Geht der Kampf wieder los?

Doch Müllverbrennung in Britz?

Seit in Britz 2015 der letzte RIAS-Sendemast gesprengt wurde, liegt das rund neun Hektar große Gelände an der Ecke Britzer Damm und Tempelhofer Weg brach. Dort sind jetzt 1.000 neue Wohnungen ge­plant. Die Eigentümerin, die »RIAS/GEWOBAG Projektentwicklung Britzer Damm GmbH« mit Sitz in Berlin, ein Zusammenschluss privater Firmen mit der städtischen Wohnungsbaugesellschaft GEWOBAG, reichte inzwischen entsprechende Pläne ein.

Recyclinghof in der Gradestraße.     Foto: rr

Vorrangig will aber eine Miteigentümerin, die Firma ASML, ihr dort angrenzendes Gewerbegebiet erweitern, um auf dem Gelände weitere Produktionsstätten zu errichten, was etwa 1.000 neue Arbeitsplätze brächte. Die sollen schon 2025 fertig sein. Die neuen Wohnungen hingegen würden erst bis 2028 fertig werden. Im Zuge der Bebauungsplanänderung hofft die BSR, ihre alte Idee doch noch zu realisieren, auch auf ihrem Britzer Recyclinghof Müll verbrennen zu können. Hinter dem Feigenblatt einer als »Heizkraftwerk« titulierten »Biomasse Verbrennungsanlage« soll auf Basis holzhaltiger Wertstoffe Wärme erzeugt werden, wie aus einer Bürger-Info der Grundstückseigentümerin hervorgeht.
Eine Müllverbrennungsanlage dort konnte 1995 das Britzer Umweltforum gerade noch verhindern. Es verwundert, dass damals die SPD wie die CDU eine Müllvermeidung in ihre Bezirksparteiprogramme aufnahmen und beide gegen eine Verbrennungsanlage in Britz waren. 30 Jahre später hat Neukölln, trotz seines Grünen Bezirksstadtrates für Umwelt und Verkehr Jochen Biedermann, grundsätzlich zur Müllverbrennung keine wesentlichen Bedenken. Dass sich in unmittelbarer Nachbarschaft ausgedehnte Wohngebiete, eine Schule und das UNESCO-Weltkulturerbe Hufeisensiedlung befindet, zählt offenbar nicht.
Bis heute bleibt der Recyclinghof ein Ärgernis wegen seiner Emissionen. Im Sommer gibt es immer wieder massive Geruchsbelästigungen. Dazu kommen Schadstoffbelastungen durch schwer zu löschende Großbrände des dort zwischengelagerten Mülls wie 2021 und 2022. Die nahegelegene, als »Stinke-Schule« verschrieene Hauptschule hat deshalb wiederholt den Unterricht einstellen müssen. Die ehemalige Firma »Berlin Glas«, nun »ASML«, drohte wegen dieser Belästigungen mit Wegzug. Befriedigend lösen konnte die BSR ihre Emissionsprobleme nie. Ihr hilfloses »Parfümieren« der Müllbunker­abluft ist reine Kosmetik.
Schon jetzt landet etwa ein Drittel des Berliner Sperrmülls in der Gradestraße. Die Erweiterung wird das ändern. Wie viel Abfall zusätzlich dann hier angeliefert wird, kann die BSR noch nicht genau beziffern. Ein offenes Geheimnis ist, dass bei ähnlichen Anlagen der eigene Müll für den ordentlichen Betrieb selten ausreicht. Auch gibt es keine Angaben dazu, wie hoch die Lärm- und Feinstaubbelastung durch die vermehrten Anlieferungen zukünftig sein wird. Die Zuganbindung ans BSR-Gelände fehlt weiterhin. Der Abtransport des komprimierten Mülls erfolgt per LKW zu einer nur 500 Meter entfernten Verladerampe!
Laut »Tagesspiegel« vom 19. Juli 2023 hat gerade eine »Zero-Waste-Agentur« (Null Abfall) der BSR ihre Arbeit aufgenommen, was 2021 schon beschlossen wurde. Das Land Berlin will bis 2030 die Restmüllmenge pro Kopf auf unter 150 Kilo im Jahr reduzieren. Gelänge das, wäre schon deshalb das »Biomasse Kraftwerk« überflüssig.

rr