Tabak mit Herz

Stammkundengespräche im Zeitungsladen

Ul Gerock vor ihrem Laden.                                                                                                                                 Foto: jr

Einige werden ihn kennen, den kleinen Tabak- und Zeitungsladen am Anfang der Anzengruberstraße – es gibt ihn nun schon mehr als 30 Jahre. Ul Gerock kaufte ihn 2005 von einem pensionierten Polizisten und einer Hobbyladenbesitzerin. Sie arbeitete in einem Kopierladen in Steglitz – auf der anderen Straßenseite war so ein Tabakladen, den sie immer ganz gemütlich fand. Nun fand sie die Anzeige im Bezirksblatt, die beiden damaligen Besitzer wollten verkaufen. Und sicher war: »Wenn, dann auf jeden Fall Neukölln.« Am Anfang wusste Ul gar nicht, wie lange sie das machen möchte, nun sind es bereits zwölf Jahre, »ganz schön viel Leben ist das, was man mitbekommt, Kinder werden erwachsen und andere altern…«Die Kundschaft hat sich ganz schön verändert, sagt sie weiter, früher war der kleine Laden eher ein Rentnerschuppen, jetzt kommen auch viele junge Menschen. Es gibt zu 80 Prozent Stammkunden, bei denen sie genau weiß, welche Zeitung sie haben möchten oder welche Zigarettenmarke, »für manche Kunden sollte man immer zwei Stangen einer bestimmten Marke im Lager haben.« Sie hat fast immer ein offenes Ohr, die Stammkunden erzählen viele Geschichten, sie versucht sich immer zu merken, was sie beim letzten Mal erzählt haben.
Das schönste ist für Ul, dass es diese Bank vor dem Laden gibt, auf der es sich zwischendrin wunderbar sitzen lässt – sie grüßt jeden zweiten Menschen, der auf dem Bürgersteig vorbeigeht, und alle grüßen zurück. Während des Gespräches geht es im Laden zu wie in einem Bienenstock, und in der Hoffnung, dass Ul und ein richtiger Tabak-, Zeitungs- und Lottoladen uns noch lang erhalten bleibt, wird noch eine Zigarette in der Sonne geraucht.

jr