Emotionale Diskussionen in der BVV

Nahost, Mülleimer, Immobilien und Amphibien

Eigentlich waren sich fast alle einig, aber trotzdem wurde fast zwei Stunden lang diskutiert, bis die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) am 19. Mai über einen gemeinsamen Entschließungsantrag der Grünen, SPD, CDU und FDP abstimmen konnte, in dem die BVV ihre Erschütterung über die Gewalt und die antisemitischen Äußerungen auf der Demonstration anlässlich des Nahost-Konflikts am 15. Mai in Neukölln zum Ausdruck brachte.
»Es ist nicht hinnehmbar, dass Demonstrierende, die sich zu Hamas, Muslimbruderschaft und Grauen Wölfen bekennen, Vernichtungsphantasien gegen Jüdinnen und Juden, gegen die Bevölkerung Israels und gegen den Staat Israel unverhohlen artikulieren«, betonte die BVV und »Israelfeindlichkeit und Antisemitismus haben keinen Platz in unserem Bezirk«.
Für harte Repliken sorgten die Redebeiträge der AfD und der Linken, die die Entschließung als »zu einseitig« ablehnte und ihrerseits einen Änderungsantrag einbrachte, der sich zwar solidarisch mit Juden, die bedroht wurden, erklärte, aber weder Antisemitismus verurteilte noch sich von den im anderen Antrag genannten Gruppen distanzierte.
Die AfD wiederum wollte gleich allen Menschen ohne deutsche Staatsbürgerschaft das Demonstrationsrecht entziehen und Antisemiten ohne deutschen Pass abschieben.
Am Ende votierten alle Fraktionen mit Ausnahme der Linken für die Entschließung. Zwei Linken-Bezirksverordnete stimmten dagegen, die vier übrigen enthielten sich.
Mit großer Mehrheit angenommen wurde ein Antrag der Grünen auf mehr Amphibienschutz. Dafür soll das Bezirksamt eine zusammenfassende Information über Neuköllner Feuchtgebiete und rudimentär vorhandene ehemalige Feucht- und Pfuhlgebietsstrukturen im Bezirk erstellen, um auf Basis dieser Informationen nach und nach mit der Sanierung und Revitalisierung der teilweise stark zerstörten Feuchtgebiete zu beginnen.
Keine Mehrheit fand dagegen ein Antrag der CDU, die Dichte der Mülleimer in Alt-Rudow zu erhöhen. Das sei Sache der BSR und nicht des Bezirksamtes.
Da nur ein Teil der Drucksachen abgearbeitet werden konnte, wurde die Sitzung in der Folgewoche fortgesetzt. Eine emotionale Diskussion entbrannte über den Antrag der CDU, den Bewohnern einer Immobilie in Buckow, die im vergangenen Jahr beschlagnahmt wurde, zu kündigen und das Haus für gemeinwohlorientierte Zwecke zur Verfügung zu stellen. Damit setze der Bezirk ein Sig­nal in die Öffentlichkeit: »Kriminalität lohnt sich nicht«, lautete die Begründung der CDU.
Das sei populistische Symbolpolitik, sagte Mirjam Blumenthal (SPD). Der Antrag solle von Versäumnissen des Jugendstadtrates in Buckow ablenken.
Bernd Szczepanski (Grüne) wies auf den Mieterschutz hin, der auch die Mieter ehemaliger Clanimmobilien schütze, darüber könne man sich nicht einfach nach Gutdünken hinwegsetzen.
Natürlich prüfe das Bezirksamt eine Gemeinwohlorientierung für die Immobilie, sagte Bezirksbürgermeister Martin Hikel, aber dass müsse seriös und professionell sein, um nicht vor Gericht eine Bauchlandung hinzulegen.
Mit 30 Ja-, 17 Nein-Stimmen und einer Enthaltung wurde der Antrag abgelehnt.

mr