Käse auf Augenhöhe
m Laufe der Jahre sind mir Veränderungen immer unangenehmer geworden. Wenn Produkthersteller ein neues Design auf den Markt bringen, bin ich erstmal völlig irritiert, bis ich es dann gefunden habe. Dann denke ich immer wieder: »Muss das sein?« Offensichtlich ja, es erschwert mir aber das Leben.
Ähnliches passierte mir, als ich auf dem Markt, auf dem ich Käse verkaufe, einen Verkaufswagen bekam. Zuvor stand ich in einer Bude und war Wind und Wetter ausgesetzt. Im Winter, wenn es stürmte, hielten die Kunden manchmal die Planen oder das Gestell fest, damit es nicht über mir zusammenbrach. Insgesamt habe ich die Bude sehr gemocht. Gefühlt war ich auf Augenhöhe mit den Kunden, es musste improvisiert werden und ich wusste vorher nie, welches Abenteuer auf mich zukommt.
Mit dem Verkaufwagen ist alles anders geworden. Die Vorteile liegen auf der Hand: Im Winter bin ich geschützter, im Sommer freut sich der Käse über die Kühlung. Allerdings habe ich seither den Eindruck, über den Kunden zu stehen, was mir sehr unangenehm ist. Und so schimpfte ich gerne über dieses ungleiche Verhältnis zwischen Kunden und Verkäufer.
Heute denke ich darüber anders. Ursache war der Besuch meiner Freundin auf dem Markt, der ich immer wieder die Ohren über dieses Missverhältnis vollgeheult habe.
Bei unserem abendlichen Telefonat sagte sie mir in ihrer trockenen Art, dass ich mit den Kunden dank des Verkaufswagens erstmals auf Augenhöhe sei. Sie hätte das genau beobachtet.
Seither habe ich mich mit der neuen Augenhöhe angefreundet, mir wurde deutlich, dass ich klein bin.