Kiez-Institution kämpft trotz Räumungsklage weiter
Die Kiezkneipe »Syndikat« in der Weisestraße mitten im Schillerkiez gibt es seit 1985. Sie ist ein lebhafter Treffpunkt, sicher nicht mainstream, dafür ein Ort dringend benötigter, anerkannter und gelebter Kiezkultur.
Das Team des »Syndikat« hat seit dem 1. Januar 2019 keinen gültigen Mietvertrag mehr für seine Räumlichkeiten und zahlt artig die Nutzungsgebühr in Höhe der letzten Miete. Die Schlüssel sollten Anfang des Jahres an die »Deutsche Immobilien Management« (DIM) abgegeben werden. Stattdessen teilte das Team durch seine Anwälte mit, dass es gedenkt, auch die nächsten 33 Jahre vor Ort zu bleiben.
Um die Kündigung abzuwenden, hat das Team seit Sommer letzten Jahres etliches unternommen, um die Öffentlichkeit, Presse und Politik umfassend zu informieren.
Viele Aktionen – vom Kiezspaziergang, Infoständen, Kiez-Versammlungen bis zu regelmäßigen Mahnwachen und Socialmedia-Aktivitäten – erhöhten das Interesse und den öffentlichen Druck. Das Team vernetzte sich mit etlichen anderen Kiez-Treffs in Berlin, die sich in ähnlicher Situation befinden: »Drugstore« und »Potse« in Schöneberg, um nur zwei zu nennen.
Es wurde akribisch recherchiert, um den wirklichen Eigentümer, die »Pears Global Real Estate Germany« mit Hauptsitz in London, die sich hinter der luxemburgischen Briefkastenfirma »Firman Properties S.A.R.L« versteckt, ausfindig zu machen.
Diese wurde in London besucht, da sich Vertreter der Berliner Niederlassung der »Pears Group« bis heute jeglichen Gesprächen verweigerten.
Stattdessen erhielt das »Syndi« am letzten Donnerstag die Nachricht, dass die Anwaltskanzlei »Groß« im Namen der Briefkastenfirma am 14. Januar die Räumungsklage beim Landgericht Berlin eingereicht habe.
Nun wäre das »Syndi« nicht das »Syndi«, wenn das Team dies einfach so hinnehmen und in Schreckstarre verfallen würde. Es wird weiterhin kreative Aktionen geben, um zu informieren und zur Solidarität und Unterstützung aufzurufen. Diese gewachsene und anerkannte Kiez-Institution wird sich nicht leise weinend verabschieden. Sollte es überhaupt einen Abschied geben, dürfte dieser wütend, laut und leidenschaftlich werden.
In der letzten Info des »Syndikat« heißt es wörtlich: »Unser drohendes Ende ist kein Einzelfall, sondern Symptom einer völlig verkorksten Stadtpolitik, in der das Eigentum und die Rendite Weniger über den Bedürfnissen Vieler stehen. Selbst wenn wir es doch schaffen, das »Syndikat« zu retten, werden gleichzeitig viele andere dieses Glück nicht haben. Wir brauchen einen radikalen Wechsel in den Grundsätzen, nach denen Wohnen, Leben und Arbeiten in dieser Stadt funktioniert. Lasst uns gemeinsam 2019 zu einem Jahr der Entscheidungen machen. Und lasst uns gemeinsam dafür sorgen, dass diese Entscheidungen klar und deutlich ausfallen. Wir wollen eine andere Stadt, eine solidarische Stadt, eine Stadt von Unten.«
Auch viele Anwohner sind dieser Ansicht. Einer von ihnen sagte: »Ich kann euren Laden eigentlich nicht leiden, aber ich finde, ihr müsst bleiben.«
bs