Beschützen in Kriegszeiten

Menschen im Krieg.       Druck: Anna Khodkova und Kristina Yarosh

Freundschaften mit ukrainischen Künstlerinnen

Anna ist in Kiew und behütet die Druckpresse und das Atelier. Kristina ist mit ihrer Freundin in Lviv und halbwegs sicher.
Die Verbindung von hier nach Kiew ist dicht. Wir trafen uns 2013, sprachen über unsere künstlerische Arbeit, über getrocknete Quallen, Zeichnungen und Knochen von toten Tieren – und nach fünf Minuten ist eine Seelenverwandschaft entstan­den – das mag merkwürdig klingen. Doch wir blieben in Kontakt, und es folgten Ausstellungen in Berlin und Kiew und eine andauernde Freundschaft. Beschützen in Kriegszeiten weiterlesen

Amt am Limit

150 ukrainische Flüchtlinge kann das Bezirksamt in der Donaustraße täglich bearbeiten. Klar, es fehlt an Mitarbeitern, die die ukrainische Sprache beherrschen, wir haben immer noch Corona, und der hohe Krankenstand im Bezirksamt ist auch nicht von der Hand zu weisen.
Keiner hat vor Kurzem mit einer solchen Zahl an Flüchtlingen gerechnet, allzu plötzlich war der Krieg da. Richtig ist, dass die Menschen zumindest freundlich empfangen werden. Das ist gut. Und das Bezirksamt kann nicht auf die Schnelle kompetentes Personal aus dem Hut zaubern.
Andererseits klappt es auch im Amt: Wer weiß, wie es geht, erhält einen Termin, der peinlich genau eingehalten und zügig und zuverlässig bearbeitet wird. Manchmal kennt das Glück bei einem Besuch in den Amtsstuben sogar keine Grenzen, wenn die freundliche Mitarbeiterin mit einem Lächeln auf den Lippen dem Kunden noch einen schönen Tag wünscht.

Petra Roß

Hasenheide ohne »Neuköllner Maientage«

Das Volksfest muss dem Umbau des Volksparks weichen

Noch einmal drehen sich in diesem Jahr die Karussells in der Hasenheide, dann ist Schluss mit den »Neuköllner Maientagen«. Zumindest an diesem Standort. Das teilte Baustadtrat Jochen Biedermann in der Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) am 23. März auf eine Große Anfrage der CDU mit. Die 55. und letzte Ausgabe des Volksfestes in der Hasenheide soll vom 29. April bis zum 22. Mai stattfinden.

Noch einmal und dann nie wieder.     Foto: Stephanus Parmann

Es sei eine schwere Entscheidung gewesen, da dem Bezirksamt die schwierige Situation der Schausteller nach der Pandemie durchaus bewusst sei, aber die Hasenheide habe unter der Trockenheit der letzten Jahre extrem gelitten, erklärte Biedermann. Zehn Prozent der Bäume mussten in den letzten Jahren vorzeitig gefällt werden. Den diesjährigen Stürmen fielen zudem 37 weitere Bäume zum Opfer. Die Maientage würden weitere erhebliche Schäden verursachen. Durch die tonnenschweren Fahrgeschäfte werde der Boden stark verdichtet. Zudem finde die Veranstaltung zur Brut- und Aufzuchtzeit vieler Vögel und Fledermäuse statt, die durch die Licht- und Lärmemissionen gestört würden. Hasenheide ohne »Neuköllner Maientage« weiterlesen

Eine Milliarde, aber wenig Spielraum

BVV verabschiedet den Haushaltsplan 2022/23

Mehr als eine Milliarde Euro umfasst der Neuköllner Haushalt 2022/23, den die Bezirksverordnetenversammlung mit den Stimmen der SPD und der Grünen am 16. März in ihrer Sondersitzung verabschiedet hat. Das heißt allerdings nicht, dass der Handlungsspielraum des Bezirksamts dadurch größer geworden ist, denn auf Grund der vom Senat beschlossenen Mittelkürzungen ist sogar weniger frei verfügbares Geld vorhanden. Mehr als 70 Prozent des Geldes ist bereits durch gesetzliche Transferleistungsaufgaben, insbesondere im sozialen Bereich wie Grundsicherung, Hilfen zur Erziehung oder Wohngeld, gebunden. Ein großer Teil der restlichen knapp 300 Millionen Euro fließen in Personal-, Verwaltungs- und Instandhaltungskosten. Allerdings konnte Bezirksbürgermeister Martin Hikel berichten, dass sein gemeinsamer Einsatz mit anderen Bezirksbürgermeistern Erfolg gebracht habe und die Senatsverwaltung die Einsparungen im Bezirk von sechs auf rund vier Millionen Euro korrigiert habe. Eine Milliarde, aber wenig Spielraum weiterlesen

Gemeinsame Zeit und Willkommensatmosphäre

Albert-Schweitzer-Schulgemeinschaft setzt Zeichen der Solidarität mit der Ukraine

Im Song »Imagine« träumt John Lennon von einer Welt ohne Ländergrenzen und von einem Leben in Frieden. Mit viel Herzblut sangen die Schüler des Albert-Schweitzer-Gymnasiums diesen Song auf dem Hof vor der Schule. Währenddessen wurde ein Banner mit dem Friedenszeichen und dem Text »ASG FOR PEACE«, geschrieben in regenbogenfarbigen Lettern, an der Schulwand unter kräftigem Applaus herabgelassen.

Banner ist entrollt.      Foto: Stephanus Parmann

Außerdem hat Schulhausmeister Bernd Heydrich neue Platten an der Friedenssäule vor dem Schulhaus angebracht. Zwei sind mit dem Symbol, das der Neuköllner Bezirksschülerausschuss für seine Ukraine-Solidaritäts-Aktion verwendet, bedruckt, die zwei anderen mit einem Weltfriedenssymbol. Gemeinsame Zeit und Willkommensatmosphäre weiterlesen

Nichts Neues aus dem Klinikum

Klinikleitung verweigert die Umsetzung der neuen Tarifverträge

Seit drei Monaten tut sich am Klinikum Neukölln für die Beschäftigten in der Pflege und bei den Tochtergesellschaften nichts. Die Mitarbeitenden sind wütend und verzweifelt, gleichzeitig gefangen in ihrer Ambivalenz, doch und mit schlechten Mitteln eine gute Patientenversorgung zu gewährleisten. Regelmäßig treffen sich die Beschäftigten online und sind weiter sehr motiviert, für ihre Rechte einzustehen. Mit ver.di und anderen Bewegungen machen sie der Landespolitik weiterhin Druck.
Die letzte Ohrfeige für alle Beschäftigten im Gesundheitssystem ist die großspurige Ankündigung der Bundesregierung, hundert Milliarden Euro in die Aufrüstung zu stecken, während für soziale Infrastrukturen kein Geld da sei. Diese Summe soll ins Grundgesetz festgeschrieben werden und jährlich der Kriegsindustrie zugute kommen. Immerhin macht Christian Lindner kein Geheimnis daraus, wer diese immense Verschuldung zu begleichen hat – der Steuerzahler! Nichts Neues aus dem Klinikum weiterlesen

Geisterimmobilie »C&A«

Abriss oder neue Perspektiven?

Noch steht der Gebäudeklotz in der Karl-Marx-Straße 95, Ecke Anzengruberstraße. Eingehüllt in ein gigantisches Werbetransparent an der Außenfassade wirkt das Gebäude fast unscheinbar. Nun ist das ehemalige C&A-Kaufhaus seit Monaten verwaist und steht mit riesigen Nutzungsflächen leer. Die Zukunft der Geisterimmobilie scheint ungewiss. Mal wieder.

Das Ex »C&A« verhüllt.      Foto: vr

Dabei stellt das ehemalige Kaufhaus aus Sicht des Bezirksstadtrats Jochen Biedermann eine »Schlüsselimmobilie« dar. Mit weiteren Objekten wie der Alten Post und dem »Kalle Neukölln« soll die Karl-Marx-Straße zum Großstadtboulevard aufgemotzt werden. Seit rund 15 Jahren werden hierfür im Sanierungsgebiet Karl-Marx-Straße/Sonnenallee viele bezirkliche Umbaumassnahmen realisiert, die unter anderem die Aufwertung der Karl-Marx-Straße als »Erlebnisraum« vorantreiben sollen. Bezirksbürgermeister Hikel träumt gar von einer vorzeigbaren Einkaufsmeile im neuen »Innovations- und Trendbezirk« Neukölln, während etliche Anwohner ein Befeuern der Gentrifizierung und den Verlust ihrer Wohnung befürchten. Geisterimmobilie »C&A« weiterlesen

Morgen die Wohnungen bauen, die wir heute gebraucht hätten?

Leerstand: Gastbeitrag von Marlis Fuhrmann

Wohnungsbau dauert. Aktueller Mangel kann erst zukünftig behoben werden. Aber Bedarf ist planbar. Der »BUND« für Naturschutz hinterfragt das Neubauziel der SPD von 200.000 Wohnungen, versucht eine seriöse Prognose und gibt Handlungsempfehlungen.
Mit Berlin als Bundeshauptstadt ließ sich ein deutlicher Zuzug vorhersagen. Einem kurzen Rückgang durch Abwanderung ins Umland folgte der betriebswirtschaftliche Abriss von Plattenbauten. Zeitweiliger Leerstand gehört aber zum Wohnungszyklus und muss wenigstens durch kommunale Wohnungsgesellschaften mitgetragen werden. Für Sanierung, Umzüge sowie eine Sofortreaktion auf eine gestiegene Nachfrage werden etwa drei Prozent benötigt.

Kräne müssen sich drehen.     Foto: mr

Ein erhöhter Wohnungsbedarf durch kleinere Haushalte und mehr Zuwanderung zeichnete sich 2010 ab. Der Neubau lief zu langsam an – der Nachholbedarf beträgt mindestens 44.500 Wohnungen trotz steigender Haushaltsgröße. Heute entstehen circa 17.000 pro Jahr, insgesamt 65.000 sind genehmigt. Wohnungssuchende kann dies nicht trösten. Morgen die Wohnungen bauen, die wir heute gebraucht hätten? weiterlesen

Neuköllner Alltägliches

Nachrichten aus Neuköllner Zeitungen vor 100 Jahren, bearbeitet von M. Rempe

Neuköllnische Zeitung Sonnabend, 08.04.1922
Reparaturbedürftige Schulen
. Bei der Berliner Stadtverordneten=Versammlung ist ein Antrag eingegangen, der sich mit dem baulichen Zustand der städtischen Schulen befaßt. Nach der Kriegszeit sind danach selbst die notwendigen Reparaturen unterblieben. Der Verfall der Gebäude schreitet vorwärts. Die Klassen widersprechen in vielen Schulen allen sanitären Anforderungen. Im letzten Jahre hatte der Magistrat etwa zwei Drittel der geforderten Mittel gestrichen, so daß die angesetzten Reparaturen zunächst nicht ausgeführt werden konnten.

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Eckiges Loch mit rundem Programm

Das »Hole44« rockt die Hermannstraße

In der Hermannstraße, Höhe Neubritzer Tor, mögen viele nicht unbedingt einen Hort der Kultur und Unterhaltung vermuten. Doch schon 1949 wurde hier mit dem »Globus«-Filmpalast der erste reine Kinoneubau Berlins nach dem letzten Weltkrieg eröffnet. Das zweigeschossige Rangtheater mit quadratischem Zuschauerraum zeigte fast 20 Jahre lang ein buntes Filmprogramm – dann war Schluss, und der Saal wurde als Supermarkt und zuletzt als polnische Diskothek »Galaxy Club«, berüchtigt für wodkareiche polnische DJ-Nächte, genutzt.

AUSSEN unspektakulär, innen heißt’s »Yeah«.     Foto: hlb

Nach pandemiebedingter Verzögerung eröffnete vor Kurzem hier das »Hole44« als Konzerthalle für etablierte Künstler wie für aufstrebende Talente; Es bereichert nun von Neukölln aus die ohnehin nicht arme Kulturszene der Stadt und bietet mit einem prallen Programm aus den Bereichen Pop, Rock, Punk, Metal und Alternative eine Vollladung für den coronaentleerten Livemusikakku. Von außen unscheinbar, wenngleich durch üppige Plakatierung als Konzertort erkennbar, birgt das »Hole« innen im würfelartigen, säulenfreien und in pragmatischen Grautönen optisch schlicht gehaltenen Raum eine moderne hohe Bühne, zwei Bars und eine Sound- und Lichttechnik auf modernstem Stand. Geblieben ist auch die Tribüne, die beste Sicht aufs Bühnengeschehen ermöglicht. Gut 700 Gäste finden hier unten oder oben ihren (Steh-)Platz. Eckiges Loch mit rundem Programm weiterlesen

Qigong – stetes Üben

Gastbeitrag von Dorothea Hampel

Die chinesische Bewegungslehre Qigong besteht aus langsamen und ruhig fließenden Übungen. Wie wertvoll Qigong-Übungen sein können, offenbarten den Übenden die letzten beiden Jahre der pandemischen Herausforderung. Eine stete Übungspraxis half Verunsicherungen, Sorgen und Ängsten nicht nur gefestigter zu begegnen, sondern gaben neue Kraft, ordneten den Geist und setzten vielfach Fundamente für den allgemeinen Gesundheitszustand.
Qigong, das stete Üben, kann alleine, zu zweit, in der Familie, in der sozialen Gruppe, zuhause, draußen, in räumlich geschütztem Rahmen, zyklisch, im Sinne von Yin und Yang, bei Sonnenauf- und Sonnenuntergang, aber auch der eigenen Lebenssituation angepasst, praktiziert werden. Das Nachlesen von wesentlichen Grundlagen (Handausgabe) erleichtert ein tiefes Übungsverständnis, ist aber keine Voraussetzung. Qigong – stetes Üben weiterlesen

Auf den Spuren der Erinnerung

Zeitzeugen und Zeitzeugnisse gesucht

Gleich zwei großartige Geburtstage stehen den Neuköllern bevor: »Die Freunde Neuköllns e.V.« feiern ihren 40. Geburtstag und das Nachbarschaftsheim Neukölln wird »als ältere Schwester« sozusagen 75 Jahre.


Beide Anlässe sollen von den Kiezanwohnern gebührend gefeiert werden. Dafür bedarf es allerdings in beiden Fällen ihrer Mithilfe.
Am 17. September 2022 ist ein großes Geburtstags- und Eröffnungsfest für alle Besucher und Kooperationspartner des Nachbarschaftsheims geplant. Ganz besonders sind dazu auch all jene Menschen eingeladen, die das Haus in den vergangenen Jahrzehnten besucht, sich engagiert und eingebracht haben. Gleichzeitig wird nach dreijähriger Bauzeit im laufenden Betrieb das Nachbarschaftsheim wieder vollständig der Nachbarschaft übergeben. Auf den Spuren der Erinnerung weiterlesen

Der Kasper feiert Geburtstag

15 Jahre Puppentheater am Böhmischen Platz

Seit 15 Jahren erfreut das Kasper-Theater am Böhmischen Platz in Rixdorf junge und alte Besucher. Am 20. März wurde mit einem Kinderflohmarkt und einer Open-Air-Vorstellung Geburtstag gefeiert.
»Es ist phantastisch, nach so langer Zeit wieder zusammen zu kommen«, freute sich Theatergründer Artur Albrecht. Den größten Spaß hatten dabei wohl die Kinder, die sich auch als Nachwuchspuppenspieler ausprobieren durften.

Artur und Kasper.        Foto: mr

Neben Kasper, Krokodil, Wachtmeister und Teufel hat Albrecht das politische Personal aus Neukölln am Start und ist mit seinen Puppen immer nah am politischen Geschehen im Bezirk. Damit knüpft er an die Traditionen des Puppenspiels an, das ursprünglich von den Jahrmärkten kommt und früher eher für die Erwachsenen gedacht war. Der Kasper konnte in seinem Spiel nämlich ganz wunderbar die Obrigkeit kritisieren. Der Kasper feiert Geburtstag weiterlesen