Vom Kaufen und Entbehren
Corona ist ja schon länger als ein Jahr eine Zeit der Entbehrungen, und so war es für mich im März dieses Jahres eine große Freude, dass der Einzelhandel wieder öffnete. Vor Corona war für mich, dafür darf mich auch jeder beschimpfen, Karstadt am Hermannplatz ein unverzichtbares Einkaufsparadies, in dem vom Reißverschluss bis zur Kosmetik, über Kleidung, Kochgeschirr und Bettwäsche alles zu kaufen ist. Oftmals schlenderte ich treppauf, treppab durch das Kaufhaus, begutachtete und kaufte durchaus manchmal zu viel, um dann erschöpft im Karstadtrestaurant einen Kaffee zu trinken. Es versteht sich, dass ich dort die Raucherlounge aufgesucht und genüsslich Tageszeitung gelesen habe oder im Sommer auf der Terrasse saß und den Blick über Neukölln schweifen lassen konnte.
Verständlicherweise hatte ich nach Schließung des Einkaufsparadieses einen Kaufentzug. Irgendwann ging das vorbei. Da ich mich dem Internethandel verweigere, geriet ich unbemerkt in eine Kaufverweigerung.
Das allerdings fiel mir erst wieder auf, als ich die Chance hatte, hemmungslos einzukaufen.
Bestimmt gehörte ich zu den Ersten, die vom »click and meet« Gebrauch machten. Es ging ganz einfach, und ich machte mich zu meiner Wunschzeit auf zu Karstadt.
Problemlos fand ich Einlass in das ziemlich leere Kaufhaus. Auf meinem Einkaufszettel standen vier Paar Strümpfe und zwei Töpfchen Tagescrème. Als ich die Beute an der Kasse bezahlte, fiel mir die Geringfügigkeit meines Tuns auf. Ich hatte schlichtweg keine Idee, was ich noch einkaufen sollte. Mir sind die Ideen und die Freude am Kaufen vergangen. Noch weiß ich nicht, ob ich mich darüber freuen soll, weil es Geld spart, oder ob ich eines Genusses ärmer geworden bin.