Zukünftig sollen die Opfer des Genozids im Zentrum des Gedenkens stehen
Seit vielen Jahren wird gegen ein Gedenkensemble auf dem Friedhof am Columbiadamm protestiert, das an die deutschen Kolonialkriege in Namibia erinnert.
Als die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) im Januar letzten Jahres den Beschluss fasste, das Bezirksamt mit der Umgestaltung dieses Ensembles zu beauftragen, hatte sie eigentlich die Entfernung des Steins im Sinn, um »dem Gedenken an die Täter endlich ein Ende zu setzen«, wie es in der Begründung des Antrages heißt.
Auf diesen Beschluss hat das Museum Neukölln mit der Ausstellung »Buried Memories «, reagiert, die ein Dreivierteljahr gezeigt wurde. In einem intensiven Dialog mit der Zivilgesellschaft, an dem auch Aktivisten und Künstler aus Namibia teilnahmen, wurde ein Konzept erarbeitet für den zukünftigen »Umgang mit widerstreitenden Erinnerungskulturen, die sich an dem Stein abarbeiten«, wie es Museumsdirektor Matthias Henkel bei der Vorstellung des Ergebnisses im Ausschuss für Bildung, Schule und Kultur am 3. September formulierte.
Das Ensemble werde in seiner jetzigen Form der historischen Ehrlichkeit nicht gerecht, führte er weiter aus, aber wenn wir Geschichte löschen, könnten wir sie nicht mehr verstehen. Die Teilnehmer der diversen Diskussionsveranstaltungen seien daher vom Gedenken, den Stein zu entfernen, weitgehend abgerückt.
Henkel schlug daher vor, den Findling an Ort und Stelle zu belassen, aber um 180 Grad zu drehen. Auf der bisherigen Rückseite und der künftigen Vorderseite des Steins solle eine schriftliche Widmung oder ein Bild aufgebracht werden mit Bezug zu den Opfern. So bleiben die kolonialen Spuren lesbar, aber nach 120 Jahren stehen die Opfer des Kolonialismus im Zentrum des Gedenkens. Damit werde der Stein zu seinem eigenen Gegendenkmal. Der neu gestaltete Ort soll zudem symbolisch mit dem »Earth Nest« verbunden werden, einem antikolonialen Mahnmal, das im Herbst vor dem Berlin Global Village eingeweiht wird.
Henkels Konzept fand viel Zustimmung unter den Bezirksverordneten, lediglich der Vorschlag, die Gedenktafeltafel vor dem Stein könnte als Dauerleihgabe der Sammlung in der Zitadelle Spandau übergeben werden, wurde kritisch aufgenommen. Jetzt liegt es an der BVV zu entscheiden, ob der Plan umgesetzt werden kann.
mr