Direktkandidaten für den Bundestag

Redaktionelle Anmerkung und Fragen

Für die Wahl zum Deutschen Bundestag stellt die Kiez und Kneipe Neukölln in der aktuellen und der folgenden Ausgabe den Neuköllner Direktkandidaten ausgewähl­ter Parteien Platz zur Verfügung, um sich selbst darzustellen.

Der Reichstag – Sehnsuchtsort der Politiker.    Foto: mr

Befragt werden die Kandidaten von SPD, GRÜNEN, CDU und LINKEN. Diese Parteien haben wir bewusst ausgewählt.
Wir haben eine Blattlinie und eine gewisse Richtung unserer Berichterstattung. Da wir unsere Verantwortung im Meinungsbildungsprozess sehr ernst nehmen, behalten wir uns vor, wie viel Platz wir der Berichterstattung über Parteien einräumen.
Dieser Platz, den wir den Parteien einräumen, ist Pressearbeit. Unsere Redakteure arbeiten alle unentgeltlich, somit handelt es sich um freie Pressearbeit. Auch hierdurch behalten wir uns vor, wie viel Platz und Aufwand wir der Berichterstattung über gewisse Phänomene und Gruppierungen gewähren. Einigen möchten wir dies bewusst nicht für ihre Selbstdarstellung zur Verfügung stellen.

Wir haben den Kandidaten folgende Fragen gestellt:
1. Bei welchen Themen wollen Sie im Bundestag Ihre Schwerpunkte setzen?
2. Welche Möglichkeiten sehen Sie, um die soziale Ungleichheit in unserem Land zu verringern?
3. Wie sollen die Klimaziele erreicht werden, ohne die Menschen wirtschaftlich zu überfordern?
4. Welche Vorstellungen haben Sie, um die Infrastruktur (Bahn, Brücken, Straßen) zukunftsfähig zu machen?
5. Welche Vorstellungen haben Sie, wenn es darum geht, Länder und Gemeinden bei der Integration von Geflüchteten zu unterstützen?
6. Angesichts der aktuellen militärischen Konflikte in der Ukraine: Welche Strategie soll Deutschland verfolgen, um den Krieg in der Ukraine zu beenden?
7. Wie stellen Sie sich die Rolle Deutschlands bei der europäischen Verteidigungsfähigkeit vor, insbesondere, wenn sich die USA weitgehend von Europa abwendet?

Ferat Koçak – Die Linke

Alter: 44 • Geburtsort: Berlin • Familienstand: ledig • Beruf: Diplom-Wirtschaftswissenschaftler mit Schwerpunkt Volkswirtschaft und beruflicher Tätigkeit in Marketing, Öffentlichkeits- und Kampagnenarbeit • ausgeübte Tätigkeit: seit 2021 Mitglied des Abgeordnetenhauses von Berlin • Hobbys: Baglama (anatolische Langhalslaute), HipHop, Fußball und Content Creator als @der_neukoellner auf Social Media • Lieblingsort: in Berlin ganz Neukölln44 und Kreuzberg36!

1. Wir haben tausende Gespräche an den Haustüren in Neukölln geführt, um herauszufinden, was die Nachbarschaft bewegt. Die hohen Mieten, der Müll auf den Straßen und ein besserer Nahverkehr aber auch die zu hohen Lebensmittelpreise wurden dort am häufigsten genannt, und deshalb werden das auch meine zentralen Themen sein. Ansonsten bin und bleibe ich überzeugter Antirassist, Antifaschist, aktiv in der Klimagerechtigkeitsbewegung und finde den Widerstand gegen Krieg und Aufrüstung wichtig.
2. Die Miete ist das drängendste Problem für Millionen Menschen in diesem Land. Es braucht einen bundesweiten Mietendeckel und nicht noch mehr Profite für die großen Immobilien-Konzerne. Doch ist es wichtig, die steigenden Kosten der Neuköllner:innen auch an anderer Stelle aufzufangen. Deshalb bin ich für die Senkung der Mehrwertsteuer für Grundnahrungsmittel auf Null Prozent.
3. Wir müssen an die Hauptverursacher ran: Die großen Energiekonzerne. Sie verursachen die meisten Umweltschäden, und wir müssen so schnell wie irgendwie möglich fossilfrei werden. Es sind nicht die einzelnen Menschen, die Auto fahren, oder zu wenig Fahrrad fahren. Es ist ein ständig auf Wachstum orientiertes Wirtschaftssystem, was darauf abzielt, die Umwelt auszubeuten und unsere Lebensgrundlage zu zerstören. Da müssen wir ansetzen.
4. Umverteilung! Die Schuldenbremse muss weg, und wir brauchen eine Reichen- und Vermögenssteuer. Das Geld ist in Deutschland da, es ist nur extrem ungerecht verteilt. Wir brauchen sichere Straßen und Infrastruktur und Investitionen in Schulen, Gesundheit, Soziales und Klimaschutz statt in die Aufrüstung.
5. Hilfesuchenden muss so schnell wie möglich die Chance geboten werden, selbstbestimmt zu leben und in Arbeit zu kommen. Vor allem weil sie arbeiten wollen und Deutschland Arbeitskräfte braucht, sowie junge Beitragszahlende in Renten- und Krankenkassen. Stattdessen wird Integration verhindert und erschwert. Die Einführung der Bezahlkarte ist Symbol für diese stigmatisierende und ungerechte Politik gegenüber Menschen, die vor Krieg, Klimawandel oder sozialer Not fliehen müssen.
6. Deutschland müsste auf Diplomatie setzen, anstatt den Krieg weiter durch Waffenexporte anzuheizen. Putin trägt die Hauptverantwortung für diesen Krieg, aber eine Verlängerung des Tötens durch weitere Aufrüstung hilft niemandem. Die Menschen in der Ukraine und in Russland sind zurecht kriegsmüde.
7. Die Sicherheit in Deutschland ist aus meiner Sicht gefährdet, weil Deutschland in nahezu jedem Konflikt eine verschärfende Rolle spielt mit enormen Waffenexporten in Krisen- und Kriegsgebieten. Dabei müsste Deutschland nach zwei begonnenen Weltkriegen Vorreiter in Abrüstung und Diplomatie sein. Für mich ist klar. Ich stehe immer an der Seite der Menschen, Mein Kompass ist das Völkerrecht und die Menschenrechte.

Ottilie Klein – CDU

Alter: 40 • Geburtsort: Villingen-Schwenningen • Familienstand: verheiratet • Beruf: Mitglied des Bundestags; Generalsekretärin der CDU Berlin (Ehrenamt) • Ausgeübte Tätigkeiten: Langjährige Berufserfahrung in Wissenschaft, Wirtschaft und Politik; zuletzt als Abteilungsdirektorin beim Bundesverband Öffentlicher Banken – Binationale Promotion in Helsinki und Gießen in Literaturwissenschaften – Magisterstudium in Bonn/den USA und Masterstudium in Oxford – Realschule, Abitur am Wirtschaftsgymnasium
• Hobbies: Lesen und Kickboxen • Lieblingsort: Körnerpark

1. Sicherheit und Soziales sind meine Schwerpunktthemen. Mir ist es wichtig, dass sich die Menschen in Berlin und Neukölln sicher fühlen können und dass jene, die in Not sind, Hilfe erfahren. Als CDU stehen wir für einen starken Staat mit klaren Regeln für alle und einem besseren Schutz vor Gewalt und Kriminalität. Und wir übernehmen soziale Verantwortung für jene, denen es nicht so gut geht. Dafür will ich mich für Neukölln im Deutschen Bundestag einsetzen.
2. Chancengerechtigkeit und die Bekämpfung von Kinderarmut sind hier zentral. Deutschland muss wieder Land der Chancen werden. Wir müssen alles dafür tun, dass Kinder und Jugendliche einen bestmöglichen Start ins Leben haben. Das erreichen wir mit besserer frühkindlicher Bildung (wie Sprachförderung), mehr Bildung und Teilhabe (z. B. durch eine Kinderchancen-App) und einer Stärkung der Jugendberufsagenturen und des BAföG. Darüber hinaus wollen wir als CDU mit einer Steuerreform insbesondere Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen entlasten.
3. Entscheidend ist eine Klimapolitik mit Sinn und Verstand, die von den Menschen akzeptiert wird, die Fortschritt fördert und das Leben der Menschen nicht teurer macht. Die Energiepolitik und das Heizungsgesetz der Grünen zeigen, wie es nicht geht. Die Folge sind höhere Energiekosten und Mieten. Eine solche Klimapolitik mit der Brechstange wird es mit der CDU nicht geben. Wir setzen auf zielführende Lösungen, Emissionshandel und sozialen Ausgleich durch einen Klimabonus.
4. Die Deutsche Bahn muss wieder ein pünktliches, effizientes und bezahlbares Verkehrsmittel für alle werden. Dafür wollen wir als CDU das Unternehmen modernisieren und das Schienennetz ausbauen. Bei Bau, Verkehr und digitaler Infrastruktur müssen Planungs- und Genehmigungsverfahren einfacher werden und Anreize für private Investitionen geschaffen werden.
5. SPD, Grüne und FDP wollten die Mittel für Integrationsmaßnahmen (insbesondere bei Sprachkursen) um knapp die Hälfte kürzen. Das darf nicht passieren.Denn Sprache ist der Schlüssel für Integration und Teilhabe. Das geht bereits bei Kindern los. Hier hat die Ampel die erfolgreichen, von der CDU eingeführten Sprach-Kitas gestrichen. Darüber hinaus wollen wir als CDU die Menschen enger bei der Integration begleiten und eine schnelle Integration durch Arbeit ermöglichen. Mit einem klaren Bekenntnis zu unseren gemeinsamen Werten stärken wir den gesellschaftlichen Zusammenhalt.
6. Unser Ziel ist Frieden in der Ukraine und ein Ende russischer Aggression. Das erreichen wir nur in enger Abstimmung mit unseren internationalen Partnern. Zum Schutz von Frieden und Freiheit in Europa werden wir die Ukraine mit diplomatischen, finanziellen, militärischen
und humanitären Mitteln unterstützen.
7. Deutschland muss mit seinen europäischen Partnern in der Lage sein, für seine Sicherheit sorgen zu können. Das heißt, dass wir deutlich mehr in unsere Verteidigungsfähigkeit investieren müssen. Die Devise heißt hier: Kämpfen können, um nicht kämpfen zu müssen.