Immer wieder sonntags

Spätis unter Druck

Ein schwüler Tag im August, die Gehsteige Neuköllns wirken verdächtig leer. Keine Späti-Stammgäste auf weißen Plastikstühlen mit kühlem Bier und Kippe in der Hand, keine Kids mit Gummibärchentüten. Seit einiger Zeit wird das Ladenschlussgesetz, das Spätis das Öffnen am Sonntag verbietet, verstärkt kontrolliert. Dieses Gesetz ist zwar nicht neu und seit Jahren landesweit gültig, doch erst seit dem Rechtsstreit eines Pankower Spätibesitzers, der 2012 am 1. Mai öffnen wollte, macht das Ordnungsamt die Augen auf und verteilt saftige Geldbußen. Besonders eifrig ist dabei ein Polizist im Reuterkiez.

Späti
Was wäre der Sonntag ohne Späti?                                                                                                                                   Foto: fg

Allerdings hat das Ordnungsamt hier auch wenig Spielraum. Behörden können »nicht zwischen guten und schlechten Gesetzen und auch nicht darin unterscheiden, ob eine gesetzliche Bestimmung der gelebten Wirklichkeit entspricht oder nicht«, sagt Bezirksbürger-meisterin Franziska Giffey dazu. Immer wieder sonntags weiterlesen

Zu spät für Spätis?

Nun geht es den Spätis an den Kragen. Sie, die zu ungewöhnlichen Uhrzeiten die Dinge des täglichen Bedarfs anbieten, bangen um ihre Existenz.
Zu verdanken haben sie es einem Polizisten aus dem Revier 54 an der Sonnenallee, der sich auf die Fahne geschrieben hat, Recht und Ordnung in seinem Revier durchzusetzen. Immerhin droht den Übeltätern, die gegen das Berliner Ladenöffnungsgesetz verstoßen, ein Bußgeld von bis zu 2.500 Euro.
Meist sind Spätis Familienunternehmen, die zu den gesetzlichen Ladenöffnungszeiten einen mäßigen Umsatz generieren. Hingegen brummt das Geschäft nachts und am Sonntag. Diesen Umsatz benötigen sie zum Überleben.
Der Ruf nach einer Gesetzesänderung ist sicherlich berechtigt, aber es gibt aktuell noch nicht einmal eine Definition, was ein Späti ist.
Eines jedoch ist sicher: Wenn Spätis die Existenzgrundlage genommen wird, ist Neukölln bald Stuttgart.

Petra Roß

Riesenrad statt Rosinenbomber

Deutsch-Amerikanisches Volksfest sucht eine neue Heimat

Volksfest Tempelhofer Feld
Tempelhofer Feld mit Rummel.                                                                                                                    Fotomontage: cal

Schon einmal musste das Deutsch-Amerikanische Volksfest, das seit 1961 auf der Truman Plaza in Zehlendorf stattfand, einem Bauvorhaben weichen. Am Ausweichstandort an der Heidestraße in der Nähe des Hauptbahnhofes ist nun ebenfalls wegen eines Bauprojektes endgültig Schluss.
Jetzt macht Veranstalter Thilo-Harry Wollenschläger Druck: Er will aufs Tempelhofer Feld. In einer Online-Petition fordert er das »Land Berlin und die Behörden der Stadt auf, unverzüglich dafür zu sorgen, dass 2016 und in den nachfolgenden Jahren das Deutsch-Amerikanische Volksfest auf dem Freigelände des ehemaligen Flughafens Tempelhof stattfinden kann.« Riesenrad statt Rosinenbomber weiterlesen

Neukölln macht Schrottimmobilien zur Chefsache

Überbelegung und Hygienemängel werden zum Problem

Giffey
Franziska Giffey.                                  Foto: fh

Seit etwa fünf Jahren beschäftigen so genannte Problemimmobilien, die vornehmlich von Zuwanderern aus Südosteuropa bewohnt werden, die Berliner Bezirke – mit steigender Tendenz. Waren es in Neukölln 2014 rund 30 Problemimmobilien, sind mittlerweile 50 solcher Adressen im Bezirk bekannt. Dazu kommen zwölf öffentliche Neuköllner Grünanlagen, die zeitweilig von Gruppen von bis zu 50 Menschen als Nachtlager genutzt werden.
Sieben komplette Wohnhäuser müssen als akute Problemimmo-bilien durch das Jugendamt, die bezirklichen Ordnungsbehörden und die Polizei intensiv betreut werden. Weiter gibt es über 40 Adressen, bei denen einzelne Wohnungen oder Gebäudeteile betroffen sind. Hauptprobleme in diesen Häusern sind bauliche Mängel, Überbe-legung und undurchsichtige Mietverhältnisse, Lärm- und Müllbeläs-tigung der Nachbarschaft sowie teils massive Hygienemängel wie Schimmel oder unzureichende sanitäre Anlagen in den Wohnungen.
Aus diesem Grund hat Bezirksbürgermeisterin Franziska Giffey jetzt einen Koordinator für Problemimmobilien in ihren Stab berufen und das Thema zur Chefsache erklärt. Neukölln macht Schrottimmobilien zur Chefsache weiterlesen

Flüchtlingsunterkunft

Einigung über Bewag-Sportplatz

Seit fast einem Jahr verhandelte die SoWo GmbH mit dem Berliner Senat über den Bau einer Flüchtlingsunterkunft auf dem ehemaligen Bewag-Sportplatz an der Karl-Marx-Straße. Jetzt scheint es endlich zu einer Einigung gekommen zu sein.
Am 6. August teilte der Neuköllner Sozialstadtrat Bernd Szczepanski mit, dass der Vertrag nunmehr geschlossen wird, und dass dort vor­aussichtlich im März 2016 eine Gemeinschaftsunterkunft für rund 300 Geflüchtete eröffnet wird.

Flüchtlingsunterkunft
Aus Sportplatz wird Flüchtlingsunterkunft.                                                                                                               Foto:mr

»Der Bezirk begrüßt die Errichtung dieser Unterkunft und wünscht sich eine offene und solidarische Willkommenskultur für alle Menschen, die bei uns Zuflucht suchen – auch am neuen Standort. Flüchtlingsunterkunft weiterlesen

Tod auf dem Boddinplatz

Nachruf auf einen verlorenen Menschen

Er gehörte zu denen, die durch alle Raster fallen. Alkoholkrank, kein Job, keine Wohnung, kein Konto und damit auch kein Geld vom Jobcenter. So fristete Rolf Schmitt, der eigentlich Johannes K. hieß, sein Leben auf der Straße, seit einigen Jahren vorzugsweise am Boddinplatz, und da ist er am 11. August auch gestorben. Er wurde nur 52 Jahre alt.

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Erinnerungen.                                                                                                                                                                                  Foto: mr

Vor ungefähr drei Jahren tauchte er das erste Mal dort auf, ver- schwand aber immer wieder für lange Zeit, meistens im Knast. Dort wollte er auch immer wieder hin, denn der Knast war für ihn eine überschaubare Welt, er hatte einen geregelten Tagesablauf, ein Dach über dem Kopf, ein Bett und etwas zu essen. Tod auf dem Boddinplatz weiterlesen

Flüchtlinge und Ehrenamt

KahlefeldHäufiger sieht der Neuköllner eine ele- gante Dame mit Hut auf dem Fahrrad durch die Kieze radeln. Es ist Susanna Kahlefeld, die Neuköllner Abgeord- nete der Grünen im Abgeordnetenhaus von Berlin und promovierte Philosophin. Von 2000 bis 2008 war Kahlefeld Mitglied der Bezirks-verordnetenversammlung in Neukölln. Als Sprecherin der »Landes-arbeitsgemeinschaft Migration und Flucht« ab 2008 ahnte sie wohl bereits damals, was heute Wirklichkeit ist: Aus etlichen Ländern müssen Menschen ihre Heimat verlassen und suchen in Deutschland entweder eine neue Existenz oder die Möglichkeit zu warten, bis sie wieder in ihr Land zurück können. Flüchtlinge und Ehrenamt weiterlesen

Ein Fritz für alle Fälle

Ein Tagesausflug mit Fritz Felgentreu durch Berlin

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Neuköllner steigen dem Bundestag aufs Dach.                                                                                                      Foto: pr

Eigentlich ist Neukölln gar nicht so weit weg vom deutschen Bundestag. Weil dieses Gefühl aber gelegentlich trotzdem auftaucht, lädt der Neuköllner SPD-Bundestagsabgeordnete Fritz Felgentreu regelmäßig interessierte Bürger in das Parlamentsgebäude ein.
Auch im August war es wieder so weit: Dieses Mal durfte sich eine große Gruppe von Mitarbeitern des »Ricam Hospiz» über die Möglichkeit freuen, die Heimat der deutschen Bundespolitik kennen zu lernen und anschließend dem Abgeordneten Fritz Felgentreu bei einem Gespräch ihre Fragen zu stellen. Ein Fritz für alle Fälle weiterlesen

Mein Bus ist meine Burg

Drohendes Ende für die Lilienthalstraße als Platz für mobiles Wohnen – nach 30 jähriger Duldung

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Streit um Parkverbot.                                                                          Foto: fh

Seit drei Jahren lebt Jakob in seinem alten Daimler-Bus in der Lilienthalstraße am Rand der Hasenheide, nicht weit vom Tempelhofer Feld. Er studiert Restau-rierung von techni- schem Kulturgut und hat nicht zuletzt dadurch genug Know-how, um sein Wohnmobil so auszustatten, dass er dort bequem leben kann. Ein mit Holz befeuerter Herd, auch Küchenhexe genannt, dient zum Kochen und Heizen. Solarzellen auf dem Dach sorgen für ausreichend Strom. Jakob hat sich einen Jugendtraum erfüllt und kann sich kaum noch vorstellen, einmal anders zu wohnen. Alle Bewohner der Fahrzeuge, von denen eine Handvoll am Seitenstreifen parkt, studieren oder gehen arbeiten. Die Autos haben alle TÜV und sind jederzeit fahrtauglich, das ist den Leuten auch wichtig. Mein Bus ist meine Burg weiterlesen

Neuköllner Alltägliches

Nachrichten aus dem »Neuköllner Tageblatt« vor 100 Jahren, bearbeitet von M. RempeNK_Tagblatt-Kopf

Nr. 205 – Donnerstag, 2. September 1915
Eine große Plansch­wiese ist durch den Wolkenbruch am Sonntag auf dem östlichen Teil des Tempelhofer Feldes entstanden; sie wird von der lieben Jugend fleißig benutzt. Rot wie die Krebse, übermütig wie losgelassene Füllen tollen die Kleinen zum Vergnügen der Großen, bald im Wasser, bald im Sande des Feldes umher. Kein künstlich hergerichteter Spielplatz war so von früh bis spät vom Jauchzen der frohen Kinderschar erfüllt, wie dieses Planschbecken. Neuköllner Alltägliches weiterlesen

Des Künstlers Brot

Sandwichkultur im Projekt-Café »Poshlust«

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EIN Toast auf das Sandwich.                     Foto: pr

Sandwich-Macher in der vierten Generation zu sein, das können nicht viele von sich behaupten. Anders bei Yonatan: Schon sein Urgroßvater belegte seinerzeit in Washington D.C. Brote, wie dann auch sein Großvater und Vater. Letzterer führte seinen Laden in Tel Aviv, wo Yonatan geboren wurde.
In den Räumen des Kunst- und Kulturvereins »drumherum« hat er nun sein eigenes Projekt in die Tat umgesetzt: »Poshlust«, ein Sandwichladen erster Klasse, der einem einfachen Konzept folgt. Zu wählen ist zwischen sechs Sorten, je zwei vegan, vegetarisch und mit Fleisch, dazu werden hausgemach- te Soßen und je nach Geschmack der hauseigene »Poshlust«-Kraut- salat oder Kartoffelsalat serviert.
Der Name des Cafés kommt übrigens aus dem Russischen und bezeichnet eine Art russischen Kitsch, erklärt Yonatan, der selbst Literaturwissenschaft studiert und sich dabei viel mit diesem Begriff befasst hat.
Doch »Poshlust« ist mehr als nur ein einfaches Café, es ist ein Projekt des Kunst- und Kulturvereins »drumherum«, einem kreativen Zusammenschluss von Menschen, die etwas auf die Beine stellen oder andere dabei unterstützen wollen. Von Performances über Konzerte, Ausstellungen bis zu einem jährlich in Polen stattfindenden Festival haben die Mitarbeiter von »drumherum« schon vieles organisiert. Leute, die mithelfen, Kontakt suchen oder ihre eigenen Ideen umsetzen wollen, sind dabei stets willkommen und herzlich eingeladen, einfach mal im »Poshlust« bzw. »drumherum« vorbeizuschauen.

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Café Poshlust
Lichtenrader Str. 49

 

Außergewöhnliche Mode

»NEMONA Pop Up Shop« im »Karstadt«

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Ute Schellbach zeigt Hüte.                                                   Foto: pr

Aller guten Dinge sind drei! Und so wird auch der bereits seit zwei Jahren mit Erfolg statt-findende »NEMONA Pop Up Shop« zum dritten Mal im »Karstadt« am Hermannplatz einziehen und die aufregende Vielfalt der Neuköllner Jungdesigner präsentie- ren. Vom 12. bis zum 26. September werden ausgewählte Labels einen exklusiven Verkaufs- stand im »Karstadt« eröffnen und dort ihre aktuellen Kollektionen anbieten.  Die angebotene Mode ist sehr vielseitig und modern, dennoch durchgängig tragbar. Von legerer Tageskleidung über Accessoires und exklusivem Schmuck bis hin zur abendtauglichen Avantgarde ist für jeden Geschmack und Kunden etwas dabei. Viele der ausstellenden Designer arbeiten zudem mit ökologischen Stoffen und produzieren in und um Berlin zu fairen Bedingungen.
Die Modedesigner selber werden während der zwei Wochen selbstverständlich auch persönlich vor Ort und gerne für Gespräche oder Rückfragen bereit sein. 

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Die Vernissage ist am Samstag, den 12.September ab 11 Uhr im »Karstadt«, Erdgeschoss.

Auf Holz klopfen

»Designarbeit Berlin« macht schicke Möbel

Die Breite eines Aktenordners ist der Fixpunkt für das Möbelmodulsys­tem »Dao«, das je nach Raumgröße flexibel zusammengestellt und gestapelt werden kann. Entworfen hat es der Möbeldesigner und Diplom-Ingenieur für Architektur Dominik Sosna.

Regalsystem Dao
SYSTEM mit Köpfchen.                                                                                                                                                             Foto: ds

Bereits mit 18 Jahren entwarf und baute er sein erstes Möbelstück. »Ich hatte einen Schrank von einer bekannten schwedischen Firma, der sich in seine Einzelteile zerlegt hat. Genervt von diesem Pfusch beschloss ich, in Zukunft selbst Möbel herzustellen«, erklärt Dominik mit einem Lächeln. Auf Holz klopfen weiterlesen

Vino, arte e musica

Besser leben und trinken in der italienischen Weinbar »Lebe«

Die Lenaustraße mausert sich immer mehr zur internationalen Genussmeile. Zur Schnapsbar »Geist im Glas«, der spanischen Wein- und Tapasbar »Galatea«, der Weinhandlung »von Eisen« oder der italienischen Kneipe »Oblomov« gesellt sich nun – zwischen dem griechisch angehauchten Café »Myxa« und dem »Bad Koffee«-Cupcakeladen – noch die italienische Wein- und Kunstbar »Lebe« (kurz für »Lenaustraße Berlin«).

Lebe Davide+Mirko
DAVIDE, Mirko und das Pferd.                                                                                                                                           Foto: hlb

Die beiden Betreiber, Davide, studierter Agronom aus dem Friaul mit Berliner Restauranterfahrung, und Mirko aus Sardinien, haben sich im Kiez kennen gelernt. Ihre erste Weinbar verbindet moderne Schlichtheit mit Flohmarktgemütlichkeit: Dielen, dunkles Gestühl und die edle venezianische Stucco-Optik des Tresens treffen auf Bücherregale und Fundstücke wie 70s-Designerlampen, ein altes Radio, eine Schreibmaschine, einen Servierwagen oder ein großes Spielzeugpferd. Vino, arte e musica weiterlesen

Familiäres und Öliges aus Atalanti

Der »OLEA MARKT« importiert Kulinarisches aus Griechenland

Über die traurige Euro-Misere der Griechen wollen wir hier nicht reden. Vielmehr uns erfreuen an den Gaumengenüssen, die uns die Hellenen seit Langem feilbieten. Viele dieser feinen Lebensmittel bietet seit Mitte Juni der »Olea Markt« nahe dem Maybachufer an. Der Marktleiter Thomas Koch, ein in der Tat gelernter Koch, wollte zunächst einen veganen Imbiss eröffnen, besann sich dann zum Glück und schwenkte auf die Idee um, mit Unterstützung zweier langjähriger griechischer Freunde einen Laden mit ausgewählten griechischen Produkten zu eröffnen, die sich so in keinem Groß- oder Supermarkt finden.

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OH, diese Oliven.                                                                                                                                                                        Foto: hlb

Die Oliven, Pasten und kaltgepressten, teils bio-zertifizierten und zum Beispiel mit Rosmarin oder Fenchel aromatisierten Öle werden größtenteils direkt aus der zentralgriechischen Region Atalanti, circa 180 Kilometer nördlich von Athen, importiert. Dort lebt Makis, der Cousin der griechischen Freunde, inmitten weiter Olivenhaine mit seiner mit den örtlichen Bauern gut vernetzten Familie. Familiäres und Öliges aus Atalanti weiterlesen

Markus Kunz gibt Neukölln Pfeffer

Berlin hat seinen ersten Gewürz-Sommelier

Markus Kunz wurde die Liebe zu gutem Essen und Wein in die Wiege gelegt. Mit einer Mutter als Köchin und wöchentlichen Besuchen in der regionalen Molkerei in seinem Heimatort Bingen hatte er bereits als Kind einen sehr ausgeprägten Geschmackssinn.
Mit 16 Jahren verließ er die für ihn zu eng gewordene Provinz, getrieben vom Drang, Stadtluft zu schnuppern. Nach einigen Umwegen landete er 1984 in Berlin. »Es gab keine Sperrstunde und mehr Frauen als Männer in der Stadt.« Das reichte Markus Kunz erst mal, um in der Hauptstadt zu verweilen.

Gewürz
Markus Kunz (links) würzt wunderbar.                                                                                                                        Foto: mk

Nach Ausbildung, Betriebswirtschaftsstudium und Abenteuern in der Gastronomie und Hotellerie bekam er 2009 das Angebot, die Leitung der »s…cultur« in der Erkstraße zu übernehmen; ein integratives Konzept der AWO, um Menschen, die mit einem Handicap leben, Arbeitsperspektiven in einem professionellen Betrieb zu bieten. Markus Kunz gibt Neukölln Pfeffer weiterlesen

Paradiesvögel der Großstadtnacht

Bezaubernde »Damen« in der Tavestie-Show des TiK

In dem absolut kleinsten Theaterraum, den man sich nur vorstellen kann, wird dem Publikum des »Theaters im Keller« jede Woche der Kopf verdreht. Vor allem den Zuschauern der ersten Reihe, die definitiv keine Berührungsängste mit den Grazien auf der Bühne haben dürfen.

Theater im Keller Berlin travestieshow.info Travestie Schulmädchen
Schulmädchen im Kellertheater.                                                                                                                                        Foto: pr

Eine farbenprächtige Show, fliegende Kostümwechsel, eine Mischung aus kreativ performten Playbacks und beeindruckenden Live-Songs, moderiert und geleitet von Popo Chanel, einer in die Jahre gekommenen Diva die auf ihre alten Tage noch von Charlottenburg nach Neukölln gezogen ist. Paradiesvögel der Großstadtnacht weiterlesen

Olé! Antinéa!

Passion für Flamenco

Imposant steht Antinéa im Raum, alle Blicke sind auf sie gerichtet. Ein Augenaufschlag von ihr ist das Zeichen für den Gitarristen, mit der Musik zu beginnen. Es dauert nur wenige Momente, bis der Zuschauer im Bann der Flamencotänzerin gefangen ist. Ausdrucksstark von traurig bis wütend, dankbar bis glücklich, geraten die Gäste von einer Gefühlsexplosion zur nächsten.
Flamenco ist Antinéas Leidenschaft. Der Tanz ist genau genommen ein Tanz, der sich in Familienkreisen entwickelte, mit den Einflüssen der Wanderwege der »Gitanos«, die aus dem Punjab-Tal in Pakistan ab dem 11. Jahrhundert gewandert sind und im 15. Jahrhundert in Spanien, insbesondere in Andalusien, ankamen, wo sie bis heute unter Diskriminierungen leiden. Olé! Antinéa! weiterlesen

Klanginstallationen im »KINDL«

»Quiet Cue« bespielt das Kesselhaus

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Kitfox wurde abgehängt.                                                                                                                                                         Foto: fh

Nun ist es wieder leer, das Kesselhaus auf dem ehemaligen Gelände der Kindl-Brauerei. Still und heimlich wurde das kleine gelb-rote Sportflugzeug, das die letzten Monate dort im Rahmen der Kunst-Installation »Kitfox Experimental« des Schweizer Künstlers Roman Signer kopfüber von der Decke hing, wieder abgebaut und seiner ursprünglichen Bestimmung zugeführt. Laut Andreas Fiedler, Kurator des »KINDL – Zentrum für zeitgenössische Kunst«, fliegt es nun wieder über die Schweizer Berge. Klanginstallationen im »KINDL« weiterlesen

Verweile doch, du bist so schön

Bilder machen Augenblicke unvergänglich

Den besonderen Augenblick, den es lohnt festzuhalten, den suchte schon Faust und wollte dafür sogar seine Seele verkaufen. Soweit sind die Mitglieder der Karower Malgruppe vermutlich nicht gegangen. Unter dem Titel »Augenblicke festgehalten« zeigen sechs Malerinnen und ein Maler in der Helene-Nathan-Bibliothek ihre besonderen Momente.

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Impressionen von Beate Endrikat                                                                                                                                    Foto: mr

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Wie ein wunderbarer Wein

»Sommer im Park« erfolgreich wie nie

Körnerpark
Mini-Woodstock im Körnerpark.                                                                                                                                      Foto: mr

Sehr erfolgreich lief die Konzertreihe »Sommer im Park« im Körnerpark in diesem Jahr. Wäre sie ein Wein, würde sie sicherlich zu den besten Jahrgängen zählen.
Sowohl der Auftakt mit dem »Anatolian Jazz Orchestra«, das mit ihrer Kombination aus türkischer Musik mit farbenfrohen Jazzarrange- ments begeisterte, als auch der Abschluss von »More Town Soul«, die mit ihrem packenden Soul die Zuschauer zum Tanzen brachten, waren sehr geglückt. Zu den Highlights der Saison zählten der Auftritt der internationalen Band »Tiliboo Afrobeat« um den senegalesischen Sänger Omar Diop, die mitreißende irische Musik der »Barrelmen«, der Mix aus indischer Musik und Groove Jazz der Gruppe »Injun Biscuit Factory« um den indischen Sänger und Multiinstrumen-talisten Ravi Srinivasan und der afrokubanische Jazz von Fuasi Abdul Kahliq und seiner hochkarätigen Band. Wie ein wunderbarer Wein weiterlesen

Lust und Sound in der Hasenheide

Ein letztes Mal Freiluftkino

Bevor der Sommer sich langsam, aber sicher dem Ende nähert, gibt es bis zum 5. September noch die Möglichkeit, ins Freiluftkino in der Hasenheide zu gehen.
Der Film des Saisonfinales ist der dokumentarische Essay »B-Movie: Lust & Sound in West-Berlin 1979-1989« (Deutschland 2015, 92 Minuten, Regie: Jörg A. Hoppe, Klaus Maeck, Heiko Lange, Miriam Dehne).
Die filmische Collage, die aus Archivmaterial unterschiedlicher Körnungen, Formate und Beschaffenheiten besteht, daneben jedoch auch neu gedrehte Spielfilmsequenzen enthält, schafft ein chaotisch-faszinierendes Gesamtbild des West-Berlins der 1980er- Jahre. Dieses atemberaubende Bild inspiriert einen dazu, alles stehen und liegen zu lassen, um sich von nun an ausschließlich der Erfindung einer funktionierenden Zeitmaschine widmen zu können. Lust und Sound in der Hasenheide weiterlesen

Ein Schmetterling für Rio

Lisa Graf schwimmt in jeder Lage oben

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Schwimmstar aus Neukölln.                  Foto. pr

Sie schwimmt zweimal täglich drei bis dreieinhalb Stunden, steht um sechs Uhr früh auf und das sechsmal die Woche. Die eiserne Disziplin hat sich gelohnt für die 22-jährige Lisa Graf. Sie schwamm für die »SG Neukölln« bei der Weltmeisterschaft im russischen Kasan und erreichte dort den neunten Platz. Zwar verpasste sie knapp das Finale, doch stellte sie einen neuen Vereinsrekord in der »SG Neukölln« auf.
Ihr großer Traum sind nun die Olympischen Spiele im August 2016 in Rio de Janeiro. Zwar muss sie sich dafür bei den deutschen Meisterschaften im April 2016 qualifizieren, doch die Chancen stehen gut. Findet sie doch beim »SG Neukölln« optimale Trainings-bedingungen vor. Ein Schmetterling für Rio weiterlesen

Wildtiere im Großstadtdschungel

Die Stadt als Rückzugsraum für seltene Tiere

Füchse in Britz? Nicht nur deren angestammte Lebensräume werden kontinuierlich eingeschränkt oder zerstört. Stadtgebiete werden so zum letzten Rückzugsraum für Wildtiere. Alles Folgen einer stetig wachsenden Bevölkerung, der Industrialisierung und einer massiv maschinell betriebenen Landwirtschaft.

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Rhinokäfer                                                                                                                                                               Foto: rm

Auf engstem Raum bieten moderne Städte viele unterschiedliche Biotope. Wildtiere erobern diese immer mehr. Berlin besitzt ausgedehnte Parkanlagen, große, zusammenhängende Grünflächen und sogar Waldgebiete. Dazu gibt es reichlich Wasser, viele alte Friedhöfe, verwilderte Brachen und stillgelegte Bahnhofs- und Gleisanlagen. Das sind reichlich potenzielle neue und dazu noch pestizidfreie Lebensräume. Wildtiere im Großstadtdschungel weiterlesen

Herbstliches Gold

Die Kräuter, die helfen wenn es juckt

Goldrute
Goldrute.                                                           Foto: mr

Diese Jahreszeit heißt zwar Spätsommer, aber die Goldrute hat noch nie so früh geblüht wie dieses Jahr, also nenne ich diese Zeit Frühherbst.
Goldrute fand bereits im Mittelalter als »Wundkraut« Verwendung. Sie wird auch Unsegenkraut, Goldwundkraut, Gülden Wundkraut, Heidnisches Wundkraut, Heilwundkraut, Himmelbrand, Machtheilkraut, Ochsenbrot, Petrusstab, Pferdekraut oder Schoßkraut genannt. Sie dient zur Behandlung und Vorbeugung bei Harnsteinen und Nierengrieß, bei Reizblase sowie zur Durchspülung bei entzündlichen Erkrankungen der ableitenden Harnwege. Herbstliches Gold weiterlesen

Gute Fette für die Gesundheit

Omega-3-Fettsäuren

Jeder hat schon mal davon gehört, doch kaum einer weiß genau, was Omega-3-Fettsäuren eigentlich sind. Also: Das sind langkettige, ungesättigte Fettsäuren, die für unseren Körper essenziell sind. Zu den wichtigsten Vertretern gehören Docosahexaen­säure (DHA), Eicosapentaensäure (EPA) und Alpha-Linolensäure (ALA).
Essenziell bedeutet, dass der Körper diese Stoffe nicht selber herstellen kann, sie also mit der Nahrung aufnehmen muss. Und das ist auch sehr wichtig, weil sie unsere Gesundheit schützen. Sie sind Bestandteil von Zellmembranen und Augen, sind somit wichtig für Gehirnleistung und Sehkraft. Gute Fette für die Gesundheit weiterlesen

Petras Tagebuch

Begegnungen auf dem Fußweg

Ich könnte das Tagebuch wie im letzten Monat beginnen: »Mein Fahrrad ist geklaut worden. Das ist eine Ungeheuerlichkeit« … Und so ist es passiert. Vor Karstadt am Hermannplatz suchte ich in meiner Handtasche nach meinem Fahrradschlüssel für mein neues, es war nicht unbedingt mein Traumrad.
Als ich aufschaute, weil mir einfiel, dass ich den Schlüssel in meinem Schloss stecken ließ, war das Fahrrad weg. Gut, es scheint so, dass ich mit Fahrrädern gerade Pech habe.
Auf jeden Fall musste wieder ein neues Fahrrad her. In Anbetracht des Kontostandes wurde es ein gebrauchtes Rad. Petras Tagebuch weiterlesen

Immobilienhaie weiterhin auf dem Vormarsch

T27
Kunst und Kindertheater müssen Eigentumswohnungen weichen.                                                        Foto: fh

Dieses Mal trifft es den Körnerkiez

Der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen in der Thomasstraße 27 fallen auch zwei Institutionen zum Opfer, die das kulturelle Leben im Körnerkiez mitgeprägt haben.
Der »Kunstraum t27« hat in den letzten zehn Jahren in einem nicht kommerziellen Rahmen Kunst in verschiedenen Formen und Ausprägungen präsentiert. Fast genauso lange bietet das »Boom! Raum für Theater, Musik, Performance« Theaterkurse mit Schul- und Kitakindern aus dem Körnerkiez an. Beiden Mietern wurde nun von den Hauseigentümern gekündigt. Ende Oktober müssen sie aus ihren angestammten Räumen ausziehen.
Aufgrund der stark gestiegenen Gewerbemieten fällt es sowohl dem Betreiber des »Kunstraum t27«, dem »Kunstverein Neukölln e.V.«, als auch Elvira Möller, der Leiterin des »Boom!«, extrem schwer, in Neukölln neue Räumlichkeiten für ihre Projekte zu finden. Dieses Beispiel zeigt, dass in steigendem Maße nicht nur private Mietwohnungen, sondern auch alteingesessene Neuköllner Kunst- und Kulturschaffende und kleine Gewerbebetriebe von der zunehmenden Verdrängung in ihren Kiezen betroffen sind. Immobilienhaie weiterhin auf dem Vormarsch weiterlesen

Wahlkreise werden neu gestrickt

Das ist doch eine Neuigkeit, die erst mal ein Anlass zur Freude ist. Neukölln und Mitte erhalten für die kommende Legislaturperiode ein Direktmandat mehr. Friedrichshain-Kreuzberg und Tempelhof hingegen geben jeweils ein Mandat ab. Hintergrund ist der Zuzug von wahlberechtigten Bürgern, der diese Neuverteilung erforderlich machte.
Die Bezirke legen die neuen Wahlkreise fest. Und das birgt Zündstoff unter den Parteien. Der Wahlkampf 2016 hat bereits begonnen.
Auch die Personalfrage in den Parteien bei schwindenden Mitgliederzahlen darf gestellt werden. Gibt es genügend fähige und engagierte Parteimitglieder für den neuen Wahlkreis?
Es kann in den nächsten zwei Monaten noch interessant werden, wie sich die Wahlkreislandschaft strubbelt. Im September, das ist sicher, gibt der Senat die neu gestrickten Wahlkreise bekannt.

Petra Roß

Wohin, wenn der Weg weg ist

Schutzräume für demente Menschen

Ein älterer Mensch, der hilf- und orientierungslos auf der Straße unterwegs ist, landet meist bei der Polizei. Doch wenn die Identität des vielleicht Demenzkranken unklar bleibt, ist auch die Polizei hilflos und mit der Unterbringung völlig überfordert. Gerade jetzt im Sommer, wo es häufig zu Dehydrierungen kommt.
In den meisten Berliner Bezirken gibt es schon länger für genau diese Fälle ein Netzwerk aus Polizei und Einrichtungen, die dann bis zur Feststellung der Identität für die adäquate Unterbringung und Verpflegung der hilflosen Personen sorgen. Seit Mai hat endlich auch Neukölln eine derartige Kooperationsvereinbarung zwischen drei Neuköllner Einrichtungen und dem Bezirksamt Neukölln, die auf Initiative des »Geriatrisch- Gerontopsychiatrischen Verbunds Neukölln« (GGVN) zustande kam. Beteiligt sind das Wohin, wenn der Weg weg ist weiterlesen

BVV am Puls der Zeit

Beratungen über Spätis, Verwahrlosung und Standortverluste

»Rettet die Spätis!« Mit dieser Online-Petition setzt sich Christina Jurgeit dafür ein, dass Spätverkaufsstellen das gleiche Recht haben, an Sonn- und Feiertagen ihre Waren zu verkaufen wie Tankstellen und Bahnhofsläden. Denn gerade der Sonntag sei der umsatzstärkste Tag der ganzen Woche und für die meisten kleinen Läden überlebenswichtig. Mehr als 28.000 Unterstützer habe die Petition bereits, berichtete sie in der Einwohnerfragestunde der BVV am 15. Juli.

Freilufftrinker
Freilufttrinker in der Gropiusstadt.                                                                                                                                 Foto: mr

Aber auch für so genannte »Spätis« gelte das Ladenschlussgesetz, erklärte Bezirksbürgermeisterin Franziska Giffey in ihrer Stellungnahme. Das Bezirksamt fühle sich den geltenden Gesetzen verpflichtet. Behörden könnten »nicht darin unterscheiden, ob eine gesetzliche Bestimmung der gelebten Wirklichkeit entspricht oder nicht«. Daher habe das Ordnungsamt auch keinen Ermessensspielraum bei der Überwachung dieser Gesetze. Eine Lösung dieses Problems könne nur vom Gesetzgeber herbeigeführt werden.
Um »Verwahrlosungs­tendenzen in der Gropiusstadt« ging es bei einer großen Anfrage von Daniel Dobberke (CDU).Fixerbestecke seien dort in den letzten Jahren nirgendwo gefunden worden, konnte Franziska Giffey den Fragesteller beruhigen. Auch die Vermüllung sei in der Gropiusstadt deutlich geringer als beispielsweise in Nordneukölln. Im Übrigen lasse sich das Müllproblem nicht ausschließlich durch das Aufstellen zusätzlicher Müllbehälter lösen. Grundlegend sei die Einsicht der Menschen, den öffentlichen Raum als »gemeinsame Errungenschaft zu begreifen, mit der im Interesse aller respektvoll umgegangen werden muss«.
Gegen die so genannten »Freilufttrinker« dagegen könne so gut wie gar nicht vorgegangen werden, denn »Alkohol trinken in der Öffentlichkeit ist schlicht erlaubt«, erklärte sie. Für den Müll seien die ohnehin nicht verantwortlich, meinte Ursula Künning (Grüne). »Die werfen ihre Flaschen nicht einfach weg, schließlich wollen sie das Pfand haben.« BVV am Puls der Zeit weiterlesen

Starkes Neukölln!

Neuer Wahlkreis im Norden

Mit Beginn der neuen Legislaturperiode 2016 wird Neukölln um einen Wahlkreis reicher und wird daher mit mehr Kraft im Abgeordnetenhaus von Berlin vertreten sein. Statt wie bisher mit sechs werden sich dann sieben direkt gewählte Abgeordnete für die Interessen Neuköllns im Parlament einsetzen.

Blick über Neukölln
Über den Dächern von Neukölln teilen sich die Wahlkreise.                                                                       Foto: mr

Dafür gibt es einen Grund: Es ist der Zuzug von wahlberechtigten Menschen. Wahlberechtigt für das Abgeordnetenhaus sind Bürger, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, in Neukölln polizeilich gemeldet sind und die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen. Sicher ist, da der Zuzug von Wahlberechtigten vorwiegend in Nordneukölln stattfindet, dass der zusätzliche Wahlkreis auch dort entsteht. Wie die Neuköllner Parteien mit diesem neuen Umstand umgehen, ob sie sich freuen oder stöhnen, bleibt zunächst abzuwarten.
Auch der Bezirk Mitte wird um einen Wahlkreis reicher. Umgekehrt müssen Tempelhof und Friedrichshain-Kreuzberg je einen Wahlkreis abgeben. Friedrichshain-Kreuzberg ist dann nur noch mit fünf Direktmandaten im Abgeordnetenhaus vertreten.

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Vater, Mutter, Stasi

Angela Marquardts Versuch der Vergangenheitsbewältigung

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PDS-Punkerin.                             Foto: mr

Am Ende der DDR waren mehrere Tausend Kinder und Jugendliche so genannte »Inoffizielle Mitarbeiter« (IM) der Staatssicherheit. Sie wurden in Jugendclubs, Kirchen und Schulen angesprochen und zur Überwachung ihres sozialen Umfeldes eingesetzt. Ihre Aufgabe war es, Lehrer und Mitschüler, Freunde, Eltern oder Verwandte  auszuhorchen. Angela Marquardt war eine von ihnen.
Mit ihrem unkonventionellen Auftreten stieg die junge Punkerin nach der Wende rasch zum Jungstar der Linken-Vorläuferpartei PDS auf. Mit 24 war sie bereits stellvertretende Parteivorsitzende. 2002 dann der Absturz, als eine Stasi-Verpflichtungserklärung auftauchte, die sie mit 15 Jahren unterschrieb. Inzwischen ist sie SPD-Mitglied und Mitarbeiterin von Andrea Nahles.
Aber sie will nicht, dass die Stasi auch weiterhin ihr Leben bestimmt. Deshalb hat sie beschlossen, ihre Geschichte öffentlich zu machen. »Vater, Mutter, Stasi« heißt das Buch, in dem sie anhand ihrer Erinnerungen, ihrer Stasiakte und vieler anderer Dokumente erzählt, was aus ihrer Sicht damals wirklich geschah. Auf Einladung der Buchhandlung »Die gute Seite« stellte sie sich gemeinsam mit ihrer Co-Autorin, der Journalistin Miriam Hollstein, am 8. Juli bei »Kutschen Schöne« den Fragen ihrer Leser. Vater, Mutter, Stasi weiterlesen

Schwitzen statt Sitzen

Kleinstraftäter malen sich frei

Es sind eher kleine Vergehen, für die sie verurteilt wurden, und die Richter, vor denen sie standen, fanden eben nicht, dass sie in den Knast gehören. Mit Geldstrafen sollten sie ihre Schuld begleichen.Wer das aber nicht kann, für den bleibt dann oft doch nur die so genannte Ersatzfreiheitsstrafe, bei der der Verurteilte die »Tagessätze« absitzt. Das trifft die Mittellosen härter als die Verurteilten, die zahlungsfähig sind. Außerdem kostet es den Staat viel Geld und belegt knappe Haftplätze.

Albrecht Dürer Gymnasium
Neuer Anstrich für Schulen.                                                                                                                                                  Foto: mr

Die Alternative dazu ist, freiwillig unbezahlte, gemeinnützige Arbeit zu leisten. »Arbeit statt Strafe« heißt daher auch das Projekt, das bereits seit einigen Jahren im gesamten Bundesgebiet läuft und das auch von Justizsena­tor Thomas Heilmann (CDU) unterstützt wird. Denn die Berliner Justiz spart dadurch jährlich einen zweistelligen Millionenbetrag an Haftkosten. Schwitzen statt Sitzen weiterlesen

Von den Finanzen bis zum Freilandlabor

Michael Freiberg über seine Arbeit im Abgeordnetenhaus

FreybergLocker kommt er daher, dieser CDU-Mann aus dem Abgeordnetenhaus, Michael Freiberg. Seit 2011 ist er Mitglied des Abgeordneten-hauses von Berlin und vertritt die In- teressen der CDU als Sprecher im Hauptausschuss, als Mitglied im Ausschuss für Arbeit, Integration, berufliche Bildung und Frauen und als stellvertretender Vorsitzender im Unterausschuss für Vermögensverwaltung.
Der Hauptausschuss ist der wichtigste aller Ausschüsse, denn hier geht es ums Geld, der gesamte Berliner Haushalt wird hier erörtert. An ihm kommen weder der Senat noch die Fraktionen des Abgeordnetenhauses vorbei, vor ihm verteidigen die Bezirke ihre Etats. Die genehmigten Budgets werden dann dem Plenum zur Abstimmung vorgelegt. Mit Spannung erwartet Freiberg die Verteidigung des Neuköllner Etats, der von der frisch gebackenen Neuköllner Bürgermeisterin und Finanzstadträtin Franziska Giffey vorgetragen wird. Im September finden die erste und zweite öffentliche Lesung im Abgeordnetenhaus statt. Die genauen Termine werden in der Septemberausgabe bekanntgegeben. Von den Finanzen bis zum Freilandlabor weiterlesen

Pfiffe für die Besucher

Jana Treffler und Petra Roß besuchen die Jugendstrafanstalt Plötzensee (Teil 2)

Obwohl ich meine Kollegin am Tag zuvor darauf aufmerksam gemacht hatte, dass sie sich in Sack und Asche hüllen soll – sie ist einfach sehr jung und sehr schön –, wird uns beim Gang über den Hof auf dem Weg zu den Untersuchungshäftlingen aus den Zellen nachgepfiffen.
Dort angekommen erwartet uns ein Geräuschpegel, der unser Nervenkostüm beansprucht. In den alten Gemäuern echot der Tischfußball, der Hall der jungen Männerstimmen dröhnt im Kopf. Ein Justizvollzugsbeamter bestätigt, dass er am Abend immer mit Kopfschmerzen das Haus verlässt.

Knast
Voll vergittert.                                                                                                                                                                                   Foto: jt

Bei der Besichtigung einer leer stehenden Zelle springt uns die Trostlosigkeit an. Eine Pritsche, ein Minitisch mit Stuhl und ein Minisanitärbereich müssen dem Untersuchungshäftling genügen. Das Freitzeitangebot beschränkt sich aufs Warten. Es gibt kein weiterführendes Programm, keine Arbeit, nicht mal Sozialarbeit. Warum auch, wenn keiner weiß, ob der Untersuchungshäftling schuldig ist. Pfiffe für die Besucher weiterlesen

Neuköllner Alltägliches

Nachrichten aus dem »Neuköllner Tageblatt« vor 100 Jahren, bearbeitet von M. Rempe

NK_Tagblatt-Kopf

Nr. 179 – Dienstag,  3. August 1915
Unser Mädchen für alles. Am Sonntag vormittag wurde die Feuerwehr nach dem Grundstück Kopfstraße 9 gerufen. Dort war ein Pferd des Fuhrherrn Werk im Stalle umgefallen und vermochte nicht wieder auf die Beine zu kommen. Die Feuerwehr hob den Gaul in wenig Minuten auf.

Nr. 191 – Dienstag,  17. August 1915
Eckenstehen verboten. Das stellvertretende Generalkommando des 4. Armeekorps hat zum Schrecken aller Eckensteher und Müßiggänger eine Verordnung erlassen, wonach alle Männer, die keine Arbeitsgelegenheit haben, und die sich nichtstuend und faulenzend umhertreiben, von der Polizei festzunehmen und in eine Arbeitsanstalt zu bringen sind. In Halberstadt sind allein zwölf solcher Eckensteher festgenommen und nach dem Arbeitshaus in Seyda gebracht worden. – Sehr nachahmenswert! Neuköllner Alltägliches weiterlesen

Sanfte Laute und lautes Klampfen

»Schiller’s Gig« geht in die nächste Runde

Während draußen der Sturm tobt, entlockt an einem Samstagabend im »Schiller’s«, dort wo sonst die Billardkugeln rollen, Jihad Iraki seiner Kurzhandlaute zarte, beinahe hypnotisierende Melodien. Auf dem arabischen Traditionsinstrument improvisiert er, spielt Volkslieder und schneidet auch mal arabische Oldies an. Auf jeden Fall aber zieht er die Zuhörer in seinen Bann, die fasziniert lauschen und wegträumen.

Trucks im Schillers 2
Baustellenlärm der gehobenen Art.                                                                                                                                 Foto. pr

Nach diesem gelungenen Auftakt zum dritten »Schiller’s Gig« wurde es lauter, fetziger, rockiger: »Trucks«, eine Neuköllner Band, boten ihren Noiserock- Sound dar und die Menge tanzte. Den Schluss machte wieder die Band »Shackleton Way«, die mit ihrem Brit-Pop und -Rock dermaßen einheizte, dass bald die Polizei zum Mitfeiern auf der Matte stand. Zu ihrem Pech waren sie auf Streife und baten, wohl aus Neid, um Ruhe. Vielleicht können sie aber das nächste Mal dabei sein, wenn »Shackleton Way« zum Gig lädt oder wenn »Trucks« ihre Releaseparty feiern. Sanfte Laute und lautes Klampfen weiterlesen

Sag mir, wo die Gärten sind

Im Körnerpark

Passender hätte der Ausstellungsort nicht gewählt werden können. Denn es geht um Gärten in der Galerie im Körnerpark, am Rande eines der schönsten Parks in Neukölln. In Zeichnungen, Videofilmen und Skulpturen zeigen acht Künstler ihre Vorstellungen des Gartens als Ort des Verweilens, des Rückzugs oder auch der Inszenierung.
So zeigen die von Barbara Eitel geschaffenen farbenfrohen hölzernen Ornamente auf dem Boden den »Vorgarten« als Inszenierung eines erweiterten Wohnzimmers am Übergang zwischen dem privaten und dem öffentlichen Raum. Der Garten wird hier zu einer Form der Selbstdarstellung.

andere Gärten2
Holzkunst vor der Hütte.                                                                                                                                                         Foto: mr

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Moneypoliert

»Museum des Kapitalismus« klärt auf

Auf kreative Art und Weise präsentieren junge Leute im »Museum des Kapitalismus« in der Böhmischen Straße 11 ihre Sicht über die Funktion des Geldes und über die Vermögensverteilung. Trotz bescheidener Mittel gelang es dem Team, ohne Förderung eine interessante und für das Publikum interaktive Ausstellung auf die Beine zu stellen.

Kapitalismusmuseum
Unbezahlte Arbeit.                                                                                                                                                                      Foto: mr

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von Neuköllnern für Neuköllner