Süße Adern des Lebens

Entlang der Flüsse Kurdistans im »Spore« Neukölln

Zu ihrem einjährigen Bestehen hat die Neuköllner »Spore Initiative« die Ausstellung »Wasserspiegel – Water Bodies« eröffnet. Die Bedeutung der Flüsse für das Leben als »Wasseradern« wird anschaulich »entlang der Flüsse Kurdistans« gezeigt, einer kollaborativen Arbeit der Anthropologin Şermin Güven, ein vielschichtiges multimediales Projekt.
»Wasserspiegel – Water Bodies« beschäftigt sich mit den Erfahrungen vom Leben und Überleben im Angesicht der zunehmenden Wasserknappheit. Es sprechen Flüsse wie der Munzur und die Spree, sowie Bewohner und Wasserschützer entlang der einst schnellen, nun nur noch rinnenden Gebirgsbäche im Fließgewässernetzwerk von Firat/Euphrat und Dîcle/Tigris.

Im Mittelpunkt des Projekts stehen Techniken der Wasserpflege, die seit Generationen durch Lieder, Volksgeschichten, alte und neu erfundene Mythologien und Erfahrungsberichte weitergegeben werden.
Bauern und Aufforstungsinitiativen wie »Kezîyên Kesk« geben in Tonaufnahmen Einblicke in die Herausforderungen des Bewässerns und Pflanzens in Zeiten der Trockenheit, während Wansa Ismael aus der Vergangenheit über Wasserholen und den fehlenden Wasserzugang für alle sowie ihrem Glück berichtet, »die Braut des Hauses mit dem süßen Wasser« zu sein. All diese Stimmen werden von ökologischen Recherchen begleitet, die die Politik der Wasserknappheit anhand von Karten und Satellitenfotos veranschaulichen.
Die Musikerin Hani Mojtahedy erkundet die kulturellen Beziehungen des Wassers in ihrem weiter wachsenden Werk »HJirok«, das zum ersten Mal in einer Ausstellung zu sehen ist. Im Zagros-Gebirge angesiedelt, machen Videoperformances und eine Klanginstallation die materiellen Bedingungen der Landschaft greifbar, in der Hjirok, ein imaginäres Wasserwesen, wacht. Ein Geist aus der Vergangenheit wartet unter einem Wasserfall in die Zukunft blickend darauf, dass sich die Körper in den fließenden Zustand der Welt integrieren.
Bei der Auftaktveranstaltung fand eine Podiumsdiskussion mit kurdischen Aktivistinnen statt. Es wurde deutlich, dass nicht nur in Deutschland die Kurden nicht stark als eigenes Volk wahrgenommen werden. Das liegt an der kolonialen Vergangenheit. Nach dem Ersten Weltkrieg, als der Orient von europäischen Mächten besetzt war, wurde Kurdistan auf vier Staaten verteilt, Iran, Irak, Syrien und Türkei. In all diesen Staaten kämpfen die kurdischen Menschen um ihr Recht auf Selbstbestimmung als Volk, sie waren und sind der Verfolgung ausgesetzt.
Alle Ausstellungen im »Spore« sind mehrsprachig bei freiem Eintritt für Kinder und Erwachsene.

Spore Initiative/th
spore-initiative.org/de/,
Hermannstr. 86