Initiative kämpft für Erhalt des »Schiller‘s«
»Macht eure Profite Samwer else – aber nicht mit unserer Miete« steht in großen Buchstaben auf einem weißen Transparent. Unter diesem Leitspruch, welcher Widerstand gegen das aggressive Geschäftsgebaren der »Zalando-Brüder« auf dem Berliner Wohnungsmarkt ankündigt, haben sich an einem herbstlichen Sonntagnachmittag circa 60 Personen zu einer Kundgebung auf der Schillerpromenade versammelt.
Konkret geht es an diesem Tag um den Fall einer der hier anliegenden Kiezkneipen – dem »Schiller‘s«. Denn das Haus an der Ecke zur Okerstraße, in dem Waldemar Schwienbacher seit nunmehr zehn Jahren seine Gäste bewirtet, ist wie zuletzt viele andere Wohnobjekte in Berlin vor vier Jahren von einer Immobilienfirma der drei Samwer-Brüder, der »Aramis Immobilien GmbH«, aufgekauft worden. Als der alte Pachtvertrag der Eckkneipe in diesem Jahr auslief, gab es seitens der neuen Eigentümer keine Verlängerung, sondern die Kündigung. Dabei gilt das »Schiller‘s« im Kiez längst als Institution. An den urigen Tischen sind vor acht Jahren beispielsweise die ersten Pläne für das Volksbegehren gegen die Bebauung des Tempelhofer Feldes entstanden. Nicht nur deshalb wehren sich seit diesem August Gäste, Mieter und Anwohner, um sich als »Schillerinitiative« für den Erhalt des Ladens einzusetzen.
Unter dem öffentlichen Druck, der durch den Zusammenschluss entstanden ist, hat die neue Hausverwaltung Schwienbacher mittlerweile ein neues Mietangebot unterbreitet: Einen Zweijahresvertrag bei doppelter Pacht – kaum zu stemmende Kosten für ein Geschäft wie das »Schiller’s«, in dem die Getränkepreise nach wie vor moderat gehalten werden.
Deshalb will die Initiative weiterkämpfen, und zwar für mehr als nur eine Übergangslösung. Es sei nicht zu rechtfertigen, »dass Pacht schlichtweg Verhandlungssache ist« und »Gewerbetreibende aufgrund des unzureichenden Milieu- und Kündigungsschutzes mit ständigen Existenzsorgen leben«, beklagen die drei Initiatorinnen Frieda, Stephi und Jana am Abend der Kundgebung. Auch Susanna Kahlefeld (Grüne) fordert bessere rechtliche Grundlagen für Restaurants, Bars und vor allem Kitas. Außerdem sei es für Gewerbe im Kündigungsfall wichtig, das Bezirksamt mit einzubinden, um von dort Unterstützung einzuholen. Für Marlis Fuhrmann (Linke) seien »Forderungen nach Milieuschutz allein nicht ausreichend«, wie beispielsweise die hochpreisigen Neubaupläne des Karstadt-Gebäudes am Hermannplatz zeigen würden.
Ob sich jedoch in den kommenden zwei Jahren politisch wirklich etwas im Sinne des »Schiller‘s« bewegt, weiß momentan niemand – zu hoffen ist wohl eher, dass es durch den leidenschaftlichen Einsatz seiner Nachbarn und Gäste sowie der Schillerinitiative, doch noch zu einem längerfristigen Kompromiss kommt.
mf