Große Veränderungen nach der Wahl
Die Berliner haben über das Abgeordnetenhaus und die Bezirksverordnetenversammlungen entschieden und die Karten neu gemischt. Neukölln zeigt sich dabei gespalten: Die beiden nördlichen Wahlkreise bleiben in grüner Hand, der Süden entschied sich für die CDU. Die Partei erhielt 28,1 Prozent der Zweitstimmen und verbesserte ihr Ergebnis somit um 11,9 Prozent. Die Grünen verbesserten sich leicht um 0,9 Prozent auf 18,5 Prozent. Leichte Steigerung auch bei der AfD auf 7,5 Prozent, die Linke musste 1,2 Prozent abgeben und kam auf 13,1 Prozent.
Großer Verlierer ist die SPD. Sie erhielt 21,3 Prozent der Zweitstimmen, ein Minus von 5,9 Prozent, und verlor drei Wahlkreise. Die FDP hat es gar nicht mehr ins Abgeordnetenhaus geschafft.
Die größten Verluste musste die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey hinnehmen, die 29,6 Prozent der Erststimmen in ihrem Wahlkreis erhielt, das war ein Minus von 11,3 Prozent im Vergleich zur Wahl von 2021. Ihr Kontrahent von der CDU, Olaf Schenk, konnte satte 17,5 Prozent hinzugewinnen und landete bei 45,3 Prozent. Ähnlich gut schnitten die CDU-Kandidaten Robin Juhnke und Christopher Förster ab, die ihre SPD-Rivalen Nina Lerch und Marcel Hopp mit deutlichem Abstand aus dem Rennen warfen.
Als einzige SPD-Kandidatin konnte Derya Çaglar ihr Direktmandat verteidigen. Mit 23,4 Prozent landete sie knapp vor Daniel Wesener (Grüne), der 21,1 Prozent der Erststimmen für sich gewinnen konnte. Die Drittplazierte ist mit 21 Prozent Gabriele Köster (CDU), die 8,4 Prozent hinzugewinnen konnte.
Der Neuköllner Norden bleibt grün. André Schulze (35,1 Prozent) und Susanna Kahlefeld (34,5 Prozent) verteidigten ihre Sitze im Abgeordnetenhaus und konnten sich sogar noch verbessern.
Auch Bahar Haghanipour und Daniel Wesener, die beide über Liste gewählt wurden, ziehen wieder ins Abgeordnetenhaus ein.
Auch die Linke erzielte im Norden ein gutes Ergebnis. Lucy Redler (26,3%) und Jorinde Schulz (30,7%) konnten aber trotzdem keinen Platz im Abgeordnetenhaus ergattern. Dort wird Neukölln weiterhin von Ferat Kocak und Niklas Schrader vertreten.
Kampf um das Bürgermeisteramt
SPD verliert auch auf Bezirksebene
Auf Bezirksebene musste die SPD ebenfalls kräftig Federn lassen. Die 24,1 Prozent der Stimmen – ein Minus von 4,6 Prozent im Vergleich zu 2021 bedeuten den Verlust von drei Sitzen. Mit 15 Sitzen ist sie nur noch zweitstärkste Fraktion hinter der CDU, die künftig mit 17 Sitzen in der Bezirksverordnetenversammlung vertreten sein wird. Mit 27,2 Prozent der Stimmen konnte sie sieben Sitze hinzugewinnen, eine Steigerung von über zehn Prozent.
Die Grünen büßen einen Platz ein und kommen auf zehn Sitze. Bei der Linken und der AfD ändert sich nichts, sie bleiben bei neun und vier BVV-Mitgliedern. Die FDP, die gerade erst wieder Fraktionsstatus erlangte, scheiterte mit 2,6 Prozent der Stimmen an der Drei-Prozent-Hürde.
Spannend wird noch die Frage, wie es mit dem Amt des Bürgermeisters weitergeht, weil die bisherige rot-grüne Zählgemeinschaft keine Mehrheit mehr hat. Falko Liecke (CDU) möchte liebend gern Martin Hikel beerben. Zudem könnte die CDU wegen der neuen Sitzverteilung Anspruch auf einen weiteren Stadtratsposten erheben, die SPD könnte einen verlieren.
Aber so einfach ist es nicht. Das Bezirksamt ist Teil einer Verwaltungseinheit. Nach geltender Rechtslage werden die Stadträte für die Dauer einer Legislaturperiode gewählt und sind Beamte auf Zeit. Für ihre Abwahl wäre eine Zweidrittelmehrheit im Bezirksparlament notwendig. Das gilt als sehr hohe Hürde. Einen Rücktritt sieht geltendes Recht nicht vor, eine Bitte um Entlassung ist hingegen möglich, aber mit finanziellen Nachteilen verbunden. Im Abgeordnetenhaus wird daher nach Wegen für eine gesetzliche Regelung gesucht, die einen Neuanfang ermöglicht.
Ob dann der neue Bezirksbürgermeister Martin Hikel oder Falko Liecke heißen wird, hängt voraussichtlich vom Verhalten der Linken ab. Wenn sie sich enthalten, könnte es weiter für Hikel reichen. mr