Gedenken an Hatun Aynur Sürücü
Vor zwanzig Jahren wurde Hatun Aynur Sürücü in Berlin auf offener Straße von ihrem eigenen Bruder erschossen, weil sie sich gegen die patriarchalen Strukturen ihrer Familie auflehnte, sich aus einer Zwangsehe befreite, eine Ausbildung machte, sich eine Zukunft aufbaute und ein selbstbestimmtes Leben führen wollte. Er wollte nach eigener Angabe die Ehre der Familie wieder herstellen.

In einer von den Bezirksämtern Tempelhof-Schöneberg und Neukölln gemeinsam organisierten Gedenkveranstaltung im Check-In des Tempelhofer Flughafens wurde am 6. Februar an die Frau erinnert, die im Alter von 23 Jahren ihr Leben lassen musste.
»Das Gedenken an Hatun Sürücü ist eine Mahnung an uns alle, Gewalt gegen Frauen entschieden entgegenzutreten. Mit diesen Gedenkveranstaltungen wollen wir nicht nur an sie erinnern, sondern auch auf die fortwährende Dringlichkeit hinweisen, geschlechtsspezifische Gewalt zu bekämpfen«, sagte Jörn Oltmann, Bezirksbürgermeister von Tempelhof-Schöneberg.
»Ich trauere bis heute um diese mutige junge Frau«, sagte Bundesfrauenministerin Lisa Paus in ihrer Ansprache. Sie wies darauf hin, dass dieses Thema aber nicht nur migrantische Milieus betreffe, Gewalt gegen Frauen gebe es in allen Gesellschaftsschichten, das eigene Zuhause sei oft der gefährlichste Ort für Frauen. Allein im Jahr 2023 wurden in Deutschland 360 Frauen aufgrund ihres Geschlechts umgebracht, so Paus.
»Diese Art von Gewalt zieht sich durch alle Gesellschaftskreise, ungeachtet der Herkunft, Schicht, Religion oder sonstiger Merkmale. Nur wenn wir geschlechtsspezifische Gewalt als gesamtgesellschaftliches Phänomen anerkennen, können wir sie effektiv bekämpfen«, sagte auch Dilken Çelebi vom Deutschen Juristinnenbund e.V.
Beide zeigten sich erleichtert, dass der Deutsche Bundestag nun das Gewalthilfegesetz beschlossen hat. Dieses ermögliche allen Frauen im Land einen kostenfreien und niedrigschwelligen Zugang zu Schutz- und Beratungseinrichtungen durch einen individuellen Rechtsanspruch, der ab 2032 gelten soll. Um diesen Rechtsanspruch einlösen zu können, muss das Hilfesystem zunächst durch die Länder deutlich ausgebaut werden. An den entstehenden Kosten wird sich der Bund mit 2,6 Milliarden Euro beteiligen.
Paus verwies in ihrer Rede zudem auf das Hilfetelefon »Gewalt gegen Frauen«, an das sich Frauen wenden können, die Gewalt erleben oder erlebt haben. Die Nummer des Hilfetelefons lautet 116 016. Dieses ist »24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche besetzt«, so Paus.
Neben den Reden und einem musikalischen Begleitprogramm, trat die Tanzgruppe »Centre Talma« auf, die sich in einer eindrucksvolle Performance tänzerisch mit dem Mord an Sürücü auseinandersetzte.
mr