Unterstützung bei ungewollter Schwangerschaft
Das Telefon klingelt ungefähr dreimal am Tag, am anderen Ende der Leitung die Frage: »Könnt ihr mir helfen?« »Ciocia Basia« ist polnisch und heißt auf deutsch »Tante Barbara«. Dahinter verbirgt sich ein informelles Netzwerk aus Freiwilligen aus ganz Berlin, davon viele auch aus Neukölln, das ungewollt Schwangeren vor allem aus Polen, aber auch europaweit, Unterstützung bietet.
Bis 1993 galt in Polen ein Recht auf Abtreibung, seither haben sich die Gesetze verschärft. Heute hat Polen eines der strengsten Abtreibungsgesetze in Europa. Schwangerschaftsabbrüche sind strikt reguliert, nur wenn das Leben der schwangeren Person in Gefahr ist, wenn die Schwangerschaft Folge einer Straftat ist oder der Fötus genetische Schäden hat, darf sie durchgeführt werden. In der Praxis jedoch erlaubt eine Gewissensklausel Ärzten, selbst den gesetzlich legitimierten Abbruch zu verweigern oder auch nur eine Beratung zu geben.
»Ciocia Basia« wurde 2015 im Zuge der Verschärfungen des ohnehin schon strengen Gesetzes gegründet. Denn trotz Verboten finden Abtreibungen statt, aber unter sehr unsicheren Bedingungen. Die allesamt freiwilligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter helfen ungewollt Schwangeren, nach Berlin zu kommen, um hier einen sicheren und straffreien Abbruch vornehmen zu können. Ihr Credo ist, dass jeder Mensch das Recht haben muss, selbst über seinen Körper bestimmen zu können. Dazu gehört auch das Recht auf Abtreibung.
Schwangere jeden Alters und aus unterschiedlichen sozialen Situationen nehmen Kontakt per Mail, Facebook oder Telefon auf. Dann wird organisiert, wie sie nach Deutschland kommen sowie für Unterkunft, Dolmetscher*in und Beratungsgespräche gesorgt.Wenn nötig, werden alle Kosten übernommen. Die Gründe für einen Abbruch sind vielfältig. Mütter, die sich nicht um ein weiteres Kind sorgen können, Menschen in schlimmen Beziehungen sowie solche, die einen anderen Lebensentwurf haben, als gerade ein Kind zu bekommen. Für die Gruppe sind die Gründe aber nicht wichtig, wichtig ist die Unterstützung, die sie geben kann.
»Ciocia Basia« finanziert sich ausschließlich über Spendengelder. In Zusammenarbeit mit »Women Help Women« werden im frühen Stadium der Schwangerschaft Abtreibungspillen sowie auch Verhütungspillen per Post verschickt, denn auch die sexuelle Aufklärung versucht der polnische Staat dramatisch einzuschränken.
Im Dezember 2019 wurde das europaweite Netzwerk »Abortion without Borders« gegründet, mit Gruppen aus Großbritannien, Polen, den Niederlanden, Deutschland und weiteren Ländern, um besser grenzübergreifend Hilfe anbieten zu können. Denn alle sind sich einig, dass die eigene persönliche Entscheidung über den Körper ein Grundrecht ist, das es zu verteidigen gilt. »Mein Körper – meine Entscheidung.«
jr
Telefonisch immer erreichbar unter: 0152 10385680; Email: ciocia.basia@riseup.net; facebook: ciociabasiaberlin