Archiv der Kategorie: Gastronomie

Grüne Soße, buntes Glas und pornöse Drinks

Ganztags genießen am Richardplatz im »mausi.«

Am herrlichen Richardplatz, in der ehemaligen Pizzeria »Sunuraghe« mit ihrem schönen Vorgärtchen und dem L-förmigen Gastraum mit seinem langen Tresen sind seit Herbst die Mausis los. Die Gründer Romy Gaines und Dustin Franke, versiert und beliebt unter anderem durch die »Torte«-Bar (die KuK empfahl sie im letzten Heft), und die Managerinnen Cindy und Alisa verbinden Künstlerbar, Familiencafé und Kiezrestaurant – und das alles gemischt. Croissants und Kaffee am Morgen, gesund-herzhafte Tellergerichte ab 12 Uhr, Hausbier, Hauswein und mutig-frische Cocktails am Abend lassen wenige Wünsche offen.

Platz zum chillen und genießen.     Foto: hlb

Angenehmes Licht dank geschmackvoll-uriger Buntglasfenster-Wandlichter und Kerzen, die sich im Rohputz reflektieren, erfreut die Sinne. Vegan konsumierende, queere und genderegale/all-gender Gäste sind herzlich willkommen, aber alle anderen auch, auch, um einfach entspannt ein Buch zu lesen oder was am Rechner zu machen; Platz ist genug. »A reliable all-day hangout«, also ein verlässliches Alltags­café will »mausi.« sein – und ist es. Grüne Soße, buntes Glas und pornöse Drinks weiterlesen

»Peppi Guggenheim«

Der Leuchtturm in stürmischen Gewässern

Vor Gericht und auf hoher See ist man in Gottes Hand, heißt es.
Seit nunmehr 15 Jahren hat sich das »Peppi Guggenheim« als Leuchtturm für Jazzmusik in Neukölln und über die Bezirksgrenzen hinaus als Institution entwickelt. Nun ist die See stürmisch geworden und der Leuchtturm droht niedergerissen zu werden. Wie viele andere kleinere Unternehmen steht nun auch das »Peppi Guggenheim»vor einer schwierigen finanziellen Situation.

Grafik: Christoph Fuhrer

Das Guggenheim wird sich in Gottes Hand begeben, aber im Sinne von »Hilf dir selbst, so hilft dir Gott«. So ergriffen die Freunde des »Peppi Guggenheim« die Initiative. Auf »Startnext« wird ab 10. Januar zu Spenden aufgerufen, um diesem geschätzten Veranstaltungsort aus der Klemme zu helfen. Jeder Spender wäre somit ein Rettungsring und Gott, der den Untergang des Jazzleuchtturms von Neukölln verhindert. »Peppi Guggenheim« weiterlesen

Drinks und Drags im Schatten des Towers

Der neue Bar-Hotspot Siegfried-Aufhäuser-Platz

Hinter der S-Bahn-Station Sonnenallee wächst der Estrel-Tower als bald höchstes Gebäude und erster echter Wolkenkratzer Berlins in ungeahnte Höhen, auf der Vorderseite ist jüngst einer der heißesten Ausgehorte Neuköllns entstanden.
Schon vor über 100 Jahren traf man sich hier an der Saalestraße zum Trinken. Jetzt bietet nicht nur die Bar »Loreley« feine Cocktails in historischem Ambiente (die KuK berichtete im Juli), auch die »Ringbar« bespielt seit September betagte Kneipenräumlichkeiten neu. Mit viel Liebe und Eigeninitiative wurde das lange ungenutzte Lokal an der Ecke Schwarzastraße renoviert, wobei der nostalgische Charme durch hinter Holzpanelen freigelegte Freskos und viel rustikales Mobiliar samt gleich zweier Tresen wiederbelebt wurde.

Ringbar an der Ringbahn. Foto: hlb

Moderne Akzente setzen die künstlerischen Lampenobjekte des holländischen Designers Arno Hoogland. Das junge Team um den ebenso niederländischen Gastronomen Alwin Beumer verbindet Bar und Küche mit Galerie, DJ- und Live­events. Die angenehm überschaubare Karte bietet um die zehn Cocktails, Pils und Kellerbier von »Berliner Berg«, je zwei Weine in weiß, rot und natur/orange, nachhaltige Kaffees und Tees – aber auch Brot, Oliven und moderne Speisen, allesamt unter zehn Euro, von Mais-Buchweizen-Hoecakes über Sandwiches und vegan- Drinks und Drags im Schatten des Towers weiterlesen

Cichetti, Kassetten, Kohlrabi und Currys

Übernahmen und Wiedereröffnungen in der Reuterkiezgastronomie

Das Bäumchen-wechsel-dich in der hiesigen Gastrolandschaft hat wieder an Dynamik zugelegt. Bock und Personal und Publikum sind noch da, zum Glück.
Experimenteller Musik und/oder belgischen Bieren zugewandte Menschen schätzen die »O Tannenbaum«-Bar des Musikers Pieter Kock, seit 2017 in der Hermannstraße ansässig. Bereits vor einem hal­ben Jahr wurden mit der Weserstraßen-Eckneipe Ecke Tellstraße – zuletzt war hier das »Zum Krokodil« – zusätzliche, größere Räumlichkeiten gefunden. Der Tresen ist gewohnt lang, der Raucherraum verraucht, die unordentliche Mischung aus Einrichtung und Gästen erzeugt einen kreativ-chaotischen Schmelztiegelvibe.

O Tannenbaum. Foto: hlb

Gleich am Eingang bietet mitunter der »Zapa«-Pop-up-Plattenladen rare Vinyle und Musikkassetten(!) abseits des Mainstreams feil und DJs legen Überraschendes auf. Die »Schanki« (»Schankwirtschaft_O_Tannenbaum«) lässt mit Bier, Snacks und harten Sachen den Tannenbaum-Spirit weiterwachsen. Cichetti, Kassetten, Kohlrabi und Currys weiterlesen

Kentucky schreit Fi*ken

Frittierte Hühnerteile allerorten

Viele mögen kein Pferd oder Insekten essen, bei etlichen ist Schweinefleisch verpönt oder verboten, anderswo lässt man die Kuh in Ruh. Auf eines können sich aber offenbar alle einigen, so sie überhaupt Fleischliches zu sich nehmen: Hühner. In unermesslichen Mengen werden die Geflügeltiere weltweit verspeist, über 72 Milliarden werden angeblich jedes Jahr geschlachtet, zumeist nicht zimperlich. Ein Huhn benötigt eben »nur« 1,6 Kilogramm Futter, um ein Kilogramm Fleisch zu »produzieren«, und fettarm sei es.

ICH wollt ich wär kein Huhn.    Foto: hlb

In Trashfoodketten wie »KFC« gibt es Hühner seit Jahrzehnten burger- und eimerweise, Broiler waren nicht nur im Osten oder Wienerwald der Hit, in Schnitzelform werden sie gar in Toaster gesteckt. Nichts Besonderes also, könnte man meinen. Auch in unseren Kiezen begegnen wir an allen Ecken vielfach arabisch geführten Läden namens City, Risa oder Loco Chicken, Hühnerhäusern und -welten. Auch in der asiatischen, afrikanischen oder amerikanischen Gastronomie – überall gehört das Federvieh dazu.

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Vier & Vierzig

Neue Drinks und mehr in der Weserstraße«

Uns interessiert, was junge Menschen motiviert, im Bezirk Neukölln etwas Innovatives zu schaffen. Im April 2024 eröffnete in der Weserstraße 43 die Bar »Vier & Vierzig«. Ich traf die beiden Inhaber Karl und Max zum Interview.

Zwei Brüder am Glas.     Foto: Angelika San Nicolas

K&K: Welchen Bezug habt ihr beide zum Bezirk Neukölln?
Karl & Max: Wir sind in Neukölln großgeworden, sind hier zur Schule gegangen, unsere Eltern und auch wir wohnen nach wie vor hier und fühlen uns im Bezirk sehr wohl, er ist unser Zuhause.
K&K: Was motiviert euch und wie ist die Idee entstanden, eine Bar zu eröffnen?
Max: Ich habe Architektur studiert und bin jetzt Projektleiter in der Berliner Verwaltung. Wir beide managen die Bar nebenberuflich. Da wir hier aufgewachsen sind, haben wir die Entwicklung von Neukölln unmittelbar mitbekommen. Die Weserstraße hatte früher keinen guten Ruf, hat sich aber innerhalb der letzten 20 Jahre unter anderem zu einer Ausgehmeile entwickelt. Das finden wir positiv, da Neukölln so auch bundesweit positive Schlagzeilen machen kann. Die Mischung von Galerien, Modelabels, Kneipen und Spätis steigert die Wohn- und Lebensqualität Neuköllns und ist ebenfalls für Berlinbesucher attraktiv. Vier & Vierzig weiterlesen

Künftig Bowls und Burger auf den »Columbia Terrassen«

Gesündere Kost und Ernährungstipps im einstigen »TiB Bistro

Die »Turngemeinde in Berlin 1848 e.V.« ist ein Sportverein mit Tradition: Die TiB wurde 1848 gegründet und ist der älteste Sportverein in Berlin-Brandenburg, mit über 6.200 Mitgliedern auch einer der größten.Das stadtweit angebotene und praktizierte und von rund 120 Trainern betreute Angebot umfasst über 30 Sportarten.
Wer nach dem Kalorienverbrennen in der dreistöckigen Komforthalle des Sportzentrums am Columbiadamm einen Jieper entwickelt hat, kann sich nun vor Ort wieder kräftig und lecker stärken. Schließlich gibt es hier neben Tennis- und Badmintonfeldern, Sauna und Fitnessbereich auch einen extragroßen Gastraum mit Küche.

CHILLY Chili am Feld.    Foto: hlb

Die fast 3.000 Nutzenden der Sportanlagen auf dem über 67.000 Quadratmeter großen vereinseigenen Areal wären schon mal eine Geschäftsgrundlage für Gastronomie, aber, da es neben 50 Plätzen im Innen- auch 50 im recht lauschigen Außenbereich am grünen Rasenplatz gibt, lohnt der Abstecher auch für Nichtsportler und sich in der Hasenheide oder auf dem Tempelhofer Feld Verlustierende. Dem etwas Kühl-Kantinigen des hellen Innenraums mit seinem gefliesten Boden wurde bereits mit solidem Holzmobiliar entgegengewirkt. Künftig Bowls und Burger auf den »Columbia Terrassen« weiterlesen

Süßer Schwips und sagenhafte Sommergefühle

Neue Kiez-Bars mit Stil und ohne Rauch

Sommer in der Stadt! Und dazu noch EM. Nicht allen steht der Sinn, im Gedränge vor Kneipen und Spätis auf Bildschirme zu starren. Zum Entspannen und sich Unterhalten bei einem gepflegten Drink bieten sich mitunter doch viel schönere gemütliche Bars an. Und davon hat Neukölln bekanntermaßen etliche, darunter bei internationalen Mixologen renommierte wie das »Velvet« oder »Wax On«.
Seit gut einem halben Jahr bereichern zwei neue Lokalitäten die lokale Barszene, die traditionsreiche Schankstätten mit ähnlichen Konzepten neu bespielen und zu Kiezwohnzimmern machen.

SPRITZ und mehr im »Honey Lou«.    Foto: hlb

In die einstige Café-Kneipe »Anzengruberin« ist das »Honey Lou« eingezogen. Der Name verweist, wie schon die vieler Gastro-Vorgänger in dem 1908 gebauten Haus, auf den straßennamengebenden österreichischen Schriftsteller Ludwig Anzengruber – kombiniert mit dem Ziel, süße Lieblingsbar süßer, reizender und zugewandter Menschen zu sein. Süßer Schwips und sagenhafte Sommergefühle weiterlesen

Bier, Burritos und Blitzkrieg Bop

»19:77« rockt die Weserstraße

19:77? Komische Uhrzeit. Ach nein, in der »19:77«-Bar in der Weser- Ecke Finowstraße geht es um das Jahr 1977 – und die Musik und das Lebensgefühl dieser Zeit, als Elvis starb und die Progressive-Rock-Dinosaurier abbauten. Dafür zeigten Bands wie The Clash und die Sex Pistols im UK den musikalischen Stinkefinger. Der Punk ging ab. In New York sprengten die Fake-Brüder Ramone als The Ramones mit wenigen Gitarrenakkorden, aber großer Lässigkeit Verkrustungen ab und ließen die Köpfe der Jugend rhythmisch schütteln.

70s wieder da.     Foto: hlb

Anfang April mit viel Musikprominenz eröffnet, erinnert das »19:77« der Geschäftsführenden Florian Hayler und Beate Tscheschner an diesen Sound und ­solch­ coole Typen – wie schon die einstigen Berliner Ramones-Museen, die mit vielen Artefakten, Andenken und Reliquien sowie Bar-, Café- und Eventbetrieb zu beliebten Berliner Rockszene-Treffpunkten wurden, nach Mitte zuletzt in der Kreuzberger Oberbaumstraße. Miete und Coronaauflagen ließen Betreiber und Impresario Flo Hayler dort schließen und private Pause machen. Bier, Burritos und Blitzkrieg Bop weiterlesen

Fußball mit Käse und Eis

POP-UP zur Europameisterschaft

Fußball mit Käse? Geht das? Wenn Currywurst und Kartoffelsalat hinzukommen – denkbar. Interessant wird die Mischung unter Hinzunahme von französischem Wein und Bier vom Hahn. Richtig spannend wird es, wenn auch noch Weineis dazu kommt, das Erwachseneneis.
Diese, auf den ersten Blick wilde Mischung gibt es im »Salon Renate« während der Fußball Europameisterschaft. Dort werden vom 14. Juni bis 14. Juli alle EM-Spiele auf einer Leinwand gezeigt. Die Gäste sind allerdings nicht gezwungen, alle Köstlichkeiten zu erwerben. Der Käseverkauf findet während der üblichen Öffnungszeiten von »Peppikäse« statt.
Fußball geguckt wird im Geschäft oder von draußen.
Organisiert wird das einmonatige Event von Stefan Bubenzer, Betreiber des Weinladens »Das Schwarze Glas« in der Jonasstraße und von Georg Weishäupl, Betreiber von »Peppikäse«.

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Peppikäse: Weichselstraße 65
Das Schwarze Glas: Jonasstraße 33

Rückkehr der Roulade

Neue solide Küchen im Reuterkiez

Burger, Pizza, Döner, Gyros, Shakshuka, Bibimbab, Ceviche, Austern, Sushi, Veganes aller Art und ach so vieles mehr – der Reuterkiez ist reich an weltweit bekannten und beliebten Spezialitäten und deren Rezepten, Zubereitungen und Darreichungen. Doch auch die traditionell deutsche Küche setzt wieder erfreuliche neue Zeichen.

RIND von Frieda.     Foto: hlb

Wer sich als Alteingesessener nostalgisch an das »Nansen« oder die erste »Kantina von Hugo« mit ihrer spannenden Kombi aus lokalen Klassikern und kreativer Kochneugier erinnert (in den Nullerjahren war‘s), dem kommt »Frieda Schlamassel« entgegen. Die Anfang Februar eröffnete Ablegerin und gewollte wie gefühlte Schwester des »Peter Schlehmil« am Kreuzberger Chamissoplatz serviert Rindscurrywurst, Käsespätzle, Serviettenknödel, bis hin zu Rinderroulade mit Kartoffelstampf (mit etwas Schale, das Beste sitzt unter der Haut!) und gebratenem Rotkohl – und mit schönen Soßen, Charme und Gastroleidenschaft. Abseits der festen Karte lassen sich auch mal Gulasch oder Lammragout erhaschen. Rückkehr der Roulade weiterlesen

Auf der Spur von gutem Wein

Die kleine Weinbar in Britz

Schon etwas versteckt liegt die Weinhandlung von Antonio Colucci. Die eröffnete der aus Apulien stammende Italiener voller Zuversicht 2020 in einer zuletzt als Kaffeerösterei genutzten Remise, im zweiten Hinterhof des alten Fabrikgebäudes an der Buschkrugallee 103. Angegliedert ist eine kleine, gemütliche Bar, die er nur am Wochenende öffnet.

Fundgrube für Weinfreunde. Foto: rr,

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Bevor der Sommelier Antonio sich hier niederließ, betrieben er und seine Frau Brigitte eine Weinbar in der Pfalz. Auch sie kam früh mit Wein in Berührung, da es in ihrer Familie ein kleines Weingut gab. Weil damals jedoch ihr Familienleben unter den langen Öffnungszeiten litt, landeten beide als Angestellte in Berlin. Antonios großer Leidenschaft, neue wie interessante Weine aufzuspüren, konnte er so nicht ausreichend nachgehen. Um doch alles unter einen Hut zu bekommen, wagte er den Schritt in die Selbstständigkeit. Auf der Spur von gutem Wein weiterlesen

Fries, Pies, Chips und Black Pudding

Hearty Food essen wie im Königreich

Fürs Essen ist es weniger berühmt als für Stil, Humor und Sonderbarkeiten (Brexit): das Vereinigte Königreich. Doch ein paar kulinarische Spezialitäten von der Insel haben Kultcharakter – und werden auch in Nordneukölln formidabel und authentisch zubereitet und serviert. Und ersparen so den Trip über den Kanal.

Breakfast ist fertig!     Foto: hlb

Nicht nur Hotelgäste wissen: Nach einem Full English Breakfast möchte man sich am liebsten erstmal wieder hinlegen. Würstchen, Speck, Ei, Hash Browns (knusprige Rösti), Bohnen in Tomatensauce, Buttertoast und, wenn schon, denn schon, Black Pudding (gebratene Blutwurst) geben dem Magen viel zu tun – ergeben aber auch eine wohlige Sättigung und Grundlage. Formvollendet gibt es dieses Nationalfrühstück im »Lonely Hearts Café« nahe der Hermannstraße. Fries, Pies, Chips und Black Pudding weiterlesen

Hausmannskost und Hausmusik

In den »Kindl-Stuben« trifft Klampfe auf Klopse

Die »Kindl Stuben« mitten auf der Sonnenallee sind längst eine solide Bank in der hiesigen Gastrolandschaft. Seit 2011 sorgen auch die aktuellen Inhaber für eine ehrliche Mischung aus Altberliner Charme und jungem, künstlerischem Ambiente. Altberliner, Zugezogene und Weltreisende kehren hier gern ein – etwa wegen der deftigen deutschen Küche mit Klassikern wie Käsespätzle, Knödel, schwäbische Maultaschen, Königsberger Klopse, Rinderrouladen oder Wiener Schnitzel sowie Salaten (alles für Fußlahme auch per Lieferdienst bringbar).

Stubenmusik.Foto: hlb

Heiß- und Kaltgetränke aller Art, Fassbier (Flens und Urquell, kein Kindl!), reichlich Longdrinks und Cocktails sowie insbesondere bulgarische Weine bieten jedem etwas, auch kleinere Festivitäten können hier begangen werden.
Kult sind längst die sonntäglichen »Open Mic Sundays«, wo Musikanten aller Länder und Stilrichtungen, aber auch witzigen oder poetischen Sprachdarbietungen Minibühne und Mikro offenstehen. Hausmannskost und Hausmusik weiterlesen

Fondues comme il faut

Heiß Geschmolzenes für kalte Tage

Zum Schönen des Winters gehört, sich mit lieben Menschen um einen befeuerten Topf zu setzen und sich gemeinsam gemütlich an wärmendem wie gut sättigendem geschmolzenen Käse zu laben, während es draußen ungemütlich zugeht. Das kann man mal zuhause, aber in der Gastronomie im Donaukiez gleich zweimal machen, und das ganz ohne Aufwand.

Fäden der Freude. Foto: hlb

In Peppis Käselager-Laden, auch als Kunstraum »Hungerkünstler« oder »Hungerkünstlerin« genutzt und bekannt, Schwester der »Specialgalerie Peppi Guggenheim International«-Kneipe gegenüber, begrüßte Gastgeber Jan seine Gäste zum »Peppis Melting Pop-Up«. Freitags und samstags ging es hier im Spätherbst – und wird es hoffentlich auch im neuen Jahr gehen – um wenig Wurst, aber viel Käse. Vor allem »melted« – geschmolzen. Fondues comme il faut weiterlesen

Gaumenverbindende Genüsse

Levantinisch essen in Neukölln

Mögen sich die Länder im Nahen Osten, östlich des Mittelmeers, Teil des wundersamen Morgenlands, auch mitunter uneins sein, beim Essen sind sie sich recht einig, was gut schmeckt. In Berlin ist die Levante-Küche zu einer hochbeliebten gastronomischen Ausrichtung geworden.

Voller Tisch im »Middle«. Foto: hlb

Levante ist da, wo sich östlich die Sonne erhebt (von lateinisch »levare«), insbesondere das Gebiet der Länder Syrien, Libanon, Israel, Palästina, Jordanien bis zum Iran. Hummus und Falafel, Frischkäse und Köfte/Kofta, das gehört schon lang zum hiesigen Speiseplan vieler. Doch die gewürzreiche Levante-Küche bringt noch mehr pikant Natürliches auf die Mezze-Teller und -Schalen, von denen stets mehrere gemeinsam geleert werden wollen und sollten. Was sich aus Kichererbsen, Auberginen, Jog­hurt, Kohl und Oliven zaubern lässt, lässt sich auch in Restaurants in unseren Kiezen erkunden. Gaumenverbindende Genüsse weiterlesen

Verbotenes Lesen und Schuhplattler

Trinken und Denken im »Laidak«

Seit 2012 gibt es die Schankwirtschaft »Laidak« am Boddinplatz. Das Wort Laidak kommt aus dem Slawischen und bedeutet so viel wie Taugenichts. Doch das Lokal taugt was. Als rustikale Kiezneipe bietet sie täglich von mittags bis in die Nacht ein extrem breites Angebot an Getränken zu fairen Preisen, aber auch Quiches und Kuchen. Fünf Biere vom Hahn (die Halbe ab 3,20 Euro), Weine, Cocktails, eine große Auswahl an Spirituosen, etwa Kurze aus der »Bayerwald«-Brennerei, Obstschnäpse oder hauseigener Mexikaner, aber auch Kaffee und reichlich Alkoholfreies wie Ingwerdrinks oder selbstgemachter Eistee lassen keine Wünsche offen.

Tresen frei für Thesen.    Foto: hlb

Gemütlich und ein bisschen chaotisch, mit abgerocktem Mobiliar und regalweise Büchern und Spielen (Schach!) schafft das »Laidak« eine wohnzimmerlich rumpelige Umgebung zum Abhängen, Lesen, Arbeiten, Rauchen und für angeregten Austausch. Letzteres etwa über die spannenden regelmäßigen Veranstaltungen: Konzerte, Partys, vor allem aber Lesungen, Informationsabende, Diskussionen und Filme zu politisch-gesellschaftlichen Themen wie der neuen Rechten, Antisemitismus, Militarismus, Ideologiekritik oder die Erkenntnisse von Adorno oder Marx. Verbotenes Lesen und Schuhplattler weiterlesen

Heißer Herbst auf kurzen Beinen

Musik und mehr im »Posh Teckel«

Über die Manchester-, Dackel-, Musik- und Nachbarschaftsbar »Posh Teckel« in der Pflügerstraße haben wir an dieser Stelle immer wieder mal berichtet. Bietet das urige Poplokal doch stets gute Getränke, nette Kundschaft wie auch Bedienung, zumeist britische Musikuntermalung, gelegentliche Kneipenküche mit »Dackelpommes« oder – an besonderen Tagen – deftigen Schäufela wie aus des Wirts Bernd »Esel« fränkischer Heimat – und eben ein originelles Kulturprogramm mit Lesungen, Konzerten und mancher Überraschung.

LIve am 10.11.: »The Horst« Foto: Band

Jüngst erst wurde (wie jedes Jahr) Jubiläum gefeiert, der Bassist der Rockband »Selig« fesselte Ende September mit einem virtuosen Klavierkonzert, und auch das eigene Talkshow-Format »Teckel TV« füllte einmal mehr den Laden. Dem düsteren Herbst setzt der »Teckel« also wie stets ein abwechslungsreiches, Herz und Hirn erwärmendes Programm entgegen, das am 8.11. zum Beispiel wieder mit dem beliebten »Welcome to the working week«­Pub-Musikquiz aufwartet. Heißer Herbst auf kurzen Beinen weiterlesen

Die Utopie von einem leckeren Leben

Köstliches aus Sardinien in der Jonasstraße

Auf Sardinien ist alles klein und stark, die Menschen, die Pflanzen und die Tiere. Was die Landschaft an Größe vermissen lässt, ersetzt sie durch intensive Geschmäcker. Die Schweine, Rinder, Hühner, auch sie sind kleiner, haben aber einen hervorragenden Geschmack, wenn sie dann zubereitet sind.

Vino, Cappuccino, Pecorino.     Foto: mr

Alessio und Valeria haben im Frühling des Jahres »Utopie« eröffnet. Es ist ein Café, natürlich klein, wie alles auf Sardinien, und befindet sich in der Jonasstraße mit Außenbestuhlung auf der Sonnenseite.
Hier bieten sie ihre Köstlichkeiten aus der Heimat an: Weine, Marmeladen, Käse, Schinken und Wurst. Die Weine sind intensiv, aber nicht unbedingt schwer. Die landestypischen Trauben für Rotwein sind Cannonav, Bovale, Monica und Cacignano. Auch beim Weißwein wird die Rebe der Cacignano verwewendet. Es sind Rebensorten, die speziell für Sardinien bekannt sind. Die Utopie von einem leckeren Leben weiterlesen

Hausgemachte Zündstoffe und Rauschessenzen

»Mondhügel« berauscht in einstiger Reuterkiez-«Oase«

Dichte Schwaden, verwurzelte Nachbarschaft, reife Bedienungen, Bediente und Glücksspielende, Schnaps und gepflegte Biere – die »Oase« war und ist Nordneuköllner Legende, Krankheit und Alter machten ihr ein Ende. Schnaps gibt es hier jetzt wieder. Doch keinen Asbach oder Pfeffi, sondern puren Naturgeschmack, als Longdrink, Cocktail oder pur.

SCHNAPSIDEEN.        Foto: hlb

Das Team vom »Mondhügel« hat die Eckkneipe gründlich, aber nicht bis zur Unkenntlichkeit entkernt und zu flexiblen Räumen umgestaltet. »Naked Drinking« heißt es nun hier. Doch auch Bekleidete bekommen die hausgemachten Flüssigkeiten serviert, insbesondere Spirituosen und Sirupe, aus echten Botanicals ohne zusätzliche Aromen, die daher durchaus anders und puristischer als der gewohnte Fließbandsprit schmecken und aussehen. Hausgemachte Zündstoffe und Rauschessenzen weiterlesen

Bestes Essen und Trinken im Körnerkiez

»Weinwirtschaft Liesl« für Genießer

Ursprünglich war die Weinwirtschaft »Liesl« ein Puff. Das jedoch ist schon lange her. Übernommen hat das Geschäft ein bayerischer Wirt, Peter Grosshauser, der mit viel Einfühlungsvermögen den Puff in eine gemütliche Kneipe verwandelte. Aber auch das hatte seine Zeit.

Bayer trifft Wiener.Foto: ro

Seit etwa einem Jahr hat sich das »Liesl« in die »Weinwirtschaft Liesl« verwandelt. Der Wiener Egon-Julius Berger und der Münchener Wolfgang Baumeister haben ein Weinangebot der besonderen Art geschaffen: Natural-Weine sind sie nahezu alle in Orange, Rot und Weiß. Sie beziehen die Weine aus Regionen, in denen sie sich auskennen, nämlich aus dem Adria- und Alpenraum bis Spanien. Bestes Essen und Trinken im Körnerkiez weiterlesen

Vettern beerben Mama

Tschechisches Bier und künstlerisch Gemixtes im Reuterkiez

Als die »Mama Bar« in der Hobrechtstraße nach Corona nicht mehr öffnete, ging dem Kiez eine kultige Institution verloren, die mit Weltmusik vom Plattenteller, trashigem Wohnzimmerambiente, originellen Schnäpsen und günstigem tschechischen Fassbier seit 2008 für ungewöhnliche Abende gesorgt hatte. Doch nun ist wieder offen – und es bleibt nicht nur namentlich in der Familie: Aus der »Mama« wurde die »Vettern Bar«, realisiert von einer Clique junger Männer samt »Friends and family«, die sich mit diesem Projekt erst recht wie Cousins und (Geistes-)Verwandte fühlen.

CHILLEN unter Plattencovern.   Foto: hlb

Trotz Renovierung, grauem Wandanstrich, neuem schwarzen Tresen und Lüftungsrohren ist der immer noch kieztypische Mischmasch-Charme der Bar nicht nur dank der neuen alten Sofas und Retro-Lampen geblieben. Vettern beerben Mama weiterlesen

Reserva statt funky Adventure

Chilenischer Spaß im Glas in der »Lola Weinbar«

Seit April findet sich in der Pannierstraße, wo zuvor die »Jane Doe Bar« und davor das »Cafe Futuro« und das »Rita« waren, die Weinbar »Lola«. Noch eine Weinbar im Kiez? »The Rad«, »Mosto«, »Le Balto«, »Vin Aqua Vin«, »Motif Wein«, »jaja«, »Sacrebleu!«, »TREAT«, »Liesl« – die Liste an kultivierten, gut kuratierten Neuköllner Weinläden mit Gastronomiebetrieb lässt sich munter fortsetzen. Hinzu kommen noch die zahlreichen guten Weinhandlungen.

KATZE lässt das Saufen nicht.    Foto: hlb

So hat seit Oktober der Onlineshop »MORE Natural Wine«, gegründet von Anika und Chris, den einstigen Machern der »Oooh, Berlin!«-Kiezführer, sein festes Verkaufsgeschäft in der Flughafenstraße und bietet eine Auswahl seines immensen Sortiments von fast 1.000 Naturweinen an, bezogen von diversesten Produzenten, Lieferanten und Weinexperten und subjektiv eingeteilt in die Kategorien »Fun«, »Adventure« und »Nerd«. Reserva statt funky Adventure weiterlesen

Neue Superschüsseln in der Emser

Gesundes bei »Tina’s Superfood Deli«

Fliesen- und Kaminbau findet hier in der Emser Straße 46 nicht mehr statt, auch wenn das Schild über der Tür noch anderes vermuten lässt. Vielmehr hat vor wenigen Wochen ein sympathisches Tagesrestaurant Einzug gehalten, das in zwei kleinen Räumen vegetarische wie vegane Delikatessen anbietet und sich selbstbewusst »Tina’s Superfood Deli« nennt.

TIERLOS unter Ranken.  Foto: hlb

»Latino – Bio – Veggie – Glutenfrei – Regional« ist die klare Zielgruppen treffende Eigenbezeichnung des kulinarischen Konzepts, das bereits viele Fans gefunden hat, die sich gern korrekt und gesund und doch mit gewissem Pfiff beköstigen lassen.
In gemütlich entspann­ter Caféatmosphäre mit viel Grün von Efeu und aus Pflanzenampeln Rankendem (wenngleich mitunter künstlich) wird von Koch Omar in der offenen Küche eine überschaubare, aber ausreichende Auswahl an frischen »Superspeisen« mit lateinamerikanischem Twist zubereitet. Neue Superschüsseln in der Emser weiterlesen

Wachbleiben mit Musik und Trunk

Mitte Mai wird am »Sandmann« und Kranoldplatz aufgespielt

Zweiundvierzig Jahre ist es nun schon her, dass es nach verschiedenen Kneipennamen zum »Sandmann« kam. Der Gründer Helmut Gräber studierte Betriebs- und Volkswirtschaft. Mit profunder Kenntnis entdeckte er, dass Marktwirtschaft sehr profitabel als Gastwirtschaft betrieben werden kann. Von wegen »Wer nichts wird wird Wirt.« Nein, so Helmut Gräber, »Wer alles verpasst bleibt Gast«.
Mit vielen Erfolgen, aber auch mit Geschäftseinbrüchen nach dem Fall der Berliner Mauer ging es weiter. Er ist nicht mehr ganz so im operativen Tresengeschäft tätig. Wachbleiben mit Musik und Trunk weiterlesen

Interdisziplinäre Unterhaltung in der Boddinstraße

Untergründige Vielfalt im »Loophole«

Ein Schlupfloch für das kunst- und kulturinteressierte Publikum Neuköllns ist seit bald zehn Jahren in die Boddinstraße, wenige Meter oberhalb der noch standhaften »Bergklause«, gegraben. Was ist das »Loop­hole«, sesshaft in einem ehemaligen Bordell und Wirkungsstätte von Akteuren des einstigen »Rufreaktor«-Künstlerkollektivs, denn nun eigentlich? Club, Eventspace, Showroom, kreatives Epizentrum – all sowas sicherlich. Vor allem aber eine kultige Kneipe mit viel abgerockt schrägem Charme und flexiblem Programm, das an legendäre Kreuzberger Schuppen oder die alternativen neuen Nordneuköllner Wohnzimmerbars der Nullerjahre erinnert.

KULTIGES Loch.    Foto: hlb

Hier gibt es an mehreren Abenden die Woche Live-Konzerte, DJ-Sets, Partys, Installationen und sonstige Veranstaltungen, die Formen heutiger Kunstpraktik, abseits des Mainstreams und eher von der rauen Do-it-yourself-Seite kommend, umfassend und erstaunlich vielfältig präsentieren. Interdisziplinäre Unterhaltung in der Boddinstraße weiterlesen

Verluste für die alte Kneipenkultur

Legendäre Traditionslokale fallen Verdrängung zum Opfer

»Where have all the good times gone?«, sangen schon die Kinks. Die heutigen Zeiten sind irr, vielfach unsozial und digital und in unberechenbarem Wandel, alles wird teurer – und ausgerechnet da verschwinden verlässliche Horte der Begegnung, der Bewahrung und bezahlbaren Belustigung: die einst doch so typischen Traditionskneipen.

DIE letzten Tage der »Kindl-Stuben«.    Foto: hlb

Wo man sich trifft, kennt oder schnell kennen lernt, zu alten Hits singt, wo verschiedene Generationen günstig und mit humoriger Berliner Schnauze Labsal und die neuesten Infos aus der Nachbarschaft erhalten. Schulle oder Jubi, Zigaretten und Kurze, kesse Sprüche oder tiefes Schweigen, Sportives, passiv wie aktiv, viele Fotos und Nippes zum Kucken – das war doch mal eine beliebte Melange aus Kultur, Freiheit und Gemütlichkeit, auch für den Nachwuchs, der in den kleinen Eckkneipen auf unseren Straßen inzwischen auch sichtlich gern seine Freizeit verbringt.
Doch mussten im neuen Jahr gleich mindestens zwei urkiezige Kneipenklassiker die Segel streichen, ein trauriger Aderlass und bedrückendes Beispiel des Kneipensterbens. Verluste für die alte Kneipenkultur weiterlesen

Das »Syndikat« lebt wieder!

Aus »Laika« wird »Syndikat«

»Erst einmal ankommen«, sagt Christian vom Kneipenkollektiv des »Syndikat« strahlend bei der Eröffnung am 20. Januar in den ehemaligen Räumen des »Laika« in der Emser Straße 131 im Körnerkiez.

Neue solidarische Heimat.Foto: Syndikat

Die Lebensumstände der Betreiber der alternativen Kneipe »Laika« hatten sich verändert, und sie suchten würdige Nachfolger. Durch den Kiez­flurfunk erfuhr Christian davon. So konnte das Syndi-Team zum Jahresbeginn die Räume übernehmen. Zusätzlich bereichern seitdem zwei Leute aus dem Ex-Laika-Team das Team des »Syndikat«. Das »Syndikat« lebt wieder! weiterlesen

Pils, Plausch und Politik im »Bajszel«

Wo Bier auf Bildung und Begegnung trifft

Beisl oder Beiserl werden vor allem im südlichen deutschsprachigen Raum einfache Gasthäuser genannt. Der Begriff stammt wohl vom tschechischen »pajzl« (Kneipe) sowie dem jiddischen »bajiss« (Haus) ab, das wiederum aufs hebräische »bajit« = Haus zurückgeht. Das »Bajszel«, das Mitte Juni letzten Jahres am nach der prägenden Jugend­richterin Kirsten Heisig benannten Platz an der Feuerwache an der Emser Straße, wo sich einst die Kneipe »Zum Steckenpferd« befand, eröffnet wurde, ist eine solch echte Kneipe, und zwar eine gute und besondere.

DAS Lokal am Platz.        Foto: hlb

Außer vielen günstigen Getränken (zum Beispiel vier gute Fassbiere ab noch 3,50 Euro/0,5 Liter, Wein auch ab 3,50 pro 0,2), Kaffee und Kuchen (Nachmittagsbetrieb ist in Planung, gerade auch für die Schüler im Kiez), gibt es kleine Happen wie Schmalzstulle oder das Hausgericht, camenbertigen »Hermelin«. Pils, Plausch und Politik im »Bajszel« weiterlesen

Kulinarische Reise entlang der Bezirksgrenze

Nah- bis fernöstliche Leibesfreuden auf dem Kottbusser Damm

Godebutz, Codbusch, Cadbuß, Kohebuz, Kotpus oder eben Kottbuss – es gibt an die 130 Schreibweisen der im 12. Jahrhundert erstmals urkundlich erwähnten Stadt Cottbus. Die mit C und K wurden im 19. Jahrhundert permanent im Wechsel genutzt. Jedenfalls bildet der Kottbusser Damm, vor 1874 noch Rixdorfer Damm genannt, heute die nordwestlichste Grenze Neuköllns – allerdings nur die Bebauung auf der östlichen Straßenseite mit den Hausnummern 62 bis 104; Straße und Trottoir sind bereits in Kreuzberg. Aber wir wollen uns ja um die inneren Werte kümmern.

Nachtschwärmers Liebling.     Foto:hlb

Zwischen Hermannplatz und Maybachufer bietet sich den hungrigen Flaneuren auf einem knappen Kilometer eine Vielzahl an kulinarischen Verlockungen – und das beileibe nicht nur in diversen Backshops und Supermärkten. Seit Generationen türkisch geprägt, wird in der Gegend natürlich viel mediterran gekocht und gegrillt: Hähnchen und – logo – Döner an der Bude des »Royal Imbiss« (der einst mit dem klugen »Qualität ist nicht Zufall« warb), Köfte und Falafel im »Bal-Köfteci« – und in der neuen »Gokorec«-Filiale kommt der Streetfood-Klassiker Kokorec, gegrillter Lammdarm, ins Ekmek (Brot). Nachtschwärmer lieben das »Gel Gör« (zu deutsch »Komm und schau«), das auch nach der Modernisierung bis tief in die Nacht perfekte Köfte mit frischen Kräutern, aber auch Innereien wie Leber zubereitet. Kulinarische Reise entlang der Bezirksgrenze weiterlesen

Sacre Bleu!

Blaue Akzente im Weinbartrend

Gütiger Himmel oder Verdammt noch mal! So ließe sich »Sacre bleu« in etwa übersetzen. Weltweit kennt man diesen Ausruf des Erstaunens – den Franzosen allerdings kaum verwenden. Und so zeugt auch der Name des am 16. November offiziell eröffneten »Sacre Bleu!« nicht nur vom familiären Frankreichbezug des Inhabers Sven Breitenbruch, sondern auch vom Ziel, hier in der Kienitzer, im gleichen Haus wie das schicke Restaurant »La Côte«, eine erstaunliche, mit Klischees spielende Interpretation einer Weinbar zu etablieren.

WEIN, Tartar und Unterwäsche.      Foto: hlb

Erstaunlich schon, wie viele neue Weinbars sich weiterhin in die wahrlich nicht (natur)weinarme Nordneuköllner Ga­stroszene wagen; sei es seit Oktober die bei Ex-Pats beliebte »Bar Sway« in der Pannierstraße 29 oder seit Frühjahr das minimalistische »Le Balto« in der Hobrechtstraße 28, beide auch mit Snackangebot. Sacre Bleu! weiterlesen

Drei Tage Tapas

»Marsha« zieht zeitweise in Frittierschmiede ein

Im fünften Jahr seines Kultimbisses »Style Stallone Sandwichbar« hat sich Inhaber Till Heinisch nach dem Motto »Sharing is caring« einen alten Koch-Weggefährten als Untermie­ter geholt: Immer von Samstag bis Montag residiert hier das »Marsha tapa Gastrobar Pop-up«. Dann werden über die »Style«-Leuchtschilder einfach »MAR­SHA«-Folien gezogen und, caramba, kommt es einem spanisch vor.

Bodega Neukölln Style.      Foto: hlb

Martin Schanninger, Chef de cuisine, Gastroconsultant und Foodnomade mit je einem Fuß in Berlin und Barcelona, hat im 80er-Flair des pastelligen Raumes eine neue kulinarische Heimat gefunden und serviert statt Pommes, Currywurst und Steak­sandwiches nun originelle, wöchentlich wechselnde Schmeckereien in Form von Tapas.
Schanninger, der über 20 Jahre Restaurant­erfahrung mitbringt, bereitet hier mit intuitivem Ansatz Variationen der spanischen Kleinigkeiten zu, die den bekannten iberischen Teller- und Schüsselgerichtchen stets einen besonderen Twist geben und auch »Foodporner« überzeugen dürften, so frisch und mit eigener Handschrift gemacht wie sie sind. Drei Tage Tapas weiterlesen

Zu Loretta oder nach Palermo?

Gepflegtes Trinken in zwei »neuen« Reuterkiezbars

Nachdem sich das Musiklokal »Lagari« aus seinen Standorten im Reuterkiez zurückzog (und Wirt Peter ins »Valentin Stüberl« weiterwanderte), klafften für Kneipenfreunde schmerzliche Lücken. Zum Glück fand sich in der Reuterstraße ein neuer, sehr freundlicher Betreiber, der um die Ecke wohnt und bereits bald 35 Jahre Gastroerfahrung, etwa aus Kreuzberger Lokalen wie dem »Intertank« oder »Sol y Sombra«, mitbringt. Mit seinem Team wurde im einstigen »Zum lustigen Alfons« aufgeräumt, gestrichen, dezenter illuminiert und doch der alte Charme des Lokals bewahrt.

NETTER trinken im »Loretta«.    Foto: hlb

Die »Loretta Bar«, benannt nach einer guten Freundin, soll eine günstige, gemütliche Kiezbar sein, die einfach »gute Sachen« flüssiger Art anbietet. In der Tat werden die Preise »am unteren Limit« gehalten, wenn auch die (all)gemeine Preisschraube bald 3,60 Euro für das 0,4er Helle oder »KöPi«vom Fass erforderlich machen wird. Dann halt mal auf einen soliden Longdrink mit ausgewählten Spirituosen oder Wein zurückgreifen oder eine Zigarette weniger rauchen. Zu Loretta oder nach Palermo? weiterlesen

Wo der Dackel rockt, lauscht und wackelt

Volles Herbstprogramm im »Posh Teckel«

Die Manchester- und Kiezdackelbar »Posh Teckel« ist seit Jahren bei musik-, hunde- und trunkaffinen Stamm- und Neugästen nicht nur beliebt ob seiner stets guten Popmucke, des familiären Flairs und der Kneipenküche, aus der neben den schon legendären Dackelpommes auch mal Festtagsmenus oder, dank des engagierten, gut vernetzten und frankenstämmigen Wirts Bernd »Esel« Ehnes, deftige Schäufele auf die Teller kommen.

LIVE angedackelt: Huck L. Burgers »The Horst«.      Foto: hlb

Ob Quiz- und Spiel­abende, DJ-/Tanz- und Aftershowpartys, Ausstellungen oder Talkshows wie dem regelmäßigen »Teckel TV« mit Bernd Kötting und stets drei interessanten Gästen – samt »Büble«-Bier, Dackelwein, originellen Aperitivo-Drinks und Rauch lässt sich hier ein kreatives Kultur- und Feierprogramm genießen und dabei der neueste Kiez­tratsch austauschen. Wo der Dackel rockt, lauscht und wackelt weiterlesen

Unhungrig mit gutem Gefühl

»Hungerkünstlerin« Nicole Hofen kocht jetzt verspielt Gesundes in der Weichselstraße«

Einst »Salon Renate«, dann Jausen-Bistro »Hungerkünstler« und Käse-Wurst-Weinladen – jetzt lässt Georg »Peppi« Weishäupl seine Räume gastronomisch neu bespielen: Als »Hungerkünstlerin«, einem Projekt rund ums Essen und die Kunst. Auch »Mamma Berlin Kitchen Labatory Pop Up Restaurant« (sic) wird arg neuzeitlich das Konzept benannt, das originelle, aber nicht abgehobene, wöchentlich wechselnde Menüs aus einzeln bestellbaren Gerichten anbietet.

Laboratorium für Feinschmecker.   Foto: hlb

Im Fokus stehen vegetarische Gerichte, selbst Fermentiertes und eine Auswahl an Patisserie. Rein Regionales und Saisonales, eigenes Sauerteigbrot und Naturwein ist für moderne Restaurants und bewusste »Foodies« von heute ja fast schon selbstverständlich, aber was hier in unverkrampft lockerer Atmosphäre auf die erfreulich großen rechteckigen Teller zum gemeinsamen Teilen kommt, sticht in der hiesigen Gastroszene heraus. Unhungrig mit gutem Gefühl weiterlesen

Das »Herzstück der Kolonie am Buschkrug«

Es geht um Torten und Kuchen

Als die Hufeisensiedlung und die Krugpfuhlsiedlung ab 1925 in Britz entstanden, konnten die Britzer Wiesen daneben nicht bebaut werden. Der Grund war zu sumpfig. So entstand 1929 dort eine öffentlich zugängliche Dauerkolonie mit deutlichen Vorgaben vom Gartenbauamt zur Art Parzellenanlage, der Bebauung, der Bepflanzung bis hin zur Nutzung.

Hier ist jeder willkommen.     Foto: rr

Die sprichwörtliche Geselligkeit der Kleingärtner fand hier sogar Eingang in die Satzung, weshalb 1956 in Eigenleistung auf dem zentralen Festplatz ein Vereinsheim für 330 Personen errichtet wurde; damals das größte in Berlin. Das »Casino« genannte Vereinsheim war nicht nur den Britzern wegen seiner vielfältigen Veranstaltungen ein Begriff.
Mit den Jahren wurde es ruhiger. Mandy Abel, die neue Pächterin, bewies ordentlich Mut, als sie 2020 im Corona Lockdown wagte, den Pachtvertrag zu unterschreiben. Die verordnete Schließung und das Entgegenkommen der Vereinsführung gaben der gelernten Dekorateurin daher reichlich Zeit, Vieles, auch in Eigenregie, anders zu gestalten. Das »Herzstück der Kolonie am Buschkrug« weiterlesen

Kräuterkicks und Vespereien am Richardplatz

Apéro à la Apotheke bei »Herr Lindemann«

Über die geschmackvoll eingerichtete, geräumige Cocktail-Bar von Peter Edinger, seinem Hund Filou und Team, wo einst die Absturzkneipe »Hang Over« selbigen verursachte, berichteten wir zuletzt im Oktober 2017. Und die nach eigener Einschätzung »alternativste Apotheke Neuköllns« hält auch im sechsten Jahr erfolgreich ihre stimmungsaufhellende Mittelchen und Tinkturen für alle nach alternativer, nämlich alkoholischer Heilkunde Suchenden parat.

Feierabendkombi.      Foto: hlb

Nicht, dass Rixdorf mit dem einflussreichen »Velvet« in der Ganghoferstraße oder der »Zosse« im einstigen Schmiedehof in der Richardstraße 37 nicht schon grandiose Bars hätte – die kräuterbetonten Drinks im »Lindemann« sind ebenso eigen und unverwechselbar. Kräuterkicks und Vespereien am Richardplatz weiterlesen

Wenn die Liesl natürlich weint

Ökologische Sinnesfreuden in bewährten Räumen

Weintrinker können sich in Neukölln wahrlich nicht beschweren über ein zu knappes Angebot an Weinläden mit gut kuratierter Auswahl und Beratung wie auch Weinlokalen zum außerhäusig geselligen Konsum, gerade auch von zeitgemäß nicht industriell hergestellten Tropfen. Ob »jaja«, »Mosto«, »Motif Wein« oder zuletzt das schnieke neue »Le Balto« in der Hobrechtstraße – alle setzen auf persönliche Weinentdeckungen ohne die lange Zeit üblichen Zusatzstoffe und Hilfsmittel. So nun auch das »Liesl«.

Tropfen am Tresen.    Foto: hlb

Künstler, Innenarchitekt und Gastronom Peter Großhauser, der letztes Jahr zurück in die bayerische Heimat ging, machte 2011 aus einem Ex-Puff in der Nogatstraße eine atmosphärische Kneipe namens »Liesl«, nach Karl Valentins kongenialer Partnerin Liesl Karl­stadt benannt. Die hatte zuletzt ihre Last mit geräuschempfindlichen Nachbarn und gab gefrustet auf, wurde nun aber Mitte Juli neueröffnet von Wolfgang Baumeister. Wenn die Liesl natürlich weint weiterlesen

23 Stunden Spiel und Spül in 44

Der »Tiefpunkt« der Saalestraße ist überschritten

Die nach dem schönen Fluss Saale benannte Straße, die entlang der Ringbahn die Sonnenallee mit der Karl-Marx-Straße verbindet, ist trotz Grün und gepflegter Altbauten nicht unbedingt eine Prachtstraße. Busse und Pkw quetschen sich täglich hindurch, der S-Bahndamm ist vermüllt, und im Wahnwitz der Nazis, Berlin zu Germania umzubauen, wurden 1939 zwischen KMS und Elsterstraße alle Vorderhäuser der Saalestraße 1 bis 24 abgerissen, was sich bis heute an Brachen zeigt, die aber nun zum Teil für Sportanlagen genutzt werden. (Bis 1942 vernichteten die irren Germania-Planer übrigens insgesamt 41.000 Berliner Wohnungen.)

IMMER da für 44er. Foto: hlb

Historisches Flair hat der Siegfried-Aufhäuser-Platz gegenüber dem S-Bahnhof Sonnenallee. Dieser wurde 1912 nahe der Kaiser-Friedrich-Straße (heute Sonnenallee), gebaut nach Plänen von Reinhold Kiehl, eröffnet – seinerzeit noch benannt nach Friedrich III., dem »99-Tage-Kaiser« von 1888. 1961 zerschnitt die Berliner Mauer den S-Bahnring in zwei Teile, die Nationale Volksarmee unterbrach die Gleise, und damit war auch der Bahnhof Sonnenallee geschlossen. Nach dem Mauerfall 1989 begannen die Bauarbeiten zur Wiederherstellung des Südrings, doch erst im Dezember 1997 wurde der S-Bahnhof als Station wiederhergestellt. 23 Stunden Spiel und Spül in 44 weiterlesen

Nudeln oder Reis?

Dumplings und Sushi ganz familiär

Bunt sind hier vor allem die Teigtaschen. Seit letzten Dezember wird auf der Flughafenstraße gefragt: »WANNA EAT«? Ja, Eure Dumplings und Nudelgerichte, darf da die Antwort sein.

WANNA EAT? Immer gern.   Foto: hlb

Freundlich sind Inhaber und Personal des Familienimbisses »WANNA EAT«, die Einrichtung ist hell, hölzern und schlicht, aber effektiv, die offene Küche beweist die frische Zubereitung. Eine farbenfrohe Augenweide sind die Schüsseln mit den acht verschiedenen Dumplings und sechs pikanten hauseigenen Soßen in der Vitrine.
Die Teigtaschen, in China gern schon zum Frühstück gegessen, werden nach Wahl gedünstet oder frittiert und sind hälftig vegan mit Pilzen, Kartoffeln und vielem anderen, eine gar süß, oder mit herzhaften Zubereitungen aus Huhn, Schwein oder Rind gefüllt im Angebot. Wer alles kosten möchte, nimmt die »Rainbow Plate« mit 16 Taschen und vier Saucen für 12 Euro. Nudeln oder Reis? weiterlesen