Neuer Stolperstein in Britz

Der Leidensweg des Apothekers Adolf Mockrauer

Kurz vor dem 9. November 2017, dem Jahrestag der Reichspogromnacht von 1938, wurden 16 Stolpersteine in Neukölln gewaltsam entfernt und verschwanden. Daraufhin kam es zu einem überwältigenden, lokal nicht begrenzten Spendenaufkommen, was bereits am Beginn des Folgemonats die Neuverlegung aller Gedenksteine ermöglichte. Aus den übrigen Spenden entstand ein Fonds, der auch Mittel für die Verlegung neuer Gedenksteine in Neukölln bereit stellt. Mit dieser deutlichen Gegenreaktion hatten die Gedenksteinschänder sicher nicht gerechnet.

Haus der ehemaligen Albrecht-Dürer-Apotheke.                                                                                     Foto: rr

Einige Spenden waren sogar mit dem Wunsch verbunden, einen Stolperstein für den damals sehr beliebten jüdischen Apotheker Adolf Mockrauer aus Britz zu verwenden, den die NS-Rassenpolitik nahezu mittellos erst ins Exil und dort dann in den Tod trieb. Seine »Albrecht-Dürer-Apotheke« führte er ab 1927 sehr erfolgreich in einem Neubauabschnitt der Großsiedlung Britz.
Sein Leidensweg begann 1935 mit der Kündigung seines Mietvertrages und seiner im gleichen Haus befindlichen Wohnung. In der »Reichskristallnacht« misshandelten ihn Schlägertrupps und verwüsteten die Apotheke. Anfangs hoffte er noch, sein Geschäft durch Verpachtung an seinen nichtjüdischen Mitarbeiter retten zu können, jedoch Anfang 1939 verloren alle jüdischen Apotheker ihre Kassenzulassung, und noch im gleichen Jahr wurde Juden auch jede pharmazeutische Tätigkeit verboten.
Um sein Leben fürchtend, gelang dem Apotheker gerade noch die – anfangs noch politisch gewollte – Auswanderung (ab Januar 1941 dann unmöglich) unter rassisch motivierten Restriktionen, die zu einem fast vollständigen Vermögensverlust führten. Ohne Sprachkenntnisse und fast mittellos erreichte er das chilenische Exil, wo aber seine akademischen Abschlüsse inzwischen nicht mehr anerkannt wurden. Zudem landete er in einer Stadt, in der früh ausgewanderte, nun mehrheitlich mit Hitler sympathisierende Deutsche lebten, die ihn weiter ausgrenzten. Somit schien ihm ein Neuanfang unmöglich, worauf er sich aus Verzweiflung wenig später das Leben nahm.

rr
Am 16. Juni 2018 lädt die Anwohnerinitiative »Hufeisern gegen Rechts« zur Verlegung eines Stolpersteins für Adolf Mockrauer ein. Beginn 13:30 Uhr vor dem Haus und der ehemaligen Al­brecht-Dürer-Apotheke, Buschkrugallee 179.