»Griessmühle« funkt S.O.S.

Demo zum Erhalt der »Griessmühle«.      Foto: Christian Hoffmann

Clubstandort in Neukölln gefährdet

Für den am südlichen Ende der Sonnenallee angesiedelten Elektroclub »Griessmuehle« endet ein turbulenter Monat. Denn erst Mitte Januar wurde von Seiten des Clubs bestätigt, was in den Wochen zuvor bereits gerüchteweise durch die sozialen Netzwerke und Onlineblogs geisterte: Das bekannte Party- und Kulturzentrum steht an seinem bisherigen Standort vor dem Aus. Da der aktuelle Eigentümer des Grundstücks, die »SIAG Property II GmbH«, den befristeten Mietvertrag aufgrund eines eigenen Verkaufsinteresses nicht weiter verlängerte, muss die »Griessmühle« ihre Pforten in Neukölln Ende Januar schließen. »Griessmühle« funkt S.O.S. weiterlesen

Griessmühle gehört nach Neukölln

Seit 2012 lieben Technofans diesen Ort nicht nur wegen der Musik, sondern auch wegen des reichhaltigen kulturellen Angebots und als Ort des Berliner Freiheitsgefühls sowie des nonkonformen Ausprobierens.
Nun besteht die Befürchtung, dass die Griessmühle dem berlinweiten Clubsterben zum Opfer fällt.
Dankenswerterweise hat die BVV Neukölln eine Entschließung verabschiedet, die sich für den Erhalt der Griessmühle am jetzigen Ort einsetzt. Die aktuelle change.org-Petition #saveourspaces könnte dies unterstützen.
Für viele mag es ja nur Lärm sein, für andere ist es ein Lebensgefühl, das es zu achten gilt. Schließlich schadet es niemandem. Und wo bitte soll denn laut und ausgiebig Musik gehört und sich ausgetobt werden, wenn nicht in leicht abgelegenen Ecken? Neukölln steht solch ein Ort gut zu Gesicht, und wir hoffen, dass die Rettungsversuche für die Griessmühle zum Erfolg führen!

Beate Storni

242 Kerzen

Erste Neuköllner Gedenkfeier für einsam Verstorbene

Spirale für 242 Verstorbene.    Foto: mr

242 Kerzen, angeordnet als leuchtende Spirale, brannten im Altarraum der Philipp Melanchthon Kirche. Jedes Licht stand für einen Menschen, der im letzten Jahr einsam verstorben ist und – wie es im amtsdeutsch heißt – »ordnungsbehördlich« bestattet wurde, weil der Tote entweder keine Angehörigen mehr hatte, oder diese die Verantwortung für die Ausrichtung der Beisetzung ablehnten. Dieser Menschen wurde am 19. Januar in einer Andacht gedacht, an der rund 60 Personen, darunter auch einige Bezirkspolitiker, teilnahmen. 242 Kerzen weiterlesen

Schule in Not

Bürgerbegehren, Leerstand, Friedhofs-Entwicklungskonzept in der BVV

Draußen vor dem Rathaus tanzten die Menschen, um für den Erhalt der Griessmühle zu demonstrieren. Die Beats waren bis in den Saal der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) zu hören. Dort übergaben noch vor Beginn der Sitzung rund 25 Eltern, Lehrer, Schüler und andere Aktive fast 12.000 Unterschriften für das Bürgerbegehren »Schule in Not« an Bezirksbürgermeister Martin Hikel.

Unterschriftenübergabe.      Foto: mr

Die Initiative will erreichen, dass Neuköllns Schulen gründlich und zu guten Arbeitsbedingungen gereinigt werden. Konkret fordern sie, dass die Reinigungskräfte wieder beim Bezirk angestellt werden und ausreichend Zeit für ihre Arbeit erhalten. Es ist das erste Mal überhaupt, dass in Neukölln Unterschriften für ein Bürgerbegehren übergeben wurden. Jetzt muss das Bezirksamt die Unterschriften prüfen. Schule in Not weiterlesen

Im Dunkeln

Abgeordnetenhaus will »Runden Tisch gegen Energiearmut«

Die Betroffenen stehen im Dunkeln, ohne Licht, Fernseher, Waschmaschine. Der Strom wurde durch den Energielieferanten gesperrt, da Rechnungen unbezahlt blieben. Ebenso kann das bei der Gaszufuhr passieren. 2018 blieben in Berlin 15.000 Menschen ohne Strom, deutschlandweit waren es 344.000 Haushalte. Eine Stromsperre angedroht haben die Versorger gut 4,8 Millionen säumigen Zahlern. Sperrungen erfolgen ohne Rücksicht auf Feiertage und Jahreszeit, also auch im Winter. Dauerhaft kann dagegen nur eine politische Lösung helfen. Das Abgeordnetenhaus von Berlin ergriff dazu die Initiative. Die Neuköllner SPD übte im November Druck aus, nachdem die Linke im Abgeordnetenhaus im Februar 2019 auf die wachsenden Probleme mit Gassperrungen aufmerksam machte.


Die Berliner Verbraucherzentrale ermittelte verschiedene Ursachen für die Stromsperrungen. Im Kern hat die »Energiearmut« stets mit bereits vorhandener Armut aufgrund geringer Einkommen oder Bezug von ALG II zu tun. Im Dunkeln weiterlesen

»Geht‘s auch ‘ne Nummer kleiner?«

Signa stellt Pläne für den Karstadt-Neubau am Hermannplatz vor

Zentrales Thema der Sitzung des Stadtentwicklungsausschusses am 21. Januar war der Antrag der CDU-Fraktion »Neukölln unterstützt das Neubauvorhaben von Karstadt am Hermannplatz!« Timo Herzberg, CEO des Karstadt-Eigentümers Signa Deutschland, und Thibault Chavanat, Projektmanager im Unternehmen, stellten den Bezirksverordneten die Pläne des Konzerns vor, den Karstadtbau aus dem Jahr 1929 wiederauferstehen zu lassen.
Das Projekt bleibt umstritten. Etwa 150 Anwohner demonstrierten vor der Sitzung gegen den Abriss des 50er-Jahre-Hauses. Sie befürchten Immobilienspekulation und Tourismus und als Folge davon die Verdrängung von Mietern und Gewerbetreibenden. Rund 1.200 Unterschriften haben sie inzwischen gegen das Projekt gesammelt. »Geht‘s auch ‘ne Nummer kleiner?« weiterlesen

Neugestaltung am Wildenbruchplatz

Diskussionen um Konzepte für den nördlichen Teil des Parks

Nachdem am Weigandufer die ersten baulichen Maßnahmen bereits umgesetzt worden sind, schreiten auch die Planungen zur Sanierung des Wildenbruchplatzes voran. Am 23. Januar folgten deshalb rund 60 Interessierte der Einladung des Bezirksamts Neukölln ins Guttempler-Haus, um sich über den derzeitigen Stand zu informieren.

information im Guttempler-Haus.Foto: raumscript

Gleichzeitig wurde den Gästen die Möglichkeit gegeben, eigene Vorschläge für die Neugestaltung des Platzes einzubringen. Neben den Planern des Bezirksamts nahmen auch Bezirksbürgermeister Martin Hikel und Baustadtrat Jochen Biedermann an dem Bürger­austausch teil. Neugestaltung am Wildenbruchplatz weiterlesen

Paul läuft gegen den Müll

Mehr Sauberkeit, Sport und Spiel

 

Der Macher Paul Ohmert-Bay.    Foto: me

Paul Ohmert-Bay aus Frankfurt (Oder) gehörte noch vor ein paar Jahren unter anderem eine Produktionsfirma in Kreuzberg. Er selbst beschreibt seinen Weg unter dem Begriff der »Pfadabhängigkeit«. Er schlug einen Pfad ein, der ihn an seine Ziele führen sollte. Nachdem er merkte, dass diese Ziele nicht die richtigen für ihn waren, hob er den Kopf und schlug einen neuen Weg ein. Ein entscheidender Faktor dafür war der Abfall in seinem Kiez. »Ich habe mir gedacht: Mich nervt der Dreck.«
Paul ist nun auf der Mission, Neukölln Schritt für Schritt etwas schöner zu machen. So stieg er aus seinen Unternehmen aus und widmet sich neuen Aufgaben. Er joggt gerne, doch sagt von sich aus, das Laufen allein sei ihm zu langweilig. So fing er 2018 an, beim Sport Müll aufzusammeln. Zunächst war es ein 60-Liter-Müllbeutel, dann stetig mehr. Paul läuft gegen den Müll weiterlesen

Umweltgerechtes Neukölln

Vom Konzept zur Praxis

Neukölln ist einer der am dichtest besiedelten Bezirke in Berlin. In Neukölln-Nord und der Gropiusstadt leben rund 14.000 Einwohner pro Quadratkilometer, in Britz und Buckow etwa 6.500 und in Rudow 3.500 (Stand: Juni 2019).

Heuser, Heiß, Tidow und Zschiesche.    Foto: bs

Klar auf der Hand liegt, dass die Menschen in den dichter besiedelten Kiezen mehr Belastungen durch Lärm, Verkehr, Luftverschmutzung und bio­klimatische Unwägbarkeiten auszuhalten haben, jedoch zugleich über weniger Frei- und Grünflächen zur Erholung verfügen. Oftmals kommen finanzielle Sorgen durch Arbeitslosigkeit dazu, alles zusammengenommen auf Dauer durchaus gesundheitsgefährdend. Dies gilt besonders für viele Quartiere innerhalb des S-Bahn-Ringes. Umweltgerechtes Neukölln weiterlesen

KMS-Baustelle

Neue Verkehrsführung bei Werbellinstraße

Die Bauarbeiten der Neuköllner Karl-Marx-Straße gehen in die nächste Phase. Entlang des Alfred-­Scholz-Platzes wechselt die Baustelle auf die westliche Seite mit Auswirkungen auf die Verkehrsführung. Parallel wird erstmals eine zweite Baustelle zwischen Fulda- und Weichselstraße eingerichtet, um das Vorankommen des größten Straßenbauprojekts in Neukölln zu beschleunigen. BVG, Versorger und das Bezirksamt sanieren seit 2010 den Tunnel der U7, sämtliche Leitungen und die Straße selbst auf einer Gesamtlänge von zwei Kilometern.
Es kommt zur Änderung der Verkehrsführung innerhalb der laufenden Bauphase 3 (Briesestraße – Erkstraße). KMS-Baustelle weiterlesen

Neukölln gedenkt Verfolgten

Jüdisches Leben von Neukölln bis Auschwitz

Mit einer Gedenkstunde im Saal der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) und der Eröffnung der Ausstellung »Ausgestoßen und verfolgt« wurde in Neukölln an die Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz durch die
sowjetische Armee vor 75 Jahren erinnert.
Beginnend mit der im Alltag erfahrenen Ausgrenzung ab 1933 bis hin zur Deportation in Konzentrationslager wie Auschwitz, spannt die Ausstellung des mobilen Museums einen zeitlichen Bogen von 1933 bis 1945.

Jüdisches Leben und Leiden.     Foto: mr

»Wir gedenken heute der millionenfach sinnlos Ermordeten; wir erinnern an die Verfolgten und Deportierten, für die bisher in Neukölln allein 217 Stolpersteine verlegt wurden; wir ehren die, die im Angesicht des Leids geholfen haben und sich dem Terror widersetzten«, sagte BVV-Vorsteher Lars Oeverdieck. Neukölln gedenkt Verfolgten weiterlesen

Neuköllner Alltägliches

Nachrichten aus Neuköllner Zeitungen vor 100 Jahren, bearbeitet von M. Rempe

Neuköllnische Zeitung
Sonnabend, 7.2.1920
Die Arbeiten bei der Schnellbahn Gesundbrunnen – Neukölln sind nunmehr trotz des Einspruchs der an dem Bau interessierten Gemeinden, Berlin und Neukölln, vorläufig eingestellt worden. Die Firma Siemens u. Halske hat sämtlichen Arbeitern zum 15. Februar gekündigt, auch die anderen, an dem Bau beteiligten Gesellschaften haben ihre Arbeiter entlassen und begründen diese Maßregel mit dem Mangel an Zement. Durch die Entlassung werden viele hundert Arbeiter brotlos und fallen der städtischen Erwerbslosenfürsorge zur Last. Neuköllner Alltägliches weiterlesen

Vom Eis- zum Flaschderix

Mehr als drei Flaschen in der Böhmischen Straße

Mit mildem Licht die Gemüter erwärmen, bei entspannter Stimmung die Sinne betören – dies möchte das »Drei Flaschen«, welches Ende Oktober eröffnete und schnell zum Tipp im sich urbanisierenden Rixdorf geworden ist. Mit unaufdringlichem, freundlichem Charme, nicht schicki oder artsy, sondern lässig solide und mit kreativem Design zieht das Lokal an der Böhmischen Ecke Zwiestädter Straße ein auch altersmäßig gemischtes Publikum aus Nachbarn, Neu-Neuköllnern und mobilen NK-Fans an.

Käse, Wein und Kerzenschein.   Foto: hlb

Die drei Barbesitzer sind kiezbekannt und beileibe keine Flaschen: Der Franzose Philippe Schröder und der Öster­reicher Paul Kolek wohnen um die Ecke, gründeten den »Tempelburger«-Imbiss auf dem Tempelhofer Feld und führen nebenan die Eisdiele »EISdeRIX«. Zusammen mit Boris Schäfer haben sie das »Drei Flaschen« renoviert und selbst geschmackvoll zu einer Kneipe auf Weinbarniveau ausgebaut. Pflanzen, Kerzen und die Farbe wechselnde Lampen spenden dem L-förmigen Raum mit dem langen Holztresen eine angenehme Atmosphäre. Besonders originell ist der aus alten Holzfenstern zusammengebaute Toilettenbereich. Vom Eis- zum Flaschderix weiterlesen

Meisterhafte Klangkörper aus Britz

Andreas Isaak baut nicht nur Gitarren

Andreas Isaak, Zupfinstrumentenbaumeister, geboren 1985 und aufgewachsen in einem kleinen Dorf in der Nähe von Paderborn, wohnt und arbeitet etwas versteckt in Britz.

König der Klampfen.     Foto: rr

Übers Gitarrenspiel entstand sein Wunsch, selbst solche Instrumente zu bauen, was er mit siebzehn in der Tischlerei des Vaters erstmals realisierte, um danach das Instrumentenbauhandwerk zu erlernen. 2011 meisterte er die Fachhochschule in Markneukirchen und legte im selben Jahr auch noch an der Handelskammer Chemnitz die Meisterprüfung ab.
Für ein Praktikum kam er nach Berlin zum renommierten Jörg Kuhlo vom »Plekhaus«, was später kurz zu einer Teilhaberschaft führte. Meisterhafte Klangkörper aus Britz weiterlesen

Danke, Poschadel!

Trauer um Kiezpolizisten

Freund und Helfer Burkhard Poschadel     .Foto: pr

Kaum ein Neuköllner, der ihn nicht kannte: Burkhard Poschadel, der wahrlich Tag und Nacht für die Menschen im Einsatz war. Sei es als Bereitschaftspolizist, was nicht seiner Leidenschaft entsprach, sei es als Streifenpolizist, was nach gelungener »Dealer-Jagd« auch schon einmal mit Verhaftung plus Matschlandung enden konnte. Knüppel schwingen und Berichte schreiben war nicht seine Sache, mit den Menschen reden seine Berufung. Folgerichtig wurde er Kontaktbereichsbeamter (KOBB). Immer draußen, immer unterwegs, immer bei den Bürgern und ihren Problemen.
Die »bösen« Jugendlichen kannte er mit Namen, und diese begegneten ihm mit Respekt. »Entschuldigung, Herr Poschadel«, hörte er öfter. Danke, Poschadel! weiterlesen

Auf den Tag genau

Zeitungsmeldungen von vor 100 Jahren zum Hören

Was passierte auf den Tag genau vor hundert Jahren in Berlin? Drei Neuköllner haben sich diese Frage gestellt, und entstanden ist ein wunderbarer Podcast. Ein Podcast bezeichnet eine Serie von abonnierbaren Mediendateien, die auf dem Smartphone oder Computer angehört werden können.

DAs Audio-Trio auf Spurensuche.    Foto: jr

Wir sitzen in einer Neuköllner Küche, und die drei erzählen mehr über ihre Idee: Zu allererst geht es ihnen nicht um den Hype der 20er- Jahre, die Zeit ist eher Zufall. Zu Hören sind Zeitungsmeldungen aus dem letzten Jahrhundert, eben auf den Tag genau.
Die Geschichte beginnt im Oktober 2019. Jan Fusek, Fabian Goppelsröder und Robert Sollich begegnen sich über Querverschränkungen, teilen ihre Liebe für das Medium Radio und tauchen ein in die Zeit vor hundert Jahren. Auf den Tag genau weiterlesen

Sehr gute Ergebnisse für Sexarbeitende

»Runder Tisch Sexarbeit« legt Handlungskonzept vor

HANDELN für Gleichstellung.    Foto: pr

Der »Runde Tisch Sexarbeit« hat für Berlin ein umfangreiches »Handlungskonzept« zur Verbesserung der Situation der Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter vorgelegt. In sechs Sitzungen in wenig mehr als einem Jahr sowie in Arbeitsgruppen wurde eine Bestandsaufnahme vorgenommen und Schlussfolgerungen daraus gezogen. Die Arbeit erfolgte »auf Augenhöhe«. Mitglieder verschiedener Senatsverwaltungen, des Bezirks Tempelhof-Schöneberg, der Polizei, Beratungsstellen und weiterer Behörden trafen sich mit Vertretern und Vertreterinnen der Sex­arbeitenden und Bordellbetreibern. Es geht darum, der Diskriminierung von Sexarbeit entgegen zu treten, eine Grundvoraussetzung für die Verbesserung der Situation in der vielseitigen Berufssparte. Das übergeordnete Ziel des Gremiums ist, dass Sexarbeitende ihre Tätigkeit ohne Diskriminierung unter sicheren und menschenwürdigen Bedingungen ausüben können. Sehr gute Ergebnisse für Sexarbeitende weiterlesen

Winterfreude Schlittschuhlaufen

Wo Knackärsche übers Eis tanzen

Eiskunst in der Oderstraße.   Foto: jr

Schlittschuhlaufengehen – ein Wort aus unser aller Kindheit, doch zugefrorene Seen gibt es leider gerade nicht. Also muss eine künstliche Neuköllner Schlittschuhbahn herhalten – das Werner-Seelenbinder-Stadion. Das ist eine sehr eigene, berauschende Erfahrung: Kindern, die nicht fah­ren können, aber mit Vollspeed unterwegs sind, muss ausgewichen werden. Kleine, dicke Jungs, ältere Leute und andere zaghafte Menschen kleben an der Bande und trauen sich nur so halb aufs Glatte. Daneben drehen ambitionierte Menschen Pirouetten, andere trainieren ihre Knackärsche oder ähnliche Körperteile auf dem Eis, und der Rest isst Pommes. Jeden Tag mittags um eins wird die Eisbahn geschlossen und das Eis aufgefrischt, damit ab 15 Uhr alle wieder im Kreis fahren können. Die schönste Zeit ist kurz davor. Noch schöner ist, dass sich alle sozialen Schichten treffen, und das Rausschmeißerlied bleibt wohl auch gleich und heißt immer noch »Wer hat an der Uhr gedreht«

.jr

Neuköllner Kunstpreis 2020

Prämierungen für Steine, Bügel und Bänder

170 haben sich beworben, acht wurden nominiert, drei haben ihn bekommen: den Neuköllner Kunstpreis, der am 24. Januar vom Fachbereich Kultur und dem »Kulturnetzwerk Neukölln e. V.« in einer feierlichen Zeremonie im »Heimathafen« verliehen wurde.

Wertgeschätzte Künstlerinnen.   Foto: mr

»Preise zu vergeben, gehört zu den schönsten Aufgaben einer Stadträtin«, sagte Kulturstadträtin Karin Korte, als sie die Namen der Gewinnerinnen verkündete. Der Preis, der in diesem Jahr zum vierten Mal vergeben wurde, sei ein Zeichen der Wertschätzung für die Künstler, die in Neukölln leben oder arbeiten in einer Zeit, in der es für sie immer schwerer werde, Platz für Ateliers zu finden. »Wir zeigen, dass uns die Kunst nicht egal ist«, sagte sie weiter. Neuköllner Kunstpreis 2020 weiterlesen

Die Kinder des Krieges

Videoinstallation im Museum Neukölln

Die Videokünstlerin Ina Rommee hat gemeinsam mit dem Fotografen Stefan Krauss acht Neuköllner, die zwischen 1929 und 1938 geboren wurden, nach ihren Erinnerungen an die Kriegsjahre und die Jahre danach gefragt. Die daraus entstandene Videoinstallation ist bis zum 5. April im Museum Neukölln auf dem Gutshof Britz zu sehen und zu hören.

Acht Zeugnisse des Krieges.   Foto: mr

Die Besucher nehmen auf weißen Stühlen vor acht Monitoren Platz, die so nebeneinander angeordnet sind, dass der Eindruck entsteht, die drei Frauen und fünf Männer säßen an einem Konferenztisch dem Betrachter gegenüber. Reihum erzählen sie aus ihrem Leben. Durch den Schnitt und die Montage erscheinen die Erzählungen dabei wie ein wechselseitiges Gespräch.
Es geht um den Alltag in der Schule, beim »Bund deutscher Mädel« oder der »Hitlerjugend«; darum, wie sich Menschen veränderten, sobald sie eine Uniform anzogen. Es geht um die Angst und die Ungewissheit über den Verbleib des Vaters im polnischen Exil wie bei Karol Kubitzki oder wie bei Georg Weise, der lange nicht wusste, dass sein Vater zu 15 Jahren Haft wegen Widerstands-Aktivitäten gegen die Nazis verurteilt worden war. Die Kinder des Krieges weiterlesen

Salonmusik

Jazz im »Zitronencafé«

Der Auftakt der diesjährigen Salonmusik am 2. Februar verlief turbulent. Zwei der Musikerinnen des Lotus Trio, das die Konzert­reihe eröffnen sollte, hatten sich bei ihrem Aufenthalt in Vietnam
anlässlich des Neujahrsfests mit dem Corona-Virus angesteckt und konnten nicht zurück nach Berlin reisen.

Karparov & Brunn. Foto: Sevi Tsoni

Deshalb musste die Gruppe zwei Tage vor dem geplanten Konzert absagen. Kurzfristig konnte aber mit dem »Ravi Srinivasan Duo« eine hervorragende Ersatzband engagiert werden, die mit ihrem indisch-indonesischen Programm »Klänge aus dem Dschungel« die Zuhörer begeisterte.
Am 9. Februar erwartet das Publikum Musik des Balkans, gewürzt mit einer Prise Modern Jazz. Der virtuose Saxophonist Vladimir Karparov entwickelt mit seinem Duopartner, dem Gitarristen Andreas Brunn, urbanen World-Jazz, der souverän die musikalischen Welten des Okzidents und Orients verbindet. Salonmusik weiterlesen

Kiezgespräche

Von Drogen, Krankheit und Engagement

KuK: Welche Themen bewegen dich in deinem Kiez?
Tobias: Ich sehe täglich Drogenkonsumenten, zuhause auf der Treppe, in den umliegenden U-Bahnstationen, am Hermannplatz, und das bewegt mich. Erstens ist es erschreckend, wie viele Menschen unter Drogensucht leiden, zweitens finde ich die Situation dramatisch für uns alle. Wir müssen einen Umgang finden. Kiezgespräche weiterlesen

Zauberhaftes von der Ziege

Cremig-frischer Belgier

Viel ist in unserer Käsekolumne von glücklichen Kühen und prächtigen Almen die Rede, doch das Käseuniversum hält natürlich noch ganz andere Delikatessen bereit als Bergkäse. Diesen Monat wollen wir uns den Ziegen widmen. Diese kletterfreudigen und glattfelligen Mitbewohner fressen am liebsten frische, saftige Kräuter und Blättchen, riechen gar nicht mal so streng und: Sie geben Milch, aus der sich fantastische Käse, von topfig frisch bis pikant und hart, machen lassen, die mit einem ganz speziellen, rassig-würzigen Aroma punkten.

NATUR oder Kräuter? Foto: me

Man vermutet, dass Ziegen schon vor rund 13.000 Jahren, lange vor Kuh oder Pferd, im Orient domestiziert wurden, sind sie doch genügsam und günstig zu halten. Über die Mauren kam das Wissen um die Verarbeitung von Ziegenmilch bis nach Mitteleuropa. Insbesondere die Franzosen kultivierten es ab dem Mittelalter und entwickelten bis heute beliebte Ziegenkäsesorten.
In Belgien, Frankreichs Zauberhaftes von der Ziege weiterlesen

Trubel bei Tasmania

Tamtam um Trainerwechsel

Beim Hallenturnier der Berlin-Liga Anfang Januar war plötzlich ein Verein in aller Munde, der gar nicht teilnahm: der »SV Tasmania«. Der war schließlich im vergangenen Sommer Meister der höchsten Berliner Spielklasse geworden und in die Oberliga aufgestiegen. Dort haben die Neuköllner zwar bisher nicht unbedingt fleißig gepunktet, auf Platz 12 (von 16 Teams) aber noch alle Chancen auf den Klassenerhalt.

Trainergespann Abu (r.) und Momar Njie.    Foto: Hagen Nickelé

Um so merkwürdiger war auf den ersten Eindruck, dass eben an diesem Januartag eine Pressemitteilung des Vereins publik wurde, die einer­seits Erstaunliches zu vermelden hatte, andererseits aber auch Raum für Spekulationen zuließ. Und wer sich auch nur ein wenig im Berliner Amateurfußball rumtreibt, weiß, dass zu solch einem Anlass die Gerüchteküche richtig heiß läuft. Trubel bei Tasmania weiterlesen

Basteln mit Rolf

Korkenzieher

Am 26. Februar ist Aschermittwoch und das Ende des Karnevals. Bis dahin wird auch wieder die legale Droge Alkohol reichlich konsumiert. Oft braucht es vor dem Genuss dazu einen Korkenzieher. Das gab den Anlass, diesmal einen Korkenzieher zu basteln. Benötigt wird nur etwas dünner Draht (1 mm), ein (echter) Korken, eine Biegezange, ein Seitenschneider und wie immer Lust zu Pfriemeln.


Aus dem Draht biegen wir eine Menschenfigur. Auf dem Bild besteht die aus einem Stück, sie kann aber auch gern aus mehreren Drahtabschnitten zusammen gesetzt sein. Die Figur wird anschließend in eine etwas Schweres ziehende Haltungsform gebracht. Das Zugseil, aus einem weiteren Stück Draht, wird anschließend am Korken befestigt und der Figur über die Schulter gelegt. Fertig ist ein Korkenzieher!

Petras Tagebuch

Wirkungslose Patientenverfügung

Bis November letzten Jahres wohnte meine Schwester auf Usedom. Sie hatte sich vor etwa zehn Jahren dazu entschlossen, weil das dortige Klima ihrer Gesundheit sehr entgegen kam.
Mit ihren 78 Jahren entschloss sie sich dann, nach Bad Reichenhall an der österreichischen Grenze zu ziehen. Sie hatte eine schöne Wohnung gefunden, traf sehr nette Menschen und fing wieder an, Pläne zu schmieden.
Sie wollte sich auch mehr um ihre Gesundheit kümmern und suchte einen Arzt auf. Mit der Diagnose, die sie sich anhören musste, begann eine unsägliche Geschichte. Ihr wurde erzählt, dass sie eine schwerkranke Frau sei und sich einer Herzuntersuchung unterziehen solle. Am Abend vor dem Eingriff erzählte sie mir, dass sie eine Patientenaufklärung unterschreiben musste und sagte: »Ich habe nicht damit gerechnet, dass ich mit einer solchen Untersuchung so viele Risiken, die mein Leben beenden könnten, eingehe.« Petras Tagebuch weiterlesen