Einsatzbereit in vier Minuten
Wenn es in ländlichen Gebieten oder kleinen Gemeinden brennt, hilft dort immer die Freiwillige Feuerwehr. Was nur wenige wissen, auch in der Millionenstadt Berlin gibt es neben der Berufsfeuerwehr gut organisierte Freiwillige Feuerwehren in allen Bezirken. Ihre rund 1.400 ehrenamtlichen, gut ausgebildeten Mitglieder sind ständig dienstbereit. Die Freiwilligen unterstehen der Berufsfeuerwehr, sind daher gleich gekleidet und ebenso ausgerüstet. Was unterscheidet sie also von den hauptberuflichen Helfern?
Das erklären Wehrleiter Björn Zirkel von der Freiwilligen Feuerwehr Rudow und Gudrun Nägeler, die Vorsitzende des Fördervereins, der die Wehr unterstützt.
Rudow hat eine lange Ortsgeschichte als märkisches Dorf. Die Eingemeindung in die Großgemeinde Berlin 1920 hat zwar baulich das Dorf Rudow fast verschwinden lassen, verändern konnte das aber den bis heute lebendigen Dorfgemeinschaftscharakter kaum. Wohl deshalb gibt es noch immer die 1904 gegründete Freiwillige Feuerwehr Rudow. In Zeiten der Teilung Deutschlands sollten ursprünglich alle im ehemaligen Westteil Berlins etablierten Freiwilligen Feuerwehren abgewickelt werden. Doch schnell wurde erkannt, dass die Berufsfeuerwehr die an sie gestellten Anforderungen nicht immer ausreichend erfüllen konnte.
2016 feierte die Freiwillige Feuerwehr Rudow ihr 112. Jubiläum. Sie ist damit vermutlich die älteste, noch immer aktive Bürgerinitiative dieser Stadt. Momentan sind vier Frauen und 36 Männer in ihr aktiv. Vorgebildeter Nachwuchs kommt, dank einer engagierten und guten Jugendarbeit, oftmals auch aus den Reihen der 1981 gegründeten Jugendfeuerwehr, in der drei Mädchen und 23 Jungen sich schon früh für alles rund um den Brandschutz interessieren.
Für die Einsatzbereitschaft rund um die Uhr opfern die Ehrenamtlichen mehr als nur ihre Freizeit. Für diesen Dienst am Bürger nehmen sie Belastungen ihrer Familien, ihrer Arbeitgeber und für sich selber gern in Kauf. Die stetig wachsende Komplexität und Technisierung unseres Alltags lassen es schon lange nicht mehr zu, mal so eben und nebenbei einen Brand zu bekämpfen oder gar Leben zu retten.
Zum Ehrenamtsalltag gehört heute auch die dauernde Bereitschaft zum regelmäßigen Training, nicht nur an den Fahrzeugen und Geräten, sondern ebenso für die eigene Fitness. Dazu kommen Schulungen und regelmäßige Fortbildungen, ebenfalls ausschließlich in der Freizeit. Nur so sind die gesetzlich festgelegten Vorgaben zu erfüllen. Diese sehen unter anderem vor, dass vom Alarmeingang bis zum tatsächlichen Eintreffen am Einsatzort nicht mehr als zwölf Minuten vergehen sollen.
Früher rief ein Hornsignal die Truppe zum Einsatz. Rudow hatte drei Alarmhörner. Eines besaß der Wehrleiter und zwei weitere waren in zentralen Dorfgaststätten deponiert, wie dem »Alten Krug«, der ältesten Gaststätte Rudows. Heute heult keine Sirene mehr. Der Alarm erfolgt jetzt über kleine, mobile Geräte. Wird ein Alarm ausgelöst, muss dieser innerhalb von vier Minuten »abgemeldet« werden. In dieser Zeit muss eine Einsatzkraft aus dem Bett, vom Kaffeetisch, dem Samstagsvormittagseinkauf oder seltener vom Arbeitsplatz weg sein, um dann noch innerhalb dieser Zeitspanne auf der Wache die Schutzkleidung angelegt zu haben und mit der geforderten Ausrüstung ausrücken zu können. Die »Freiwilligen« schaffen das.
Die Freiwillige Feuerwehr Rudow hat, was nicht selbstverständlich ist, den Typ A Status, also einen eigenen Ausrückebereich, in dem sie vorrangig Rettungseinsätze mit dem eigenen Wagen (RTW) absolviert. Zu Bränden geht es nur in fünf Prozent der Einsätze. Der eigene Ausrückebereich umfasst im Wesentlichen das südliche Rudow. Das bedeutet aber nicht, dass sie nicht auch schon einmal in die Gropiusstadt oder in das nahe Berliner Umland ausrücken. Ungeachtet, ob Berufs- oder Freiwillige Feuerwehr, im Alarmfall ermittelt der Zentralcomputer der Berliner Feuerwehrleitstelle, welche Wache ein erforderliches Fahrzeug einsatzbereit hat und dazu am schnellsten am Einsatzort eintreffen könnte. Genau das wird eingesetzt. Damit ist sichergestellt, dass je nach Bedarf schnellstmöglich Hilfe bereitgestellt werden kann.
Für Einsätze der Freiwilligen gibt es eine Aufwandspauschale von 3,50 Euro pro angefangener Einsatzstunde. Es gehört schon viel Idealismus und Liebe zur Tätigkeit dazu, für andere stets bereit zu sein und sogar sein Leben einzusetzen. Da hilft die besondere Kameradschaft in der Wehr und die Anerkennung der geleisteten Hilfe, dabei zu bleiben. Das fällt nicht immer leicht, besonders wenn dadurch auch die eigene psychische Belastung zum Trauma wird. Dafür gibt es die regelmäßigen Nachbesprechungen und, falls erforderlich, auch professionelle Hilfe.
Es ist nicht so, dass die Feuerwehren stets aus dem Vollen schöpfen und frei agieren können. Oftmals greift die Bürokratie unnötig belastend in die gewohnten Abläufe ein. Dabei wächst zunehmend die Anzahl der Aufgaben, die übernommen oder erfüllt werden sollen. Auflagen und Einsparungen seitens des Staates verzögern oder bremsen schon mal anstehende notwendige Investitionen. Dass so etwas dann nicht immer die eigene Tasche belastet, dafür sorgt bei den Rudowern erfreulicherweise ein ihr nahestehender Förderverein. Dessen Ziel ist, durch seine Mitgliedsbeiträge oder über Spenden der Wehr auch schon einmal finanziell zu helfen, beispielsweise indem Stirnlampen für die Helme, die die Sicherheit verbessern, vom Verein gekauft werden.
Ohne viel Aufhebens, dafür mit echtem Können und Engagement verrichten alle Wehren, nicht nur die Frauen und Männer der Freiwilligen Feuerwehr Rudow, täglich ihren Ehrenamtsdienst. Noch signalisiert diese Bereitschaft zur Hilfe deutlich die Feuerwehrpuppe in voller Montur auf dem Dach der Rudower Wache. Hoffen wir, dass es auch morgen noch dieses Ehrenamt gibt und sie ausrücken können und wollen, wenn echte Feuerwehrhilfe von Nöten ist. rr