Viel Au und Ciao in der Kiezgastro

Abschied von liebgewonnenen Klassikern

Frohes neues Jahr? Gäste einiger gastronomischer Institutionen und Oasen werden schon Tränen ob deren Verschwindens verdrückt haben. So musste Wirtin Rosie ihre Kneipe »Oase« in der Bürkner- Ecke Hobrechtstraße nach 20 Jahren aufgeben. Das lange Stehen und Schleppen ging für die Mittsechzigerin aus gesundheitlichen Gründen schon länger nicht mehr, doch befreundete gute Seelen wie Bärbel wussten, wenn auch selbst keine Springinsfelde mehr, den Laden noch zu schmeißen und sich um Leib- und Seelenheil der durstigen Gäste zu kümmern. Auch damit ist seit 26.12. aber Schluss. Kein »DAB«-Pils oder Küstennebel nun also mehr zu Oldies im dichten Zigarettennebel – ade »Oase«!
Die besten Fritten weit und breit, einzigartige Sandwiches mit Kroketten oder Steak, gute Currywurst und dazu »Pinkus«-Bier vom Fass – das gab’s so nur im »Style Stallone«. Nach knapp vier Jahren ist auch dieser originelle Reuterstraßen-Imbiss mit kultigem 80er-Flair Geschichte. Inhaber und Koch Style, bürgerlich Till Heinisch, mochte sich nicht mehr die Abende um die Ohren hauen und wird nun, frisch verheiratet, mehr Zeit mit und für seine Familie genießen. Möge diese Frittieroase bald einen Neubeginn erleben.

Letzter Tag im »Style Stallone«.   Foto: hlb

Sorgen sind angebracht um die linke Kollektivkneipe »Tristeza« in der Pannierstraße. Schon seit Jahren wurde der Stand für das engagierte Lokal durch die Verhipsterung der Nachbarschaft und das Wegbrechen und -ziehen des Zielpublikums schwerer und die Einnahmensituation immer unerfreulicher. Die Getränke sollten für jeden bezahlbar bleiben, die Nutzung der angenehm zerrockten Barräumlichkeiten für Lesungen, Filmvorführungen, Diskussionsveranstaltungen oder Plenen hätte besser sein können – und dann kam Corona mit all seinen Auflagen und Beschränkungen. Nun ist Tristesse darüber angesagt, dass dieses wichtige Fanal linker Kultur im Kiez zu hat.
Immerhin wagen einige auch einen Start im Gastrobusiness. So die Brüder Riccardo und Antonio Ciao, die vor Kurzem den Traum von der Selbständigkeit verwirklichten und am Maybachufer, wo drei Mal die Woche das Marktleben brummt, einen Stoffladen zu einem italienischen Pizzeria-Café umwandelten. An prima Pizza Angeboten mangelt es nicht gerade in Neukölln, doch die, die im »Impasto« (auf deutsch: Teig) auf den Teller, die To-go-Pappe oder in den Mitnehm- und Lieferkarton kommen, sind mehr als konkurrenzfähig. Ob als 70 mal 30 Zentimeter große, rustikal mehr oder weniger rechteckig ausgebackene Fladen (vor Ort für 17 Euro) oder als 3-Euro-Stücke sind sie mit Fior di Latte und wahlweise Tomatensoße oder »weiß« zubereitet und neben allen bekannten Standardversionen auch belegt mit Aubergine, Friarielli-Stängelkohl, Salsiccia-Fenchelwurst, geräuchertem Scamorza-Käse, Mascarpone oder Walnüssen zu bekommen. Zudem gibt es Salate und hausgemachte Pasta »da Mamma«.

CIAO, Pizzafreunde!    Foto: hlb

Die Ciao-Brüder, die familiäre Wurzeln in der Campania um Neapel herum haben, kommen vom Fußball: Der gebürtige Berliner Riccardo, 25, kickte als leidenschaftlicher Führungsspieler bei Landesligist Fortuna Glienicke (Oberhavel). Bruder Antonio, 28, war in Berlin beim VfB Hermsdorf im Einsatz und bringt schon langjährige Pizza­bäckererfahrung mit. Ganz verabschieden werden sie sich aber vom ledernen Rund nicht. Wie es die Trainings- und Spieltermine zulassen, werden sie weiter für unterschiedliche Vereine spielen und sich im Laden abwechseln, wie sie sich auch so gut in ihren Fähigkeiten ergänzen. Teamkameraden können sie dann zu Mannschaftsabenden in die eigene Pizzeria einladen; die bunten Wandmalereien im »Impasto«, die noch vom Vorleben als Eisdiele stammen, schaffen dafür, wie für alle Gäste, ein beschwingtes Ambiente. Benvenuto!

hlb
Impasto Pizza, Maybach­ufer 3, tgl. 12 – 23 Uhr, https://impasto.berlin/