Archiv der Kategorie: Kommentar

Es betrifft uns alle!

Es betrifft uns alle!

Unzufriedenheiten, Ängste und Hass führen zunehmend zu Aggressionen, Respektlosigkeit und Gewalt. Als Ausdruck nicht gelöster Probleme sucht sich Wut unterschiedliche Ventile und führt auch zum Verlust des Sicherheitsgefühls.
Vielerorts werden Men­schen angegriffen, schwer verletzt oder gar getötet. Gegenstände im öffentlichen Bereich werden stark beschädigt oder zerstört. Das friedliche Miteinander und die soziale Kontrolle schlagen immer öfter in Missachtung und Gaffertum um.
Jeder einzelne von uns ist gefordert, sich selber zu fragen, wie und wo er dazu beitragen kann, das Gemeinschaftsgefühl zu stärken. Eine Möglichkeit wäre die Selbstverpflichtung zum friedlichen und wertschätzenden Umgang mit sich selbst und anderen.
Die Politik kann diese Probleme nicht lösen, außer durch einen Scheinsicherheit vor­gaukelnden Überwachungsstaat, der unsere Demokratie ad absurdum führen würde.

Beate Storni

Bänke weg – Park zu!

Hier stand einmal eine Bank.                                                                                                                           Foto:mr

Vor 100 Jahren waren fehlende Sitzbänke und mangelndes Personal Grund genug, den Körnerpark geschlossen zu halten.
Aus heutiger Sicht schwer vorstellbar, da die Neuköllner es sich mit Decken und Klappstühlen in selbigem Park gemütlich machen und die Wiesen belagern.
Leider kann der barocke, hintere Teil des Parks, der besonders zum beschaulichen Verweilen einlädt, in Ermangelung von Sitzgelegenheiten nicht genossen werden. Im vorderen Teil entlang der Schierker Straße scheinen auch die Hälfte der Bänke auf sonderbare Weise abhanden gekommen zu sein. Lediglich um das Wasserbecken herum stehen einige Bänke, die zu fast jeder Tageszeit besetzt sind. Für Menschen, die nicht so gut zu Fuß sind, bietet der Körnerpark somit kaum einen Anreiz, diesen wertvollen Ort zum Ausruhen und Genießen zu besuchen. Im Zeitalter der gewollten Inklusion wirklich schade, oder?

Beate Storni

Sprungbrett Neukölln

»Tu, was du kannst, mit dem, was du hast, wo immer du bist.« Diese Worte von Theodore Roosevelt sind der Leitspruch von Franziska Giffey. Starke Worte für immense Aufgaben.
»Als Ministerin werde ich mich für alle einsetzen: für Frauen und Männer, für die Ost- und Westdeutschen, für diejenigen, die in ländlichen Regionen leben und für diejenigen, die aus der Stadt kommen, für Kinder, Jugendliche […], für die Älteren, die Pflege und Unterstützung brauchen, und für die Seniorinnen und Senioren, die aktiv sind und unverzichtbar für ihre Enkelkinder oder ihren Verein, als Lesepaten und Helden des Alltags.«
Ob Kiezministerin oder Quoten-Ossi, entschei­dend ist, dass ihr Bildung, Betreuung und Bürgerbeteiligung wichtig sind. Zu hoffen bleibt, dass sie ihren bürgernahen Kurs beibehält und es durchsetzen kann, die Gehälter in den »sorgenden Berufen« deutlich anzuheben. Dafür wünschen die Neuköllner viel Kraft!

Beate Storni

Barrierefreiheit beginnt in unseren Köpfen

Ob im Rundfunkrat oder sonstwo, Menschen mit Behinderung, Einschränkung oder sonstigen individuellen Merkmalen haben grundsätzlich das selbstverständliche Recht auf Teilhabe an und in unserer Gesellschaft. Dazu gilt es, möglichst alle Lebensbereiche barrierefrei zu gestalten.
Die Bedingungen für eine umfassende inklusive Gesellschaft zu schaffen, geht nicht in jedem Fall von heute auf morgen, jedoch sind im Sinne der Mitbestimmung und demokratischen Teilhabe viele Möglichkeiten vorhanden und sollten genutzt werden.
Gleichberechtigung und Selbstbestimmtheit sind hohe Werte, die es zu bewahren gilt. Dazu braucht es das wechselseitige Verständnis und die Akzeptanz für die Lebenssituation des jeweils anderen.
In Neukölln lautet das Motto dazu: Gemeinsam und doch anders. Normal ist allein die Tatsache, dass Unterschiede vorhanden sind.

Beate Storni

Brand bei Bading – Musik spielt weiter

In der Silvesternacht ging die Musikalienhandlung »Bading« in Flammen auf. Eine Gruppe von Menschen warf mutwillig Raketen in die Geschäftsräume.
»Bading« ist eine Neuköllner Institution. 1919 wurde sie von Erich Otto Bading eröffnet. Seine heute 94-jährige Tochter und deren 84-jährige Schwägerin führen das Unternehmen.
Die Betroffenheit der Neuköllner wandelte sich schnell in eine kieztypische Solidar­aktion. Es wurden Geldspenden und Arbeitsleistung angeboten, damit das Musikhaus wieder eröffnet werden kann.
Die beiden Betreiberinnen waren sehr berührt von der gro­ßen Anteilnahme und Hilfsbereitschaft. Allerdings erklärten sie, sie hätten schon Kriege überlebt, da wäre es ihnen peinlich, Hilfe anzunehmen. Sie wollen das ehrwürdige Musikgeschäft selbstständig wieder aufbauen. Der Termin ist für den Sommer dieses Jahres geplant.

Petra Roß & Josephine Raab

Katastrophe oder Wandel

Glück gehabt: die »Schilleria« ist der Verdrängung nochmal von der Schippe gesprungen. Das lag vor allem daran, dass der Eigentümer eine reale Person ist, mit der man reden konnte. Eine Fondsgesellschaft hat wohl kaum ein soziales Bewusstsein. Und auf dem freien Wohnungsmarkt ist wenig Platz für Freiräume für Jugendliche aus prekären Verhältnissen.
Dass nun immer wieder Lösungen auf Zeit gefunden werden, darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir vor einer massiven Veränderung im Kiez stehen. Ähnlich wie beim Klimawandel sollte eher von einer »Kiez­katastrophe« als von Wandel gesprochen werden. Neukölln wird nämlich nicht nur langweilig, wenn »Schilleria« & Co. weichen müssen, es wird auch sozial zerrüttet, gespalten und schlicht nicht mehr lebenswert sein.
Es ist schon ein Wahnsinn, dass wir uns jedes Jahr aufs neue fragen müssen: Wem gehört die Stadt?

Jana Treffle

Kein Mensch ist vollkommen!

Was einst als private Verfehlung gehandelt wurde, ist heutzutage ein Eklat, der Konsequenzen fordert. Selbstredend zeigt sich die politische Konkurrenz ob persönlicher Verfehlungen immer besorgter, als wenn sie in den eigenen Reihen passieren.
Menschen dürfen Fehler machen, ja und auch Krisen haben. Dadurch wird keine Vorbildfunktion vollständig in Frage gestellt. Aus Fehlern lässt sich lernen und verbessert weitermachen. Gerade dies kann eine positive Signalwirkung in die Öffentlichkeit senden und ein nachzuahmendes Beispiel geben. Schon einen Fehler einzugestehen verdient Respekt, Konsequenzen daraus zu ziehen noch mehr.
Nicht jeder hat diese Größe, um an den ehemaligen Neuköllner Jugendstadtrat Lutz Reichert (CDU) zu erinnern.

Beate Storni

Wir sind volker

Demokratie ist anstrengend. Die meisten begnügen sich damit, zur Wahl zu gehen und dann vier Jahre lang die Füße hoch zu legen. Umso bemerkenswerter ist es, wenn Menschen sich auch zwischen den Urnengängen aufraffen und Stadtteilkonferenzen veranstalten, so wie in Britz und im Reuterkiez. Die hatten genau das zum Ziel: Gemeinsam den Kiez gestalten. Besser geht es eigentlich nicht. Wenn Menschen sich von »unten« einbringen und mitentscheiden, nehmen sie den populistischen Schreihälsen den Wind aus den Segeln, die so gerne sagen: »Wir sind das Volk.« Dem können die Engagierten getrost erwidern: »Ok, aber wir sind volker, und wir müssen uns nicht über eine Repräsentationskrise beklagen, wenn wir selbst entscheiden.« So kann übrigens auch unsere (von manchen für klinisch tot erklärte) Demokratie gerettet werden, eher als mit jedem Volksentscheid. Aber sie ist, wie sie ist, die Demokratie: anstrengend.

Jana Treffler

In gespannter Erwartung

Schön, dass endlich ein Investor für die »Alte Post« gefunden wurde. Schön ist auch, dass die Mieter, die bereits in dem Gebäudekomplex wohnen, nicht weichen müssen und dass auch die dort angesiedeltenProjekte bleiben dürfen.
Auch sollte den Investoren Respekt gezollt werden, weil die Umbauarbeiten in einem denkmalgeschützten Gebäude stattfinden. Bekanntermaßen gibt es hier manchmal Hürden, die mit den Interessen der zukünftigen Nutzung kollidieren. Baumaßnahmen können sich dann in die Länge ziehen, das verschlingt Geld und Zeit.
Auf das Ergebnis dürfen die Neuköllner gespannt sein: Bauen ist teuer, und irgendwie will der Investor auch verdienen. Das wirkt sich auf die Miethöhe für Gewerbe und Wohnungen aus. Die Karl-Marx-Straße wird auf jeden Fall aufgewertet. Hoffentlich fühlen sich alle Anwohner damit wohl.

Petra Roß

Wählen gehen!

Zur Bundestagswahl treten diesmal 42 Parteien an. Neben den derzeit vertretenen Parteien sind themenspezifische zu Grundeinkommen, Mieten oder Naturschutz bis hin zur Vegetarier-Partei sowie Allianzen und Bündnisse im Angebot. Da sollte doch für jeden das Passende dabei sein.
Laut Artikel 38 Grundgesetz hat jeder volljährige Deutsche die Möglichkeit, sein Wahlrecht zu nutzen. Schließlich ist der Souverän unseres Landes immer noch das Volk.
Die Wahlprogramme der einzelnen Parteien sind gezielte Absichtserklärungen, an denen sich die spätere Arbeit der Abgeordneten messen lassen muss.
Viele Wähler haben den Glauben an Parteien und Abgeordnete verloren und engagieren sich in Bewegungen und Ini­tiativen, die Direkte Demokratie einfordern und umsetzen. Das ist gut und wünschenswert, widerspricht jedoch in keiner Weise der Möglichkeit, sein Wahlrecht auszuüben.
»Nicht-Wählen« ist zwar auch eine Aussage, nur leider keine, mit der sich inhaltlich arbeiten lässt.

Beate Storni

»Zentraler Bazillenbunker«

In der ersten Bauphase werden für die Sanierung und den Ausbau des Klinikums Neukölln 160 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Das ist eine stolze Summe, jedoch nicht die Lösung des Problems.
Gesundheitsfürsorge, auch in Form der angestrebten Optimierung bestehender Kliniken, ist sehr zu begrüßen. Besser wäre jedoch flächendeckende Prävention der Gesundheitsförderung und -erhaltung in dezentralen Einrichtungen. Vorsorge wäre wichtig zur Vermeidung von Krankheiten. Das kann ein Sportangebot sein oder gesunde Ernährung. Ein erhöhter Personalschlüssel im Ärzte-, Pflege- und Hygienebereich ist zudem unbedingt erforderlich. Und das dazugehörige zeitgemäße digitale Management könnte ebenfalls nutzbringend wirken.

Beate Storni

»Das ist unser Haus«

Die Bewohner der Liberdastraße 10 im Reuterkiez jubeln. Per Vorkaufsrecht – § 24 BauGB und Erhaltungssatzung und § 172 Abs.1 Satz 1 Nr.2 BauGB – bleibt ihr Wohnhaus ein Mietshaus und wird nicht in Eigentumswohnungen umgewandelt. Ziele der Erhaltungssatzung sind die Bewahrung der Berliner Mieter-Mischung und der Erhalt der städtebaulichen Eigenarten. In Nord-Neukölln gibt es derzeit fünf festgesetzte Milieuschutzgebiete und drei Untersuchungsgebiete.
»Das Vorkaufsrecht in den Mileuschutzgebieten ermöglicht es der Politik, rigoros in den Wohnungsmarkt einzugreifen«, kritisiert Thomas Groth, Vorsitzender des Bundesverbandes Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen. Weiterhin beklagt er, dass so Investoren vertrieben würden.
Investorenschreck Jochen Biedermann (GRÜNE) twitterte: »Ich verschrecke nur die Bösen. Aber das mit Begeisterung!«
Wir sagen: Danke und weiter so!

Beate Storni

»Tasmania« für die Jugendarbeit

Das Bundesliga-Gastspiel von »Tasmania Berlin« ist bereits über 50 Jahre her, dennoch wird der Name »Tasmania« immer noch mit diesem Negativrekord verbunden. Der nach dem Konkurs, der dem Abstieg folgte, neu gegründete Verein heißt nun »SV Tasmania« und spielt, weit entfernt von Bundesliga-Ambitionen, in der Berlin-Liga.
Mit welch einem finanziellen Risiko der Profi-Fußball heutzutage verbunden ist, zeigt das Beispiel der Paderborner, die vor drei Jahren noch in der Bundesliga spielten und nun in die 4. Liga absteigen mussten.
Der Profi-Fußball wird inzwischen von Wirtschaftsunternehmen, nicht mehr von Sportvereinen bestimmt – siehe »RB Leipzig«. Daher ist »Tasmania« nun einer von vielen Neuköllner Sportvereinen, die mit ihrer Jugendarbeit einen wichtigen gesellschaftlichen Beitrag in unserem Bezirk leisten. Damit sollte der Name »Tasmania« verbunden werden, und mit nichts anderem.

Roland Bronold

Falsche Methoden des Widerstandes

Bundesweit hat die Zahl politisch motivierter Straftaten zugenommen, während die Zahl linker Gewalt zurückgegangen ist. Im Fall »Schillerburger« ermittelt nun der Staatsschutz, da angenommen wird, dass sogenannte Linksextreme dahinterstecken.
Diese Brandstifter, die offenbar pauschal gegen jede Art von Veränderung sind, haben jedoch durch ihre Aktion jedes Recht verloren, sich linke Argumente zur Rechtfertigung ihrer Tat anzueignen. Ihr Verhalten ist zutiefst unvereinbar mit urlinken Prinzipien des Zusammenlebens. Brennende Autos und beleidigende Sätze an Wänden werden die Verdrängung im Kiez und die ungerechte Verteilung des Fortschritts weder aufhalten, noch wird es denen, die wirklich profitieren, schaden. Und diese Profiteure sind noch nicht einmal die Burgerunternehmer, auf die sich der Hass richtet. Die Anwohner, die dabei zu Schaden kommen, sind es noch weniger.

Jana Treffler

Raum für alle

Es wurde Zeit, dass sich in der Berliner Verkehrswelt etwas bewegt hin zu mehr Gleichberechtigung unter den Verkehrsteilnehmern.
Damit sind nicht nur die Fahrradfahrer gemeint, auch Fußgänger, Rollstuhl- und Autofahrer. Alle brauchen ihren Raum und haben ihre Befindlichkeiten. Natürlich fühlen sich in diesem ersten Schritt die Autofahrer benachteiligt. Sie müssen damit rechnen, dass ihnen Fahrspuren zugunsten der Radler genommen werden und sie auf Parkplätze verzichten sollen, damit Platz für parkende Fahrräder geschaffen wird.
Das ist gut so, denn jahrzehntelang wurde das Auto bevorzugt. Es gibt einen guten Grund zu der Hoffnung, dass Klagen über Fahrradrowdys bald der Vergangenheit angehören, wenn die Bedingungen für Radler im Straßenverkehr verbessert werden. Und wenn dann noch die Polizei korrektes Verkehrsverhalten belohnt, dann könnte es unter den Verkehrsteilnehmern tatsächlich zu einem Waffenstillstand kommen. Petra Roß

Seltsame Koalitionen

Wenn es um die Menschen geht, denen ein Problem unter den Nägeln brennt, sollte Politik reagieren. Hat sie in Neukölln auch. Mit dem Dringlichkeitsantrag von SPD, Grüne und Linke zur Entwicklung eines Verkehrskonzepts für den Süden Buckows wollten sie den Prozess beschleunigen. Durch die Eröffnung des Flüchtlingsheims sind die Busse dort völlig überlastet. Die Buckower wollen dafür eine Lösung. Das ist verständlich und notwendig.
Da kam dem Bezirk allerdings der Schulterschluss von AfD, CDU und FDP in die Quere. Der Antrag wurde von ihnen abgelehnt. Das ist schwer verständlich, weil doch alle drei Parteien versprachen, im Interesse ihrer Wähler zu handeln. Vielleicht aber wollten sie nur den politischen Betrieb blockieren. Aber auf Kosten ihrer Wähler?
Wie schön, dass Neukölln eine beherzte Bürgermeisterin hat, die sich persönlich der Sache annehmen wird, auch ohne expliziten Auftrag aus der Bezirksverordnetenversammlung. 

Petra Roß

Pro Dialog

Rechte Gewalt gegen politisch anders Denkende ist nichts Neues und nichts Schönes. Ebenso verhält es sich mit der linken Gewalt. Beide Seiten bedienen sich der gleichen Instrumente und begehen Sachbeschädigungen oder greifen gar Personen an. Hier nutzt keiner den Dialog, da soll nur noch zerstört und beleidigt werden. Zeichen setzen, so heißt das wohl in diesen Kreisen.
Eigentlich sollen Demokraten Zeichen setzen. Das tun sie in Form von Demonstrationen und Diskussionen. Die Extremen sind da nicht dabei und wenn doch, dann bestimmt nicht, um zu diskutieren, sondern um zu blockieren.
Durch ihr Verhalten ändern die Gewalttäter rein gar nichts, außer dass sie bei dem Einen Angst und Entsetzen und bei dem Anderen Schadenfreude hervorrufen. Ändern können sie so nichts und es ist die Aufgabe der Demokraten, sich weiterhin angstfrei zu engagieren.

Petra Roß

Kinder in Not

Jeder getötete Mensch ist einer zu viel. Trotz allem werden nicht alle gleich behandelt. Pro Woche sterben drei Kinder infolge häuslicher Gewalt. Die Medien berichten immer wieder darüber.
Die Politik jedoch reagiert nicht. Verglichen mit dem terroristischen Anschlag auf dem Breitscheidplatz, der eine Welle der Angst und Empörung hervorrief und den Ruf nach Videoüberwachung laut werden ließ, gehören die getöteten Kinder offensichtlich zu einem nicht abwendbaren gesellschaftlichen Phänomen.
Den Jugendämtern, die oftmals an ihrem Limit arbeiten, kann keiner einen Vorwurf machen. Sie leisten mit dünner Personaldecke das, was sie können. Sicherlich gibt es den einen oder anderen Politiker, der sich des Themas annimmt, allerdings findet er kein Gehör. Kinder haben offensichtlich in diesem Land keine ausreichende Lobby.

Petra Roß

Konkurrenz der Not?

Es wird Winter, es ist kalt, also schwappt das Thema Wohnungslosigkeit zurück in die Köpfe. Wohnungslosigkeit ist ein massives Problem, das ganze Jahr. Auch die Unterbringung von Flüchtlingen ist ein Problem. Aber diese zwei Gruppen von Menschen gegeneinander auszuspielen und von einer »Konkurrenz der Notleidenden« zu sprechen, wie es einige Politiker und Tageszeitungen tun, scheint eher eine Ausrede zu sein als eine hilfreiche Beschreibung der Situation.
Dass privaten Betreibern von Unterkünften für einen Geflüchteten mehr bezahlt wird als für einen Obdachlosen, mag unfair sein. Ein System, in dem Private wirtschaftlichen Nutzen aus der Not anderer ziehen können, ist schon pervertiert und ungerecht. Die Situation der Obdachlosen war vor, während und nach dem Ankommen der Flüchtlinge gleich katastrophal. Wem, außer AfD und Rechten hilft es dann, die »Konkurrenz der Notleidenden« auszurufen? Den Obdachlosen bestimmt nicht.

Jana Treffler

Mitbestimmung ?

Muss eine Wohnungsbaugesellschaft seine Mieter um Erlaubnis fragen, wenn Sie Räume an eine Arztpraxis, die auch Suchtkranke behandelt, vermieten will? Mit welcher Begründung beanspruchen die Anwohner ein Mitspracherecht bei dieser Entscheidung von »Stadt und Land«? Die Anwohnerproteste gegen den Einzug der Arztpraxis in die Morusstraße 16 zeigen wieder einmal mit erschreckender Deutlichkeit, mit welch haarsträubenden Vorurteilen suchtkranke Menschen heutzutage immer noch von einem Teil der Bevölkerung stigmatisiert werden.
Der Fall verdeutlicht, wie viel Aufklärungsarbeit noch in Schulen, vor allem aber bei den Erwachsenen geleistet werden muss, um diese tief sitzenden Vorbehalte und Aversionen gegen Suchtkranke abzubauen. Bleibt nur zu hoffen, dass die Kinder im Rollbergviertel auf mehr Verständnis stoßen, wenn sie einmal die Hilfe eines Suchtspezialisten benötigen sollten.

Roland Bronold

Nach der Wahl ist vor der Wahl

Ein »Weiter wie bisher« bei der politischen Arbeit wird nicht ausreichen.
In der Kommunalpolitik entscheidet sich, ob Demokratie gelingt. Hier spüren die Menschen, ob die Politiker sie mit ihren Sorgen und Problemen ernst nehmen oder ob sie über ihre Köpfe hinweg entscheiden. Und hier spüren sie auch, ob die Verwaltung reibungslos funktioniert.
Sollen nicht immer mehr Menschen denen vertrauen, die für komplexe Probleme scheinbar einfache Lösungen parat haben, müssen Politik und Verwaltung bereit sein, die Argumente der Bürger bei Entscheidungsprozessen, die sie unmittelbar betreffen, zu berücksichtigen. Sie müssen einen Weg finden, den Bürgern die komplizierten Entscheidungsprozesse zu erklären. Es reicht nicht aus, wenn Politiker nur während des Wahlkampfes mit ihren Wählern direkt in Kontakt treten, um zu erfahren, wo der Schuh drückt. 

Marianne Rempe

Geld her!

Was vor vielen Jahren in der Hasenheide und anderswo angelegt wurde, ist heute vielfach dem Verfall preisgegeben. Kinderspielplätze, die nach neuesten Erkenntnissen gebaut wurden, werden wieder geschlossen, weil sie nicht mehr sicher sind. In manchen Schulen sind die Dächer undicht, Toiletten nicht mehr nutzbar.
Es geht um Instandhaltung, für die in den letzten Jahren zu wenig Geld zur Verfügung gestellt worden ist. In Zeiten der Kürzungen wurde dieses Budget bis zum Verfall zusammengestrichen.
Unbegreiflich ist es, dass heute das Geld zur Verfügung stünde, dennoch nicht für Instandhaltung eingesetzt wird. Berlin hatte in den vergangenen Jahren so hohe steuerliche Einnahmen, die zum Teil wieder an die Stadt ausgeschüttet wurden. Das »Sondervermögen Infrastruktur der Wachsenden Stadt« (SIWA) gäbe dem Senat die Möglichkeit, mehr Geld für Instandhaltung bereitzustellen, damit die Bezirke dem Verfall von Straßen, Gebäuden, Parks und Spielplätzen wirksam entgegenwirken könnten.Petra Roß

In gemeiner Sache

Die Seiten 4 bis 5 stoßen bei unseren Lesern auf großen Anklang. Das veranlasste die Redaktion, über eine Sonderausgabe zu den Berliner Wahlen nachzudenken.
Das Projekt wird umgesetzt. Ende August erscheint die Kiez und Wahlen, in der Neuköllner Kandidaten für die Wahlen zum Abgeordnetenhaus der Kiez und Kneipe Rede und Antwort stehen. Somit sind die Antworten vergleichbar. Außerdem werden die Wahlen zur Bezirksverordnetenversammlung erklärt.
Ziel der Sonderausgabe ist es, den Wählern die »Qual der Wahl« etwas zu erleichtern, um dann das Kreuzchen an die richtige Stelle setzen zu können.
Die Hoffnung der Redaktion ist es, dass die Leser die Zeitung aufheben und zu einem späteren Zeitpunkt kontrollieren, ob die Abgeordneten auch das tun, was sie in der Sonderausgabe versprochen haben.
Für eine hohe Auflage dieser Ausgabe hilft jeder gespendete Euro. Je mehr Zeitungen gedruckt werden können, umso größer wird die Leserschaft, die den Politikern auf die Finger schaut.

Petra Roß

Mit Rückenwind

Der »Rückenwind e.V.« hat für seine Arbeit allen Respekt verdient. Flüchtlinge reparieren unter fachlicher Anleitung Schrotträder, die sie dann behalten dürfen. Das Projekt ist in der Startphase fremdfinanziert worden.
Das soll in Zukunft anders werden. Der Ansatz des Vereins, sich von Fremdmitteln frei zu machen, ist ambitioniert und könnte mit guten Produkten und einem intelligenten Marketing funktionieren. Sie wollen mit Flüchtlingen zusammen Räder reparieren, die dann verkauft werden. Mehr Wertschätzung der Studenten und der Flüchtlinge wäre damit garantiert.
Damit schlagen sie dem Ehrenamt ein Schnippchen. Sie haben ihr anfängliches unentgeltliches Engagement so ernst genommen, dass sie nun auch davon leben möchten. Sie möchten nicht nur die Politik überholen – das machen die Berliner schon lange. Sie wollen wirtschaftliche Anerkennung und kein Politikergeschwafel von wegen, wie wichtig das Ehrenamt sei. Ein Ehrenamt, auf dem der Staat sich letztlich nur ausruht.

Petra Roß

Unterm Hammer

Da dürfen die Neuköllner wirklich Angst bekommen, wenn ein ganzer Häuserblock mit etwa 300 Mietern kurz vor der Zwangsversteigerung mit ungewissem Ausgang steht.
Während der Wowereit-Ära wurde Berlins Tafelsilber in Form von Grundstücken und Wohnungen verkauft. Die Stadt war damals »arm, aber sexy«.
Heute haben wir den Salat: Häuser- und Grundstückspreise explodieren, Mieter sind von Obdachlosigkeit bedroht. Sie suchen nach Lösungen, um in ihren Wohnungen bleiben zu können, obwohl der Anteil der Miete am Einkommen unaufhörlich steigt. Die Regierung sieht zwar nicht ganz tatenlos zu – es gibt immerhin die Mietpreisbremse, aber das reicht nicht.
Bei der Zwangsversteigerung gibt es kein Vorkaufsrecht durch den Senat oder landeseigene Wohnungsbaugesellschaften. Das sollte nun wirklich vom Gesetzgeber geändert werden, sonst ist Berlin bald ein zweites Barcelona, aus dem die Mieter fliehen müssen, weil sie die Mieten nicht mehr zahlen können.

Petra Roß

Dick und fesch gehören zusammen

DIE DICKE LINDA auf dem Kranoldplatz hat sich mittlerweile gut etabliert. Jetzt kommt DIE FESCHE LOTTE hinzu. Auf dem einen Markt wunderbare Produkte aus der Region, auf dem anderen Mode, Vintage und handgefertigte Unikate. Eigentlich passt das doch gut zusammen?! Die beiden Märkte könnten wunderbar gleichzeitig stattfinden – theoretisch. Doch die beiden Marktbetreiber werden sich nicht einig – und auszubaden haben es die Kunden, die nie so richtig wissen, wann welcher Markt ist. Vielleicht finden die beiden Marktbetreiber doch noch irgendwann zusammen, um Angelpunkt des gemeinschaftlichen und nachbarschaftlichen Miteinanders in Neukölln zu sein.
Oder vielleicht kommen in Zukunft noch »die verruchte Liesl« und »die singende Lydia« hinzu? Dann könnte einfach jede Woche ein anderer Markt stattfinden – auch gut für die Vielfalt.
In jedem Falle laden die Namen der Märk­te zu weiteren schönen Wortspielen ein.

Josephine Raab

Cooler kehren!

Die Kampagne von Franziska Giffey ist ja schön und gut, nur wie kann der Neuköllner mit einem Besen die Kühlschränke wegfegen. Und ja, völlig klar, der Besen ist nur ein Symbol, aber mal im Ernst: Kaum ein Mensch würde einen fremden Kühlschrank mit dem eigenen Auto wegfahren. Die Neuköllner Oma wird die Matratze sicherlich nicht auf ihren Rollator laden und zum Recyclinghof rollatieren.
Der wohlerzogene Neuköllner wird sicherlich von der Kampagne angesprochen, doch an denen, die ihre Kaffeebecher einen Meter neben einem Mülleimer fallen lassen, geht die Kampagne in rosagelb wohl eher vorbei.
Was wäre denn, wenn der coole Jugendliche ein Video mit Besen von sich ins Netz stellen würde, wenn das Video mit den meisten Klicks gewinnt und die coolste Putzaktion mit dem Preis der Müllkönigin und des Müllkönigs öffentlich ausgezeichnet wird?
Und dennoch bleibt die Frage: Woher bekomme ich eigentlich den Besen?

Josephine Raabi

Begehrtes Bauland

Als die Bebauung des Tempelhofer Feldes durch den Volksentscheid 2014 gekippt wurde, orientierten sich die damals interessierten Baugenossenschaften schnell um. Sie nehmen seitdem die Friedhöfe in der Hermannstraße ins Visier und verhandeln mit dem »Evangelischen Friedhofsverband Berlin Stadtmitte«. Dieser verzeichnet seit Jahren sinkende Einnahmen und will daher möglichst große Teile der Friedhofsflächen bebauen oder verkaufen.
Dazu müssen diese Flächen in Bauland umgewidmet werden und erfahren eine Wertsteigerung. Bisher konnten sich die Beteiligten weder auf einen Preis einigen noch das genaue Datum des Eigentümerwechsels angeben.
In einigen Jahren könnte sich das Problem anders darstellen. Von derzeit 325.000 Neuköllner Einwohnern sind circa 100.000 über 55 Jahre alt. Es bleibt zu hoffen, dass die zukünftig benötigten Bestattungsflächen unbebaut vorhanden sein werden.

Beate Storni

Ghettoisierung in Planung

Sicherlich haben sich große Teile der Berliner CDU und SPD schwer getan mit der Abstimmung, das Tempelhof-Gesetz zu kippen. Viele Mitglieder der Regierungskoalition sahen schlichtweg keine Notwendigkeit, denn vernünftige Gegenvorschläge gab es. Und einen Glück-wunsch an das CDU-Mitglied Markus Klaer, der als einziger in der Koalition gegen eine Neuauflage des Tempelhofgesetzes gestimmt hat.
Mit diesem Stimmverhalten im Berliner Abgeordnetenhaus wurde ein demokratischer Entscheid mit Füßen getreten. Übrigens glaubt einem solchen Senat keiner, dass die Befristung bis 2019 eingehalten wird. So einem Senat nicht!
Abgesehen davon wird fröhlich an einer Parallelgesellschaft gear- beitet. Die Kasernierung von Flüchtlingen führt zu Folgeproblemen, gegen die die Neuköllner Politik bereits seit Jahren kämpft.

Petra Roß

Freiheit? Wohl kaum!

Es ist einfache Kindergartentheorie: Je mehr Kinder im Buddelkasten spielen, desto mehr Streitereien und Unfälle gibt es.
Im Hinblick auf die gegenwärtige Situation der Windsportler auf dem Tempelhofer Feld passt diese Theorie. Zu denken, dass durch eine Einschränkung der Nutzungsfläche für diesen Sport die Unfallquote eingedämmt würde, ist hirnrissig.
Zudem ist es ein Unding, dass lediglich die Windsportler mit den Konsequenzen von Unfällen leben müssen.
Wenn jedoch die derzeitige Entscheidung, wie angekündigt, wirklich noch einmal überarbeitet und ein Sicherheitskonzept entwickelt wird, wird hoffentlich eine sinnvolle Lösung gefunden, mit der alle leben können. Denn sonst werden garantiert Köpfe rollen – wenn auch hoffentlich nur im weitesten Sinne des Wortes.

Corinna Rupp

Angriff auf die Demokartie

Unter dem Deckmantel der Unterstützung für Zufluchtsuchende soll das Volks-»Gesetz für den Erhalt des Tempelhofer Feldes« »temporär ergänzt« werden.
Nach Gutsherrenart will der Senat einen Ermächtigungsparagraphen einfügen. Am 10. Dezember soll das Abgeordnetenhaus die Änderun- gen beschließen. An diesem Tag muss sich jeder Abgeordnete »nach bestem Wissen und Gewissen frei entscheiden«. Da auch ein wenig Wahlkampfgetöse dabei ist, sollten sich alle Abgeordneten genau überlegen, welche Folgen das haben könnte. Die Glaubwürdigkeit von Senat und Abgeordnetenhaus stehen auf dem Spiel.
Die Koalition schwächelt, die SPD schafft sich scheinbar gerade selber ab und Weimarer Zeiten lauern. Geschichte muss sich nicht notwendigerweise wiederholen.

Beate Storni

Bürgerschaftliches Engagement

Vereinsmeierei, Stiftungsverantwortung oder Bürgerinitiativen-gerangel ist nicht jedermanns Sache, sich für eine überschaubare Zeitspanne themenspezifisch persönlich einzusetzen schon. Mit Wissen, Erfahrung und Ideen gleichen Bürger abhanden gekommene Regelfinanzierungen, Personalmangel und politischen Unwillen zum Wohle der Gemeinschaft aus. Solch selbstbewusstes Engagement wird nicht überall gern gesehen, manchmal als Selbstverständlichkeit wenig wertgeschätzt und immer bemängelt, ist es nicht vorhanden.
Dankenswerterweise ergreifen immer mehr Menschen die Initiative, mit ihrem Wirken den sozialen Frieden festigen zu wollen. Bürger und deren engagierter Wille zur Gestaltung und Hilfsbereitschaft sind der Stoff, der unsere Stadt zusammenhält.

Beate Storni

Freies Feld für starke Bürger

Allen Unkenrufen zum Trotz klappt es recht gut mit der Bürger-beteiligung. Dies ergab der Zwischenstand des Beteiligungsver-fahrens hinsichtlich der Weiternutzung des Tempelhofer Feldes.
Alle etwas abgedrehten Ideen sind vom Tisch und eine Bebauung ist laut »THF«-Gesetz ohnehin ausgeschlossen.
Die Politik im Lande Berlin sieht das jedoch etwas anders. Sie unter-stellt den Bürgern un­überlegtes Handeln bei der Abstimmung über die weitere Nutzung des Tempelhofer Feldes und würde am liebsten sofort zum Spaten greifen und bauen.
So richtig ernst wird der Bürger und Wähler nicht genommen. Das ist insofern schade, als da zwei Gruppen aufgetan werden: Auf der einen Seite das dumme Wahlvolk und auf der anderen Seite die weitsichtige Politik, die dem unterbelichteten Wahlvolk sagt, was richtig oder falsch ist.
Schön ist, dass die Bürger das erkannt haben und sich nicht abschre- cken lassen.

Petra Roß

Zu spät für Spätis?

Nun geht es den Spätis an den Kragen. Sie, die zu ungewöhnlichen Uhrzeiten die Dinge des täglichen Bedarfs anbieten, bangen um ihre Existenz.
Zu verdanken haben sie es einem Polizisten aus dem Revier 54 an der Sonnenallee, der sich auf die Fahne geschrieben hat, Recht und Ordnung in seinem Revier durchzusetzen. Immerhin droht den Übeltätern, die gegen das Berliner Ladenöffnungsgesetz verstoßen, ein Bußgeld von bis zu 2.500 Euro.
Meist sind Spätis Familienunternehmen, die zu den gesetzlichen Ladenöffnungszeiten einen mäßigen Umsatz generieren. Hingegen brummt das Geschäft nachts und am Sonntag. Diesen Umsatz benötigen sie zum Überleben.
Der Ruf nach einer Gesetzesänderung ist sicherlich berechtigt, aber es gibt aktuell noch nicht einmal eine Definition, was ein Späti ist.
Eines jedoch ist sicher: Wenn Spätis die Existenzgrundlage genommen wird, ist Neukölln bald Stuttgart.

Petra Roß

Wahlkreise werden neu gestrickt

Das ist doch eine Neuigkeit, die erst mal ein Anlass zur Freude ist. Neukölln und Mitte erhalten für die kommende Legislaturperiode ein Direktmandat mehr. Friedrichshain-Kreuzberg und Tempelhof hingegen geben jeweils ein Mandat ab. Hintergrund ist der Zuzug von wahlberechtigten Bürgern, der diese Neuverteilung erforderlich machte.
Die Bezirke legen die neuen Wahlkreise fest. Und das birgt Zündstoff unter den Parteien. Der Wahlkampf 2016 hat bereits begonnen.
Auch die Personalfrage in den Parteien bei schwindenden Mitgliederzahlen darf gestellt werden. Gibt es genügend fähige und engagierte Parteimitglieder für den neuen Wahlkreis?
Es kann in den nächsten zwei Monaten noch interessant werden, wie sich die Wahlkreislandschaft strubbelt. Im September, das ist sicher, gibt der Senat die neu gestrickten Wahlkreise bekannt.

Petra Roß

Parkwünsche

Über viele Jahre hinweg war das Gelände des »Neuen St.Thomas Friedhofs« nicht nur Auslauffläche für Hunde, auch Anwohner erfreuten sich an dem von alten Bäumen beschatteten Gelände.
Ab 2016 wird der Bund die Ausgleichsfläche für die A100 bewirtschaften. Ein Park soll hier entstehen.
Und wohin mit den Hunden? Ein abgetrenntes Areal für Hunde wäre denkbar. Dadurch wäre gewährleistet, dass die Hunde weiterhin in natürlichem Gelände buddeln und spielen und alle anderen Besucher sich auf ebenen Wegen frei von Unfallgefahr bewegen können. Ein wenig Beleuchtung wäre auch schön. Gerade im Winter ist nicht nur das Friedhofsgelände, sondern auch der Weg entlang des Friedhofs unheimlich düster. Wenn dann noch ein Teil des Weges asphaltiert würde, hätten auch die Rollifahrer die berechtigte Hoffnung, auto- und barrierefrei zur Oderstraße zu gelangen.

Petra Roß

Bürokratur

Sowohl unser Grundgesetz als auch die Berliner Verfassung besagen:
»Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.« Und auch: »Die Wohnung ist unverletzlich.« Von den würdevollen Bewohnern der unverletzlichen Wohnungen ist keine Rede.
Diese sind der Verwaltung, die die Gesetze umzusetzen hat, auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Die Verwaltung selbst, seit Jahren mit Mitarbeitern chronisch unterbesetzt, verpeilt Fristen und schreddert Unterlagen.
Gleichzeitig schafft sie dadurch unnötige Arbeit für Gerichte, vor allem Sozialgerichte. Diese stellen zusätzliche Richter ein, um die Klagen der Mieter zu bearbeiten. Immer häufiger zu deren Ungunsten, vor allem, wenn sie auf Transferleistungen angewiesen sind. Also trifft es zuerst Hartz IV Berechtigte, Alleinerziehende, Rentner und Geringverdiener. Fazit: Die Zahl der Menschen, die wohnungslos werden, steigt besonders in Neukölln. Auch eine Art der Verdrängung.

Beate Storni

Brisanter Stoff

Es ist das gute Recht eines jeden Bezirksverordneten, einem Kandidaten bei der Wahl die Stimme zu verweigern. Für Manche wirft die Begründung der Linken, sie habe Franziska Giffey die Stimme verweigert, weil sie das Verfassungsgerichtsurteil gegen ein Kopftuchverbot für Lehrerinnen kritisiert habe, grundlegende Fragen auf, zumal das Urteil selbst bei den Verfassungsrichtern umstritten war.
An diesem Punkt scheiden sich die Geister: ist das Kopftuch ein Instrument der Unterdrückung der Frau oder ein frei gewähltes Glaubensbekenntnis? Vermitteln kopfttuchtragende Lehrerinnen in ihrer Vorbildfunktion ein rückwärts gewandtes Menschenbild oder spiegeln sie die Pluralität unserer Gesellschaft wieder und fördern somit die Integration? Die Stimmverweigerung der Linken ist Teil einer wichtigen, öffentlichen Ausein­andersetzung mit der Problematik, die durch ein pauschales Verbot nur unterdrückt werden würde.

Jana Treffler

Eigentor

Milieuschutz ist ein schwaches Instrument zur Vermeidung von Mieterhöhungen und Vertreibung von Mietern. Aber Milieuschutz ist ein Baustein, der mit vielen anderen Maßnahmen Mieterhöhungen mildert.
Der Senat hat im März beschlossen, die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen in Milieuschutzgebieten genehmigungspflichtig zu machen. Die Neuköllner SPD hat sich in der Vergangenheit vehement gegen den Milieuschutz gewehrt. In der Folge gibt es in Neukölln keinen Milieuschutz.
Die Abwanderung von ärmeren Menschen und der Zuzug aus dem Mittelstand könnte sich im Wahlverhalten widerspiegeln.
In Kreuzberg fand bereits vor Jahren Verdrängung statt. Hier ist die SPD nur noch die drittstärkste Partei. Der Bezirk wird von den Grünen und den Piraten regiert.
Das könnte in Neukölln auch passieren, wenn die Stammwählerschaft der SPD verdrängt wird, weil die Mieten nicht mehr bezahlbar sind.

Petra Roß

Selbstbewusst gegen Moscheehetze

Es ist unerträglich, welche Tiraden mit inzwischen trauriger Regelmäßigkeit aus der »Al Nur Moschee« an die Öffentlichkeit dringen.
Ob ein Verbot des gesamten Vereins durchsetzbar ist, ist jedoch fraglich, denn dem steht der Schutz der Religionsfreiheit entgegen. Das heißt aber nicht, dass die Mehrheitsgesellschaft derartige Äußerungen tatenlos hinnehmen sollte. Im Gegenteil, alle Demokraten sind dazu aufgerufen, diesem Steinzeitislam selbstbewusst entgegenzutreten und Rechtsbrüche nicht zuzulassen. Einzelpersonen, die rassistische und frauenverachtende Hetze verbreiten, können und sollen durchaus zur Rechenschaft gezogen werden. Dazu gehört aber ebenso, dass Menschen, die aus diesen Strukturen ausbrechen wollen, Schutz und Sicherheit geboten wird. Und es gehört dazu, den jungen Menschen Perspektiven zu bieten und sie davon zu überzeugen, dass ein selbstbestimmtes Leben allemal besser ist als ein Leben im Gefängnis mittelalterlicher Traditionen.

Marianne Rempe