Was ein herrlicher Schmarrn!

Süddeutsche Wohlfühlküche im »Schwammerl«

Nun gibt’s in Neukölln auch noch die besten Schnitzel. Vom Kalb, mit frisch gehobeltem Meerrettich auf der krossen Breznpanade und dazu süßsenfiger Kartoffelsalat mit Kürbiskernöl. Bayrische und österreichische Spezialitäten ohne Brauhausspießigkeit hat sich das »Schwammerl« seit Oktober auf die Bretterl geschrieben.

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BROTZEIT is.                                                                                                                                                                                  Foto: hlb

Die jungen Betreiber, Betriebswirt Julius Fichtl und Koch Fabian Zweimüller, der schon im »Adlon« lernte und in der gegenüberliegenden »Beuster Bar« kochte, kennen sich seit Teenagertagen. Die Oberbay­ern haben ihre Kreativität gebündelt. In der Weichselstraße 55, die schon eine Metzgerei, einen Club und zuletzt ein Büro samt Möbellager beherbergte, überzeugten sie die Hausverwaltung wider einige internationale gastronomische Mitbewerber mit ihrer »bayrischen Story«. Und der Philosophie, der Kiez brauche »neu und mit Stil« präsentierte bayrische Küche.
In drei Monaten renovierten die beiden Eichstätter die Räume, bauten neue Böden, neozünftige Holzbänke und Tische, Buntglaslampen und einen mächtigen Rücktresen und malten und sprühten zum Schluss gar noch keck ein abstraktes Farbkunstwerk an die Rückwand. Und schufen so ein zeitgeistiges Bar-Restaurant-Ambiente, mit Kunstgefühl und doch rustikal.Die Karte erfreut mit beliebten Klassikern wie Kässpätzle, Saftgulasch und Kaiserschmarrn – doch sind sie ein wenig leichter, mit neuen Rezepten, etwas anderen Gewürzen und Beigaben interpretiert. Der Obatzda ist reichlich cremig-flüssig, doch ungemein würzig. Der tiefe Teller Leberknödelsuppe kommt mit einem stattlichen Semmelleberknödel, der gemischte Salat mit gebratenen Semmelknödelstreifen. Und wem beim Stolz des Hauses, dem Zwiebelrostbraten (vom paraguyanischen Edelrind) mit Bratkartoffeln nicht das Augustiner vom Fass im Munde zusammenläuft, der ist wohl ein Fischkopp, Kostverächter oder Vegetarier – der hier natürlich auch, etwa mit Schwammerln in Form von Wildpilzgulasch, knödelnderweise glücklich werden kann.
Monatlich wechselt die Karte um saisonabhängige Gerichte – oder flotte Ideen wie dem neuen Leberkäseburger. Dessen Erfolg wohl auch dem ab Mai geplanten wochenendlichen Weißwurstfrühstück prognostiziert werden darf. Nach Küchenschluss wird die moderne Hütt’n zur Bar – mit Longdrinks aus hausgemachten Limos, Gutmann Weizen (bei dieser Brauerei arbeitete Julius schon als Junge) und einer durchdachten, süddeutsch-österreichischen Weinkarte.
Bayrisch geht also auch unkrachledern und höchst geschmackvoll. 

hlb
Schwammerl, Weichselstr. 55, Mi. – Mo. 18 – 3 Uhr, Küche bis 23 Uhr, http://schwammerl-berlin.de, Facebook: schwammerlberlin