in Neukölln 400 weitere hinzu. Die Bildungsstadträtin Franziska Giffey rechnet mit ungefähr 100 schulpflichtigen Kindern. Obwohl weder Altersstruktur noch Bildungsstand der jungen Menschen bekannt ist, haben sich fünf Neuköllner Grundschulen und drei Oberschulen bereit erklärt, die Schüler aufzunehmen.
Die Kinder kommen in Willkommensklassen. Das sind Lerngruppen, die für alle Kinder ohne Deutschkenntnisse offen sind. Da sich die Klassen nicht nur aus Flüchtlings-, sondern auch aus Migrantenkindern zusammensetzen, erhofft sich der Bezirk weniger Ausgrenzung der Flüchtlinge.

CDU sucht Standorte

Wohin mit den Asylsuchenden?

Bei der Klausurtagung der CDU am 1. März war die Flüchtlingsproblematik in Neukölln durchaus ein zentrales Thema. »Wir bekennen uns zur gesamtstädtischen Verantwortung des Bezirkes Neukölln und sprechen uns für die Aufnahme und die Unterbringung von Asylsuchenden in Neukölln aus. In Neukölln spielt dabei insbesondere die Standortfrage eine wichtige Rolle. Vor dem Hintergrund der weiter steigenden Platzbedarfe darf dabei kein möglicher Standort im Voraus ausgeschlossen werden«, erklärt Gerrit Kringel, Fraktionsvorsitzender in der BVV Neukölln.
Ausgehend davon, dass Neukölln auch  weiterhin Standorte für Flüchtlinge finden muss, wurden Vorschläge erarbeitet. Das ehemalige Gebäude von C&A und die alte Post in der Karl-Marx-Straße, die Freifläche zwischen den S-Bahnhöfen Neukölln und Hermannstraße und der ehemalige Friedhof der St. Thomas-Gemeinde an der Hermannstraße könnten als Fläche für die Errichtung von Flüchtlingsunterkünften dienen. Als temporäre Zwischennutzung kommen die Freiflächen am Campus Rütli sowie auf dem Tempelhofer Feld infrage. So das Resumé der Klausurtagung der  Neuköllner CDU zur Asylpolitik.

ro

 

Mitbestimmen, was vor der eigenen Haustür passiert

Felix Herzog will Bürger und Politiker aufrütteln

Felix_HerzogHerzog bei der politischen Arbeit.    Foto: mr

Als Querulant und Wutbürger wurde er mittlerweile betitelt. Felix Herzog, ein Neu-Neuköllner, der sich den Rummel um seine Person vor einigen Wochen sicherlich selbst noch nicht erträumt hat. Seit er das Volksbegehren zur Abwahl des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit vorbereitet, geht er durch die Presse und eckt auch bei vielen an, die ihn nur für einen Menschen halten, der einfach mal gegen alles ist.
Den Gründer des Internetportals »PlusWG – Vermittlungsbüro von Wohngemeinschaften für Leute ab 50 Jahren» zog es vor drei Jahren aus Weilheim in Oberbayern nach Berlin. Neukölln hatte er sich dabei nicht ausgesucht, weil es hier gerade so »hip« ist, sondern eher zufällig, weil viele seiner Freunde bereits hier lebten und er hier eine passende Wohngemeinschaft fand. »Mit einem gewissen Stolz«, sagt er, sei er Neuköllner.
Politik ist für ihn eine Ausdrucksform, so wie für andere die Kunst. Er möchte etwas bewirken, politische Missstände aufdecken und zu Veränderungen beitragen.
In Berlin habe er mit vielen resignierten Menschen gesprochen, die sich nicht trauen sich einzumischen und den Glauben daran verloren haben, dass sich jeder an der Politik beteiligen könne. »Ich möchte den Leuten durch relativ einfache Wege zeigen, dass man doch etwas bewegen kann«, sagt Herzog.
Sich einmischen, Gesicht zeigen, für politische Veränderungen kämpfen, das macht Herzog bereits seit seiner Schulzeit. Er möchte beweisen, dass es keines politischen Mandats bedarf, um Veränderungen herbeizuführen.
Parteipolitisch ist er nicht gebunden. »Bei dem, was ich machen will, würde mich eine Partei nur einschränken«, ist seine Begründung. Seine Initiative nennt er »Außerparlamentarische Ergänzung« (APE). Damit will er ausdrücken, dass er sich nicht in Fundamentalopposition zur Regierung und zum Parlament befindet. Deren Arbeit akzeptiert und respektiert er durchaus, aber daneben möchte er »ein drittes Standbein« aufbauen, um den Bürgern mehr direkte Einflussmöglichkeit auf Entscheidungen der Politik zu geben. »Die Leute sollen mitbestimmen können, was vor der eigenen Haustür passiert.«
Die Politiker andererseits sollen dazu veranlasst werden, sich mehr mit den Problemen der Bürger zu beschäftigen. »Wir wollen mit den Abgeordneten ins Gespräch kommen.« Die halten sich bisher allerdings noch eher zurück.
Mehr Bürgerbeteiligung bedeutet für Felix Herzog dann aber auch, dass sich der Kreis derer erweitert, die mitentscheiden können. Daher setzt er sich dafür ein, dass hier lebende Ausländer das Wahlrecht bekommen. Er ist davon überzeugt, dass die Möglichkeit, an politischen Entscheidungen mitzuwirken, zu einer größeren Integrationsbereitschaft der hier lebenden Ausländer führen würde. Andererseits erwartet er dadurch auch ein größeres Interesse der Politik an den Problemen der Ausländer, wenn sie zu Wählern werden.
Bei der Unterschriftensammlung für das Volksbegehren Tempelhofer Feld war er beeindruckt über das Erstaunen vieler ausländischer Mitbürger, die nicht unterschreiben durften. »Ich hörte Sätze wie: ‘Ja, aber ich lebe doch schon seit zwei Jahren hier, dies ist meine Heimat, wieso darf ich nicht mitentscheiden?‘ Das war schon krass.« Berlin könnte ein interessantes Versuchsfeld für neue politische Ideen werden, davon ist er überzeugt, und daran möchte er mitwirken.
Er höre viele Stimmen, die sagen, dass zu viel falsch laufe in dieser Stadt und mit dieser Regierung. Denen will er mit seinem Volksbegehren zur Abwahl des Regierenden Bürgermeis­ters Gehör verschaffen. 

km/mr

Kein Wasserbecken auf dem Tempelhofer Feld

Verwaltungsgericht gibt Eilantrag des BUND gegen Parkplanung statt

WasserbeckenNoch kein Badetümpel für Ente & Co. Foto: mr

Das Berliner Verwaltungsgericht hat die aufschiebende Wirkung der Klage des Berliner Landesverbandes des »Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland« (BUND) gegen die umstrittene Baugenehmigung der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt für den Bau des Wasserbeckens, der geplanten Aufschüttung einer »Landform« zwischen den beiden Landebahnen und den Bau eines Rundweges auf dem Tempelhofer Feld angeordnet. Der »BUND Berlin« hatte im November Klage gegen die Bauvorhaben eingereicht, da die im Umwelt- und Planungsrecht vorgesehene Öffentlichkeitsbeteiligung und Prüfung von Alternativen missachtet worden sei und insbesondere Landform und Rundweg zu gravierenden Eingriffen in wertvolle und gesetzlich geschützte Biotope führen würden.
Tilmann Heuser, Landesgeschäftsführer des »BUND Berlin e.V.«: »Mit dem heutigen Beschluss bestätigt das Gericht unsere grundlegende Kritik an der Parkplanung für das Tempelhofer Feld. Die für Umwelt und Naturschutz zuständige Oberste Landesbehörde missachtete mit ihrer Baugenehmigung die Vorgaben aus dem Umwelt-, Planungs- und Naturschutzrecht, um den umstrittenen landschaftsarchitektonischen Entwurf für die Parkplanung zu realisieren.«
Der »BUND« fordert den Berliner Senat dazu auf, die Baugenehmigung für Wasserbecken, Landform und Rundweg zurückzuziehen und endlich ein offenes und transparentes Verfahren für die Weiterentwicklung der einzigartigen Freifläche zu starten. Tilmann Heuser: »Bürgerbeteiligung im 21. Jahrhundert bedeutet nicht nur, dass Bürgerinnen und Bürger in zahlreichen Veranstaltungen Planungen kommentieren dürfen. Es müssen auch ernsthafte Alternativen hinsichtlich des Ob und Wie offen und transparent diskutiert, gesetzliche Regelungen zum Erhalt des wertvollen Natur- und Erholungsraumes konsequent beachtet werden.«
Insofern erwartet der »BUND Berlin« auch, dass in einem alternativen Gesetzentwurf des Berliner Abgeordnetenhauses zum Volksentscheid am 25. Mai nicht nur ein Teil der einzigartigen Freifläche geschützt, sondern auch für die geplanten Baufelder ein ergebnisoffenes Beteiligungsverfahren festgesetzt werde. Dabei müsse auch das »Ob« einer Bebauung insbesondere auf der Neuköllner Seite und entlang der Autobahn hinterfragt werden. 

pr

Ein dritter Weg für die Randbebauung gesucht

Viele Gruppen präsentieren ihre Ideen zum Feld

Bauen wollen sie alle auf dem Tempelhofer Feld, die einen mehr, die anderen weniger, aber mit dem Masterplan von Bausenator Müller ist trotzdem keiner so recht zufrieden.
Die Grünen hatten am 27. Februar zu einer Expertenrunde ins Abgeordnetenhaus geladen, um über die Möglichkeit eines dritten Weges zwischen den Forderungen der Bürgerinitiative »100% Tempelhofer Feld« und den Vorstellungen des Senats zu diskutieren. Ihr Plan ist es, beim Volksentscheid am 25. Mai einen parteiübergreifenden Gegenentwurf zur Wahl zu stellen.

thf_weiteWeite – noch ist sie unverbaut.                                        Foto: fh

»Gut läuft es für »Tempelhof 100«, schlecht für den Masterplan«, erklärte Aljoscha Hofman von »Think Berlin«. Es sei bisher vollkommen versäumt worden, über die Vernetzung der neu geplanten Stadtteile mit den an sie anschließenden Kiezen nachzudenken. Außerdem fehle ein Konzept für das alte Flughafengebäude.
Mario Hilgenfeld vom »Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen eV« (BBU) erklärte in schöner Offenheit, eine aufgelockerte Bebauung werde es nicht geben, das sei überhaupt nicht finanzierbar.
Staatssekretär Ephraim Gothe versicherte, dass im Gesetzentwurf, den die Koalition vorbereitet, der große Innenbereich als Freifläche festgeschrieben werde, an den Rändern aber gebaut werden solle. Er verstieg sich zu der Metapher des Feldes als Baum und der Randbebauung als lebensspendende Borke.
Christine Edmaier, die Präsidentin der Architektenkammer Berlin, ging noch einen Schritt weiter. Sie forderte, das Tempelhofer Feld zu einem Experimentierfeld für innovative Entwicklung zu machen. Dabei solle aber der Grünanteil nicht festgeschrieben werden, denn »dann kann man ja nichts mehr machen«. Jochen Brückmann von der IHK wiederholte die Behauptungen des Senats, ein Sieg der Bürgerinitiative bedeute 100 Prozent Stillstand, weil dann nichts mehr auf dem Feld verändert werden dürfe.
Lediglich Tilman Heuser vom »BUND« plädierte dafür, das Feld auch in Zukunft als Freifläche zu erhalten. Es sei ein einmaliges Gelände, um das Berlin von vielen Metropolen der Welt beneidet würde. Der Gesetzentwurf von »100% Tempelhofer Feld« bedeute im übrigen keineswegs Stillstand. Außerhalb der geschützten Wiesenflächen sei Platz für vielerlei Aktivitäten, ebenso für Sportplätze, Sanitäranlagen und dergleichen. Lediglich auf die Bebauung solle verzichtet werden.
Einig waren sich allerdings alle in der Einschätzung, dass es dem Einsatz der Bürgerinitiative zu verdanken sei, dass jetzt stadtweit über das Feld diskutiert werde. Viel wäre schon gewonnen, wenn noch einmal völlig neu geplant würde, dann aber auch mit echter Bürgerbeteiligung. 

mr

Das Volksbegehren ist erfolgreich

Senat zeigt sich als schlechter Verlierer.

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Sie haben es geschafft! Bis zum letzten Moment standen die Unterschriftensammler für das Volksbegehren zum Erhalt des Tempelhofer Feldes auf den Straßen oder waren in U- und S-Bahnen unterwegs. Am Ende konnten sie mehr als 233.000 Unterschriften bei der Landeswahlleitung abgeben.  Gültig waren davon 185.328. Damit ist das Quorum für ein Referendum geschafft, der Weg für den Volksentscheid ist frei.
Zu verdanken ist dieser Erfolg nicht nur den Aktiven der Bürgerinitiative »100 % Tempelhofer Feld«. Viele Berliner Bürger haben sich mit Unterschriftenlisten eingedeckt und sammelten im Freundes- oder Kollegenkreis. Die höchste Unterstützung mit 18,6 Prozent der Stimmberechtigten gab es in Friedrichshain-Kreuzberg, dicht gefolgt von Tempelhof-Schöneberg mit 15,9 und Neukölln mit 15,8 Prozent. Mit 1,5 Prozent war das Interesse in Marzahn am geringsten.
Bausenator Michael Müller hatte noch in der Woche vor dem Abgabetermin das Scheitern des Volksbegehrens verkündet, aber wie bei den vorangegangenen Volksbegehren vom Wassertisch oder vom Energietisch hatten viele Sammler bis zum Schluss gewartet, um ihre Listen im Kampagnenbüro abzuliefern.
Das reichte offensichtlich aus, die Politik das Fürchten zu lehren. Neuköllns Baustadtrat Thomas Blesing (SPD) verstieg sich sogar dazu, der Initiative kriminelle Machenschaften vorzuwerfen. In einem Interview mit dem RBB unterstellte er den Sammlern, sie hätten massenhaft Unterschriften gefälscht. Der Hinweis darauf sei bereits am Montag nach Abgabetermin aus der Senatskanzlei gekommen. Beweisen konnte er das aber nicht. Die Landeswahlleiterin wies diese Vorwürfe auch umgehend zurück. Unterschriften seien nicht allein deshalb ungültig, weil das Geburtsdatum fehle. Wenn die Daten zweifelsfrei zugeordnet werden können, sei die Unterschrift zu werten, dazu gebe es ein entsprechendes Gerichtsurteil. Im übrigen sei bei keinem der bisherigen Volksbegehren diese Praxis beanstandet worden. Außerdem sei es nur ein ganz kleiner Prozentsatz, bei dem das Geburtsdatum fehle.

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Unterschriftensammler.  Foto: mr

Trotzdem gab es viele ungültige Stimmen. Viele Feldliebhaber haben unterschrieben, die entweder keinen ersten Wohnsitz in Berlin haben oder nicht im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft sind. Damit bleibt ihre Stimme ungehört. In der nächs­ten Stufe können jetzt die Berliner Bürger an der Wahlurne über die Zukunft des Tempelhofer Feldes entscheiden. Die Bürgerinitiative setzt sich mit ihrem Gesetz dafür ein, das Feld komplett als Ort für Erholung und Freizeitgestaltung und als Lebensraum für Tiere und Pflanzen zu erhalten. Das heißt aber keineswegs, dass hier keine Entwicklung mehr möglich ist, wie Senator  Müller nicht müde wird zu behaupten. Lediglich der Verkauf von Flächen und die großräumige Bebauung wird abgelehnt.
Der Senat dagegen will das Feld mit einer »behutsamen Randbebauung« entwickeln. Dazu soll entlang der S-Bahn und des Tempelhofer Damms auf etwa 70 Prozent der geplanten Baufläche ein breiter Riegel von Gewerbeimmobilien entstehen. Die restlichen 30 Prozent sollen landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften für den Wohnungsbau zur Verfügung gestellt werden, gerade die Hälfte für eine Kaltmiete von 6,50 bis 8,50 Euro. Der Rest wird deutlich teurer werden. Auch auf Neuköllner Seite sollen rund 1.700 Wohnungen entstehen. Welche Bauherren zum Zuge kommen sollen, darüber ist bisher noch nichts bekannt. Daneben soll auf der Tempelhofer Seite für geplante 270 Millionen Euro die neue Zentral- und Landesbibliothek entstehen. Die inneren Wiesenbereiche von etwa 230 Hektar sollen laut Senator Müller »noch lange unbebaut bleiben«.Wie lange, sagt er nicht.

mr

 

EU-Sozialkommissar besucht Neukölln

Große Anstrengungen bei der Förderung von Zuwandererkindern

Einen Massenauflauf von Journalisten verursachte der Besuch des EU-Sozialkommissars László Andor in der Hans-Fallada-Grundschule in der Harzer Straße. Er wollte sich über die Situation der Zuwanderer aus Südosteuropa in Neukölln informieren.
Begleitet wurde er von der Neuköllner Bildungsstadträtin Franziska Giffey,  der Staatssekretärin für Arbeit, Integration und Frauen in Berlin Barbara Loth und dem parlamentarischen Staatssekretär im Umweltministerium Florian Pronold.
In dieser Schule lernen überdurchschnittlich viele Kinder nichtdeutscher Herkunft. Von 420 Schulkindern haben 280 einen Migrationshintergrund. Dabei, so betonte Giffey im Gespräch, seien an dieser Stelle nur die Kinder, die keine deutsche Staatsbürgerschaft haben, gemeint. In der Gesamtsumme der Schüler gäbe es jedoch etliche Kinder, die zwar im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft, aber der deutschen Sprache nicht mächtig seien.
Der Schulleiter Carsten Paeprer beschrieb die Entwicklung der letzten Jahre. So sei es ihm gelungen, mehrere rumänisch-muttersprachliche Sozialarbeiterinnen und Lehrerinnen einzustellen. Es gibt Kinder, die ohne Deutschkenntnisse im Bezirk ankommen und in ihrem Heimatland keine Schule besucht haben. Diese Schüler werden speziell gefördert, sprechen inzwischen gut deutsch und fühlen sich heute sehr wohl. Problematisch sind jedoch die Kinder, die gar keine Schule besuchen. Keiner weiß, wie hoch diese Zahl ist.gruppenbild_mit _dame

Prominenz in Neukölln. Foto: ro

László Andor, der sich für das EU-Recht auf Freizügigkeit ausspricht, wies auf den demografischen Wandel in Deutschland hin, erkennt aber auch die Probleme, die Zuwanderung mit sich bringen kann. »So können Zuwanderer beispielsweise eine große Belastung in den Bereichen Bildung, Wohnraum und Infrastruktur auslösen.« Pronold sicherte zur Freude Giffeys zusätzliche Mittel für Projekte mit Zuwanderern aus dem EU-Ausland zu.

romahausgemälde»Arnold-Fortuin-Haus« – Gemälde an der Rückseite.Foto: fh

Gelungene Integration kann nicht nur in der Schule stattfinden. Die Neuköllner Bildungsstadträtin wies auf die Wohnverhältnisse hin. Nur in guten Wohnverhältnissen können Kinder lernen. Im Anschluss an die Veranstaltung in der Hans-Fallada-Grundschule besichtigte die Gruppe das benachbarte »Arnold-Fortuin-Haus«. Hier leben vorzugsweise Roma. Bis 2011 war der Wohnblock eine Schrottimmobilie, in der Menschen auf Matratzen nahezu stapelweise wohnten. Die »Aachener Siedlungs- und Wohnungsbaugesellschaft« setzte den Gebäudekomplex wieder instand, tauschte Müll gegen Blumen und richtete einen Treffpunkt für die Roma-Familien ein.
Benjamin Marx von der Wohnungsbaugesellschaft zeigte den Gästen die Kunst der Roma. Ein Raum wird ausgefüllt mit einem überdimensionalen Herz. Roma von hinten nach vorne gelesen heißt Amor und steht für die Zuwendung, die jeder Mensch braucht. Bemerkenswert sind die Hausmalereien, die von den Roma angefertigt wurden. Aus der einstigen ­Schrottimmobile ist so ein schicker Wohnkomplex mit 137 Wohnungen für etwa 600 Menschen entstanden, mit dem die Bewohner sorgfältig umgehen.

ro

Freifahrtschein ins Paradies

Gotteskrieger auf der Suche nach dem Weg in den Himmel.    Foto: internet

Berliner Jugendliche werden empfänglicher für die Ziele der Dschihadisten

Wochenlang diskutierte die türkische Vätergruppe des Vereins »Aufbruch Neukölln« unter der Leitung des Psychologen Kazim Erdogan in ihren regelmäßigen Treffen über die zunehmende Radikalisierung Berliner Jugendlicher. Einige Gruppenteilnehmer wurden in ihren eigenen Familien mit dem Phänomen konfrontiert. Diese besorgniserregende Entwicklung nahm die Vätergruppe zum Anlass, um in einer Pressekonferenz im »Neuköllner Leuchtturm« auf dieses Thema aufmerksam zu machen.
In seinen einleitenden Worten umriss Kazim Erdogan die Dimensionen, die das Problem inzwischen angenommen hat. Schätzungsweise um die 30 Berliner kämpfen bereits im syrischen Bürgerkrieg, die Tendenz ist steigend. Wie viele Jugendliche in Berlin kurz davor sind, nach Syrien zu gehen, weiß niemand, aber die Anwerbemethoden werden immer bizarrer. Erdogan berichtet von einer muslimischen Religionsgemeinschaft, die »Paradiespässe« ausstelle, die jedem, der in Syrien kämpft, den Einzug ins Paradies garantiert. Besonders anfällig für solche Heilsversprechen seien in Deutschland aufgewachsene Jugendliche aus muslimischen Familien, die aus schwierigen Verhältnissen stammen, keinen Schulabschluss und keine Perspektive haben oder sich aus der Gesellschaft ausgeschlossen fühlen. Ihnen werde suggeriert, dass sie etwas wert seien, wenn sie in Syrien beim Aufbau eines Gottesstaates helfen, in dem sie nicht wie in Deutschland als Menschen zweiter Klasse behandelt würden.
Claudia Danschke, Extremismusexpertin vom »Zentrum Demokratische Kultur« und Leiterin der Beratungsstelle »Hayat« beschreibt die zunehmende Radikalisierung als »jugendkulturelles Phänomen«. Sie berichtet von Propagandagruppen, die, oft getarnt als humanitäre Hilfsorganisationen, bei den Jugendlichen in ein Vakuum stießen, indem sie ihre Hilfsbereitschaft und ihr Gerechtigkeitsgefühl ansprächen, um sie so zum Dschihad zu verführen. Das Leben als Gotteskrieger werde romantisiert und emotionalisiert. Die Argumentation dieser Gruppen sei dabei »pseudo-religiös«. Mit »Suren-Hopping« würden die Jugendlichen mittels einzelner aus dem Zusammenhang gerissener Koranstellen mit einem radikal-islamistischen Weltbild infiltriert.
Erol Özkaraca (SPD), Mitglied des Abgeordnetenhauses, vergleicht das Phänomen mit dem Rechtsextremismus. In beiden Fällen handele es sich um orientierungslose Jugendliche mit schwachem Selbstwertgefühl, die nach einer starken Gemeinschaft suchen. In der SPD-Fraktion sei das Problem bisher noch nicht thematisiert worden. Das liege aber auch daran, dass es in Berlin eine Vielzahl unterschiedlicher Religionsvereine, jedoch keine konkreten Ansprechpartner gebe.
Auf die Frage aus dem Publikum, was die SPD denn tue, um der Radikalisierung der Jugendlichen entgegenzuwirken, verweist Özkaraca auf die Anstrengungen in Neukölln im Bereich der Ganztagsschulen. Er betont aber auch, dass die Politik nicht alle gesellschaftlichen Probleme lösen könne, sondern dass in diesem Falle Eigenverantwortung nötig sei. Aus diesem Grunde begrüßt er ausdrücklich die Initiative der Vätergruppe, auch weil sie von den Betroffenen selbst komme.
Die Teilnehmer der Veranstaltung waren sich einig, dass die Jugendlichen nicht allein gelassen werden dürfen. Nicht Autorität und Verbote, sondern Zuwendung und Kommunikation seien die richtigen Gegenmittel, dem Abdriften der Jugendlichen zu den radikalen Gruppen entgegenzuwirken.
rb