Graphic-Novel-Künstler erzählen Geschichten aus der NS-Zeit
Für junge Menschen rückt der Holocaust in immer weitere Ferne, denn es gibt kaum noch Zeitzeugen, die aus eigener Erfahrung über den Nationalsozialismus und seine Verbrechen berichten könnten. Rassismus und Antisemitismus sind jedoch immer noch virulent. Deshalb wird es immer dringlicher, nach neuen lebendigen Konzepten der Erinnerung zu suchen, die junge Menschen ansprechen.
Mit dem Projekt »Redrawing Stories from the Past«, das derzeit in der »Galerie im Saal- bau« zu sehen ist, haben sich fünf Graphic-Novel-Künstler aus verschiedenen Ländern Europas sowie Schüler aus Chemnitz und Serbien daran gemacht, die gemeinsame Vergangenheit zu erforschen und auf zeitgenös-sische Weise mit den Mitteln des Comics darzustellen.
Die Ausstellung zeigt den Weg des Projekts in drei Phasen. Am Anfang stand die Diskussion. Die Erinnerungen der europäischen Länder sind vielfältig und unter-schiedlich. Wie also könnte ein »europäisches Gedächtnis« aussehen?Im zweiten Schritt geht es um die Recherche. Das Bildmaterial, das in Geschichtsbüchern zur Verfügung steht, ist in der Regel aus der Täterperspektive entstanden. Die Projektteilnehmer haben es sich dagegen zur Aufgabe gemacht, anhand von Fotos, Filmen, Dokumenten, Interviews oder Tagebüchern die Geschichten der Opfer zu recherchieren und dabei auch wenig Bekanntes zu Tage gefördert. So wird selten wahrgenommen, dass auch Araber und Afrikaner zu den Opfern gehören. Andere Themen befassen sich mit der Situation der Zwangsarbeiter, der Hölle der Konzentrationslager oder dem Leben im Warschauer Ghetto. Gezeigt werden Bilder, die heimlich von den Häftlingen angefertigt wurden und Zeugnis ablegen vom brutalen Lageralltag.
Am Ende stehen fünf Comichefte, die die Schrecken des Nationalsozialismus ganz unterschiedlich verarbeiten. Als Seance mit dem Geist eines ermordeten jüdischen Mädchens, als Familiengeschichte oder als Bebilderung von Ausschnitten aus den Tagebüchern von Viktor Klemperer, der als Jude den Holocaust überlebte. mr
Die Ausstellung läuft noch bis zum 7. Februar 2016.