Wie umgehen mit der omnipräsenten Abhängigkeit
Das Beste an Neukölln ist das Tempelhofer Feld. Das finden andere auch. Zur lukrativen Befriedigung ihrer Bedürfnisse hat sich im Vorfeld, der U-Bahn und den öffentlichen Parks ein spezialisiertes Business entwickelt. Rund um die Uhr.
Die Spätidichte in Hermann- und Herrfurthstraße ist hoch – offen am Wochenende, das Sortiment auf Alk und Tabak fokussiert. Selbst der Kiezsupermarkt am Platz spielt mit. Darüber hinaus dienen der raschen Nahrungsaufnahme Imbisse mit Bänken und Stehcafés mit To-Go-Packs.
Ein anderer Versorgungsstrang führt von der Hasenheide zu den THF-Eingangsbereichen an der Oderstraße, über die Friedhöfe zur Thomashöhe und dem Körnerpark. Die Ware selbst kommt von der Autobahn. Verteilt wird vor Ort, nach Revieren getrennt.
Die Kunden sind unterschiedlich. Hipster, Genießer oder schwer abhängig. Mit den beiden ersten kann man umgehen, gehört vielleicht selbst dazu. Aber was ist mit den anderen?
Zum Beispiel in der U-Bahn: Die Süchtigen – manchmal zehn in einer Station, oft elend, sich spritzend, in Ecken oder auf Bänken liegend, die fitten Jüngeren in den Parks. Da sind 100 Spritzen nur wenige Meter von Veggie Lasagne entfernt oder liegen in Krokussen.
Auf der Straße führt die Spur der Taschenflaschen von Baum zu Baum.
Neben Anbietern und Kunden gibt es soziale Helfer und mittelbar Betroffene.
Und wie reagieren wir darauf? Mit Abgrenzung? Toleranz oder Mitleiden?
Es geht um die Nutzung von ÖPNV und öffentlichem Raum. Sich auf U-Bahn-Stationen zusammenzudrängen und Parkbereiche zu meiden ist auch keine Lösung. Hier müssen alle einen Weg für sich finden und einen gesellschaftlichen fordern.
Und dann gibt es noch als eigene Szene die Latino-Darsteller mit Hola, Buenos Dias und im Sommer mit hellem Strohhut à la Buena Vista Social Club.
Oder aktuell am Alex die Inszenierung als knieende schwangere Madonna im himmelblauen Kleid.
Das sind gut gekleidete professionelle Bettler. Da ist der Umgang einfach – frau kann sich nur wundern.
Marlis Fuhrmann