Untersuchungsausschuss zum rechtsextremen Neuköllkomplex deckt auf
Am 20. April, einem für Nazis symbolischen Tag, wurden am Haus der Eltern von Ferat Koçak wieder Nazisymbole geklebt. Er ist für DIE LINKE im Abgeordnetenhaus Sprecher für Antifaschistische Politik, Flucht- und Klimapolitik. »Ich habe Angst um meine Familie, dass sich ein Brandanschlag wiederholt. Offenbar dringen die Nazis weiter in die Privatsphäre von Antifaschisten ein. Die Nazis fühlen sich offenbar weiterhin sicher und kommen selbst dann, wenn quasi Polizei vor dem Haus steht.
Wir lassen uns davon nicht einschüchtern, auch meine Eltern sind aktiv. Doch wir haben Angst.« Der Linken Politiker spart nicht mit Kritik an der Polizei. »Ich greife die Polizei deswegen an, weil sie aktiver sein soll, weil sich das alles nicht wiederholen darf. Gegen den Naziterror hilft nur die Offensive in der Öffentlichkeit.«
Der Brandanschlag auf Koçaks Familie, ein weiterer auf ein linkspolitisches Café sowie die Zertrümmerung der Scheiben des engagierten Buchhändlers Heinz O. hat den Parlamentarischen Untersuchungsausschuss Neukölln II bereits mehrfach beschäftigt, das heißt vor allem die Frage, warum es mit der Aufklärung durch die Polizei und Staatsanwaltschaft nur schleppend voran gegangen ist. Der direkt gewählte Neuköllner Grünen Abgeordnete André Schulze, Mitglied in diesem Ausschuss, hebt wiederholt hervor, dass die Opfer des Naziterrors in Zusammenarbeit mit Fachleuten zuvor bereits mehr an Erkenntnissen recherchiert hatten als die Polizei bekannt gab. Die meisten Straftaten bleiben bislang unaufgeklärt. »Schon der Fall des Brandanschlags auf die Familie von Ferat Koçak zeigt nach unseren Befragungen und Aktenstudien: Es existiert ein starkes inhaltliches Strukturproblem bei der Berliner Polizei, ein Mangel an Wissenstransfer sowie an Kommunikation zwischen Abschnitten, Abteilungen auch beim LKA und der Staatsanwaltschaft.«
Bei Ferat Koçak versäumte der Verfassungsschutz es, ihn rechtzeitig zu warnen. An die Polizei vor Ort wurde lediglich ein Hinweis auf »einen roten Smart« gegeben. Es kam zum lebensgefährlichen Brandanschlag. Das ergaben Befragungen von Polizeibeamten aus dem betroffenen Abschnitt sowie des ehemaligen Leiters und der Leiterin des Staatsschutzes beim LKA. »Offenbar gestaltete sich die Zusammenarbeit zwischen dem LKA und der Staatsanwaltschaft mühsam. Es sind in einem Fall ein großer Stapel anklagereifer Akten unbearbeitet liegen geblieben, mögliche Verfahren fanden nicht statt.
Ebenso gravierend ist der Mangel an Wissenstransfer über den Stand der Ermittlungen und den gewaltsamen Rechtsextremismus. Seit die Generalstaatsanwaltschaft die Verfahren an sich gezogen hat und Arbeitsgruppen aktiv geworden sind, wird es besser. Insgesamt hat die Polizei aber das seit 2006 deutlich auftretende rechte Gewaltpotential bis 2012 nicht ernst genug genommen. Es müssen dringend politische Konsequenzen für neue Strategien und Strukturen erfolgen. Wir untersuchen weiter.«
th