Theodor Fontane
Der Politikwissenschaftler Felix Sassmannshausen hat ein Dossier erstellt, in dem er Straßennamen mit antisemitischem Bezug in den Blick nimmt. In Neukölln hat er dabei 18 Straßen und Plätze identifiziert, deren Namensgeber antisemitische Verstrickungen haben.
Die Kiez und Kneipe stellt in den kommenden Ausgaben die Namensgeber vor.
Die Fontanestraße, benannt nach dem Dichter Theodor Fontane, verläuft als Verlängerung der Schillerpromenade zwischen Selchower Straße und Karlsgartenstraße.Theodor Fontane zählt zu den bedeutendsten Erzählern des poetischen Realismus im 19. Jahrhundert.
Geboren am 30. Dezember 1819 in Neuruppin als Sohn des Apothekers Louis Henri Fontane, tritt er nach seiner Schulzeit zunächst in die Fußstapfen des Vaters und wird Apotheker. 1849 gibt er diesen Beruf auf und macht sich einen Namen als Kriegsberichterstatter, Journalist und Verfasser von Reiseliteratur wie den »Wanderungen durch die Mark Brandenburg«. Berühmt wird er allerdings durch seine Romane. Seine tragischen Schicksalsromane und Novellen wie »Effi Briest« und »Der Stechlin« gehen als Klassiker in die Literaturgeschichte ein.
In seinen Werken malt Fontane ein äußerst kritisches Zeitbild der damaligen preußischen Gesellschaft mit all ihren Zwängen und korsettartigen moralischen Vorgaben, die besonders die Frauen einengten.
In Bezug auf seine Einstellung zu Juden wird Fontane von der Forschung bewertet als »Schriftsteller, der die verbreiteten Feindbilder und Vorurteile teilt und transportiert, ohne als engagierter Antisemit in Erscheinung« zu treten. In seinen Erzählwerken lassen sich antisemitische Impulse immer nur indirekt an der Darstellung jüdischer Figuren und an Äußerungen von Figuren über Juden beobachten.
Nur in seinen Tagebüchern und Briefen läßt er seinem Antisemitismus freien Lauf. Dort lässt er sich zu Aussagen hinreißen wie: »Juden sind furchtbare Menschen und gehen mir auf die Nerven«. Gleichzeitig betont er, dass er von ihnen »nur Gutes erfahren« habe.
Er unterhält dauerhafte vertrauensvolle Beziehungen persönlicher und geschäftlicher Art zu Juden und vermeidet eine Stellungnahme in den öffentlichen Diskussionen um die »Judenfrage«, die sich im Berliner Antisemitismusstreit zuspitzen.
Seine Haltung ist ambivalent und nach den Maßstäben seiner Epoche als eher gemäßigt zu sehen.
Sassmannshausen schlägt daher eine Kontextualisierung des Namensgebers vor.
mr