Fleischer hat den Blues von West-Berlin

Als der Punk aus Neukölln kam

MDK Promofoto
HAUPTVOGEL und sein MDK.                                                                                                                                         Foto: hlb

Fleischer kommt Ende der 70er als verliebter, drogenfreudiger Wehrdienstflüchtling aus Bremerhaven nach West-Berlin. Der ersten Kommune entronnen, zieht er in die Bürknerstraße 2 ins Hinterhaus; ein Zimmer mit Ofenheizung und Küche und Badkammer. NK 44. Miete 180, Ablöse 1.000 D-Mark. Ohne Quittung. Das in Fraktur geschriebene Emailleschild »Füsse abtreten!« am Treppenabsatz glänzt blitzeblank. »Klays Getränkeshop – Hier lacht der Durst!« und »Kartoffel-Krohn« sind vis-a-vis, der »Pigalle«-Puff fußläufig.Fleischer lernt von hier aus die Stadt kennen, verkehrt in heute legendären Institutionen und drückt dort die Schulbank fürs Leben – als Punk-Musiker, Drogen-Dealer, politischer Aktivist und Liebhaber. Er trifft Persönlichkeiten wie »Kippi« Kippenberger, Salomé, Blixa Bargeld oder Jacky Spelter.
Autor, Musiker und Ex-Gastronom Volker Hauptvogel lässt in »Fleischers Blues« die Stimmung und das Lebensgefühl einer einzigartigen Epoche aufleben, die geprägt war durch eine politische Ausnahmesituation, kalt und hart und doch mitreißend. Der in Kreuzberg lebende Bonvivant Hauptvogel greift für diese Geschichte auf viele autobiografische Momente zurück, war er doch selbst Mitbegründer einer der ersten Punk-Bands Berlins, des »Mekanik Destrüktiw Komandöh« (MDK).
»Wer dabei war, wird sich wehmütig an das ein oder andere erinnern. Wer nicht dabei war, wird staunen«, sagt Ex-«Trio«-Sänger Stephan Remmler über Hauptvogels neuen Roman. Das authentische, liebevolle, radikal-humorvolle Zeitbild und Who is Who des sozialen Biotops West-Berlin ist Mitte März als Hörbuch erschienen, in cool-sprödem Ton gelesen von Schauspieler Guntbert Warns, mit Gastauftritten von Remmler. Das Hörbuch breitet ein detailreiches Kaleidoskop der hedonistischen Frontstadt aus. Hauptvogels Held Fleischer tanzt durch Zeit und Raum, als gäbe es kein Morgen, immer auf der Suche nach sich selbst und dem nächsten Bier. Ein Hörbuch wie ein langer, eindrucksvoller Abend am Tresen. 

hlb
Volker Hauptvogel »fleischers blues«,
4 CDs, Deutsche Grammophon Literatur, UPC 0602547321671, 19,99 €