Ein See zieht sich zurück

Strausberg kämpft ums Wasser, auch für Neukölln

Die Wasserlage in Strausberg ist dramatisch, doch nicht nur dort. Der Straussee, ein Kernstück der »Grünen Stadt am See«, zieht sich zurück. Die Badeanstalt musste bereits geschlossen werden, dafür ist kein Wasser mehr da. Die Menschen in Strausberg wehren sich mit einer Bürgerinitiative, wollen ihren See erhalten, weil Strausberg weiterhin grün und reich an Wasser bleiben soll. Und ihr Protest ist vorbildlich. Die Problematik um das Wasser ist komplex. Wir sprechen mit Jens Mader, dem stellvertretenden Vorsitzenden der Bürgerinitiative.

Wasserdemo.Foto: Dietmar Kuhl

»Wir sagen nicht, dass es zu schlimm ist, aber wir wollen nicht, dass es schlimmer wird. Vor allem geht es darum, dass wir mit dem Trinkwasser schonend umgehen, es ist unsere wertvolle Ressource. Der Straussee hat an natürlichen Zuflüssen verloren, die Niederschläge lassen auch nach. Das Problem trifft nicht nur uns.«
Jens Mader erzählt ausführlich. Die »Wasserwerke Strausberg-Erk­ner« fördern Grundwasser. Sie beliefern nicht nur die beiden Städte, sondern einen großen Radius, zu dem auch die östlichen Berliner Außenbezirke gehören. Wenn das tiefer liegende Grundwasser abnimmt, der See sich zurückzieht, gerät damit auch die natürliche Statik in Bewegung. »Die Häuser in Ufernähe können sinken, Bäume sind bereits in Gefahr, ein Baum ist entwurzelt auf eine Bank gefallen. Leider fördert der Rückzug des Sees auch zutage, wie hemmungslos mit ihm umgegangen wurde. Er lässt viel Müll zurück.«
»Es geht ja nicht nur um unseren See. Zum Klimawandel gehört auch der Wasserwandel. Darüber müssen wir sehr viel mehr reden. Wir nutzen viel zu viel Trinkwasser für den Alltagsgebrauch und haben noch keinen Kreislauf, in den wir Brauchwasser einleiten können. Die Wasserwerke Strausberg-Erkner schicken das gebrauchte Wasser zur Aufbereitung in die Kläranlage Münchehofe. Es ist ja schön, dass das aufbereitete Wasser dann in die Spree fließt. Aus der Wasserklemme kommen wir allerdings nur gemeinsam heraus, auch hier ist »Fridays for Future« notwendig. Wir wollen Wege finden, wie wir weiterhin genug Wasser haben können. Durch Meerwasserent­salzung kommen wir voran. Die Hydrologin Irina Engelhardt hat dazu bereits einen gründlichen Vorschlag erarbeitet. Sie ist Professorin an der Technischen Universität Berlin. Wahrscheinlich dauert es 50 Jahre, bis das umgesetzt wird, hoffentlich geht es auch schneller.«
Von Beruf ist Jens Mader Jurist. Der Stadtverwaltung macht er es nicht leicht. Mit der Bürgerinitiative bringt er auch Hinweise auf die Rechtslage ein. »Das Wasserwerk hier wurde noch auf der Grundlage eines Beschlusses von 1974 genehmigt, die Welt hat sich seither verändert.«
Jens Mader ist auch passionierter Radfahrer. Strausberg sei weiterhin einen Besuch und Urlaub wert, und der See noch da. Strausberg liegt im schönen Barnim, der immer noch reich an Seen ist, wo Wandern und Fahrradfahren Spaß macht, die Menschen sehr herzlich sind und nicht nur im Heimatmuseum viel über Geschichte und Gegenwart erfahren werden kann.

th