»Pappelreihe« wird abgesägt

130 Prozent mehr Miete

Die Gier mancher Immobilien-Verwaltungen im Schillerkiez nimmt unverschämte Ausmaße an. Die Kiez-Institution Café »Pappelreihe« in der Kienitzer Straße 109 soll ab Juni dieses Jahres weit mehr als das Doppelte, genau 130 Prozent mehr an Miete zahlen.

Gier vs. Kiezcafé.    Foto:bs

Froh, die Corona-Krise halbwegs unbeschadet überstanden zu haben, ziehen Tami und seine Familie jetzt notgedrungen und schweren Herzens einen Schlussstrich. »Das bekommen wir beim besten Willen nicht mehr gewuppt«, sagt Tami, »wie viel sollen wir unseren Gästen denn für einen Kaffee oder ein Essen abnehmen?«
2010 hatte Tami aus dem Zeitungsladen seiner Eltern, die diesen seit 1994 betrieben, mittels Umbau das Café »Pappelreihe« ins Leben gerufen. Er kennt den Kiez von Kindheit an, ist dort aufgewachsen, zur Schule gegangen und lebt mit seiner Familie dort. Seine Vernetzungskünste sind ebenso bekannt wie seine Angebote. Tami vermittelt Unterstützung in der Nachbarschaft, weiß, wer wem helfen könnte, und bringt die Menschen zusammen.
Seine Kundschaft, die sich zum Teil stark verändert hat, weiß das sehr zu schätzen. Vor nun einen Jahr wechselte das Haus Kienitzer Straße 109 vom Privatbesitzer zur MJ-Immobilienverwaltung.
Diese wirbt mit dem Leitspruch »fair und persönlich«, interessiert sich allerdings überhaupt nicht für ihren Gewerbemieter und ist auch nicht gesprächsbereit.
Einige Menschen im Kiez überlegen, wie sie die »Pappelreihe« vor dem Aus bewahren können: Petitionen, Soli-Veranstaltungen, die Neuköllner Politik um Unterstützung bitten. Wer helfen möchte oder eine zündende Idee hat, möge sich täglich zwischen neun und achtzehn Uhr in der »Pappelreihe« melden.

bs