Brennende Solidarität

»Hoch die interkiezionale Solidarität.«    Foto: mr

»Raus aus der Defensive – Gegen Räumungen, Abschiebungen & Faschisierung«

Schon am frühen Abend wimmelt es rund um den Herrfurtplatz von Polizisten und Gruppenkraftwagen. Anlass für die Demo am 1. August war die geplante Zwangsräumung der linken Kiez­kneipe »Syndikat« in der Weisestraße, die für den 7. August, 9 Uhr angesetzt ist. Die besetzten Häuser »Rigaer94«, »Liebig34« und das Jugendzentrum »Potze« sowie die »Meuterei« sind ebenfalls von Zwangsräumungen bedroht oder wurden teils schon unter strittigen Umständen geräumt. Unter dem Motto »interkiezionale Solidarität« und »Kiezkultur von Unten erhalten und verteidigen« taten sich diese und andere Projekte zusammen, um gegen Verdrängung zu demonstrieren. Ungefähr 2.000 Menschen nahmen teil. Brennende Solidarität weiterlesen

Die Mörder sind unter uns!

Wie blöd kann man denn noch sein? Wer nicht blind oder taub und auch kein Legastheniker ist, sollte mittlerweile genau wissen, wie eine Mund-Nasen-Maske richtig getragen wird. Ebenso sollte die AHA-Regel allgemein bekannt sein. Und seine Adresse sollte eigentlich jeder kennen und (s.o.) auch aufschreiben können. Wer also den zum Schutz aller aufgestellten Verhaltensregeln nicht nachkommt, kann nichts zur Entschuldigung vorbringen, und ihm/ihr ist eindeutig Vorsatz zu unterstellen.
Auf jeder U- oder S-Bahnfahrt kann man sie sehen: Die Nase frei, oder gleich nur als Kinnschutz! So hilft die Maske nicht! Aber es trifft ja nicht einen selbst, sondern nur die anderen! Und dann noch Feiern bis zum Umfallen, ohne Abstand, aber dafür mit falschen Adressen. Spaß geht über Gesundheit! Das kann nur als niederer Beweggrund erkannt werden. Mit dem Vorsatz sind dann zwei Mordmerkmale erfüllt!

Harald Schauenburg

Schulwahl wird zur Qual

Kampf um die Wunschschule – ein Einzelfall?

Eine wichtige Information ist schon lange in der Berliner Elternschaft angekommen: Die ersten Schuljahre ihrer Sprösslinge sind für den späteren Lernerfolg und die Integration in die Gesellschaft von enormer Wichtigkeit. Das spiegelt sich auch in Zahlen. Laut Tagesspiegel haben Eltern in weit über 10.000 Fällen versucht, für ihre Kinder eine andere Schule zu finden als die vom Bezirksamt zugewiesene. Bei 33.000 Erstklässlern entspricht dies etwa einem Drittel. Diesem Elternwunsch kann nicht immer entsprochen werden.
In Neukölln ist das nicht anders. An einem Beispiel wird erläutert, wie ein Schulwunsch zu einer Odyssee werden kann.
Die Geschichte von Paula* beginnt im Jahr 2017. Die Eltern Sven und Cäcilie entschlossen sich, ihre Tochter in einer freien Alternativschule in Berlin-Neukölln einzuschulen. Im Mai des Jahres sprach Sven bereits mit der Schulleitung und bekundete sein Interesse an der Einschulung seiner Tochter für das Schuljahr 2019/2020. Ihm wurde bekundet, dass er ja richtig früh sei und es deshalb keine Probleme mit dem Wunsch der Eltern geben würde. Präsenz zu zeigen sei immer gut. Schulwahl wird zur Qual weiterlesen

Hausbrand in der Jahnstraße

Überwältigende Solidarität aus Kiez und Stadt

Nach einem Brand am 16. Juli musste das Eckhaus Jahnstraße 2/Buschkrugallee 30 umgehend evakuiert werden. Viele der 120 Bewohnerinnen und Bewohner hatten in der Eile keine Möglichkeit, in ihre Wohnungen zurückzukehren. Das Bezirksamt bat die Neuköllnerinnen und Neuköllner um Nachbarschaftshilfe bei der Vermittlung von Übergangswohnungen und Versorgung mit Kleidung, Kinderspielzeug sowie Artikeln des täglichen Bedarfs – und war überwältigt von der Resonanz. Nach der Verbreitung des Hilfe-Aufrufs standen die Telefone nicht mehr still und E-Mails gingen im Minutentakt ein.

Erdgeschoss bleibt dicht.     Foto: mr

Das Bezirksamt bedankt sich dafür herzlich bei den Berlinerinnen und Berlinern für die zahllosen Angebote und bittet nun, von weiteren Spenden abzusehen.
In einer Pressemitteilung vom 30. Juli verkündete das Bezirksamt, dass das Haus in Kürze wieder bewohnbar sein werde. Die Standfestigkeit konnte durch die Sachverständigen bestätigt werden, die Brandsicherheit jedoch noch nicht. Hierfür sei es zwingend erforderlich, den Brandschutz durch die Errichtung einer
Brandschutzwand wiederherzustellen. An der Wiederherstellung der Bewohnbarkeit werde mit Hochdruck gearbeitet. Hausbrand in der Jahnstraße weiterlesen

Bauen für Kids

Mehr Fläche für Jugendclub

Der Bezirk Neukölln hat sich zum Ziel gesetzt, die Ausstattung des Quartiers mit öffentlichen Einrichtungen der Bildung und Freizeit besonders für Kinder und Jugendliche zu verbessern. Zu den geplanten Maßnahmen gehört der Erweiterungsbau der Freizeiteinrichtung »Blueberry Inn« an der Reuterstraße 10.
Hier entsteht ein neues, größeres Gebäude mit neuen Außenflächen, um dem gestiegenen Bedarf in Zukunft besser entsprechen zu können. Der Jugendclub hat nach Fertigstellung auf zwei Stockwerken etwa das Vierfache der aktuellen Fläche. Baubeginn war der 6. Juli 2020.
Auch der »Käptn-Blaubär-Spielplatz« zwischen Karl-Marx-Straße und der Reuterstraße wird im Rahmen der Maßnahmen umgebaut. Die gesamten Außenflächen des Durchgangswegs werden neu angelegt.
Im Zusammenhang mit der Baustelle wird der Spielplatz sowie der Durchgangsweg bis 2023 gesperrt. Aufgrund der Baustelleneinrichtung ist die Durchführung des Jugendclub-Neubaus und der weiteren Bauten leider nicht anders möglich.
Ausweichstandort für den Spielplatz ist der 400 Meter entfernt gelegene Spielplatz am Boddinplatz. Auch für den Jugendclub wurde hier ein temporärer Standort eingerichtet.

pr
Weitere Informationen erhalten Sie auf den Seiten zum Sanierungsgebiet Karl-Marx-Straße/Sonnenallee unter
www.kms-sonne.de/projekte/blueberry-inn/

Getränke nerven die Glasower Straße

Zu wenig Platz für zu viele Kisten

Was für durstige Menschen sicherlich eine gute Adresse ist, ist für die Nachbarn des »GORA Getränkehandels« eine Last. Es ist Montagmorgen, die Sonne scheint, und die Polizei verlässt gerade den Getränkemarkt. Die Glasower Straße ist von Hause aus so eng, dass kaum zwei Autos aneinander vorbeikommen. In losen Abständen kommen Lastwagen aus Bulgarien, Rumänien und der Türkei, um den Handel mit Einweggetränken zu beliefern. Deutsche Lastwagen liefern dann die Mehrwegflaschen.

Der Lärmpegel ist enorm hoch, für die Nachbarn eine Qual, aber am Tag gestattet. Hinzu kommen Kunden mit ihren Transportern, deren Einkaufslisten abgearbeitet werden wollen. Leider hat der Getränkehandel keinen Firmenhof, auf dem die Waren umgeladen werden könnten. Also finden alle Aktivitäten auf der sowieso schon viel zu engen Straße statt. Gabelstapler, die eigentlich nur für Lagerhallen zugelassen sind, fahren emsig auf dem Bürgersteig und der Straße herum. Fußgänger haben hier keine Chance auf ein risikofreies Vorankommen, ganz zu schweigen, wenn noch eigene Gefährte wie Kinderwagen oder Rollator im Spiel sind. Da hilft es nur, die Straßenseite zu wechseln. Getränke nerven die Glasower Straße weiterlesen

Deutschlandatlas

Unsere Lebensverhältnisse in Karten

Seit Juli ist der aktualisierte Deutschlandatlas als interaktive Website unter www.deutschlandatlas.bund.de abrufbar. Insgesamt 56 Deutschland-Karten bilden die wichtigsten Fakten über das Leben in Deutschland ab und erlauben detaillierte Vergleiche zwischen den Regionen. Die Karten illustrieren räumliche Strukturen und regionale Ungleichgewichte in wichtigen Lebensbereichen der Menschen vor der Corona-Pandemie, von Infrastruktur und Demografie bis hin zu Gesundheitsversorgung und Sicherheit.
Der aktualisierte Deutschlandatlas zeigt für verschiedene Bereiche wiederkehrende Muster: Ost-West, Nord-Süd, Stadt-Land, Zentrum-Peripherie. Die Muster überlagern sich, aber es gibt immer wieder Ausnahmen. Im Gegensatz zu anderen Ländern, wo die Hauptstadtregion die Entwicklung dominiert, hat Deutschland viele Groß- und Mittel- und Kleinstädte, die Strahlkraft für das Umland haben und Motoren der regionalen Entwicklung sind.
Laut den für die Förderung des Projekts zuständigen Bundesministerien soll der Deutschlandatlas eine bessere Politik hinsichtlich gleichwertiger Lebensverhältnisse ermöglichen. Er mache sichtbar, in welchen Regionen noch Handlungsbedarf besteht.

mf

Pop-up-Bike-Lane für die Blaschkoallee

Sicherer mit dem Rad durch Britz

Die Blaschkoallee wird auf der südlichen Fahrbahn zwischen Britzer Damm und Buschkrug­allee mit einem übergangsweisen Radweg versehen. Auf der nördlichen Straßenseite wird eine temporäre Radspur zwischen Riesestraße und Britzer Damm eingerichtet. Insgesamt entsteht so in einem ersten Schritt auf 1.450 Metern eine Pop-up-Bike-Lane.

Demo für Radweg .     Foto: Stefanus Parmann

Bezirksbürgermeister Martin Hikel: »Bislang ist die Blaschkoallee mit dem Fahrrad kaum nutzbar. Das wird nach der nächste Woche anders sein. Die temporäre Bike-Lane schließt eine Lücke für sichere Radinfrastruktur in Britz. Die Blaschkoallee ist eine der wichtigsten Ost-West-Verbindungen in Neukölln. Mit einer besseren Fahrradinfrastruktur wächst so der Bezirk auch näher zusammen.« Pop-up-Bike-Lane für die Blaschkoallee weiterlesen

»HEROES« erhält Förderung

357.000 Euro für Präventionsprojekt

Das Neuköllner Gewaltpräventionsprojekt »HEROES« von »Strohhalm e.V.« erhält finanzielle Unterstützung von Bund und Land zur Fortsetzung seiner wichtigen Integrationsarbeit. Der Verein erhält vom Bundesfamilienministerium eine Projektförderung für eine bundesweite Koordinierungsstelle zur geschlechterreflektierenden Jungenarbeit für das »HEROES« Netzwerk, das die Unterdrückung im Namen der Ehre zum Thema macht. Die Förderung beläuft sich auf 212.000 Euro für drei Jahre ab 2020 bis 2023. Weitere Projektförderungen in Höhe von insgesamt 145.000 Euro erhält »Strohhalm e.V.« aus Landesmitteln, vorwiegend von der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie.
»Mit Strohhalm e.V. und dem Projekt HEROES können wir für die kommenden Jahre eine bundesweite Koordinierungsstelle für die gewaltpräventive und geschlechterreflektierende Jungenarbeit einrichten«, freut sich Bundesfamilienministerin Franziska Giffey. »HEROES« erhält Förderung weiterlesen

Mieten im Wandel

Zwischen Markt und Deckel

Immobilien sind eine sichere Investition. Bereits der Boden trägt mit bis zu zwei Dritteln zum Wert bei. Das drückt sich im Kaufpreis und den Mieten für Wohnungen aus. Der »Immo Scout 24« zeigt Zahlen, die auf Angeboten basieren, die ohne Mietendeckel erhoben wurden.
Der durchschnittliche Angebotspreis für Wohnungen zum Kauf lag im ersten Quartal 2020 in Berlin und Umgebung bei 3.898,61 Euro pro Quadratmeter. Er ist somit seit dem zweiten Quartal 2016 um 56 Prozent gestiegen.
In Neukölln liegen die Mietsteigerungen statistisch über denen von Berlin. Der durchschnittliche Angebotspreis für Mietwohnungen lag im ersten Quartal 2020 bei 13,05 Euro pro Quadratmeter. Er ist seit dem zweiten Quartal 2016 um insgesamt 40 Prozent gestiegen. Mieten im Wandel weiterlesen

»Wo Ätnaglut im Gaumen tanzt«

Typisch Sizilianisches auf Neuköllns Märkten

Die süditalienische Leidenschaft für gegrilltes Schaf und Lamm, für frittierte Reisbällchen, saftige Pane und viele Gaumenvergnügen mehr infiziert seit Juni risikolos Besucher der Märkte auf dem Hermannplatz und samstags auf dem Kranoldplatz. »Tipico Siciliano« nennt sich der außergewöhnliche Street-Food-Stand, der mit Stolz ein stadtweit überraschendes Angebot an rustikalen Spezialitäten des wilden Siziliens feilbietet.

Grill im Trubel.     Foto: hlb

Alle Stadtbewohner und -besucher von der Sonne sizilianischer Gastronomie zu überzeugen, ist der Antrieb dreier Männer aus Marsala, die hier täglich begeisternd und ehrgeizig deftige traditionelle Spezialitäten ihrer Heimat zubereiten und servieren – überzeugt, gekonnt und leidenschaftlich. In dieser besonderen Imbissbude mit ihren gut gefüllten Kühl- und Warmauslagen finden sich keine gewöhnlichen Mafiatorten, sondern weichbodige Sfincione, zudem feine Fleischwaren (bis hin zum Pferdebraten) zum Grillen und Burger-Belegen, vielfältige Würstchenspieße oder auch hausgemachtes Süßes für danach oder zwischendurch. »Wo Ätnaglut im Gaumen tanzt« weiterlesen

Karibische Neueröffnung nach Corona

Südliches Flair im Café »Punta Cana« in Britz

Für die Dominikanische Republik besteht weiterhin eine Reisewarnung. Darüber hinwegtrösten könnte das »Punta Cana« in Britz, das in den Räumen des ehemaligen Cafés »natürlich und schön«, gegenüber vom »Vivantes Klinikum Neukölln« kürzlich eröffnete.

glückliche Cafébetreiber.      Foto: rr

Einen Tag vorm hiesigen Lockdown unterschrieben Doreen Schönborn und ihr Partner Jesus Castillo die Übernahmeverträge und durften dann, voller Tatendrang, ihr Café nicht eröffnen. Endlich, am 20. Mai, war Eröffnung. Sie hatten die erzwungene Sperre zum Umbau genutzt, halten vorerst am hier schon etablierten Konzept eines gemütlichen Cafés mit Frühstück fest. Die Umgestaltung ist gelungen und erweitert das Café um einen Raum. Obwohl es beim Interview draußen regnerisch und trübe war, sorgte die neue Einrichtung dennoch für südliches Flair. Karibische Neueröffnung nach Corona weiterlesen

Keramikaze – mehr als Töpfern

Neues Kollektiv für kreatives Arbeiten

Viel los war im Hinterhof der Braunschweiger Straße 82 am 25. und 26. Juli – das neugegründete Kollektiv »Keramikaze« hatte zu einen Keramikfestival geladen. Es war Einladung und Experiment zugleich, das Kollektiv hatte sich ungewöhnliche und lustige Formate rund um das Thema Keramik, Ton und Töpfern ausgedacht.

Ton gut in Form.      Foto: Elisabeth Hammann

Es gab Workshops wie Töpfern aus dem Begriffslostopf, Speeddatingportraits und mehr. Das Wochenende war der Auftakt und Start für Julia, Ulrike, Anna, Anissa, Lisa, Martha und Elisabeth.
Der Name kommt nicht von ungefähr, die sieben lernten sich über die Keramik kennen, leiteten Töpferkurse für Kinder und haben sich in den letzten Monaten beruflich neu orientiert und das gemeinsame Projekt gestartet. Sie haben Kunst, Produktdesign, Goldschmieden, Malerei und Bildhauerei studiert. Ihre ganz unterschiedlichen Fähigkeiten und eine ganz ähnliche Vision brachte die Idee hervor, sich zu einem Kollektiv zusammenzuschließen. Keramikaze – mehr als Töpfern weiterlesen

Zwischen Bestimmung und neuen Visionen

Künstlerinnengespräch mit Maria Kossak im »Hungerkünstler«

Der »Hungerkünstler im Salon Renate« von Käse- und Jazzkneipengröße Georg Weishäupl und Sinnesfreuden-Entdecker Wolfgang Baumeister ist nicht nur heurigenartiges Weinbistro mit Jausenbrettern, Käsespätzle oder Überraschungsküche, sondern auch Kunstvermittlungsort und Galerie. Zu »48*h Neukölln« eröffnete hier die Berliner Künstlerin Maria Kossak ihre Ausstellung »FATE *N VISION 2020« beziehungsweise »Bestimmung–Vision«.

© KOSSAK work- n’ progress studio BERLIN

Sie versponn in Gestalt der Maria Magdalena ihre Haare in der Spindel eines zufällig von der Künstlerin entdeckten und sofort als Inspirationsobjekt geliebten Spinnrads und schlug damit Brücken über die Surrealität, die uns zwischen Kulturgeschichte, Mythologie, realer Zeitenwende, Krise und Zukunft begegnet. Zwischen Bestimmung und neuen Visionen weiterlesen

Historische Grüße aus Neukölln

Eine Zeitreise per Ansichtskarte im Schloss Britz

Vor 100 Jahren entstand aus der Stadt Neukölln und den Gemeinden Britz, Buckow und Rudow ein neuer Bezirk, der zu einem Teil Berlins wurde. Die Sonderausstellung »Neukölln – historische Ansichten« im Schloss Britz vermittelt bis zum 20. September anhand großformatig aufgezogener historischer Postkarten einen Eindruck davon, wie es zu dieser Zeit im Bezirk aussah.

Die Richardstraße vor 100 Jahren.     Foto: mr

Die Karten, die überwiegend vor der Eingemeindung aufgenommen wurden, zeigen eine aufstrebende Großstadt mit Industrie, gründerzeitlichen Straßenzügen und idyllischen Ecken wie dem Körnerpark und dem Reuterplatz. Historische Grüße aus Neukölln weiterlesen

Fragile Zeiten im Körnerpark

Das zerbrechliche Verhältnis von Mensch und Natur

Die neue Ausstellung »Fragile Times« in der Galerie im Körnerpark beschäftigt sich mit dem zerbrechlichen, äußerst instabilen Verhältnis zwischen Mensch und Natur und fragt danach, wie Kunst einen Raum schaffen kann, in dem diese Beziehung auf neue Weise definiert wird. Dabei betrachten die beteiligten Künstler das Verhältnis zwischen Mensch und Natur mit ungewöhnlichen Mitteln.

Kokuspamenskulpturr.   Foto:mr

Im Mittelpunkt der Ausstellung steht »Totem habitat«, eine lebende Skulptur aus Kokospalmen. Kokospalmen sind der Inbegriff tropischer Gewächse. Sie können aber auch große Mengen an Radioaktivität aus dem Boden aufnehmen und werden dadurch ungenießbar. So macht diese Arbeit darauf aufmerksam, wie Urangewinnung und Atomtests zur Zerstörung indigener Reservate und Kulturen beiträgt. Fragile Zeiten im Körnerpark weiterlesen

Zweite Jazzwoche in Berliner Klubs

»Peppi Guggenheim« vertritt Neukölln

Die heutige Berliner Jazzszene ist vielfältig und bunt. Von Dixieland bis Avantgarde sind alle Stilrichtungen vertreten. Allerdings fehlt manchmal das Publikum. Die großen Festivals wie das »Jazzfest Berlin« sind meistens ausverkauft, doch die vielen Klubs, ohne deren Engagement sich die Szene gar nicht ihren illustren Ruf erworben hätte, sind selten wirklich voll.

Trialogues.       Foto: Christian Ender

Um auf Jazz in den Klubs aufmerksam zu machen, hatte die »IG Jazz« letztes Jahr die Idee, einmal jährlich die »Jazzwoche Berlin« zu veranstalten. Damit soll auch die hauptstädtische Presse angesprochen werden, die das Geschehen in den Klubs so gut wie ignoriert. In diesem Jahr findet die zweite Auflage der Jazzwoche statt. Corona-bedingt beteiligen sich weniger Klubs an dem Event, da nicht überall die Abstandsregeln eingehalten können. Zweite Jazzwoche in Berliner Klubs weiterlesen

Liberalität seit 50 Jahren

Der Retro-Sexshop in der Karl-Marx-Straße

Es verschlägt mir glatt die Sprache. Unbeschreiblich ist dieser Sexshop, in dem die Zeit stehen geblieben ist. Die Tür steht halb offen. Der erste Blick fällt auf den sympathischen Inhaber, der alles andere als von gestern ist. Die Zeitschriften in der Auslage wirken dennoch so, dokumentieren dabei zurückliegende Zeiten, zeugen von vergangenem Flair, als Sexshops noch fragwürdige Exotik waren, in die man nur verstohlen den Zugang suchte.

Heiße Höschen und schicke Schuhe.      Foto:th

Der Inhaber empfängt mich maskiert, zeitgemäß per Taschentuchvermummung. Eigentlich will er kein Interview geben, Kiez und Kneipe ist ihm allerdings geläufig, er kommt gleich zum Kern. Der Sexshop öffnete am ersten Oktober 1971. Sexkino gab es bis 2001. Inzwischen werden DVDs verkauft. Da die Filme auch im Internet erhältlich sind, sinkt die Nachfrage nach Toys und Pornos im Shopangebot. William, so nennt sich der Inhaber des Erotikshops im Interview, bespielt den Laden dennoch weiter. Liberalität seit 50 Jahren weiterlesen

Kiezgespräch

Die große Freiheit auf dem Feld

KuK: Was bewegt dich in deinem Kiez?
Claudia: Zur Zeit bin ich froh, endlich wieder meine Lieblingsaktivität machen zu können, und zwar Tanzen. Normalerweise mache ich das in Tanzclubs mit meinem Partner, aber die haben im Moment alle geschlossen. Ich habe von Freundinnen gehört, dass es hier auf dem Tempelhofer Feld tolle Flächen gibt, auf denen man tanzen kann, also habe ich das vor ein paar Wochen einfach ausprobiert. Mir war gar nicht bewusst, dass die Leute hier so viele verschiedene Sportarten machen und den Platz frei zur Entfaltung nutzen. Abstände einhalten ist hier gar kein Problem, die meisten achten auch aufeinander. Natürlich finde ich es trotzdem schade, dass meine Tanzlokale und -hallen erstmal auf unbestimmte Zeit geschlossen sind. Tanzen ist eben ein Sport, bei dem man engen Kontakt hat, dabei werden zum Beispiel Partner gewechselt. Ich glaube kaum, dass ich dieses oder sogar nächstes Jahr an meinen Lieblingsorten tanzen kann. Kiezgespräch weiterlesen

Basteln mit Rolf

Knorkiger Untersetzer

Anlässlich meines Corona-Pandemie-Lock­downs sammelten sich einige Weinkorken mehr an. Ihre Rücknahme zum Recyceln stellen leider immer mehr Läden ein, und zum Wegwerfen sind sie eigentlich zu schade. Daher entstand mal eben ein nahezu quadratischer Untersetzer. Er besteht aus 18 ungefähr gleichlangen Korken, die nur mit Kleber verbunden sind. Benötigt wird eine Heißklebepistole und natürlich Lust zum Pfriemeln.
Zuerst werden immer zwei Korken an ihrer Längsseite zusammengeklebt. Wir brauchen neun Paare. Die werden anschließend versetzt, wie auf dem Foto zu sehen ist, miteinander verklebt. Natürlich steht jedem frei, die Anordnung der Korken selbst zu bestimmen.

rr

»Stell dir vor, es ist Neukölln-Derby…«

Geisterspiele noch bis 21. August

Berliner Senat und Fußballverband bilden bundesweit die Nachhut bezüglich der Zulassung von Publikum bei unterklassigem Fußball – der aktuelle »Kompromiss« hätte unschöne Folgen unter anderem für den »SV Tasmania«.

… Und keiner guckt zu.    Foto: Hagen Nickelé

Das Interesse war groß am Neuköllner Derby – Ende Juli trafen der »SV Tasmania« und der »TSV Rudow« in einem Testspiel aufeinander. Doch am Ende blieben die Ränge leer. Streng genommen durfte man natürlich schon froh sein, dass der Ball angesichts der Coronavirus­pandemie überhaupt wieder rollt und der Startschuss in die neue Saison in den Spielklassen ab der Regionalliga abwärts im August wohl stattfinden kann. Schade um das Derby ohne Besucher war es aber schon – und auch ein wenig fragwürdig, weil Berlin als letzter Fußballverband in Deutschland dieser Regelung unterliegt. »Stell dir vor, es ist Neukölln-Derby…« weiterlesen

Petras Tagebuch

Zwei Tanten namens Käthe

Eine von uns zwei Frauen erwähnte den Namen Tante Käthe. Das war bei einem der zufälligen Treffen, die ich so liebe. Birgit und ich sind im gleichen Alter, das heißt, unser Erlebnishorizont ist ähnlich.
Eine Tante Käthe hat uns beide begleitet und einen starken Eindruck bei uns hinterlassen. Birgits Tante Käthe kaufte ihr einmal im Jahr eine »Levi‘s«. Das tat sie bis ins hohe Alter. Die Vorstellung, wie die hochbetagte Dame in einem Jeansgeschäft eine Jeans kaufte, erheiterte uns sehr. Birgit lebte damals in Ostberlin, ihre Tante Käthe in Westberlin in der Neuköllner Donaustraße. Diese Tante Käthe muss eine sehr selbstbewusste Frau mit Prinzipien gewesen sein. Als Birgit die erste eigene Wohnung bezog und mit Alternativmöbeln ausstattete, besichtigte Tante Käthe die Räumlichkeit. Ihre erste Frage war: »Und wann kommen die Möbel, mein Kind?«
Meine Tante Käthe war die Freundin meiner Mutter. Sie war schwerhörig und hatte ihr Leben so eingerichtet, dass sie wenig mit Menschen reden musste. Mit mir aber tat sie es. Sie konnte alles von den Lippen ablesen, und manchmal vergaß ich ihre Schwerhörigkeit.
Tante Käthe spielte unheimlich gern »Mühle«. Wir haben so oft ge­spielt, dass ich, wenn ich den ersten Stein hatte, immer gewann. Außerdem hatte sie eine Strickmaschine. Während ich alle Stricksachen von meiner Mutter ablehnte, weil sie kratzen, liebte ich die Röcke, Jacken und Pullover, die ich von der Tante erhielt. Und ich lernte, mit der Strickmaschine zu stricken. Für mich war das faszinierend, weil die Kleidungsstücke so schnell fertig waren.
Unsere Tanten Käthe waren beeindruckende Frauen, die sich nicht unterkriegen ließen.