Jedoch nicht zur Ausbeutung
Sabine Nuss hat eine sehr fundierte Analyse zu dem Komplex Eigentum und Enteignung bei »Dietz Berlin« veröffentlicht. Der provokante Titel entspricht der herausfordernden aktuellen Diskussion um die Vergesellschaftung großer Immobilienkonzerne, für die nahezu 60 Prozent aller wahlaktiven Berliner und Berlinerinnen in einer Volksabstimmung »Ja« sagten. Das Buch heißt »Keine Enteignung ist auch keine Lösung«.
Sabine Nuss kommt gleich in der Einleitung zur Sache. Im Kern gibt es zwei Formen der Enteignung, die sich historisch und bis heute nachvollziehen lassen. Die eine Enteignung hat mit der derzeitigen Diskussion um die Vergesellschaftung von finanzkräftigen Immobilienfirmen zu tun, die andere mit der früheren Welle der Privatisierung nach dem Spätmittelalter, in der Grund und Boden durch Feudalherren und frühen Geschäftsbetreibern in Beschlag genommen wurde, ein Vorgang, den Karl Marx als »ursprüngliche Akkumulation« bezeichnete. Den auf den Boden wirtschaftenden Menschen blieb nichts anderes, als ihre Haut als Arbeitskraft zu Markte zu tragen. So geht es vielen heute weiterhin, die keine Profite beziehen. In die laufende Debatte bringt Sabine Nuss zusätzlich den Aspekt ein, wie es um das weltweit umstrittene Urheberrecht auf »geistiges Eigentum« bestellt ist. Ebenso nimmt sie unter die Lupe, wie es in den »realsozialistischen Ländern« zu Fehlplanungen kommen konnte, die ihre Ursache in »dem Markt« hatten.
Sabine Nuss ist eine Kritikerin der »freien Marktwirtschaft«, die sich durch eine neoliberale Entwicklung« vom »Rheinischen Kapitalismus« zum »Manchester-Kapitalismus« verabschiedet hat, sehr zu Lasten der Arbeitsbedingungen und der Gehaltstüten.
Im Schlusskapitel schreibt Sabine Nuss positiv über »Die große Wiederaneignung – Die Aufhebung der sozialen Enteignung« wie folgt: »Auf einer allgemeinen Ebene würde das bedeuten, die soziale Enteignung, die historische Trennung der Menschen von den Produktionsmitteln, aufzuheben zugunsten einer historisch neuen organischen Verbindung von Arbeitskraft, Natur und Produktionsmitteln. Die unmittelbaren Produzenten, jene, die am Band stehen, Software programmieren, Alte pflegen, Maschinen zusammen schrauben, Kinder unterrichten, Bahn fahren, Brot backen, Kühe melken, Rohstoffe erschließen, Häuser bauen, all jene also, die den gesellschaftlichen Reichtum tagtäglich herstellen oder erbringen, müssten sich selbst ermächtigen, um dem anonymen kapitalistischen Markt die Kontrolle über die gesamtgesellschaftliche Arbeit aus der unsichtbaren Hand zu nehmen«.
th
Sabine Nuss, Keine Enteignung ist auch keine Lösung, Dietz Berlin, 12 Euro