Archiv der Kategorie: Kultur

Neuköllner Kunstpreis 2022

Dachil Sado gewinnt den ersten Preis

Auch in diesem Jahr haben sich wieder rund 170 Neuköllner Künstler beworben, um den begehrten »Neuköllner Kunstpreis« zu ergattern. Sieben von ihnen wurden von einer fünfköpfigen Fachjury für den mit insgesamt 6.000 Euro dotierten Kunstpreis nominiert. Ihre Arbeiten sind noch bis zum 24. April in der »Galerie im Saalbau« zu sehen.

Siegerobjekt.     Foto: mr

Der Preis, der vom »Kulturnetzwerk Neukölln e.V.« und dem Fachbereich Kultur des Bezirks–amtes Neukölln ausgelobt und finanziell durch die »Stadt und Land Wohnbauten-Gesellschaft mbH« unterstützt wird, sei zu einem wichtigen Anerkennungspreis der Neuköllner Kunst­szene geworden, mit dem der Bezirk zeige, dass er die Arbeit der in Neukölln lebenden Künstler wertschätze, sagte Kulturstadträtin Karin Korte bei der Preisverleihung am 14. Februar im Heimathafen. Bevor die drei Preisträger bekannt gegeben wurden, gedachten die Anwesenden in einer Schweigeminute der kürzlich verstorbenen Kulturamtsleiterin Katharina Bieler, die den Preis vor sechs Jahren ins Leben gerufen hatte. Neuköllner Kunstpreis 2022 weiterlesen

Kunst in Hangars

Ausstellung führt zu Aufregungen

Im Januar wurde im RBB eine Kunstausstellung angekündigt. In einer großen Halle standen meterhohe Stahlsäulen hintereinander aufgereiht. Die letzte wurde angestoßen, und alle Säulen fielen nacheinander wie beim Domino mit viel Gepolter zu Boden. Faszinierend!
Die Ausstellung Bernar Venet findet bis zum 30. Mai in den Hangars 2 und 3 des ehemaligen Flughafens Tempelhof statt.

Foto: emp

Das Schaffen des inzwischen 80-jährigen Künstlers wird in einer Retrospektive gewürdigt. Insgesamt 150 Objekte wurden mit 50 LKWs nach Berlin transportiert. Kunst in Hangars weiterlesen

Professioneller Zerstörer des Status Quo

Anton Laiko im »Kunstraum Reuter«

Der russische Künstler Anton Laiko nutzt den kleinen Raum in der Reuterstraße 82 erstmals als politische Plattform für Aktionen und Interaktionen. Der »Kunstraum Reuter« wird zur offenen Begegnungsstätte mit zeitgenössischer Kunst, für Diskussionen um Fragen wie: WAS KANN KUNST? Inspiriert durch Künstler wie Damien Hirst, Marcel Duschamp oder Lucio Fontana arbeitet Laiko mit Installationen und Bilderserien, die ihresgleichen suchen.

Selbstporträt.      Foto: sl

Der ehemalige »Tacheles«-Künstler mischt helle, leuchtende Farben mit einer Düsternis, die jeden in einen magischen Bann zieht. Anton Laiko ist Jahrgang 1962 und wurde in Moskau geboren. Der Schüler von Maxim Kantor kam 1989 nach Berlin. Hier wurde er Teil der Künstlergruppe »Neue Moskauer Schule AG«. Von Berlin ging er zunächst nach Düsseldorf und studierte dort an der Kunstakademie als Schüler von Günther Uecker. Aus dieser Zeit stammt seine Installation »green fashism«, die, damals einen politischen Skandal zur Folge hatte und ein Verbot der Ausstellung nach sich zog. Die Werke Laikos provozieren. Professioneller Zerstörer des Status Quo weiterlesen

Rosa Luxenburg

Oder der Preis der Freiheit

EPSON MFP image

Jörn Schütrumpf hat bei »Dietz Berlin« unter diesem Titel ein 190 Seiten starkes Kompendium herausgegeben. Dabei entfallen sechzig Seiten auf zentrale ausgewählte Beiträge Rosa Luxemburgs, nachdem zuvor der geschichtliche Hintergrund, die Zusammenhänge in der Politik der Arbeiterbewegung und dem Wirken Rosa Luxemburgs hergestellt werden. Ein umfangreicher Kernpunkt ist die Analyse der revolutionären Situation, die in der zweiten Hälfte des Ersten Weltkrieges entsteht und in Russland zur erfolgreichen sozialistischen Oktoberrevolution und in Deutschland zur Weimarer Republik führt. Die lange Schrift Luxemburgs »Zur russischen Revolution« bildet den inhaltlichen Abschluss. Rosa Luxenburg weiterlesen

Raus aus der Finsternis

Starke TV-Filme lehren: Nichts darf vergessen bleiben

Zu allererst: Es handelt sich nicht nur um starke Regiefilme nach gründlichem Drehbuch, sondern außerdem um megastarke Leistungen der Schauspieler und Schauspielerinnen. Vor allem die Kinder haben in »Die Nazíjäger« der Kamera ihr Bestes gegeben. Sie hatten dabei mit Sicherheit starke auch psychologische Betreuung, die bei Filmproduktionen stets gewährt wird. Sollten sie dem Schauspiel treu bleiben, werden wir starke Charakterdarsteller und -darstellerinnen zuschauend und packend erleben können.
Die Männer als Schauspieler überwinden ihre Abscheu vor den Faschisten, schlüpfen in Rollen, die ihnen im realen Leben von Herzen gar nicht passen und haben ein schwere Bürde auf sich genommen. Mit ihren Kahlschnittfrisuren und Hackenschlägen im militärischen Stil schaffen sie es, uns den Eindruck dieser überzeugten Verbrecherriege zu vermitteln. Raus aus der Finsternis weiterlesen

»Out of Paris«

Die neue Ausstellung im Schloss Britz zeigt Eindrücke aus der französischen Hauptstadt

Die letzte Ausstellung im Schloss Britz mit französischer Plakatkunst hatte das Leben im Paris der Belle Epoque zum Thema. Jetzt geht es zeitgenössisch weiter.
»Out of Paris« heißt die Gruppenausstellung, in der Claudia von Funcke, Carlo Nordloh, Katinka Theis und Ulrich Vogl bis zum 24. April ihre Arbeiten zeigen. Gezeigt werden Zeichnungen, Fotografien, Videos, Klangarbeiten und Skulpturen beziehungsweise Objekte.

Tulpenturm.       Foto: mr

Die vier Künstler haben alle eine längere Zeit in Paris verbracht und mit Hilfe verschiedener Medien die Eindrücke verarbeitet, die sie dabei gewonnen haben.
Claudia von Funcke wendet sich bewusst von den touristischen Bereichen der Stadt ab. Sie interessiert sich besonders für die Architektur der Vorstädte, die sie in ihrer Videoarbeit mit Einsprengseln von Bildern alter Gebäude kontrastiert. »Out of Paris« weiterlesen

Kreatives Spielen in der Pandemie

Deutsch-italienisches Künstlerduo inszeniert »Antigone« als Zimmertheater

Die Theater- und Eheleute der Companie Barletti/Waas wählten zum Überleben in der Pandemie das »Zimmer­theater« als Spielform. Das erlaubt ihnen weiterhin eigenständige, freie und selbstbestimmte Auftritte, ohne ihre kleine, staatliche Corona-Unterstützung antasten zu müssen. Dieses Auftreten vor und für einen kleinen, überschaubaren Kreis ohne die übliche Bühne wird zum Spiel auf Augenhöhe.

Eheduo spielt Tragödie.       Foto: privat

Ein Spielen in Privaträumen klingt einschränkend, doch beide sehen im Garten einen weiteren Wohnraum, und das erweitert die Auftrittsmöglichkeiten als sehr privates Spielfeld, das sich äußerst flexibel auf sich schnell ändernde Kontaktbeschränkungen anpassen lässt.
Lea Barletti, Schauspielerin, Performerin und Autorin, kam 1967 in Rom zur Welt, verbrachte ihre Kindheit und Jugend jedoch in Apulien (Lecce). Ihre eigenen Texte und Gedichte sind oft multilingual. Im Spiel überwiegt Italienisch; inzwischen nutzt sie aber auch ihr kreatives, unperfektes, oder wie sie es selbst nennt, »schmutziges Deutsch«. Kreatives Spielen in der Pandemie weiterlesen

Eigentum verpflichtet

Jedoch nicht zur Ausbeutung

Sabine Nuss hat eine sehr fundierte Analyse zu dem Komplex Eigentum und Enteignung bei »Dietz Berlin« veröffentlicht. Der provokante Titel entspricht der herausfordernden aktuellen Diskussion um die Vergesellschaftung großer Immobilienkonzerne, für die nahezu 60 Prozent aller wahlaktiven Berliner und Berlinerinnen in einer Volksabstimmung »Ja« sagten. Das Buch heißt »Keine Enteignung ist auch keine Lösung«.
Sabine Nuss kommt gleich in der Einleitung zur Sache. Im Kern gibt es zwei Formen der Enteignung, die sich historisch und bis heute nachvollziehen lassen. Die eine Enteignung hat mit der derzeitigen Diskussion um die Vergesellschaftung von finanzkräftigen Immobilienfirmen zu tun, die andere mit der früheren Welle der Privatisierung nach dem Spätmittelalter, in der Grund und Boden durch Feudalherren und frühen Geschäftsbetreibern in Beschlag genommen wurde, ein Vorgang, den Karl Marx als »ursprüngliche Akkumulation« bezeichnete. Den auf den Boden wirtschaftenden Menschen blieb nichts anderes, als ihre Haut als Arbeitskraft zu Markte zu tragen. So geht es vielen heute weiterhin, die keine Profite beziehen. In die laufende Debatte bringt Sabine Nuss zusätzlich den Aspekt ein, wie es um das weltweit umstrittene Urheberrecht auf »geistiges Eigentum« bestellt ist. Ebenso nimmt sie unter die Lupe, wie es in den »realsozialistischen Ländern« zu Fehlplanungen kommen konnte, die ihre Ursache in »dem Markt« hatten. Eigentum verpflichtet weiterlesen

Seit 150 Jahren ein Dauerbrenner

Andrej Holm zur Wohnungsfrage

Die anhaltende Pandemie hat verdeutlicht, was Wohnen für die Menschen bedeutet und an welche Grenzen es stößt. »Insbesondere Familien merkten in der Corona-Krise schnell, dass ihre Wohnung nicht für Home-Office und Home-Schooling geeignet ist und Wohnungsgrößen und Grundrisse nicht auf ein paralleles Arbeiten und Kinderbetreuung ausgerichtet sind.« Das hebt der Sozialwissenschaftler und wohnungspolitische Aktivist Andrej Holm gleich zu Anfang seiner fundierten Analyse »Zur Wohnungsfrage und was Engels noch nicht wissen konnte« hervor.
Im Wohnen spiegeln sich die Widersprüche des Lebens unter Bedingungen der »kapitalistischen Urbanisierung« gleich in drei Dimensionen wider: »Wohnen als Zuhause«, »Wohnen als Immobilie« und »Wohnen als Umverteilungsmechanismus und politischer Kampfplatz«. Seit 150 Jahren ein Dauerbrenner weiterlesen

Die »Be-Suchenden« kommen zu Besuch

Fantasievolle Performances in Neuköllner Hinterhöfen und auf Plätzen

Ein paar Menschen, eine Hauswand, dazu Licht und Musik. Mehr braucht es nicht für ein traumhaftes Schattentheater. Hände tanzen über Mauern, Videoprojektionen verwandeln die Brandmauer des Nebenhauses in eine Unterwasserwelt voller schwebender Medusen. Vögel fliegen in verschiedenen Formationen durch die Wolken, ein besonders großes Exemplar mit grünen Federn und Geierschnabel sinkt langsam auf die Erde.

Freiheit in den Wolken.   Foto: mr

Eine gigantische Marionette tanzt heran. Ganz sanft berührt sie den sterbenden Vogel und gibt ihm neue Kraft. Als Freunde ziehen sie davon. Auf der Brandmauer des Nebenhauses leuchtet der Mond.
Das »Theatre of Details« ist im Rahmen der Theater-Performances »Die Be-Suchenden« mit Musik, Tanz, Videoprojektionen und ihren Großpuppen zu Besuch in einem Hinterhof in der Braunschweiger Straße. Die »Be-Suchenden« kommen zu Besuch weiterlesen

Dämonen im Kunstverein

100 japanische Geister gehen auf Nachtparade

Für ihre Ausstellung im Kunstverein Neukölln greifen Frauke Boggasch und Ayumi Rahn auf die legendären Darstellungen der einhundert Geister und Dämonen zurück, die in unterschiedlichsten Varianten seit Jahrhunderten in Japan existieren.


Die Mythologie der sogenannten Yōkai spielt bis heute in der traditionellen wie populären Kultur Japans eine große Rolle. In einer animistisch gedachten Welt ließen sich Yōkai wohl am ehesten als Verkörperungen des Unaussprechlichen begreifen. Sie können als böswillige Unheilstifter auftreten, als furchterregende Erscheinungen und strafende Dämonen, aber auch als wohlwollende Kreaturen. Als übernatürliche Wesen rufen sie ins Bewusstsein, wie sensibel und verletzlich das Gleichgewicht ist zwischen Mensch und Natur und zwischen dem Menschen und seinen Mitmenschen. Yōkai sind ebenso Ereignis, Existenz und Form. Sie stecken hinter seltsamen Vorfällen, unheimlichen Begegnungen und können unvermittelt in jeder Situation auftauchen. Dämonen im Kunstverein weiterlesen

Fahren ohne Ticket

In den Zwischenräumen der Sprache

»Das Gefühl, in einem fremden Land zu sein, ist wie Fahren ohne Ticket. Es ist ein Gefühl des Nicht-Dazugehörens.« Inspiriert von dieser Metapher, die den Blick auf das Wechselspiel zwischen Sprache und Zugehörigkeit vermittelt, präsentiert die Ausstellung eine Reihe von Strategien und Methoden, mit denen Künstler sich mit den unterschiedlichen Aspekten von Sprache auseinandersetzen. Es geht dabei um die Aneignung von Sprache ebenso wie um Sprache als Machtinstrument und als Instrument sozialer Kontrolle. Ein Thema ist in diesem Zusammenhang die Aneignung von Kulturgütern während der Kolonialzeit.
Eine Bildinstallation wiederum zeigt die nonverbale Kommunikation zwischen Frauen.

mr
bis 16. März
Galerie im Körnerpark, Schierker Str. 8

Rosa Luxemburg in Berlin

Ein biografischer Stadtführer

Unter diesem Titel hat Claudia von Gélieu einen bemerkenswerten Stadtführer vorgelegt, veröffentlicht bei »Dietz Berlin«. Das 138 Seiten umfassende Werk wurde im handlichen Taschenformat gedruckt, enthält eine Übersichtskarte, einen Audioguide und mehr als 120 Abbildungen sowie einen Lebenslauf und eine Bibliografie. In 40 Kapiteln werden die Stationen vorgestellt, in denen Rosa Luxemburg lebte und wirkte. Es entsteht eine umfangreiche Schilderung des Schaffens dieser starken Frau, auch ihrer Liebesbeziehungen.
Claudia von Gélieu schildert die Stationen in 40 chronologischen Kapiteln, die je mindestens zwei Seiten umfassen. Rosa Luxemburg in Berlin weiterlesen

Deutsche Digitale Bibliothek bündelt Wissen

Auch Zeitungen aus mehreren Jahrhunderten jetzt online verfügbar

Wer auf die Homepage der Deutschen Digitalen Bibliothek DDB tappt, wird mit dem Hinweis empfangen, dass er/sie/es sich über 39.216.028 Objekte aus Kultur und Wissenschaft informieren kann.
Dies ist das Ergebnis jahrelanger Arbeit, genauer seit 2012, als die erste Betaversion ins Netz gestellt wurde. Ende 2014 war die erste Vollversion startklar. Seitdem schafft sie über das Internet kostenfreien Zugang zu den digitalen Angeboten deutscher Bibliotheken, Archive, Mediatheken, Museen, Denkmalpflegeeinrichtungen und Forschungsinstitutionen, indem sie diese vernetzt. Über ein zentrales Portal sind so Millionen von Archivalien, Büchern, Bildern, Skulpturen, Filmen, Musikstücken und anderen Tondokumenten zu finden. So ist das kulturelle und wissenschaftliche Erbe Deutschlands in gebündelter Form zugänglich. Deutsche Digitale Bibliothek bündelt Wissen weiterlesen

Vom Flughafen in die Welt des Films

Pop-up-Kinoreihe im Flughafen Tempelhof

Die Haupthalle des alten Flughafens Tempelhof ist auf ihre Weise schon beeindruckend und wirkt wie ein Kulisse. In diese geschichtsträchtige Kulisse wird bis Ende Dezember eine zweite Kulisse gesetzt – die des Films.

Kino THF.               Foto: Verena Eidel

Das Programmkino der »Neuen Kammerspiele« aus Kleinmachnow bringt mit dem »thf cinema« das Kino in den Flughafen.
Am 25. November startete die Reihe mit dem Filmklassiker »Außer Atem« von Jean-Luc Godard. Jeweils von Donnerstag bis Sonntag wird ein handverlesenes und vielfältiges Programm für Menschen jeden Alters gezeigt. Der Fokus liegt auf Klassikern, aber auch Höhepunkte dieses Kinojahres sind zu sehen. Jede Woche steht dabei unter einem eigenen, vereinenden Thema, das spielerisch Bezüge zur Gegenwart andeutet. Vom Flughafen in die Welt des Films weiterlesen

Wut tut gut

Galerie im Saalbau widmet sich einem zwiespältigen Gefühl

Wut ist ein zwiespältiges Gefühl, schwer zu kontrollieren, in Kombination mit Rachegedanken eine explosive Mischung, die in Aggression münden kann. In der katholischen Kirche gehört sie zu den sieben Todsünden, in der modernen Erregungsgesellschaft ist sie in Gestalt des »Wutbürgers« allgegenwärtig.


Wut hat aber auch das Potenzial, Energie freizusetzen, um auf Ungerechtigkeiten aufmerksam zu machen, wenn keine andere Kritik Wirkung zeigt, und Menschen dazu zu bewegen, sich zu wehren. Und wenn ein kurzer Wutanfall wie ein reinigendes Gewitter wirkt, tut Wut auch mal gut. Somit kann Wut in kontrollierter Form sogar etwas Positives bewirken.
In der Ausstellung »@wut« versucht Gunilla Jähnichen, die Facetten dieses Gefühls zu ergründen. Auf ihren Gemälden sehen wir kindliche Wesen mit niedlichen Knopfaugen, manche erinnern an Gespenster aus Zeichentrickfilmen und scheinen an sich friedlich. Werden sie wütend, mutieren sie zu grellen Monstern mit riesigen Mündern, die vor Zorn zu bersten scheinen. Andere schauen angriffslustig mit verkniffenen Mündern. Ist der Zorn verraucht, schauen sie eher betreten drein, so als würden sie sich für ihren Ausbruch schämen.

mr
Zu sehen sind die Werke bis zum 28. November in der Galerie im Saalbau, Karl-Marx-Straße 145, täglich von 10 bis 20 Uhr. Der Eintritt ist frei.

Neue Akzente und Nahbarkeit

Die künstlerische Direktion des KINDL in neuen Händen

Kathrin Becker.    Foto: Nihad Nino Pušija 

»Meine erste Aktion war die Schließung des Hauses.« Das war im Februar 2020. Ein merkwürdiger Einstieg der neuen künstlerischen Direktorin Kathrin Becker in das »KINDL – Zentrum für zeitgenössische Kunst«.
Sie löst Andreas Fiedler ab, der sich nach acht Jahren wieder freier Kuration widmet. Becker greift die Ideen von Fiedler auf, setzt aber auch neue Akzente und gibt dem Medium Video mehr Raum. Sie installiert eine permanente schwarze Box für Video­installationen. Einerseits ist ein ständiger Videoraum nachhaltig, und gleichzeitig wird damit der 400 Quadratmeter große Raum »Maschinenhaus M1« etwas kleiner. Das macht es gerade für junge Künstler und Künstlerinnen, deren Werk noch nicht so umfangreich ist, einfacher auszustellen.
Videoarbeiten sind Kathrin Becker ein dringendes Anliegen. Sie hat 20 Jahre das Videoforum im »Neuen Berliner Kunstverein« geleitet. Diese Affinität wird sie im KINDL weiter fortführen. Neue Akzente und Nahbarkeit weiterlesen

Vom Glasfluss bis Bronzeguss bis Politik

»Hörstation« in der Otto-Suhr-Volkshochschule

Foto: Jürgen Schmidt

Der Schmelzofen für Emaille brennt in leuchtendem Orange. Um ihn herum sammeln sich die Teilnehmerinnen eines kreativen Seminars, entstanden 1985 unter Leitung der Künstlerin Elisabeth Rothe. Sie sitzt am Rande der Gruppe und überläßt es ihren kreativen Schülerinnen, sich in der Gemeinschaftsarbeit zu deuten. Sie offenbaren ausdrucksstarke und nachdenkliche Gesichter. Daraus ist ein Mosaik aus Emaillebausteinen erwachsen, das wie ein sorgfältig verwobenes Freskowerk anmutet. Vom Glasfluss bis Bronzeguss bis Politik weiterlesen

Die Werbewelt der Belle Epoque

Toulouse-Lautrec und seine Zeitgenossen im Schloss Britz

Henri de Toulouse-Lautrec steht im Mittelpunkt einer hochkarätigen Ausstellung im Schloss Britz, die rund 60 Werke der wichtigsten Vertreter der französischen Plakatkunst um 1900 präsentiert.

Divan Japonais.Foto: mr

Sie spiegelt die Jahre zwischen den letzten zwei Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts und dem Beginn des Ersten Weltkriegs, die auch in der Dauerausstellung des Schlosses präsent sind: die Belle Époque.
Diese Zeit war geprägt von einem allgemeinen wirtschaftlichen Aufschwung. Die Produzenten waren gezwungen, auf sich aufmerksam zu machen und Bedürfnisse zu wecken, es entstand eine neue Kunstform: die Werbung. Die Nutzung der Lithographie ermöglichte die Herstellung und massenhafte Verbreitung großflächiger farbiger Drucke. Es war die Geburtsstunde des modernen Plakats. Die Werbewelt der Belle Epoque weiterlesen

Sandsturm

Ausstellung in der Galerie im Körnerpark

Um Wasser beziehungsweise dem Mangel daran und die daraus resultierende Versteppung ganzer Regionen geht es in der Ausstellung „Sandsturm – And Then There Was Dust“, die noch bis zum 14. November in der Galerie im Körnerpark zu sehen ist.

Turtles.    Foto: mr

Sieben Künstler und Kollektive aus Iran, dem Irak und der Türkei untersuchen die Wurzeln und Konsequenzen von Sandstürmen in den betroffenen Regionen Mesopotamiens und deren Ausläufern (heutige Türkei, Irak und Iran) mit künstlerischen und wissenschaftlichen Ansätzen.
Sie thematisieren die Konsequenzen menschlichen Handelns für das Leben und Überleben aller Spezies und suchen nach einem Weg, mit den Veränderungen umzugehen. Sandsturm weiterlesen

Kunst im »Örtchen«

Toilette wird zur Galerie

Die Wildenbruchbrücke über den Neuköllner Schifffahrtskanal ist eine Rarität unter den Berliner Brückenbauten, denn im Brückenpfeiler am Weigandufer neben der ehemaligen Schiffsanlegestelle verbirgt sich eine alte Toilettenanlage.

Gelungene Eröffnung. Foto: mr

Vor rund 20 Jahren stillgelegt, dämmerte das skurrile Bauwerk vor sich hin und verfiel zusehends. Lediglich der »Kunstverein Neukölln« nutzte es häufiger als temporäre Dependance bei den Kulturfestivals »48h Neukölln« und »Nacht und Nebel«.
Doch nun wurde es als ein in Berlin einmaliger dauerhafter Kulturort für bunte, vielfältige, experimentelle Kunst wieder eröffnet. Am 3. September wurde das »stille Örtchen« unter großem Publikumsandrang seiner neuen Bestimmung als kommunale Galerie unter der Führung des Kulturamtes übergeben.
Die »Kunstbrücke am Wildenbruch« umfasst neben vier kleinen Ausstellungsräumen, in denen die ursprüngliche Nutzung noch deutlich zu sehen ist, ein Außengelände mit einer großen Kunstwand.
»Fluide Realitäten« heißt die erste Ausstellung, die sich mit dem Thema Wasser als Grundlage des Lebens und den Folgen menschlicher Eingriffe beschäftigt.

mr
Geöffnet ist mittwochs bis sonntags von 12 bis 18 Uhr. Der Eintritt ist frei. Wegen fehlender Heizung wird vom 1.11.2021 – 31.3.2022 eine Winterpause eingelegt.

Alexandra Bircken und Tatjana Doll im Kess

Leder und Latex kontrovers

Zwischen Laboratorium und Club, so fühlt es sich an, in der neuen Installation im riesigen Kesselhaus des KINDL zu stehen. Trotz der Größe und Lichte des Raumes entsteht ein Gefühl von Bedrücktheit und Unbehagen.

Foto: Jens Ziehe

Schwarze menschliche Hüllen aus Baumwolle mit Latex überzogen liegen, stehen und hängen an Wand, Boden und in der Luft. Die Künstlerin Alexandra Bircken, in deren Werk Körper, Hülle und Haut eine zentrale Rolle spielen, erarbeitete die ortsspezifische Installation »Fair Game«. Zwischen den schwarzen Figuren, stehen Bierfässer, die an eine Zeit erinnern, in der wilde Partys möglich waren, Straußeneier mit heraushängenden Lunten werden zu Molotowcocktails, markieren den Uterus, Glaskörper, deren Inhalte reagenzglasmäßig anmuten, deuten Transformationen an. Alexandra Bircken und Tatjana Doll im Kess weiterlesen

Vom Blech in die Beine

»MAke A MOve« mit Matthieu im Tutu.   Foto: Izabella Lichtbilder

Matthieu Pérot posaunt bei »Make A Move«, Berlins groovigster Kapelle

Er wächst im Südwesten Frankreichs auf, fängt mit sieben an, Posaune zu spielen, lebt seit zehn Jahren in Berlin und liebt sein Instrument – Matthieu Pérot.
Die wirklich große Liebe zur Posaune entsteht allerdings erst, als er mit 13 Jahren den Jazz und die Improvisation entdeckt. Was dieses Instrument für ihn so besonders macht: Nicht die Finger machen die Musik, sondern der Arm und der Mund, und alles ist möglich: Klassik, Jazz, Rap, Brass, Pop – nahezu alle Genres.
Er studiert Posaune am »Jazzinstitut Berlin« bei Geoffroy Demasure, Greg Cohen und Max Hughes.
Matthieu spielte schon in mehreren Orchestern und Bands, unter anderem bei »Riders Connection«, »Berlin Jazz Composers Orchestra JayJayBeCe« und dem »Omniversal Earkestra«. Vom Blech in die Beine weiterlesen

13 Tage im August 1961

Zeitzeugen berichten

Seit 1961 wird alljährlich im August an den Bau der Berliner Mauer gedacht. Kollektiv präsent sind Bilder, wie etwa das von der spektakulären Flucht des Grenzsoldaten Conrad Schumann, der mit geschulter Waffe über eine Stacheldrahtrolle gen Westen sprang. Gern und oft zitiert werden Schlüsselsätze von Politikern, wie zum Beispiel der von Walter Ulbricht, der noch vor dem Mauerbau im ZK behauptete, dass niemand die Absicht habe, eine Mauer zu errichten, oder das politische Statement von J. F. Kennedy vor dem Rathaus Schöneberg: »Ich bin ein Berliner.«

Foto und Druck:Heike Goldmann

Heike Goldmann aus Britz fragte sich aber: Was spielte sich tatsächlich an jenem schicksalhaften 13. August in Berlin ab, was passierte mit den Menschen hier und mit den Familien? Ihr Vater hatte dazu keine Erinnerungen, und so suchte sie mit ihrem Mann Sven nach solchen Zeitzeugen im Freundes- und Bekanntenkreis. 13 Tage im August 1961 weiterlesen

Reisen ohne Wegfahren

Austellung im Haus 104 zeigt Murmeln und mehr

Als Iris Ulbricht das letzte Mal im Rahmen der »48h Neukölln« ihre »Luftkorridore« im Haus 104 auf dem Tempelhofer Feld ausstellte, waren ihre monochromen, fotorealistischen Gemälde von Flugzeugen aus Mauerzeiten zu sehen.

Marble Planets 1.     Foto: Iris Ulbricht

Am ersten Oktoberwochenende wird die Künstlerin nun den Beginn ihrer neuen Serie »Marble Planets« vorstellen. Diese beinhaltet eine bislang offene Zahl großformatiger Ölgemälde von Murmeln, die auch Planeten sein könnten. Jeder, der einmal mit Murmeln gespielt, sie dicht vor das Auge gehalten und hin­eingeblickt hat, weiß, dass es dort eine neue Welt zu entdecken gibt. Reisen ohne Wegfahren weiterlesen

Galerie im Saalbau

Nähen gegen die Unterdrückung

Gewalt gegen Frauen, die sichtbare und unsichtbare Narben erzeugt, ist das Thema der neuen Gruppenausstellung in der »Galerie im Saalbau« mit dem Titel »Von offenen Narben und verhüllten Geweben. Textil als Sprache der Resilienz«.

Sophie Utikal.      Foto: mr

»Die Künstlerinnen der Ausstellung legen mit sichtbaren Nähten ihre persönlichen Narben offen. Die handgenähten Textilarbeiten zeugen von Widerstandskraft und dem kollektiven Protest gegen Unsichtbarkeit, Unterdrückung und Gewalt«, heißt es in der Ankündigung. Galerie im Saalbau weiterlesen