Junge Autoren ringen um Preise und Verlage

Wichtigster Jungautorenpreis wurde im Heimathafen vergeben

Der »open mike« ist unbestritten der wichtigste Preis für junge Literatur.
Zwischen Händeschütteln und Visitenkarten, Lesungen wie Staffelläufen und ein wenig gegenseitigem Schulterklopfen dann vor allem: Ein Wettbewerb. Hier lesen, so der Gedanke, Deutschlands Literaten von morgen. Und vier davon tragen heute schon einen Preis in der Tasche.
Seit 2012 in Neukölln zu Gast, ist die Veranstaltung als Start in den Betrieb gedacht: Eine kleine Zahl an Lektoren wählt 20 Finalisten aus, deren Texte in einer Anthologie erscheinen und gelesen werden – nach den Lesungen ermittelt eine Jury aus drei prominenten Autoren drei Schreibende, die den jeweils auf 7.500 Euro dotierten Preis erhalten und zusätzlich den taz-Publikumspreis gewinnen können.
Abgesehen von den fünf Lesenden pro Block, die auf der Bühne sitzen und je fünfzehn Minuten lesen, ist alles betriebsartige Hektik: in den Pausen wird gleichzeitig geredet, gelesen, gegessen, geraucht, getrunken, fotografiert, interviewt, Bücher verkauft, Bücher gekauft und Kontaktdaten ausgetauscht, auch die Preisverleihung am Ende geschieht Schlag auf Schlag. Zwischen den Ablaufmodalitäten: Erkennbar bleibt, was und welchen Ton die Jury auszeichnen will, was die Lektoren begeisterte. Es sind 20 verschiedene, meist aufgeregte junge Menschen, die ihre Texte meist erstmals auf der Bühne lesen. Wer hier liest, kann die Aufmerksamkeit der Verlagshäuser und Medien erregen: Karen Duve, Terézia Mora und Tilmann Rammstedt gewannen seit dem Beginn des »open mike« 1993, weitere Finalisten wie Leif Randt wurden auch ohne Preis bekannt. Der Grund, warum Neukölln das dreitägige Literaturspektakel weniger beachtet, kann die Geschlossenheit der Szene sein, die mangelnde Werbung oder das fehlende Interesse daran, solche zu schalten – und weniger, dass man zum Besuch der Veranstaltungen bereits vor Sonnenuntergang gewaschen und angezogen sein muss.
Jeder Neuköllner, der sich ein Bild von den Texten und Autoren machen will, sei herzlich eingeladen, dass selbst zu tun: Alle Texte sind als Aufnahmen der Lesung online zu finden.

Lucas Strehle
www.haus-fuer-poesie.org/de/open-mike