Flüchtlinge und Ehrenamt

KahlefeldHäufiger sieht der Neuköllner eine ele- gante Dame mit Hut auf dem Fahrrad durch die Kieze radeln. Es ist Susanna Kahlefeld, die Neuköllner Abgeord- nete der Grünen im Abgeordnetenhaus von Berlin und promovierte Philosophin. Von 2000 bis 2008 war Kahlefeld Mitglied der Bezirks-verordnetenversammlung in Neukölln. Als Sprecherin der »Landes-arbeitsgemeinschaft Migration und Flucht« ab 2008 ahnte sie wohl bereits damals, was heute Wirklichkeit ist: Aus etlichen Ländern müssen Menschen ihre Heimat verlassen und suchen in Deutschland entweder eine neue Existenz oder die Möglichkeit zu warten, bis sie wieder in ihr Land zurück können.Als Kahlefeld dann 2011 in ihrem Wahlkreis 2 (Rollberg-, Schiller-, Körner- und Flughafenkiez) mit 29,7 Prozent der Erststimmen das beste Wahlergebnis aller angetretenen Parteien erzielte, hatte sie eine gute Startposition für den Ausschuss für bürgerschaftliches Engagement. Dieser Ausschuss trägt keinen Haushaltstitel. Das betrachtet Kahlefeld jedoch sehr entspannt, denn in allen Ausschüssen werden Gelder für ehrenamtliche Tätigkeiten im Haushalt eingeplant.
Als Vorsitzende dieses Ausschusses begrüßt sie die Einführung der Berliner Ehrenamtskarte, mit der ehrenamtlich arbeitende Berliner Vergünstigungen für kulturelle Einrichtungen erhalten. Zum Flüchtlingsgeschehen stellt Kahlefeld fest, dass die Berliner sehr engagiert sind und die Politik nicht mehr nachkommt. Etliche private Initiativen entstanden, die jedoch bisher nicht erfasst wurden. Hinzu kommen die kirchlichen Aktivitäten und die der Wohlfahrtsverbände. Sicher ist nur, dass die Menschen helfen wollen und die Flüchtlinge mit offenen Armen und viel Unterstützung empfangen.
In diesem Zusammenhang betont sie, dass bereits mehrere Berliner Privathaushalte Flüchtlinge aufgenommen haben. Das findet sie prima, denn dort haben diese Menschen die besten Chancen, in Berlin klarzukommen. Sie sieht jedoch in Nordneukölln keine Immobilie, die weitere Flüchtlinge aufnehmen könnte. Wenn, dann ginge das nur im Süden Neuköllns. Auch der Öffnung des Gebäudes des Flughafens Tempelhof als Unterkunft begegnet sie mit Skepsis. Teilweise sei das Gebäude asbestverseucht, außerdem müsse erst mal geprüft werden, ob die Voraussetzungen für Bewohnbarkeit gegeben seien.
Insgesamt stellt sie für Neukölln fest, dass auch durch die Einführung von Willkommensklassen in Neuköllner Schulen und den Anspruch auf menschenwürdige Unterkünfte eine insgesamt gute Flüchtlingsarbeit geleistet wird.
Kahlefeld ist außerdem Mitglied im Ausschuss für Arbeit und Integration und im Ausschuss für kulturelle Angelegenheiten. In beiden Ausschüssen wird sie aktiv, wenn es um das Thema Integration geht.
Auch in Neukölln gibt es für die Abgeordnete jede Menge zu tun. Kürzlich fand im grünen Bürgerbüro eine Veranstaltung zum Thema Spätis statt. Spätis halten sich oftmals nicht an das Ladenöffnungsgesetz und haben auch sonntags geöffnet. Sonntag ist der umsatzstärkste Tag der Woche und überlebenswichtig für die kleinen Familienbetriebe. Hierzu berichtet Kahlefeld, dass weder der Bezirk noch der Senat den Wunsch geäußert habe, dass Spätis kontrolliert werden sollen. Die Kontrollen, die aktuell vorzugsweise im Reuterkiez durchgeführt werden, sind einzig auf die Aktivitäten eines Polizisten zurückzuführen, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, das Ladenschlussgesetz zu verteidigen. Die Folge für die erwischten Täter sind in der Regel Bußgelder zwischen 50 und 300 Euro, im Wiederholfungsfall sind bis zu 2.500 Euro möglich.
Abschließend weist Kahlefeld auf die Mietenproblematik im Schillerkiez sowie auf das hervorragend arbeitende Quartiersmanagement im Körnerkiez hin und merkt an, dass es hier noch wirklich arme Menschen gibt, die vor Verdrängung geschützt werden müssen.
Insgesamt stellt sie mit Bedauern fest, dass Neukölln noch immer das Schlusslicht im Sozialstrukturatlas ist. In den vergangenen Jahren ist hier unter Buschkowsky wenig passiert. Neukölln hat die höchste Kindersterblichkeit in Berlin und die geringste Lebenserwartung.
Positiv sieht sie, dass bürgerschaftliches Engagement und die Einmischung der Bürger in die Politik zunimmt. Das will sie unterstützen.
Susanna Kahlefeld stellt sich für die nächste Abgeordnetenhauswahl wieder zur Verfügung.

ro