Plötzlich vor dem Aus

Corona, Krise, Wohnungslosigkeit

Bis vor Kurzem war noch alles normal und ok. Nicht perfekt und sicher nicht sorglos, aber ok. Eine kleine Wohnung in einer Hochhaussiedlung. Nichts besonderes, aber meins.
Eigentlich bin ich mit meiner kleinen Rente immer ganz gut zurechtgekommen, es blieb nichts übrig am Ende des Monats, doch Hunger leiden musste ich die letzten Jahre nicht.


Seit ein paar Monaten stehe ich vor dem Nichts. Ich kann gar nicht genau sagen, was und wie es passiert ist. Die letzten zwei Jahre waren hart für mich. Schon das Coronavirus hatte mich emotional aus der Bahn geworfen. So viel Wut und Ärger zwischen den Gemütern. Ich selbst hatte grosse Angst, mich anzustecken und habe mich immer mehr zurückgezogen. Ich wurde einsam und depressiv.
Ich schaffte es plötzlich nicht mehr, Termine wahrzunehmen und öffnete meine Briefe nicht mehr.
Vor ein paar Monaten kam das Räumungsticket, und ich musste meine Bleibe von Amts wegen verlassen. Nach 37 Jahren. Jetzt schlafe ich nachts auf der Parkbank vor dem Haus, in dem ich zuvor gewohnt hatte. Tagsüber versuche ich, mir die Zeit im Freien oder vor den Einkaufs­passagen zu vertreiben. Es ist langweilig und beschämend zugleich. Ich versuche, optisch nicht als obdachlos aufzufallen. Was früher unkompliziert war, ist aktuell nicht leicht zu händeln.
Selbst Wasser zum Händewaschen ist manchmal schwer aufzutreiben, geschweige denn die Kleidung zu waschen oder duschen zu gehen.
Gestern ist mir eine ehemalige Nachbarin an der Parkbank entgegengekommen. Ich nahm all meinen Mut zusammen und schaffte es doch nur unter Tränen sie zu fragen, ob sie meine Kleidung waschen könnte. Es war mir unendlich peinlich, ich konnte nicht aufhören zu weinen.
Nun warte ich auf sie. Was soll ich anderes machen?

mg