Vettern beerben Mama

Tschechisches Bier und künstlerisch Gemixtes im Reuterkiez

Als die »Mama Bar« in der Hobrechtstraße nach Corona nicht mehr öffnete, ging dem Kiez eine kultige Institution verloren, die mit Weltmusik vom Plattenteller, trashigem Wohnzimmerambiente, originellen Schnäpsen und günstigem tschechischen Fassbier seit 2008 für ungewöhnliche Abende gesorgt hatte. Doch nun ist wieder offen – und es bleibt nicht nur namentlich in der Familie: Aus der »Mama« wurde die »Vettern Bar«, realisiert von einer Clique junger Männer samt »Friends and family«, die sich mit diesem Projekt erst recht wie Cousins und (Geistes-)Verwandte fühlen.

CHILLEN unter Plattencovern.   Foto: hlb

Trotz Renovierung, grauem Wandanstrich, neuem schwarzen Tresen und Lüftungsrohren ist der immer noch kieztypische Mischmasch-Charme der Bar nicht nur dank der neuen alten Sofas und Retro-Lampen geblieben. Die knallbunten, einst an die Wand gemalten Schallplattencover aus »Mama«-Zeiten wurden respektvoll erhalten. Neu ist ein großes, anzüglich witziges Comic-Graffiti des kubanischen Street-Art-Künstlers Yairan Cinco, das einen halbnackten, von weiblichen Bargästen erregt-überforderten Typen zeigt.
Geblieben ist auch das herrlich süffige nicht-pasteurisierte »Svijany«-Bier vom Fass in heller und ungefilterter Version. Die nordböhmische »Svijany«-Brauerei gehört zu den ältesten Brauereien der Tschechischen Republik und liefert ihre Bierfässer bisher nur an wenige deutsche Lokale, in Berlin sogar nur an die Vettern. Dazu gibt’s gute klassische Cocktails von Gin Fizz über Whisky Sour bis zu Negroni, aber natürlich auch Wein und Softdrinks. Und viel Musik, früh jazziger, später dancig, denn viele der Vettern haben irgendwie mit Musik zu tun.
Waren die softe Eröffnung Anfang Mai und das eigentliche Opening am 23. Juni schon amtliche Partys, sollten dem bunt gemischten Publikum nun viele weitere genussvoll fröhliche Nächte ins Haus stehen, an Wochenenden auch bis in die frühen Morgenstunden, selbstverständlich mit Respekt vor den Nachbarn. Ein Nebenraum, früher das Raucherzimmer, ist für kleinere Veranstaltungen vorgesehen und lässt sich auch mieten.
Ein gelungener Übergang und (eine) Vetternwirtschaft im besten Sinne.

hlb
Vettern Bar, Hobrechtstraße 61, So – Do 18 – 3, Fr/Sa 18 – 6 Uhr, Instagram: vettern.bar