Die vielschichtigen Projekte von Tawan Arun
In einer Grenzregion aufzuwachsen hat eine ganz eigene Atmosphäre. Wenn noch eine türkisch-deutsche Mutter und ein chinesisch-thailändischer Vater hinzukommen, entsteht eine interessante Persönlichkeit: Tawan Arun. 1982 in Paris geboren und im Elsass groß geworden, hat die Andersartigkeit auf der anderen Seite für ihn einen großen Reiz.
Tawan lebt seit 2005 in Berlin, studiert hier visuelle Kommunikation an der Kunsthochschule Weissensee und arbeitet in Neukölln. Für sein Diplom 2010 entsteht der Web-Dokufilm »Portraits de frontières«, ein Projekt über die Grenze Europas im Osten. Entstanden sind zwölf Kurzportraits von Menschen, die zwischen Bulgarien und der Türkei, Finnland und Russland, Polen, Belarus und der Ukraine leben. Speziell an den Außengrenzen der EU entstehen absurde Situationen mit dem Verkauf von Waren, für Lkwfahrer und im Alltag. Hier entdeckt Tawan seine Leidenschaft für den Dokumentarfilm. Der Film läuft unter anderem beim »DOK Leipzig« und gewinnt den Multimediapreis des Deutsch-Französischen Journalistenpreises. Der Film »Madame B« (2016), bei dem er als Co-Regisseur mitwirkt, greift das Thema erneut auf: Menschen, die von Nordkorea nach China fliehen. Im Mittelpunkt steht eine Frau, die von ihren Schmugglern an einen chinesischen Bauern verkauft und dann selbst zur Schlepperin wird. Hin und her gerissen zwischen ihrem Leben in China und der Sehnsucht nach ihrer Familie begleitet sie der Film mehrere Jahre lang.
Momentan entsteht ein Film über ein ganz anderes Sujet. Im Film »Des esprits, des revenants« erzählen Menschen in Thailand von Begegnungen mit Geistern Verstorbener. Für Tawan geht es nicht darum, ob die Geister existieren, sondern um die berührenden und schönen Erinnerungen und Momente.
»L‘entre deux mondes« ist ein Projekt in Zusammenarbeit mit dem »Musée Château Vodou« in Straßburg und der Filmproduktion »Seppia«, das sich zwischen Animation, realem Film und virtueller Realität ansiedelt. Mit Hilfe der virtuellen Realität kann der Betrachter bei Voodoozeremonien, die mit einer 360°-Kamera und in volumetrischen Videos, die schon fast Animationen sind, gefilmt sind, selbst in die Trancezustände und Halluzinationen eintauchen und agieren.
Der Dokumentarfilm »Gustav-Adolf-Straße« beschreibt eine Straße zwischen Weissensee und Prenzlauer Berg, auf der einen Seite ein gentrifiziertes, teures Viertel, auf der anderen ein urostdeutsch geprägtes. Viele Läden sind leer, die Straße ist unbelebt, dennoch werden in den Baulücken teure moderne Häuser gebaut. Ein Gegensatz. Zusammen mit Joris Rühl geht Tawan in die Straße, nimmt Kontakt zu den Menschen auf und erzählt von deren Sorgen, Ängsten, aber auch vom Glück und lustigen Situationen.
Neben seiner filmischen Arbeit entwickelt Tawan Arun Webseiten, hauptsächlich für kulturelle Einrichtungen, Künstler und Architekten.
Das passt gut zu einer Person, die sich mit Grenzen beschäftigt und viele Hintergründe hat.
jr
www.tawanarun.fr
www.idfabrik.com