Gastbeitrag von Anja Kofbinger (Grüne), ehemals Mitglied im Berliner Abgeordnetenhaus
Als das Abgeordnetenhaus von Berlin im Dezember 2018 beschloss, den 8. März zum Feiertag in Berlin zu machen, war die Freude in der Bevölkerung groß. Allerdings, dass muss man zugeben, ging es dem Großteil der Berlinerinnen und Berliner wohl weniger darum, ein Zeichen für mehr Feminismus in Politik und Gesellschaft zu setzen, sondern wohl eher um einen weiteren arbeitsfreien Tag. Aber wie genau kam es überhaupt dazu, dass es einen internationalen Frauentag gibt und wir uns bis heute in unterschiedlichster Art und Weise daran erinnern?
Das ganze wurde natürlich von Frauen angezettelt. Und hier spielten die deutschen Sozialistinnen ein führende Rolle, allen voran Clara Zetkin und Käte Duncker. Sie schlugen 1910 auf der »Zweiten Internationalen sozialistischen Frauenkonferenz« 1910 in Kopenhagen die Einführung eines internationalen Frauentages vor. Ein bestimmtes Datum hatten sie dabei nicht im Sinn.
Sie übernahmen damit auch eine Idee, die aus den USA kam. Dort wurde bereits 1909 der erste landesweite Frauentag begangen. Allerdings nicht als Feiertag sondern als Kampftag von Arbeiterinnen, die für bessere Arbeitsbedingungen stritten und den bürgerlichen Frauenrechtlerinnen, die für das Frauenwahlrecht kämpften. Dass beide Strömungen zusammenfanden, die sozialistische und die bürgerliche, verlieh den berechtigten Forderungen mehr Power und wurde als großer Erfolg gefeiert.
Als erste Partei legten sich die Berliner Linken Mitte November 2018 offiziell auf den Weltfrauentag als Feiertag fest. Zuvor hatten sie den Tag der Befreiung am 8. Mai favorisiert. Die Koalitionspartner von SPD und Grünen folgten. Die damalige Abgeordnete und heutige Innensenatorin Ines Spranger hatte bereits im Juni eine Online-Petition für den Frauentag initiiert – und mehr als 28.000 Unterschriften gesammelt.
Es gab zudem einen ganz pragmatischen Grund, der für die Einführung eines neuen Feiertags sprach: Berlin hatte bislang nur neun davon, in keinem Bundesland gab es weniger. Es ging den Parteien aber nicht nur um einen weiteren freien Tag für die Berlinerinnen und Berliner, sondern um einen Tag mit Bedeutung, wie die Grünen es formulierten. Dieser wurde dann am 13. Dezember 2018 als »Drittes Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Sonn- und Feiertage« vom Berliner Abgeordnetenhaus beschlossen.
Bislang haben Feiertage in Deutschland meistens einen religiösen Bezug, bundesweit bilden lediglich der 1. Mai und der Tag der deutschen Einheit am 3. Oktober eine Ausnahme. Es gab natürlich auch Leute, die störten sich daran, dass mit den Frauen eine Bevölkerungsgruppe an einem Feiertag in den Mittelpunkt gestellt wird. Schließlich sagt das Grundgesetz explizit, dass niemand wegen seines Geschlechts diskriminiert werden darf.
Befürworterinnen und Befürworter argumentierten, dass es genau diese Diskriminierung real gibt und dass ein Feiertag zumindest daran erinnert, dass dieser Missstand geändert werden muss. Frauen sind häufiger von Altersarmut betroffen als Männer, werden öfter Opfer von häuslicher Gewalt, erhalten bei gleicher Leistung durchschnittlich weniger Gehalt, haben weniger Führungspositionen als Männer.
Und weil das so ist, ist klar, dass Berlin – und nicht nur Berlin – weiterhin einen Gedenk-, Feier- und Kampftag für mehr Gleichberechtigung braucht. Wenn dann auch nicht gearbeitet werden muss, macht das Kämpfen, Feiern und Gedenken doch gleich noch mal soviel Spaß ;-))