Geschichten der Diskriminierung aus Paris und Berlin
Die Sinti und Roma in Frankreich und Deutschland sind tatsächlich ein vergessenes Volk — ein Volk dessen Würde und Rechte missachtet werden und dessen Existenz am liebsten komplett geleugnet werden würde. In Frankreich wird seit Jahren eine drastische Politik der Diskriminierung und Ausgrenzung gegen Roma gefahren, von linker wie rechter Seite, und es scheint ein großer Konsens über die Unvereinbarkeit der Lebensweisen zu herrschen.
Auch in Deutschland sind antiziganistische Beleidigungen und Angriffe überall präsent, so Merdjan Jakupov, Vorstandsvorsitzender von »Amaro Foro e.V«, einem Jugendverband von Roma und Nicht-Roma mit Sitz in Neukölln. Dieser veröffentlichte im Mai die Auswertung der Dokumentation von Antiziganismus in Berlin 2015 (zum Download unter www.amaroforo.de), mit Fallbeispielen bei Behörden, im Arbeitsleben, in der Schule oder bei der Polizei.Doch Roma sind und waren nicht immer nur passive Opfer. Diesem Bild widerspricht der »Roma Resistance Day« am 16. Mai, dem Jahrestag des erbitterten Widerstands der Roma im KZ Auschwitz-Birkenau gegen ihren Abtransport in die Gaskammern. Eine Veranstaltung in der »Werkstatt der Kulturen« am 17. Mai sollte sich dieser von der Wissenschaft, der Politik und den Medien vernachlässigten Episode der Geschichte annähern und dadurch den Kampf der Sinti und Roma für ihr Überleben und ihre Freiheit bekannter machen. Auch in Paris wurde mit der »Fête de l’insurrection gitane« dieses Tages gedacht. In St.-Denis kamen Roma und Nicht-Roma zusammen, um für den aktiven Widerstand gegen Diskriminierung und Ausgrenzung einzutreten.
Weniger kämpferisch, aber genauso wichtig für den interkulturellen Austausch sind Veranstaltungen wie das »Herdelezi Kulturfestival«, das seit einigen Jahren Anfang Mai die Boddinstraße belebt. Wenige Bevölkerungsgruppen sind so mit Klischees behaftet wie die Roma, von rassistischen Vorurteilen bis zur folkloristischen Verklärung. Diese gilt es abzubauen, in Paris ebenso wie in Neukölln.
jt