Kefirkäse, Kultweine und Knacker

Noch mehr Naturwein und Veganes im Kiez

Man sollte meinen, dass was der Kiez nun wirklich nicht mehr braucht, entweder noch ein Vintage-Second-Hand-Klamottenladen ist, wie sie jüngst gefühlt jeden Leerstand mit gar nicht mal so günstiger Gebrauchtkleidung füllen – oder noch eine Weinbar für finanzkräftige und luxusfreudige Gen Z-Zoomer. Und doch geht der Weintrend munter weiter, so im keck benannten Wein-Pub »Blanc de Fuck« in der Lenaustraße, wo zuvor im »Holy Flat« Fladenbrote und Bowls vegan befüllt wurden.

WILDE Pullen.     Foto: hlb

»A Temporary Shitty Winebar« nennen die Betreiber Anika und Chris Foster, die ihre Weine auch auf der Naturweinplattform »MORE Natural Wine« und in ihrem Laden in der Flughafenstraße verkaufen, ihr seit Oktober und noch bis August geöffnetes Lokal. Über 270 mitunter rare Flaschenweine stehen – ab 24 Euro und detailliert beschrieben, wenn auch in Englisch – auf der dicken DIN A4-Karte, vom Fass(!) gibt es vier Sortimentsweine der Winzer Marto Wörner und Patrick Bouju, darunter den Namensgeber, einen wilden rheinhessischen Pinot Noir, sowie immer um die sechs offene, die gerade besonders präsentiert werden sollen.
»Roll the dice«, so lädt die Tafel hinterm Tresen wochenends beim Bestellen ein: Wer eine Sechs würfelt, bekommt sein 0,125-Liter-Glas vom Fass umsonst statt für 8,50 bis 11 Euro. Kleine Snacks, Gürkchen, Brandenburger Urstrom-Käse oder Knacker dienen als unprätenziöse Naturweinbegleiter, aber auch kulinarische Pop-up-Events sind geplant. Ein legerer Treffpunkt für entdeckungsfreudige junge Weinfreaks.
Naturwein gehört auch zum zentralen Konzept des »Van Hofen«, wo meist freitags Weintastings stattfinden, kuratiert von Wolfgang Baumeister aus der Weinbar »Liesl«. Das »Van Hofen« – nicht zu verwechseln mit der Ganztags-Gastrobar »Das Hoven« zwei Straßen weiter in der Nansenstraße – verbindet seit Anfang des Jahres Restaurant, Bar, Show und Tasting Room, Design Store und Galerie. Im nun durchweg in grüner Kalkfarbe gestrichenen Raum vorm »Hüttenpalast«-Hotel, wo zuvor die »James Tagesbar« residierte, hat Inhaberin und Küchenchefin Nicole Hofen, bekannt als »Mamma Berlin«, Kochbuchautorin, Foodbloggerin oder auch von ihrem 2022er Gastspiel in der »Hungerkünstlerin«, einen konzeptionellen Traum verwirklicht. Sie serviert hier vegetarisch-vegane Eigenkreationen, unter besonderer Berücksichtigung selbst oder von »Barbaras Ferments« fermentierter Lebensmittel. Brot mit Miso, selbstgemachte Kefirkäse, Toast mit Cole­slaw und Chutney oder Rote-Bete-Suppe sind hier typische Gerichte.

VON vegan.     Foto: hlb

Da sie lang die Küche im Uckermärker Gutshof Kraatz leitete, greift Nicole in ihren Drei-Gang-Menus (48 Euro inklusive Wasser und Aperitiv, Getränkepairing plus 18 Euro) gern mal auf deren Obst und Getränke zurück. Immer wieder laden befreundete Foodexperten zu kulinarischen Reisen, etwa in die Thaiküche oder die Welt der Patisserie, ein. In den Regalen werden Keramik- und andere handwerkliche Designerwaren käuflich feilgeboten, und alle sechs Wochen gibt es eine neue Ausstellung, jeweils eingeleitet von einem »Eat & Meet« mit den Künstlern. Aktuell werden bis zum 22. Februar vier Werke der Textilkünstlerin Maria Lunetto ausgestellt. Das breite Netzwerk an Partnerschaften und ein stilsicheres Händchen tragen zu einem spannenden Ort bei, der viele Sinne anzusprechen vermag.

hlb
Blanc de Fuck Natural Wine Bar, Lenaustr. 10, Do 17 – 23:30, Fr – So ab 16 Uhr, Instagram: blanc_de_fck
Van Hofen Gastrobar, Hobrechtstr. 66, Mi – Sa 16 – 23 Uhr, www.vanhofen.de, Instagram: van.hofen