Über das Miteinander von Staaten

Hertzberg aus Britz und Kant aus Königsberg

Wenn das alte Europa auf eines stolz sein kann, dann ist es die Aufklärung. Ihre größte Leistung ist die neue Vorstellung vom Staat als »Republik«. Sie sollte Reform- oder Gegenentwurf zur von Herrschafts- und Erbansprüchen geleiteten Monarchie werden.
Als Friedrich II. 1740 im »Durst nach Ruhm« Schlesien überfiel, saßen Österreicher in den südlichen Niederlanden, Hannoveraner in England.
Der Britzer Gutsherr und Minister Ewald Friedrich Graf von Hertz­berg (1725-1795) stand pragmatisch für eine Machtbalance zwischen den europäischen Staaten und Kant – nicht ohne Ironie – für den Willen zum »ewigen Frieden«.


Hertzberg studierte Staatsrecht und Geschichte in Vorbereitung einer diplomatischen Laufbahn. Er war Aufklärer, wohl Freimaurer sowie von praktischem Interesse an Wirtschaftsreformen. Und publizierendes Ehrenmitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften.
Gleichzeitig loyaler Staatsminister, hielt er die Angriffskriege gegen »Universal-Monarchien« – also Großmächte wie Österreich oder solche mit Kolonien – für legitim. Und ein Kräftegleichgewicht durch den Zusammenschluss kleinerer Staaten wie im »Fürstenbund« für geboten. Als Ziel galt ein »System bewaffneter Neutralität«. Preußen sollte dabei durch die zentrale Lage in Europa besondere Bedeutung zukommen.
Für die innere Stabilität hielt Hertzberg das fortschrittliche Preußische Landrecht, besonders aber die Landeswohlfahrt für grundlegend. Das heißt eine angemessenen große Bevölkerung, deren gute Versorgung mittels ertrag­reicher Landwirtschaft und hochwertiger Industrieproduktion sowie eine positive Handelsbilanz. Und Investitionen in eroberte Gebiete.
Beispielhaft bewirtschaftete er den Britzer Besitz als Mustergut mit Acker-, Obst- und Waldbau, Vieh- und Seidenraupenzucht. Neue Futterkräuter und die halbjährige Stallfütterung wurden eingeführt sowie die bäuerlichen Wohnbedingungen verbessert. Im Gutshaus erschien die Landwirtschaft künstlerisch überhöht als Staatsaufgabe.
Der Zeitgenosse Immanuel Kant, Moraltheoretiker und preußischer Untertan in Königsberg, ging 1795 mit seiner Schrift »Zum ewigen Frieden« deutlich weiter. Vor dem Hintergrund des revolutionären Frank­reich formulierte er einen Mustervertrag zur dauerhaften Friedenssicherung.
Dazu gehört die vorbehaltlose Einstellung aller Feindseligkeiten ohne geheime Planung der Wiederaufnahme. Staaten mit ihrem Territorium und Bewohnern sind eigenständig und dürfen nicht vererbt werden, andere Armeen nicht in Konflikte eingreifen. Kein Staat soll sich gewaltsam in fremde Staatsangelegenheiten mischen oder durch Sabotage Vertrauen zerstören.
Zur Durchsetzung hielt Kant eine republikanische Staatsform und einen »Friedensbund« für geeignet – Grundlagen für ein Völkerrecht.

Marlis Fuhrmann