Nein, ich möchte lieber nicht …

Verweigerung ist nur der Anfang: Umdenken von Arbeit in unserer Gesellschaft

Bartleby
initiatoren von »Haus Bartleby«.                                 Foto: jt

Arbeitslosigkeit, prekäre Lebensverhältnisse und das Strampeln im Hamsterrad der Karriere. »Arbeit, wie wir sie definieren ist eine Krankheit«, meinen Alix und Anselm, die gemeinsam mit einigen Mitstreitern das »Haus Bartleby« als Zentrum für Karriereverweigerung gegründet haben. Sie beobachteten schon lange – bei sich selbst und in der Gesellschaft – dass, sobald es zum Thema Arbeit und Karriere kommt, nicht nachgedacht, sondern einfach gefolgt, nachgelaufen und jegliches Hinterfragen ausgeschaltet wird. Doch die Funktionärskarriere kann nicht die Antwort sein, denn das stumpfsinnige Streben nach dem nächsthöheren Posten hat nichts mit Fortschritt oder Entwicklung zu tun.
Karriereverweigerung heißt aber nicht einfach Arbeitsverweigerung, und so schreit die Gruppe um »Haus Bartleby« nicht etwa »kündigt alle, und zwar sofort!«, sondern ruft dazu auf, Sinn und Verstand wieder einzuschalten und sich die Fragen zu stellen: Was unterstütze ich, für wen arbeite ich und welchen Strukturen ordne ich mich vorbehaltlos unter?
Die »Haus-Bartleby«-Gründer wissen, wovon sie reden, denn alle haben bis zu dem Punkt, an dem sie erkannten, dass in der Arbeitsorganisation unserer Gesellschaft etwas gründlich schief läuft, alle »vorbildliche« Karrieren hingelegt, ob als Theaterdramaturg, Journalist oder Politikberaterin. Nun haben sie den Konventionen gekündigt und verfolgen mit dem »Haus Bartleby« das Ziel, als Lobby beziehungsweise Think Tank einen Denkanstoß, ein Gegengewicht zur aktuellen Debatte zu schaffen. Das offensichtliche Unbehagen bezüglich der Arbeit soll nicht wie bisher im Privaten bleiben, etwa jammernd am Tresen der Stammkneipe, sondern politisiert und in die Öffentlichkeit getragen werden.   Unsere Gesellschaft ist geprägt vom neoliberalen Mantra »You can do it«, sodass jeder beim vermeintlichen Versagen im Job die Schuld zuerst bei sich sucht und nicht beim System. Von dieser Scham will »Haus Bartleby« befreien und bietet einen Ort der Begegnung. Seit letztem Jahr befindet sich ihr Büro in der Kirchhofstraße 17 bei Klaus Kemner, Inhaber des Autoteile-Kirchhof-Handels, soziale Institution im Kiez und fester Bestandteil des »Haus Bartleby«. Von dort aus forschen die Karriereverweigerer an einem neuen Verständnis, einer Neudefinition von Arbeit, an einer Möglichkeit zur Selbstermächtigung und Infragestellung der Grundfesten unserer Arbeitsstruktur, an denen keiner zu rütteln wagt.
Um sich den Begriffen Arbeit und Eigentum von ganz verschiedenen Seiten zu nähern, startet das »Haus Bartleby« ab Januar eine achtteilige »Werk-Reihe« mit Vorträgen und Diskussionen, die jeden Samstag um 17 Uhr im »Laika« in der Emser Str. 131 stattfindet. (siehe Termine)

jt