Gar nicht so (frei)wilder Gastrostart

Burger und Berserker im braven Shishaloungeambiente

Freitagabend an der Hermann- Ecke Silbersteinstraße. Ein Flyer mit Totenkopflogo, der Burger, Spareribs, »Musik und Klamotten in Verbindung mit leckeren Drinks in rockiger Atmosphäre« versprach, hatte uns ins im September eröffnete »Schröder’s« gelockt. Zudem spielte hier und heute eine famose Johnny-Cash-Tribute-Band. Ein kerniger neuer Rockschuppen in dieser Ecke, mit Ami-Food und coolen Bandshirts – warum nicht?

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NICHT in Lichtenberg.                                                                                                                                                             Foto: hlb

Ganz so rockend und törnend war der erste Eindruck aber nicht. Die Einrichtung eher nobel, mit sauberen Backsteinwänden, gefliesten Böden, Flachbildschirmen und Glastüren zum Raucher-/Konzert-/Kickersaal – offensichtlich, dass hier vorher ein Shisha-Laden und eine Cocktailbar waren. Der Eingangs- und Tresenbereich fungiert auch als Merchandiseladen »Rock’n’Schröder« – mit Shirts und Silberlingen weniger Bands namens »Unantastbar«, »goitzsche front« oder den erfolgreichen Tirolern »Frei.Wild«. Mmh, speziell – und etwas irritierend.Aber gewohnt unvoreingenommen, hungrig und durstig erst mal ein Bier der Hausmarke und einen der diversen Burger (hier wird wohl von einem der Potsdamer »GrillGut«-Macher gebraten) auf der Speisekarte bestellt. Das Serviceteam gibt sich familiär und hemdsärmelig, wirkt jedoch noch etwas unlocker. Der Burger ist konkurrenzfähig und saftig, das Bier, dafür dass uns in der kurzweiligen Getränkekarte eine Seite Bierkunde gelehrt wird, so naja. Amüsant, wie sich die Versicherungsagentin des »Schröder’s« auf der Rückseite der »1. Auflage« der Getränkekarte präsentieren darf. Ist das Rock’n’Roll?
Omnipräsenter Chef des Lokals ist Steffen Schröder, kräftiger rotbärtiger Sänger der Band »Berserker Berlin«, die den manch reizwortgespickten Texten nach zu urteilen, in der nach rechts offenen Szene des metallharten Deutschrock bekannt ist, und der sich nach überstandener Krankheit auf die Comebacktour seiner Gruppe wie über seinen unternehmerischen Neueinstand freut. »Frei.Wild«-Supporter treffen sich gern hier bei ihm und die frühen (Böhsen) »Onkelz« mag man sowieso sehr.
Ein bisschen viel betonte Treue, Ehre und Ehrlichkeit umweht das Schröder-Konzept. Aber: »Wir lieben sämtliche Kulturen und Subkulturen«, heißt es auch auf der Website. Die Schröder-Familie liebt auch vieles andere, backt und bastelt für bedürftige Kinder … die Welt ist ziemlich heil im kleinen Schröder-Universum.
Wer den Reiz eines nicht ganz runden Konzeptes zwischen nicht wirklich rebellischem, fast etwas piefigem Metalstolz, Livemusik und US-Food in gediegenen Räumen erleben möchte, fahre hierher. Wer es richtig deftig, gemütlich und herzlich haben möchte, findet Besseres. Zumindest ein um Offenheit bemühter, noch friedlicher Ort nicht nur für Hobby- und Heimatberserker und Mitglieder und Interessierte der Grauzonenszene.hlb
Schröder‘s, Silbersteinstr. 63, Di. – So. 12 – 23, Fr./Sa. – 2 Uhr, www.berlin-schroeders.de, Facebook: schroedersberlin