Gestrandete am Fluss

Ester Kinsky liest in der »Buchkönigin«

am FlußSeit nunmehr vier Jahren bereichern die beiden Betreiberinnen der Buchhandlung »Die Buchkönigin« das kulturelle Angebot in Neukölln mit interessanten Lesungen und kleinen Ausstellungen. Am 16. September stellte die Übersetzerin, Lyrikerin und Romanautorin Esther Kinsky ihren neu erschienenen Roman »Am Fluß« in dem schönen Ladenlokal in der Hobrechtstraße 65 vor.
»Am Fluß« wurde für den »Deutschen Buchpreis 2014« nominiert, mit dem der »Börsenverein des Deutschen Buchhandels« jährlich zum Auftakt der Frankfurter Buchmesse den besten Roman in deutscher Sprache auszeichnet, und so fand die Lesung zur Freude aller Beteilig-ten reges Publikumsinteresse. Der Laden war voll, alle Plätze waren besetzt.
Der Roman beschreibt die Geschichte eines Abschieds. Von London zieht die namenlose Ich-Erzählerin in die ärmliche, östliche Vorstadt an einen kleinen Fluss. »Der River Lea, der hier die Stadt vom Leeren trennt, hat keinen weiten Weg. Er kommt aus den niedrigen Hügeln nordwestlich von London, fließt durch eine Landschaft zahmer Lieblichkeit, bis er die ausgefransten Randzonen der Stadt erreicht.« In ausgedehnten Spaziergängen entlang des Flusses erkundet sie die Stadtlandschaft zwischen sumpfiger Wildnis, verwahrlosten Reihenhäuschen und maroden Industriebrachen. Mit bildreicher, poetischer Sprache entwirft sie Szenen von seltsamer Schönheit, verwebt Kindheitserinnerungen mit detailgenauen Naturbeobachtungen, beschreibt die ausgestoßenen Menschen, die an diesem Fluss gestrandet sind: Verrückte, Vertriebene, Migranten, Gypsys.
Die Textauszüge, von Esther Kinsky in leicht melancholischem Tonfall vorgetragen, fließen dahin wie ein Bewusstseinsstrom, sie nehmen die Zuhörer mit auf eine Reise, von der sie nur ungern wieder zurückkehren. 

rb
Esther Kinsky: Am Fluß. Verlag Matthes & Seitz, Berlin 2014, gebunden, 22,90 Euro.