Diplomatie als Herausforderung

Sind friedliche Lösungen für Kriege noch möglich?

Es gehört Mut und Hoffnung dazu, Worte statt Waffen einzufordern und die Diplomatie als Priorität auf die Tagesordnung zu setzen. Jan van Aken hat diesen Mut.
Der 1961 geborene Autor und promovierte Biologe beschäftigt sich seit über zwanzig Jahren mit Themen der Außenpolitik und des Friedens. Er arbeitete unter anderem für Greenpeace und als Biowaffeninspekteur der UN.
Seine Bestandsaufnahme von Krieg- und Friedens­prozessen greift Bürgerkriege ebenso auf wie den Ukrainekrieg und den Nahostkonflikt. Illusionen schürt er dabei nicht, wohl aber die Hoffnung auf Wege aus der eskalierenden Gewalt.
Der Nordirlandkonflikt dient Jan van Aken als Vorbild für einen Friedensprozess nach mehr als zwanzig Jahren blutigem Bürgerkrieg. Drei Faktoren spielen dabei eine Rolle: der Wille der verfeindeten paramilitärischen Organisationen IRA und UVF, die Waffen abzugeben, dazu deutliche Verbesserungen in der sozialen und politischen Stellung der katholischen Bevölkerung.Außerdem der Druck durch die britische und irische Regierung und das diplomatische Engagement der USA, die aktiv eingriff. Ein in jeder Hinsicht herausragender Faktor ist die Teilnahme von Frauen an den Verhandlungen und am Friedensprozess.
Dabei sieht Jan van Aken die gegenwärtige Weltlage als in Konfrontationen verfahren. Eine wirkliche Entspannungspolitik wie noch Anfang der Neunziger gibt es nicht mehr. Doch in dem Buch plädiert er dafür, zur Zusammenarbeit über Europa hinaus zurückzukehren. Er würdigt hier den inzwischen verstorbenen SPD-Politiker und Diplomaten Egon Bahr für dessen herausragende Verdienste um Abrüstung und Entspannung.
Wichtig sei auch der Stopp von Waffenlieferungen. Sein Kommentar lautet: »Krieg beginnt hier vor unserer Haustür. Der einfachste Weg, den Frieden in der Welt zu befördern, liegt darin, den Krieg nicht weiter zu befeuern.«
Zum Krieg in der Ukraine gibt er eine Einschätzung, wobei er die russische Aggression klar verurteilt. Es könne nur friedliche Fortschritte geben, wenn die Kosten des Krieges zu hoch würden so dass Gespräche beginnen müssten. Der mutmaßliche Zeitpunkt ist angesichts des aggressiven Vorgehens und der aktuell eskalierten Lage schwierig abzuschätzen.Der Nahostkonflikt mit Zigtausenden von Toten stellt die Menschen in der Region und die internationalen Unterstützer vor Mammutaufgaben, wie Jan van Aken in Anlehnung an Moshe Zimmermann schreibt. Keine weiteren Waffenlieferungen in die schon hochgerüstete Region bleibt eine stehende Forderung. Doch wie können die Menschen zum friedlichen Zusammenleben gelangen, bei dort propagierten radikalen Lösungen, den Staat Israel zu vernichten oder im Gegenzug die Besatzung palästinensischer Gebiete ohne staatliche Autonomie aufrechtzuerhalten?
Es klingt noch utopisch, was von israelischen und palästinensischen Friedensaktivisten ins Spiel gebracht wird. Eine »Zweistaatenlösung« kann es in purer Form nicht mehr geben. Die israelische zionistische Besiedlung der Westbank ist Realität. »Siedlungen« bedeuten Städte mit bis zu 70.000 Menschen. Die dort lebenden Israelis betrachten das Gebiet als Teil von »Erez Israel«.
Hier kommt als Konzept in die Diskussion: »Zwei Staaten, ein Heimatland«. Alle Menschen können sich dann friedlich bewegen und je nach Staatsangehörigkeit die Regierungen wählen.
Jan van Aken überschreibt dieses Kapitel: »Frieden braucht Visionen«. Damit benennt er auch den Tenor seines aktuellen Buches. Die Wege zur Umsetzung allerdings brauchen den Willen zu Gesprächen auf allen Seiten und die Entschlossenheit der Bevölkerung.
Nordirland bleibt bislang das erfolgreichste Beispiel für einen Friedensprozess.

th
Jan van Aken, Worte statt Waffen, Econ 2024, 22,99 Euro