Hoffnung auf kommunales Vorkaufsrecht
Die Mieter der Weichselstraße 52 organisieren sich gemeinsam mit dem Bezirk, um sich gegen den Verkauf des Hauses an einen Hamburger Immobilien- und Investmentspekulanten und der damit drohenden Verdrängung zur Wehr zu setzen. Die Zeit drängt: Bis Mitte September muss eine neue, gemeinwohlorientierte Käuferin gefunden sein und eine solide Gegenfinanzierung stehen.
Vor wenigen Wochen ist das Haus an die Immobilien- und Investmentfirma »Hansereal-Gruppe« verkauft worden. Das Unternehmen ist dafür bekannt, alteingesessene Mieter zu verdrängen, um mit luxuriösen Eigentumswohnungen Höchstmieten zu erwirtschaften. Um der Gefahr zu begegnen, dass das Haus im Milieuschutzgebiet zum Spekulationsobjekt wird, hat der Bezirk Neukölln entschieden, das kommunale Vorkaufsrecht auszuüben. Die Bewohner unterstützen das Vorhaben des Bezirks und des Neuköllner Baustadtrats Jochen Biedermann mit Nachdruck.
»Wir sind ein vielfältiges und nachbarschaftliches Miteinander aus mehr als 60 Menschen, die zum Teil seit über 40 Jahren im Haus leben und arbeiten. Unter uns sind Rentner, Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen, Selbstständige, Arbeitslose, Studierende, Lohnarbeitende, Personen of Color und Menschen mit Migrationserfahrungen, queere Leute, Alleinerziehende und Kinder. Die Mehrzahl der Bewohner sind in Pflegeberufen, in der Kulturarbeit, Kunst und Bildung tätig. Viele von uns haben ein geringes Einkommen und können die drohenden erheblichen Mietsteigerungen nicht bewältigen«, so eine Mieterin.
Das kommunale Vorkaufsrecht ist ein effektives Mittel für Mieterschutz. Seine Ausübung wurde Ende 2021 vom Bundesverwaltungsgericht zu Ungunsten von Mietern und Kommunen sehr stark eingeschränkt. Seitdem ist es nur noch auf Gebäude anwendbar, die überwiegend leer stehen oder erhebliche bauliche Missstände und Mängel aufweisen. Die letzten beiden Kriterien treffen auf die Weichselstraße 52 zu. Obwohl viele Mietshäuser in einer ähnlichen Schwebe sind und die Mietergemeinschaften vor der Verdrängung hätten gerettet werden können, konnte aufgrund dieser Gesetzeslage seit 2021 kein Vorkaufsrecht mehr angewendet und die Investition sozialverträglicher Träger nicht bezuschusst werden.
Das Haus in der Weichselstraße ist ein Beispiel für die bundesweit drängenden Probleme in Wohnungs- und Mietpolitik und die Ausübung des Vorkaufsrechts ein klares Signal für dieses Instrument des Mieterschutzes.
pm