Flora und Fauna sind nicht nur romantisch
Im Eingangsraum zur aktuellen Ausstellung »Neo-Pastorale« im Kunstverein Neukölln fällt sofort eine große Installation von Heiko Sievers auf. Ein überdimensionierter Regenwurm hängt an einem Haken, gehalten durch einen Gummiring. Er erreicht einen pyramidenförmigen Haufen schwarzer Erde nicht, Erde, in der er einst gewühlt haben mag. Es mutet an, als hinge er an einem Fleischerhaken.

Rechts an den Wänden geht es farbig zu. An zwei Wänden ist die zärtliche Collage von Marte Kiessling zu sehen, eine bunte Pflanzenwelt, niedlich anmutend. Allerdings hat die Künstlerin die Collage aus Plastikabfällen geformt. Können Menschen vielleicht auch ihre Schäferstündchen in künstlicher Natur abhalten, so die Frage.
Margund Smolka bringt kleine Nachbildungen von Insekten auf einer Landkarte an. Die moderne menschliche Kultivierung der Landschaften ging ja mit akribischer Kartografie einher. Nicht nur Insekten sind in ihren Lebensraum bedroht.
Die »Neo-Pastorale« hinterfragt einen romantischen Naturbegriff. Alles, was wir wahrnehmen, ist bereits über Jahrtausende vom Menschen verändert und auch zerstört worden.
So kann Natur im Kern ästhetisch nur durch die Kunst erzeugt werden, die Natur will künstlich verstanden werden.
Die eindrucksvolle Ausstellung erinnert an die Naturphilosophie des vor 250 Jahren geborenen Natur- und Kunstphilosophen Friedrich W. J. Schelling. Er suchte eine »idealistische« Verbindung zwischen Natur und Kunst. Demgegenüber ist die Ausstellung voller konkreter, sprechender Gegenstände, die zur Reflexion über den menschlichen Umgang mit der Natur führen.
th
Bis 16. März
Mi–So, 15-20 Uhr
Kunstverein Neukölln, Mainzer Straße 57