Gletschersterben in Britz

Eine Institution soll weichen

Wieder droht aus Britz Geschichte zu verschwinden. 2001 musste der »Buschkrug«, ein 1385 gegründetes Gasthaus, einer Straßenverbreiterung weichen. Dann wurden die beiden Sendetürme des RIAS einfach weggesprengt.
Das frühere Dorf Britz hat mit dem ehemaligen »Britzer Gutshof«, der Dorfkirche, der alten Schule und dem Schloss ein fantastisches, denkmalgeschütztes Dorfkernensemble. Warum die ehemalige Zahlstelle und der Krämerladen für die Tagelöhner des Gutes direkt am Britzer Dorfanger nicht dazugehört, bleibt fragwürdig.

»Gletscher«-Publikum in alten Zeiten.                                               Foto: Archiv des Museums Neukölln

Wann das Gebäude an der Ecke Alt-Britz und Fulhamer Allee errichtet wurde, bleibt unklar. Dass es sich ab 1872 immer mehr zur Schankwirtschaft wandelte, ist dagegen belegt. Ab 1900 wurde aus dem »Weiss und Bairisch Bier Local« der »Gletscher«, der weit über Britz hinaus beliebt war, auch seines Biergartens wegen. Hier wurde traditionell nach dem Besuch der weitläufigen Britzer Rosenfelder oder während des alljährlichen stattfindenden Rosenfestes eingekehrt. Das blieb auch so, als nach der Isolation West–Berlins zu Zeiten der DDR die »Britzer Baumblüte« zum Werderersatz avancierte.In Britz war der »Gletscher« immer eine Institution, auch als dort zuletzt überwiegend mexikanisches Essen angeboten wurde. 2015 zerstörte ein Feuer das Gebäude erheblich. Ebenso notdürftig wie lieblos geschützt ist es seitdem dem Verfall überlassen. Nicht nur die Initiative »Wohnen in Nachbarschaft – Britz« um Lothar Wolf will verhindern, dass auch dieses Traditionsgebäude weggerissen wird. Auch der Britzer Bürgerverein sammelte 150 Unterschriften zum Gletschererhalt und übergab sie Jochen Biedermann, Stadtrat für Stadtentwicklung.
Auf Einladung der Britzer Initiative erschien vor Kurzem Fritz Felgentreu, Bundestagsabgeordneter der SPD, zum Lokaltermin und signalisierte Unterstützung. Diese Signale kamen, allerdings per E-Mail, auch von der CDU, den Grünen und der Linken. Hoffnung keimte, als es hieß, ein Dringlichkeitsantrag zum Gletschererhalt (DRS 0281/XX) würde noch vor der Sommerpause der BVV Neukölln verhandelt werden.
Dieser Eilantrag hängt zwar weiterhin an jener Einladung zur BVV, war aber in der Sitzung selbst zu keiner Zeit ein Thema. Wer hier und warum blockierte, bleibt ohne eindeutige Information nur Spekulation. Fest steht, der Verfall des »Gletschers« geht also weiter.

rr